Anspringen - wie abgewoehnen?
von andreas(YCH) am 25. Juli 2000 22:18
Hallo Reinhold,
Verärgerung war nicht meine Absicht, wenn ich sie auch nach lesen Deines Beitrages nachvollziehen kann.
: Wie kommst du nur auf die Idee, ich würde empfehlen mit
: Fremden zu trainieren??
Dazu mal Deine Textpassage, der ich nach wie vor nicht klar entnehmen kann, ob Du nun Übungsperson einer Trainingssituation bist oder Dir unterwegs ein fremder Hund begegnet ist:
Es gibt auch andere Wege, einem Hund das Anspringen
fremder Personen abzugewöhnen, als ihn mit Wasser zu
erschrecken und ich würde es hier nicht schreiben, wenn
ich diese andere Methode nicht selbst vor Kurzem erst
wieder einmal mit rasantem Erfolg ausprobiert hätte.
Es funktioniert ! Es hat schon immer funktioniert.
Und es ist ganz einfach:
Ein ca. 8 monatiger Mischlingsrüde kommt auf mich zu
und springt an mir hoch. Er ist riesengroß und überragt
mich fast. Aber es ist unverkennbar eine freundliche
Begegnung. Ich bleibe stocksteif stehen, wende nur das
Gesicht von ihm ab und warte bis sein Freudentaumel
vorbei ist. Es dauert keine 5 Sekunden, da berühren
seine beiden Vorderpfoten wieder die Straße und sofort
sage ich "Sitz" zu ihm. Er setzt sich, ich streichle
ihn sofort und ich gebe ihm ein Leckerchen aus der
Hosentasche. Er steht auf, ich sage "Sitz", er setzt
sich wieder und bekommt wieder ein Leckerchen usw. usw.
Dieses einfache und harmlose Spielchen habe ich noch ein
einziges Mal wiederholen müssen, dann wußte der Mischlings-
rüde Bescheid, wie er mir zu begegnen hat. Jetzt springt
er mich nicht mehr an. Er setzt sich brav vor mich hin
wenn er mir begegnet.
Das war´s schon. Einfach faszinierend. Man muss das selber
einmal erleben. Dann denkt man nie mehr an Wasserpistolen.
Was hat der Hund von mir gelernt ?
Er hat gelernt, dass man bei Fremden mitunter Erfolg
hat, wenn man sich artig vor sie hinsetzt. Er hat auch
bei mir gelernt, dass Anspringen überhaupt keinen
Erfolg bringt.
Wie sieht es aus mit einem Hund, für den es unverkennbar keine freundliche Begegnung ist und der zupackt?
:
: Clickertraining geht einen anderen Weg. Den habe ich geschildert.
: Und im vorliegenden Fall komme ich damit sehr gut zurecht, wirklich
: ohne Abbruch. Ich halte meinen Weg für den Besseren, denn ich kann
: vergleichen. Auch beim Jagen komme ich zurecht, ohne Abbruch.
: Auch hier kann ich vergleichen.
Ja, beim Thema Jagen hattest Du mir mal geantwortet, dass Du deinen Hund bereits dann anleinst, wenn Du mit einer zweiten Person spazieren gehst. Was ist denn da das Anleinen? Nichts anderes als die Möglichkeit, den Hund stoppen zu können. Ob ich den Hund nun mittels verbalem Abbruch , mit disc oder Kette stoppe oder ihn anbinde und ihn damit auf mechanische Weise von unerwünschtem Tun abhalte läuft doch auf dasselbe hinaus. Ich will verhindern, dass der Hund bestimmtem Tun nachgeht, das er nun einmal -noch- zeigt.
Ich höre aus Deinen Zeilen immer heraus, dass Du einzig mittels ignorieren/positivem Bestärken zum Erfolg kommst? Verstehe ich Dich nun falsch oder meinst Du das tatsächlich uneingeschränkt? Ich kann Dir bestimmt eine Reihe von Hunden nennen, die Du heute ignorierst und die daraufhin vielleicht beim Anspringen von Dir ablassen, die aber 100 % den Nächstbesten, der das Grundstück/die Wohnung betritt wieder angehen.
