Shaping klappt nicht
18. August 2003 13:33

Hallo,
bin neu hier und trau mich jetzt mal ;-)
Habe einen Labrador Bruno, der morgen 9 Monate wird. Wir haben einen Welpenkurs im April gemacht und seit drei Wochen clickern wir. Die Sache mit dem Targetstab hat er superschnell begriffen und ich kann ihn damit nahezu überall hinlocken. Auch Slalom haben wir damit schon geschafft, unter Stühlen durchkriechen, auf der Stelle drehen usw.

Shaping ohne Stab (also zbs. in einen Karton gehen) kapiert er überhaupt nicht :-( Wenn ich etliche male C+B für mit der Nase innen in eine Ecke des Kartons stubsen belohnt habe und dann auf was Neues warte - dann weiß Bruno nicht was er machen soll. Er stubst immer weiter - probiert dabei alle 4 Ecken aus, aber es fällt ihm nichts Neues ein. Schließlich setzt er sich neben mich und winselt. Er tut mir dann so leid - weil: der arme Kerl weiß einfach nicht, was ich von ihm will. Manchmal bellt er dann auch sogar, was er sonst nur einmal pro Woche macht ;-)
Einmal ist er dann wieder hingegangen und hat eine Pfote reingehalten - danach bekam er gleich C+jackpot. Hat aber nicht geholfen, er hat es nicht noch einmal gemacht, sondern nur dann wieder der Reihe nach in alle Ecken geschnuppert. Ich hab hier auch irgendwo gelesen, daß man ihn so ansehen soll - dann wird er lockerer. Hat aber auch nicht geholfen, leider.

Auch mit einem Ball haben wir shapen versucht - so anstubsen und dann sollte er rollen oder was anderes anbieten. Auch da ohne Erfolg.

So recht versteh ich das nicht, denn wie gesagt mit dem Stab hat er das Prinzip so schnell verstanden! Das Dumme ist, das man so schnell frustriert ist, wenn etwas nicht so klappt. Wir haben das jetzt wirklich schon sehr oft geübt, aber kommen nicht weiter. Ich weiß auch, daß es keinen Sinn hat in einen Karton zu steigen (wie mein Mann meint) ;-)) Aber Bruno soll ja das shaping dabei lernen.

Was mache ich falsch???

Liebe Grüße aus Stockholm von
Inge und Bruno

18. August 2003 14:10

Hallo Inge,

das mit dem Shaping ist ne knifflige Sachen, mit der ich auch immer zu kämpfen habe. Begriffen habe ich es, als ich selbst mal den hund spielen mußte, seit dem weiß ich, was für ein stress es ist, wenn der Lehrer die Anforderungen zu schnell hochschraubt. Es braucht auch eine wenig Übung, vor allem auf der menschlichen Seite.
Stell es dir vor wie ein Daumenkino. Wobei es viel Fingerspitzengefühl erfordert, auf der einen Seite eine Stufe nicht zu sehr festigen, indem man sich sozusagen festclickt, und doch muß der Hund sicher sein, dass die Richtung stimmt. Ganz wichtig ist eine hohe Bestärkungsrate, 2 - 4 Clicks in 10 sec; lieber kurz üben (eine Minute anfangs), nicht erwarten, wenn ein Verhalten fortschritte macht, dass der Fortschritt nun sicher ist, bei Anfängerhunden ist es wichtiger, den Hund in Bewegung zu halten durch hohe Bestärkungsraten als auf Fortschritt zu bestehen. Zwischendurch fragen die Hunde nach "ist nicht doch was anderes gemeint?", dafür muß man ein gespür entwickeln, da braucht der Hund wieder "Richtungsbestätigung" - ja, wirklich das und das ist gemeint.
Wie gesagt, hohe bestärkungsrate, Hund muß erfolg haben, dann wird er sicher und mutiger, zeigt mehr, probiert mehr aus ... dann funktionierts.

Grüße nach Norwegen
von Sabine und dem Lab Oscar

19. August 2003 13:48

Hallo Inge,

ich hatte genau dasselbe Problem (wie wohl jeder ClickerAnfänger/in). Nicht verzagen! Die Übung mit dem Karton (aus Martins Buch) wird häufig missverstanden (das Thema taucht hier immer mal wieder auf). Es geht nicht darum, dass Bruno in den Karton reingeht, sonder irgendwas damit anstellt, er soll lernen, kreativ zu sein. Und dabei lernst du den Umgang mit dem Clicker. Auch ich habe mit dieser Übung und dem Ziel "Hund soll in Karton gehen" angefangen. Ergebnis: irgendwann hat meine Xisca vor mir Platz gemacht und mich angeschaut. Keine Aktivität mehr. Frust bei mir. Ich hab erstmal aufgegeben. Irgendwie bin ich dann auf www.spass-mit-hund.de geraten und habe die unter "Clicker-Welt" zu findende Einführung gelesen. Und da ist mir ein Licht aufgegangen. Schau dir die auf jeden Fall mal an! Sie ist meiner Meinung besonders gut für Anfänger/innen geeignet. Ich habe dann einen neuen Versuch mit einem Korb, in den ich ein Spielzeug gelegt habe, unternommen. Allerdings wirklich ohne ein konkretes Ziel zu haben (das verhindert auch Frust) ausser: ca. alle 5 Sekunden ein Click. Ich habe praktisch jede kleinste Aktivität beclickt. Und tatsächlich, Xisca ist aktiv geworden! Dann habe ich langsam angefangen, mir ein kleines Ziel zu setzen, z.B. Blick in Richtung Korb, aber trotzdem alle 5 Sek. ein Click (wie auch Sabine schreibt: Aktivität ist wichtiger als auf Fortschritt zu bestehen). Und von da an gings schnell voran. Innerhalb von 2 Übungseinheiten a ca. 5 Minuten habe ich geformt: hole Spielzeug aus Korb (Jackpot). Nach zwei weiteren Einheiten hat sie das Spielzeug aus dem Korb geholt, zu mir gebracht, es fallen gelassen und sich hingesetzt. Ich bin immer noch erstaunt darüber.
Was ich sagen will: aller Anfang ist schwer; wenn du erstmal die erste Hürde genommen hast, gehts schnell vorwärts. Hab Geduld, ihr schafft das schon.
Folgende Punkte waren für mich anfangs besonders hilfreich:
1. Besonders am Anfang sind Aktivität und Erfolg das A und O. Du lernst das Clickern, Bruno wird kreativ und aktiv.
2. Clicke anfangs ca. alle 5 Sek. für jede Kleinigkeit.
3. Gehe möglichst planlos an die ersten Einheiten (Kreativitätstraining). Schau, was Bruno so anstellt und versuche dann langsam, daraus etwas zu formen. Wenns nicht klappt, egal, neuer Versuch. Nur kein Frust.
4. Kurze Übungseinheiten.
5. Beobachte deinen Bruno. Dinge, die er sowieso gerne macht, lassen sich gut (evtl. abgewandelt) in Übungen einflechten.

