Hallo Thomas,
Dein Engagement in Ehren, aber hängst Du Dich da nicht etwas weit aus dem Fenster?
Ich finde es wirklich klasse, wenn sich ein Hf, der bisher "traditionell"
mit seinen Hunden gearbeitet hat, sich dem Clickertraining zuwendent.
Die Anfangsschwierigkeiten und deren Ursachen kann man auch netter erklären.
Ohne den Neuling zu verschrecken und mit dem erhobenen Zeigefinger
für all seine bisherigen "Untaten" zurechtzuweisen.
Dies spricht für wenig pädagogisches Geschick und erweckt den Eindruck,dass
Clickerleute etwas abgehoben in ihrer eigenen Welt der operanten Konditionierung leben.
Ich finde damit hast du einen Fehler begangen, den Du beim Training eines Hundes niemals machen würdest:
Anstelle das ansatzweise richtig gezeigte Verhalten zu verstärken,
hast Du einen aversiven Reiz eingesetzt, der den künftigen Erfolg in weitere Ferne rückt.
Schade.
Herzliche Grüße
Carola
für ein: Hallo Peter
:
: Einerseits habe ich mich darüber gefreut, daß Du es jetzt
: doch endlich einmal versuchen willst, andererseits beunruhigt
: es mich aber auch. Ich habe zunächst mit mir gerungen: soll
: ich antworten oder besser doch nicht. Aber die Resonanz war
: ja bisher eher mager........
:
: Beunruhigt? Ja! Warum? Aus Deinem Posting entnehme ich
: Ungeduld und eine hohe Erwartungshaltung an das "Wunder-
: werkzeug" Clicker.
: Nun - wenn Dein Versuch nicht gelingt, dann liegt es doch
: wohl eindeutig am Clicker, oder (?), wir wissen's dann doch
: beide, nicht wahr (?). Fazit: C&T taugt für SchH-Hunde nicht.
: Und dann? Erfahrungen muß man mit anderen teilen, weitergeben.....
:
: Wir sollten es uns nicht so einfach machen!
:
: Stelle Dir bitte folgende Situation vor: Wir beide gehen zusammen
: mit Deinen Hunden spazieren. Die Hunde sind abgeleint und
: laufen im Umkreis von 10-15 m um uns herum. Ich drücke häufig
: den Clicker, einfach so, ohne Leckerchen, ohne drauf aufmerksam
: zu machen, ohne Regung, einfach so. Denkst Du, auch nur einer der
: Hunde würde diesem Geräusch auch nur eine einzige Sekunde
: Aufmerksamkeit widmen? Nein! Niemals!
: Denn es ist eindeutig ein neutrales Umweltgeräusch, welches in der
: natürlichen Umgebung der Hunde *so* nicht vorkommt. Weiterhin
: hat das Geräusch keinerlei Konsequenzen für die Hunde, weder
: negativ noch positiv. Warum sollten sie also drauf achten?
:
: Was macht das Hundehirn also mit diesen irrelevanten Information?
: Es degradiert sie zu Umweltrauschen und "rechnet" sie aus der Fülle
: von anderen Informationen raus, um die Sinne offen für die relevanten
: Dinge zu halten.
:
: Anderes Beispiel. Mal angenommen, ich hätte Fleischwurst in der Tasche,
: ich würde nicht clicken, aber die Wurststückchen Deinen Hunden zuwerfen.
: (Du sagst natürlich nichts dazu). Ich bin sicher, sind es normale Hunde,
: werden sie mich binnen kürzester Zeit lieben und mir nicht mehr von
: der Tasche weichen.
:
: Wenn ich nun im nächsten Schritt beide Situationen zusammenführen
: würde, einerseits das clicken, andererseits bin ich ja der tolle Fleischwurst-
: spender, dann würden die Hunde den Click vom bislang neutralen
: Umweltrauschen ganz schnell in das Fleichwurstsignal umwandeln.
:
: Glaube mir, es ist so. Es ist exakt das gleiche, wie der Griff zur Hunde-
: leine, der signalisiert, "Jetzt geht's raus" , wie das Klingeln der Türglocke,
: die signalisiert, "Jetzt kommt jemand" oder wie der Griff zum Hundenapf,
: der signalisiert "Jetzt gibt's Futter". Es existieren hunderte solcher Signale
: für die Hunde, solche die angenehmes ankündigen und auch solche, die
: unangenehmes ankündigen. Das gleiche wäre also bei meiner Clickerei
: und den Wurststückchen bei Deinen Hunden der Fall. Jedes dieser Signale
: löst eine ganz gewisse Erwartungshaltung aus.
:
: Jetzt kommt eine neue Situation - Dein Übungsversuch. Warum reagieren
: die Hunde nun so anderes, eher ablehnend auf den Clicker? Bei Betrachtung
: dessen, was ich oben versucht habe zu erklären, denkst Du, es ist der Clicker
: auf den sie ablehnend reagieren? Ich glaube es nicht.