:
: Hast du das Ignorieren eines unerwünschten Verhaltens überhaupt schon
: einmal konsequent ausprobiert???
Habe ich selbst bereits genau wie von Dir genannt an völlig fremden Hunden mit Erfolg ausprobiert, ebenso wie es in anderen Konstellationen erfolglos war. Wobei das von Dir genannte Beispiel mit dem hochsteigenden Hund zumindest dazu führt, dass ich mir die Kleidung versaue.
Anderes Beispiel: Hund wütet im Auto bei jedem sich näherndem Fremden, insbesondere einsteigenden Personen. Konsequentes Ignorieren ohne jede Beachtung dieses Verhaltens über 2-3 Woche hinweg hat de facto nicht dazu geführt, dass das Verhalten unterblieben ist.
Nächster Versuch: Ignorieren des aggressiven Verhaltens und clicken und belohnen der seltenen Momente, ebenfalls ca. drei Wochen, in den Hund ruhig bleibt. Ergebnis: Hund fährt nach Gutdünken weiter hoch, wenn Fremde dem Auto zu nahe kommen.
Abschließender Versuch: Bei jedem Toben fliegt wortlos ein Schwamm nach hinten ins Auto. Bei jedem Ruhigbleiben wird geclickt. Ergebnis: Nach nicht einmal einer Woche ist Ruhe im Wagen.
:
: : Wenn der Mastiff, den ich ab und an aus dem Tierheim spazierenführt
: : die Leute in ekelhafter Weise vollsabbert, weil er nicht Distanz wahrt, finden die das nicht lustig.
:
: Dann bring ihm ein zuverlässiges "Sitz" bei und leine ihn an, bevor das Malheur passiert.
Erneut ein gutes Beispiel. Wozu dient denn das Anleinen? Dazu, dem Hund die Möglichkeit zu nehmen, ein unerwünschtes Verhalten ausleben zu können. Du kommst doch gerade nicht ohne die Möglichkeit aus, den Hund im Notfall stoppen zu können. Du tust es nur dergestalt, dass Du ihn anbindest, was den Vorteil hat, dass aufgrund der zwangsdefinierten Grenze die Wahrscheinlichkeit des Fehlverhaltens im Gegensatz zur Wasserpistole, disc oder Abbruch genommen ist.
: Mein Rat war, es gar nicht zur Aggression kommen zu lassen.
Und mir ging es darum, dass nicht der Eindruck entsteht, jeglichem unerwünschten Tun alleine mit einem ignorieren und anschließendem positiven Bestärken einer Alternativhandlung begegnen zu können.
Ich weiss nicht ob ich der einzige bin, dem das so geht ob es auch bei anderen so rüberkommt.
Du magst das so sehen. Viele, die zeitlebens mit einer stattlichen Anzahl von Vierbeinern zu tun hatten und haben sehen das so, wie es beispielsweise der Günther Bloch formuliert hat:
"Bei aller Begeisterung für positive Bestärkungssignale, die es auszuschöpfen gilt, MUSS Hundeerziehung ohne jegliche Notwendigkeit zur negativen Einwirkung als Illusion bezeichnet werden!"
Oder um ihn noch allgemeiner zu zitieren:
"DIE Hundeerziehungsmethode ist eine Illusion"
:Und vergiss nicht, Conny hat ihre
: Frage in einem Clickerforum gestellt.
Und weil eine Frage in einem Clickerforum gestellt wird, verbietet sich per se die Antwort, dass man nicht jeden Fall nicht primär oder alleine mittels Clicker angehen würde?
Ach ja eins noch zum Abschluß:
Eine ganze Reihe von Leuten reden sich sehr lange ein, dass Hund sich ja nur freut und neugierig ist, nur spielen will etc., wenn er auf andere losspringt. Ob es das wirklich ist, ist eine ganz andere Frage und wohl nur zu beantworten, wenn man den Hund selbst in Aktion sieht.
Viele Grüße,
andreas