: Hi Saskia,
: naja, wenn ich mit dem Hund neben mir im Sitz dicht vor einem
: Stuhl stehe, dann ist der Weg nach vorn um den Stuhl für den
: Hund naheliegend. Bei einer ca. einen Meter entfernten
: Flasche/Stiefel whatever kann der Hund zwar hinlaufen, aber
: drum rum zu gehen fällt ihm nicht so schnell ein, muß
: ausführlich geshaped werden (wenn man Pech hat).
Halli, hallo,
ich lese mit Interesse mit.
Vor diesem Problem stand ich einst auch
und ich bekenne es freiwillig:
Zum Shapen fehlte mir die Geduld. ;-)
Den Targetstick wollte ich nicht einsetzen,
er bedeuted für mich immer wieder einen unnötigen Umweg.
Also lasse ich ihn weg wo immer ich kann.
In diesem Dilemma kam mir irgendwann eine fixe Idee,
die sich inzwischen ganz hervorragend bewährt hat.
Ich habe den Hund an meine linke Seite gerufen,
bin "frei bei Fuss" mit ihm zum Baum gerannt.
Ich selbst habe den Baum exakt angesteuert und
der Hund hatte deshalb gar keine andere Wahl,
als links am Baum vorbeizurennen,
während ich auf exaktem Kollisionskurs mit dem Baum war.
Damit ich nun nicht mit der Nase auf den Baum gedonnert bin,
bin ich buchstäblich in der letzten Zehntel-Sekunde
exakt rechtwinklig nach rechts abgebogen
und exakt in diese 90-Grad-Richtung vom Baum weggerannt.
Geclickt habe ich übrigens genau zu dem Zeitpunkt,
als der Hund dicht links am Baum vorbeilief,
während ich scharf nach rechts abbog.
Nach dem Click schwenkte der Hund sofort ebenfalls nach rechts,
folgte mir und kam schließlich zu mir.
Er hatte ja ein "Click" gehört
und wollte deshalb natürlich auch sein Leckerchen abholen.
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Ein paar Wiederholungen genügten und er hat kapiert,
dass das 90-Grad-Umrunden des Baumes ein C&B bringt.
Vorerst haben wir es bei einer 90-Grad-Umrundung belassen.
Später habe ich mehr gefordert:
100 Grad ...... 120 Grad .... 150 Grad ..... 180 Grad
Das ist alles kein Problem,
ich kann ja vom Baum aus in beliebige Richtungen wegrennen.
Der Hund wird mir folgen, er will seine Belohnung.
Ich bin dann bei der Übung absichtlich und zielgerichtet
immer fauler geworden, der Hund übrigens immer fleißiger.
Ich bin gar nicht mehr bis zum Baum mitgerannt,
der Hund lief nämlich jetzt begeistert voraus
und schließlich konnte ich sogar am Startpunkt stehen bleiben
und der Hund rannte ganz allein und freiwillig zum Baum,
links an ihm vorbei, scharfe Wendung nach rechts
um sein "Click" zu hören und dann zu mir zurück.
Die Geometrie in der Übung erlaubt natürlich alle denkbaren
Zwischenstadien, so dass man die Sache für jeden Hund
individuell anpassen kann um ihm das Lernen so leicht wie
nur irgend möglich zu machen.
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Inzwischen hatte ich mit diesem Vorgehen bei mehreren Hunden
einen äußerst raschen Erfolg.
Und eines war besonders toll:
Es hat allen Hunden mächtig Spass gemacht!!!
Und last but not least:
Im Gegensatz zum Shapen war gleich von Anfang an
der richtige "Drive" in der Übung.
Das Rennen hat die Hunde angetörnt.
Ich habe mal versucht, die Geometrie der Sache ein wenig
pseudo-grafisch darzustellen (hoffentlich klappt´s!)
Zunächst die Legende zur "Pseudo-Grafik":
. . . . . = Weg des Hundes
x x x x x = Weg des Hundeführers
O = Baum
c = wenn der Hund hier ist, gibt´s den ersten "Click".
Und so sieht die Sache im Anfangsstadium aus:
. . . .
c O . . . . . . . . . . Hier gibt´s das Leckerle
. x x x x x x x x x x x
. x
. x
. x
. x
. x
. x
. x
. x
Start:
"frei bei Fuss"
Ich hoffe mich verständlich ausgedrückt zu haben.
Sonst bitte einfach nachhaken!
Noch ein paar Tips und Überlegungen:
Anfänglich sollte die Strecke vom "Start" bis
zum Baum nur kurz sein, ca. 3 m genügen.
Das Wesentliche der Übung kommt so stärker zum Tragen.
Später darf die Entfernung größer sein.
Anfangs rasche Wiederholungen der Übung,
der Hund soll schnell merken,
dass es "clickt", wenn er links am Baum vorbeirennt
und dann nach rechts abbiegt.
Den Zeitpunkt fürs Clicken deshalb auch von Übung zu Übung
immer weiter hinauszögern:
Anfangs clicken, wenn der Hund links vom Baum rennt.
(wie grafisch dargestellt)
Später dann clicken,
wenn der Hund hinterm Baum nach rechts abgebogen ist.
Im Endstadium clicken, wenn der Hund nach
einer 180-Grad-Umrundung den Baum in Richtung
zum HF wieder verlässt.
Immer dran denken: Man bestärkt hier das
letzte Glied einer Handlungskette:
Das ist letztlich das Umrunden des Baumes!!!
Das Zurückkommen zum HF/Leckerle sollte selbstverständlich
sein, gehört für mich also nicht zur erlernenden Übung dazu.
Das selbstständige Hinrennen zum Baum ist am Anfang absolut
unwichtig. Wenn der Hund gemerkt hat, dass das Umrunden des
Baumes den Erfolg bringt, dann fällt ihm das Hinrennen zum
Baum leicht. Es wird zur Selbstverständlichkeit. Damit
hatte keiner der Hunde Probleme.
Übrigens gilt (und das ist nicht neu):
Falsches Verhalten des Hundes emotionslos ignorieren!
Noch jeder Hund, den ich dabei beobachtet habe
hat mal versucht, rechts am Baum vorbeizurennen.
Kein Problem, macht nix, es gibt dann eben kein C&B
Viele versuchen vor dem Baum zu wenden.
Macht nix. Das sind clevere Burschen,
haben immer das Leckerchen im Kopf!
Aber so nicht !!!
Der Erfolg bleibt aus: Kein C&B !!
Dieses Verhalten gehört zur ganz normalen Exploration.
Es kommt fast zwangsläufig bei jedem irgendwann.
Also vorbereitet sein, nicht ärgern,
es ist alles ganz normal. Kein Grund zur Sorge.
Der Hund lernt allein aus dem Misserfolg.
Noch nicht beobachtet habe ich, dass der Hund
am Baum vorbeirennt und nicht nach rechts abbiegt.
Sollte das vorkommen: Kein Erfolg, kein C&B!!!
Einfach emotionslos ignorieren.
Grüße
aus dem Wilden Südwesten
Reinhold + Ayko