Ich hoffe, das hilft dir etwas. Nur nicht aufgeben!
Gruß Marcel

20. August 2003 09:56

Hallo Sabine und Marcel,

und Danke für eure Tipps.

Es ist sicher so, daß ich viel zu selten geclickt habe dann. Nachdem Bruno halt erst mal erkannt hatte, daß er mit dem Karton was machen soll und nachdem ich ansehen geclickert hatte, hab ich im Laufe der Zeit nur noch „in eine Ecke stubsen“ beclickert. Und das hat er eben nur in einer Minute so drei oder viermal geschafft. Ich hab dann wohl auch zu schnell aufgehört zu clickern und auf Neues gewartet.

Steht ja auch in allen Büchern – laaaaaaaangsam ;-) Aber man möchte immer gleich halt mehr.

Da wir im Moment aber leider auch noch das Problem „Leine ziehen“ haben (siehe anderes Thema) werde ich wohl oder über die Karton-Sache erst mal hinten an stellen.

Bruno muss erst mal unbedingt besser lernen, Kontakt zu mir zu halten, bevor wir mit irgendwelchen Tricks weiter machen.

Also ist da erst mal Pause angesagt, wobei ich natürlich weiter clickere. Bestimmt werde ich aber noch mal wieder von mir hören lassen, wenn wir weiter machen und bei anderen Sachen nicht weiter kommen.

Bis dahin auch hier noch mal vielen Dank für die Antworten und liebe Grüße

Von Inge und Bruno … dem ich erst mal das „nicht-an-der-Leine-zerren“ verclickern muß ;-)


21. August 2003 18:21

Hi Inge,

schon klar, dass Du hier bei der Sicherheit bzw. Bequemlichkeit = beim Nicht so ziehen Prioritäten setzen möchtest.

Sich mit einer neuen Methode, die man offensichtlich derzeit noch nicht im Griff hat, nun zuerst ausgerechnet an ein problematisches Verhalten zu machen, ist nicht gerade nach den Empfehlungen, die üblicherweise von Clickertrainern gegeben werden...
Beim ersten Mal am Fahrrad würde man ja auch eher nicht den Großglockner in Tour de France Tempo hinunterrollen wollen...

Mit Martins Methode (Video und Buch zeigen/beschreiben es schön) klappt es vermutlich auch dann noch.

Nebenbei spricht allerdings alles dafür, in der 'übrigen Zeit', wo er nicht an der Leine ist, mal mit dem lockeren Ziel, irgend einen Trick zu formen, das Werzeug des Shaping mittels Clicker wirklich in den Griff zu bekommen.
So toll das mit C&T funktioniert, so leicht das anzuwenden ist: es ist sehr schwer, dass nur aus theoretischen Informationen nachzuvollziehen, wann man eigentzlich clicken soll, wie klein die Ansätze sind, die man dafür bestätigt - um dann bald mehr davon zu bekommen.
Wenn nun noch Erfolgsdruck und Frust einer bereits 'anders' gelernten Situation (hat ziehen gelernt, soll jetzt UMlernen) hinzukommen - dann landet allzuleicht mal wieder ein hoffnungsvoll in die Hand genommener Clicker endgültig in der Schublade.

Wär doch schade!

Wenn Du beim Ziehen Hilfe brauchst - da war hier ein 'nicht-Clicker-thread' kürzlich mit auch sehr hilfreichen Tipps nach Linda Tellington-Jones!!!

Und aus einem clicker-üblichen zuerst mal geformten 'watch me' bringt Dich eine 90 - und dann 180° Wendung sofot in den ersten Schritt eines Obediencmässigen 'Fuß' - was man für den Alltag ja gar nicht braucht...

Also nur los mit den Tricks die meisten davon kann man dann durchaus auch für irgendwas 'ernsthaftes' brauchen und es fällt einem doch leichter, beim Üben locker zu bleiben, gerde WEIL es ja ein Trick ist, NUR ein Trick...
Hier findest Du viele Hinweise im Archiv, was man da üben könnte - das mit dem Karton ist nun wirklich nicht so einfach zum Einsteigen!!!!
Für Zwei- und Vierbeiner nicht!


Viel Spaß noch mit Deinem Vierbeiner!
Wiebke

www.hunde-erziehung.at