Hallo Ursel,
ich gucke nur ab und zu ins Forum, um nicht zu oft stundenlang darin hängen zu
bleiben, daher kommt meine Antwort erst jetzt. Und da sich schon so viele "die
Zähne an Dir ausgebissen haben", kann ich es ja auch noch einmal probieren ;-).
Als ich CT kennen gelernt habe, wurde mir schnell klar, daß es genau das ist, was
ich schon vor fast 15 Jahren mit meiner damaligen Beaglehündin Aletta gemacht habe,
nur wußte ich nicht, daß es CT war und ich hatte auch keinen Clicker. Ich benutzte aber
das Wort "Okay" für "Übung beendet" intuitiv wie einen solchen. Nach dem "Okay" gab es
jeweils Leckerchen, Spiel, Streicheln, und das "Okay" gab ich nur in Momenten, in denen
Aletta gerade etwas gut machte. Auch verzichtete ich auf jeden Druck oder Zwang (das
hatte ich damals aus Klinkenberg: Hundeerziehung ohne Zwang). Ich habe damals enorm viel
mit Aletta erreicht und wir hatten einen riesigen Spaß miteinander. Sie war nicht nur sehr
führig für einen Beagle, sondern konnte auch die tollsten Tricks wie Münzen apportieren und
durch einen Papierbespannten Reifen springen. Aber es gab auch manches, was ich doch nicht geschafft
habe, weil ich über die Feinheiten nicht Bescheid wußte, z.B. ließ Apportiergegenstände
manchmal fallen, statt sie immer in die Hand abzuliefertn. (War also nichts mit rohen den Eiern!)
Mit meinen beiden "heutigen" Hunden (Weiße Schäferhunde, 7 1/2 Jahre, im 3. Jahr auf dem
Clickertrip) habe ich vor dem CT schon über operante Konditionierung und ohne Zwang gearbeitet
(leider nicht ganz von Anfang an). Daß Lob mit der Stimme nur wirkt, wenn es entsprechend
konditioniert ist, war mir auch schon klar und ich setzte mein Lob entsprechend ein. Ich war
auch sehr zufrieden mit den Erfolgen und der Bindung eigentlich auch mehr als zufrieden. Als
ich dann mit dem CT anfing, hatte ich erst keinen Knackfrosch und auch Zweifel, ob ich problemlos
zwei eigene Hunde darauf konditionieren könnte. Daher nahm ich die ersten 2-3 Monate Worte
("Bingo!" für Antis, "Clicker" für Yessi). Mit den Erfolgen war ich wiederum sehr zufrieden.
Als ich dann einen "professionellen" Clicker bekommen hatte, stellte ich die Hundis doch noch
darauf um --- und war verblüfft, was für einen Unterschied das machte, wieviel besser es
doch mit dem Clicker ging, als mit meinen "Clickerwörtern". Von daher
bin ich also durch die Praxis restlos überzeugt. (Martin hat also schon recht, wenn
er immer so auf dem Ausprobieren und der eigenen Erfahrung "herumreitet" ;-) )
Nach den "weichen" (da "nur" eigene Erfahrung...) nun die "harten" Tatsachen:
1. Der Clicker ist gegenüber der Stimme neu und "unverbraucht". Es geht besser, ein ganz neues
Geräusch zu konditionieren als ein bereits oft gehörtes (das ist eine erforschte Tatsache -
siehe z.B. Schwarz, Biology of learning.) Es gibt nur wenige Meschen, die ihrem Hund gegenüber
von Anfang an sehr diszipliniert mit ihren Worten und ihrer Stimme umgegangen sind, was eigentlich
bedeuten würde, daß man nur dann etwas sagt, wenn es eine wichtige Information für den Hund enthält
und "sauber" verknüpft wird. Vermutlich ist das der Grund, warum die allermeisten Hunde soviel
besser auf einen Clicker reagieren als auf "fein!" oder "Brav!".
2. Der Clicker ist wirklich besonders kurz und prägnant, dabei aber auch in weiterer Entfernung
hörbar als etwa ein Schnalzen. (Ein auffälliges, deutliches und eher lautes Geräusch wird einfacher
verknüpft als ein leises, unauffälliges oder undeutliches.) Die Reaktionszeit, die es braucht, um
den Daumen zu bewegen, ist auch kürzer als die, die es braucht, ein bestimmtes Wort auszustoßen.
Da es beim "Formen" (Shaping) oft auf Bruchteile einer Sekunde ankommt, ist das ein Vorteil
gegenüber der Stimme.
3. Ich selber habe es als eine wesentliche Erleichterung empfunden, nicht mehr dauernd ein
bestimmtes Wort "auf der Zunge liegen" haben zu müssen. Denn das muß man ja, wenn man ein Wort
statt Clicker verwendet. Es ist wie beim Agility: weniger reden im Parcours macht den Kopf frei
zum Denken. Beim CT: nicht mehr ein Wort bereit halten zu müssen, macht den Kopf frei zum
Beobachten und schnell genug reagieren.
4. Der Clicker ist gegenüber der Stimme absolut neutral. Dieses Argument wurde schon von
mehreren anderen gebracht und ist nicht zu unterschätzen.
5. Es macht nicht "abhängig", mit Clicker zu trainieren, weil man ihn eigentlich nur in
bestimmten Situationen braucht (eben zum Trainieren). Wenn Du einen Hund hast, der noch
nicht "alltagstauglich" erzogen ist, bist Du natürlich draußen immer in einer Art Trainings-
situation und solltest möglichst Dein "Trainingswerkzeug" dabei haben. Aber das ist ja bei
allen anderen Trainingsarten auch so: Leine, lange Leine, Leckerchen, Ball, vielleicht sogar
eine Wurfkette oder Klapperdose usw. - eben alles, was man so mitschleppt. Viele Hundehalter
haben Leckerchen in der Tasche, eine Leine hat zumindest (fast) jeder dabei. Ich selber brauche
außerdem noch einen Hausschlüssel und ein paar Tempos. Warum soll es also so schlimm sein, zu
all dem auch noch einen Clicker einzustecken??? Außerdem ist es sowieso ratsam, zusätzlich zum
Clicker den Hund auf ein Clickerwort wie "Fein!" zu konditionieren, eben zu dem Zwecke, wenn man
mal ohne Clicker üben will oder muß (ihn z.B. vergessen hat). Statt ganz auf das Training zu verzichten,
nimmt man dann eben das Zweitbeste, was man hat, Lob mit der Stimme. So ein Clickerwort
ist außerdem auch ganz praktisch beim Übergang zur Ausführung ohne Clickerbestätigung.
6. Es ist merkwürdig, daß anscheinend von vielen "Kritiküssen" als selbstverständlich vorausgesetzt wird,
daß Clickertrainer plötzlich gar keine der sonst üblichen "Tricks" mehr benutzen oder auch nur beherrschen,
mit denen man einen Hund motiviert oder aufmuntert, daß also ein Clickertrainmer automatisch die Fähigkeit
vernachlässigen würde, Lob oder Stimme passend einzusetzen. Das ist natürlich Quatsch. Auch wenn ich CT mache,
sollte ich in der Lage sein, in der Kommunikation mit meinem Hund Stimme und Körpersprache richtig einzusetzen.
Für meine Hunde kann ein "Jackpot" z.B. sein, daß ich sie nach dem Click überschwenglich lobe, streichle und
ausgelassen mit ihnen herumspringe. Oft werden Hundehalter sogar durch das CT besser im Umgang mit der Stimme:
sie achten erstmals bewußt auf den eigenen Stimmeinsatz und gehen viel klarer und besser mit ihren Worten und
ihrer Stimme um. Andererseits wird natürlich ein zu steifer, "langweiliger" Hundeführer nicht automatisch zu
einem guten, indem er einen Clicker zur Hand nimmt. Aber das hat ja auch keiner behauptet, oder?
Zusammenfassend möchte ich sagen, daß ein Clicker meiner Erfahrung nach noch einmal mindestens 10 - 20 %
mehr rausholt, als die Verwendung eines Wortes als konditionierter Verstärker (vorausgesetzt, man
verwendet das Wort wirklich in allen Teilen so wie sonst den Clicker - und die meisten Leute verwenden
den Clicker nun mal wesentlich gezielter und bewußter als ein entsprechendes Wort). Es folgt daraus, daß
nicht jeder, der mit einem Clicker herumläuft oder behauptet, CT zu machen, auch wirklich CT macht
(sondern es kann sein, daß er oder sie den Clicker völlig falsch einsetzt, z.B. mit Zwangsmethoden
vermischt). Andererseits gibt es auch durchaus "Clicker"trainer ohne Clicker. Übrigens: keine Angst,
ein Clicker macht nicht körperlich abhängig, nur psychisch!!! ;-)
Viele Grüße
Sabine Winkler
PS: Übrigens: ein junger Hund lernt sowieso in jeder wachen Sekunde dazu, egal ob von
Dir oder einfach so und egal ob mit oder ohne Clicker. Das ist keine Reizüberflutung,
sondern das Leben. Und im Gegensatz zu anderen Trainingsmethoden kommt es beim CT nicht
zu Überbeanspruchungen, weil das CT sowieso aufhören muß, wenn der Hund satt ist oder
aus anderen Gründen nicht mehr "mitspielt".