:
: Nimm bitte das, was ich nun sage, als konstruktive Kritik, um es dann
: als Anlass zum weiteren Nachdenken zu nehmen. Eines ist es ganz sicher
: nicht: Ein Angriff! Weder auf den Schutzdienst, noch auf die Arbeitsweise,
: noch auf Dich.
:
: Ich kenne solche Reaktionen von mehreren Hunden. Eines ist allen
: gemein: Sie haben Vergangenheit; und zwar in der Form, daß sie
: alle enormen Druck ausgesetzt waren, sowohl psychisch als auch
: physisch.
: Entweder war es Druck in der Ausbildung, durch die Haltungsbedingungen,
: im Rahmen sozialer Interaktion bzw. psycho-sozialer Druck.
: Alle diese Hunde zeigten sich in der Bereitschaft zur Interaktion mit den
: Menschen eher zurückhaltend , sehr vorsichtig. So nach dem Motto:
: "Wenn ich nicht die Schritte nach vorne gehe, kann ich auch nicht in eine
: Grube fallen" oder " Watt der Bu'er nich kennt, datt frit er nich...."
:
: Allen diesen Hunden war gemeinsam, daß sie - abgeleint - auf dem
: Spaziergang eher *nicht* die Nähe der dazugehörigen Menschen gesucht
: haben, sondern viel mehr auf mittlere bis hohe (Individual-) Distanz
: geachtet haben.
:
: Alle diese Hunde (durchweg ) haben schlechte Erfahrungen mit
: Menschen gemacht, fast alle auch irgendwie schmerzhaft. Sie wurden
: geprügelt, angekettet, sozial isoliert, waren lange im Tierheim oder
: es waren auch nur einfache Sporthunde, die über mehr oder minder
: harte Methoden ausgebildet wurden. Alle haben gelernt, daß nicht
: alles vom Menschen ausgehende immer positiv ist.
:
: Du kannst Dich jetzt nur folgendes fragen: Warum wird ein für Hunde
: normalerweise bedeutungsloses Geräusch (s.o.) erst im Zusammenhang
: mit Dir, bei offensichtlichem Beginn einer Übungseinheit, zu einem
: Signal, bei dem Hund besser zuerst einmal mit Vorsicht reagiert?
:
: Wie intensiv haben Deine Hund gelernt, daß bei Nichtbefolgen Deiner
: Signale harte Konsequenzen drohen? Woher wissen sie, daß nicht
: vielleicht auch dieses neue Signal nur wieder eines ist, welches auch
: unangenehmes auslösen kann? Kann es sein, daß sie in dieser Situation
: das neue Signal erst einmal auf angenehme oder unangenehme
: Konsequenzen testen wollen?
: Kann es sein, daß das eigentlich selbstverständliche Vertrauen des Hundes
: in "seinen" Menschen in Eurer Beziehung nicht vorhanden ist oder auch
: nur angeknackst ist?
:
: Hast Du die Übung mit "Hier", "Fuß" eingeleitet, also erst mal die Hunde
: rangerufen, hast Du "Sitz" gesagt? Hast Du mit der Grundstellung
: angefangen? Es sind alles Dinge, die möglicherweise in der Vergangenheit
: durch den Hund negativ assoziiert wurde.
: Je nachdem, wie der Hund diese Signale gelernt hat, können sie entweder
: Auslöser für das gewünschte Verhalten sein ("Sitz" = Hinsetzen) oder auch
: als konditionierte Strafe Schmerz-Vermeidungsstrategien abrufen ("Fuß" =
: nicht mehr vorprellen, nicht zurückhängen, nicht schnüffeln, usw.)
: Wird also eine Übung so begonnen, beginnt sie vielleicht gleich mit einem
: bitteren Beigeschmack.
:
: Ich habe hier bewußt keinen technischen Ratschlag zum Clickertraining
: geschrieben, weil ich glaube, daß er Dir nicht hilft. Ich denke, es sind
: andere Faktoren wirksam, anderen Einflußgrößen wirken auf die Arbeit
: ein. Ich denke, die Vorsicht Deiner Hunde sind Symptome, die Ursachen
: liegen woanders. Sorry Peter, aber ich glaube, es wird nicht gelingen.
:
: Es wird dann gelingen, wenn das Zurückweichen Deiner Hunde der Schlüssel
: für die Erkenntnis ist, daß das Verhalten bzw. das Verhältnis kritisch betrachtet
: so nicht in Ordnung ist. Es wird dann gelingen, wenn man das Verhalten
: des Hundes namentlich benennt, als unzureichend (vielleicht sogar als gestört)
: klassifiziert und dann nach Lösungen sucht, um es zu beheben. Das geht
: aber nicht über das Clickern allein, es hilft allenfalls - aber es ist kein
: Allheilmittel.
:
: Ich weiss nicht, zu welchen Schlüssen Du nun kommst, ich hoffe nur,
: sie sind fair.
:
: Viele Grüße
: Thomas
:
: ps
: Aus welcher Ecke von @west.de kommst Du?
: