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Hundeerziehung + Soziales

Die Anforderungen an einen alltagstauglichen, gut erzogenen Hund waren noch nie so hoch wie heute. Dadurch ist auch das Angebot an Erziehungsmethoden und –hilfsmittel immer mehr gewachsen, nicht immer steht wirkliches Fachwissen dahinter. Hier findest Du Tipps und Ratschläge, die richtige Hundeschule oder den richtigen Hundeverein zu finden, kannst Dich über Trainingsmethoden und –probleme austauschen.  
Hund frißt alles auf der Straße liegende
05. Mai 1998 10:05

Hallo Veronika,

mach doch aus der Situation 'ich hab was leckeres gefunden - das muss ich sofort fressen, sonst wird es mir weggenommen' ein neues Spiel für Dein Hund! Die neuen Spielregeln sind: 'ich hab was leckeres gefunden - das muss ich meinem Chef melden, der belohnt mich dafür, und trägt den Fund für mich nach Hause'

Vielleicht hast Du schon vom Verweisen auf Spuren gelesen oder gehört? Du hast gute Chancen, das Verweisen mit einem Hund, der 1 1/2 Jährig ist, und Sitz und Platz schon kann noch zu lernen.

Das Ausbildungsziel wäre folgendes: Wenn immer Dein Hund etwas Leckeres findet, 'verweist' er den Fund durch Platz. D.h. der Hund macht vor dem Fund Platz, ohne ihn zu berühren. Damit zeigt er Dir an, dass er was gefunden hat. Du gehst dann hin, und lobst und belohnst (Futter) Deinen Hund für den grossartigen Fund, und verfügst über den Fund (wird ja durch die Belohnung ersetzt) indem Du ihn mal einpackst und mit nimmst, oder liegenlässt, oder wegwirfst. ACHTUNG das ist das ENDZIEL. Für die Ausbildung musst Du natürlich ganz kleine Schritte machen.

Achtung: Bevor Du mit diesen Übungen beginnst muss Dein Hund das sofortige Platz beherschen.
Erst mal zeigst Du Deinem Hund die neuen Spielregeln:

1. Lernschritt:
Er findet - per Zufall natürlich - ein Dösli mit Futter (siehe unten) im Garten. Du hältst ihn - per Zufall natürlich - an der Leine. Sobald Dein Hund den Fund bemerkt, und auf ca. 50cm Entfernung davor ist, sagst Du ‘Platz’ und hinderst ihn allenfalls mit der Leine daran, den Fund zu untersuchen. Sobald er liegt, lobst und belohnst Du ihn (mit Futter!). Dann nimmst Du den Gegenstand auf, bewunderst ihn, lobst Den Hund, und steckst den Gegenstand ein. Der Hund schaut Dir dabei zu! Aus dem gleichen Sack wo der Gegenstand verschwindet holst Du nochmal Futter hervor. Danach Hund mit einem Komando ‘Frei’-geben und mit Spiel belohnen.

Deine erste Steigerung ist nun, dass Dein Hund auch ohne ein Platzkommando hinliegt sobald er kurz vor dem Fund ist. Dazu muss Dein Platz-Kommando jetzt immer unwichtiger werden, wobei Du trotzdem ein Platz durchsetzt. Übe diesen ersten Schritt solange ohne weitere Erschwernis, bis der Hund auch ohne Kommando und ohne Leinendruck beim Fund hinliegt, um sich die Belohnung zu verdienen. Dazu sind je nach Hund viele Wiederholungen nötig!
Warum soll der Hund lernen ohne Kommando hinzuliegen? Er soll ja auch dann einen Fund anzeigen, wenn Du nicht gerade schnell genug bist um Platz zu schreien (wenn Du realisiertst, dass Dein Hund gerade wiedermal was gefunden hast, und Du vielleicht schon zu spät bist, wirst Du schreien!).

Wenn Dein Hund also im Garten zuverlässig den ‘einfachen, eingepackten’ Fund selbständig verzeigt. kannst Du die Weiteren Lernschritte in Angriff nehmen. Beim Aufbau gibt es 3 Kriterien, die Du einzeln aufbauen musst:

1. Kriterium der Fund
Endziel: egal wie lecker der Fund ist, er wird nicht gefressen, sondern verzeigt.

Folgende Lernschritte müssen abgedeckt werden:
a) durchschnittliches Futter, so eingepackt, dass der Hund auf keinen Fall etwas davon verspeisen kann (Verpackung sollte variieren: z.B. Veloreparaturtasche aus Leder, Plastik-behälter mit Löchern drin, Metall Döschen mit Löcher, Bouillonbüchse mit Löchern, Gurkenglas mit Löchern im Deckel, evt. starken Stoffsack ....)
b) immer leckerere Sachen (der Hund sagt Dir schon was speziell lecker ist), alle unerreichbar eingepackt
c) Durchschnittliche Leckerli, von 'unerreichbar' steigern, bis sie zwar geschützt sind, aber der Hund hätte die Chance ein Maul voll zu nehmen (z.B. Plasticksäcklein, oder offenes Döslein)
d) leckerere Sachen, von 'unerreichbar' steigern, bis 'geschützt - aber nicht unerreichbar'
e) Langweilige Leckerli steigern von 'geschützt' bis offen hinlegen
f) Durschnittliche Leckerli von 'geschützt' bis offen hinlegen
g) Leckere Leckerli von geschützt bis offen
h) Langweilige bis immer leckerere Leckerli offen hinlegen
i) Funde von Dir ausgelegt später von Fremden
i) kreuz und quer verschiedene Funde auslegen (obige durchmischen)
--Erhöhe die Anforderung am Fund immer nur um ein Aspekt. Es ist sogar empfehlenswert, die anderen Aspekte erstmal wieder zu reduzieren. (z.B 1. Mal leckereres Futter -wieder besser schützen, Futter 1. Mal von Fremden ausgelegt -mehr schützten und weniger lecker, Futter weniger geschützt - weniger Verführerisches auslegen, Distanz zw. Dir und Hund erhöhen - Futter besser einpacken u/o weniger gluschtig, usw. )

2. Kriterium: Hilfsmittel
Endziel: Der Hund verweist alle Funde auch ausserhalb von Deiner Reichweite und ohne Leine.

von den folgenden Hilfsmitteln musst Du für den Aufbau mindestens die Leine einsetzen, die andern können als Ergänzung dienen:

a) Leine
Erstmal kannst Du mit der normalen Spazierleine arbeiten, so dass Du nahe beim Hund bist, und so auf ihn einwirken kannst. Sobald Du die volle Länge der Spazierleine ausgenutzt hast, brauchst du ein Langseil, um immer grössere Distanzen zu üben. Die Leine darf erst weg gelassen werden, wenn der Hund wärend längerer Zeit nicht mehr über die Leine korrigiert werden musste. Wenn Du das erste Mal ohne Leine übst, muss der Fund unbedingt knack-sicher sein!

b) Maulkorb
Je nach Gefrässigkeit, Schnelligkeit, Triebveranlagung Deines Hundes, ist die Gefahr gross, dass Dein Hund eben doch schneller ist, als Du und sich ein Stückchen des Fundes schnappt, sobald er nicht eingepackt ist, oder der Hund nicht mehr an der Leine geführt wird. Bei diesem Lernschritt könnte ein Maulkorb die Sicherheit erhöhen, dass der Hund sich NIE am Fund bedienen kann.
Zusätzlich besteht das Problem, dass man ja während dieser Aufbauzeit auch spazieren geht, und der Hund ja auf dem Spaziergang weiterhin das alte Verhalten zeigt. Da könnte ihn ein Maulkorb am unkontrollierten Fressen hindern, bis die Übung sitzt und auf dem Spaziergang angewendet werden kann.

c) Wurfkette
Da die ganze Umschulung Deines Hundes nichts anderes als eine selbständig eingeleitete Platzübung auf Distanz mit Ablenkung ist, kann bei richtigem Einsatz (möchte hier nicht auch noch auf Richtige Anwendung der Wurkette eingehen) eine Wurfkette beim Aufbau den Schritt zum Üben ‘ohne Sicherheiten’ (ohne Leine, Futter nicht geschützt, kein Maulkorb) absichern.


3. Kriterium: der Ort
Endziel: Der Hund verweist einen Fund, egal wo er ihn gefunden hat.

Du musst Deine Übungen also an verschiedenen Orten aufbauen: z.B. Wohnung - Garten - auf Kiesweg - auf Wiese - im Wald - am Wegrand - unter Büschen - unter Autos - wenn jemand etwas fallen lässt (wie stehts mit Kinder, die Esswaren vor den Hund werfen, aus Angst, er könnte die Hand abbeissen? - nur so als Herausforderung, wenn alles andere schon klappt ;-)) -- Achtung: immer wenn Du den Ort wechselst, musst Du einen Schritt vereinfachen bei der Auswahl des Fundes und der Hilfsmittel (D.h. wieder mehr Sicherheit einbauen, z.B. Leine wieder ran)


Bitte beachte:
-- Der Hund darf in diesen Übungen NIE vom ausgelegten Futter erwischen!!!!
-- die als Belohnung angebotenen Leckerli müssen besser sein, als das gerade gefundene
-- repetiere zu Begin einer Übungseinheit immer erst ein, zwei Schritte aus der letzten Übung
-- Arbeite während einer Übungseinheit immer nur an einem Aspekt. z. B. Du arbeitest an der Distanz, dabei bleiben Fund und Leineneinsatz konstant. Oder Du arbeitest daran den Ort zu wechseln, Fund, Leine, Distanz bleiben gleich (oder sogar einen Schritt zurück!)
-- erst wenn zwei Aspekte einzeln tadelos trainiert sind, kann man sie kombinieren. (Dabei bleiben wieder alle anderen Kriterien gleich!)
-- achte auch darauf, dass Dein Hund mal weniger mal mehr Hungrig ist.

Am besten machst Du 3 - 4 Übungen täglich. In jeder Übung soll der Hund ca. 3 - 10 Funde machen können - je nach Ziel. Dabei ist wichtig, dass Du nur mit Ziel (in kleinen Schritten) übst. Einfach noch schnell 2, 3 Funde als reine Repetition bringt nichts.


Ist etwas ausführlich geraten, aber wenns Dir eine neue Idee gibt, hats sich gelohnt.

Gruss, Regula


06. Mai 1998 20:19

Hallo Regula,

vielen Dank für die ausführliche Beschreibung.

Ich nehme an, dies funktioniert mit "nichts von Fremden nehmen"
genauso, oder?

Gruß Mine

08. Mai 1998 11:42

Hallo Mine
Auf Deine Feststellung
:Ich nehme an, dies funktioniert mit "nichts von Fremden nehmen"
:genauso, oder?

muss ich mit 'vermutlich nicht' antworten. 'Vermutlich' weil ich es noch nie ausprobiert habe - 'nicht' weil ich so aus dem Bauch raus das Gefühl habe, dass dies nicht unbedingt der effizienteste Ansatz wäre. Ich muss allerdings gestehen, dass ich mir dazu noch nicht so ausführlich Gedanken gemacht habe wie zum Thema Futter am Boden. Wenn Dein Hund aber irgendwann spontan ein ‘Hinlegen’ zeigt als Antwort auf angebotenes Futter von Fremden, dann würde ich unbedingt daran weiterarbeiten.

Ich selbst kenne zwar einige Ansätze um die Futterverweigerung zu trainieren, könnte Dir aber nicht sagen welcher am zuverlässigsten ist. Für mein Hund würde ich mich vermutlich für ein OK-Signal entscheiden, ohne das der Hund nichts nehmen darf. Das Signal kann zum Beispiel ein für Menschen unauffälliges Sniffen mit der Nase sein.

Vielleicht ist das Thema Futterverweigerung von Fremden auch ein separates Thema wert. Ist denn das ein Problem für Dich? Wenn ja warum?

Gruss, Regula