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Clickertraining

Modernes, tierfreundliches Training das nicht nur Hund und Herrchen oder Frauchen Spaß macht, sondern darüber hinaus noch sehr viel effektiver ist, wie herkömmliche Trainingsmethoden. Hier ist die Rubrik für Fragen oder Probleme im Zusammenhang mit dem Clickertraining.  
Bissiger Hund
01. Februar 1999 19:45

Hallo Carsten!
Eben stieß ich auf Deine Anfrage. Ich kann Dir zwar zum Clicker noch nicht allzu sagen, denn ich erobere mir diese Welt auch gerade, aber zu Deinem Problem mit dem Hund kann ich Dir doch einen Tip geben.
Du zitierst Mugford, und da auch schon die richtigen Passagen.
Ich habe noch einen Buchtip für Dich: "Was tu' ich bloß mit diesem Hund?" von Eric H. W. Aldington, erschienen im Gollwitzer Verlag. Da sind verschiedene Problemfälle geschildert, und vor allem, es gibt darin eine Drei-Wochen-Kur zur Wiederherstellung der angemessenen Rangordnung.
Ich nehme mal an, Dein Vater ist immer schön auf die Aufforderungen des Hundes zu Spiel, Schmusen, Füttern eingegangen - wie ein braver Rangniedriger eben. Vermutlich steigt er auch brav über Moritz drüber, wenn der mal im Weg liegt, stimmt's? Und Du schreibst ja auch, daß Dein Vater den Raum verläßt, wenn der Hund ihn anknurrt. Brav von Deinem Vater, ein Rangniedriger spurt auch so, wenn der Chef ihn nicht in seiner Nähe haben will. Und wenn Dein Vater dann schmimpft, dann muß Moritz auch sauer werden, denn schließlich ist es eine Frechheit von so einem Rangniedrigen, gegen die Anweisungen des Chefs zu maulen. Alles Zeichen für Moritz, daß er, der Hund, ranghöher ist. Da ist es nur logisch, daß er sich dann irgendwann mal Handlungen deines Vaters, die seinem Status nicht entsprechen, z.B. das Betreten der Schlafhöhle, engergisch verbittet. Sicher wirst Du über den Clicker eine Besserung erfahren, aber das Problem besteht zwischen Deinem Vater und dem Hund. Wenn Ihr Angst habt, daß Moritz wieder beißt, dann macht ihm doch einfach einen Beißkorb um, bis sich die Rangordnung wieder eingerenkt hat. Dein vater ist nach dem Biß wahrscheinlich auch unsicher im Umgang mit dem Hund, so daß er sich viel selbstsicherer verhalten kann, wenn er weiß, daß Moritz ihn nicht mehr beißen kann. Und dann ist es an Deinem Vater, sich die Drei-Wochen-Kur und die allgemeinen Maßnahmen zu Herzen zu nehmen, zu lernen, wie sich ein Ranghöherer verhält. Solche "Kleinigkeiten" wie zuerst durch die Tür gehen, Treppen vor dem Hund rauf oder herunter zu gehen, den Hund nicht am Tisch zu füttern, ihn zum Aufstehen zu zwingen, wenn er ihm Weg liegt, mögen ihm lächerlich vorkommen, sind aber emminent wichtig.
Natürlich solltet ihr auch mit dem Clicker jede freundliche Begegnung bestätigen, aber in diesem Fall hat ein Sich-Durchsetzen gegen den Hund nichts mit Gewalt zu tun. Dein Vater kann sich auf völlig gewaltfreie Art gegen den Hund durchsetzen, z.B. durch Ignorieren bei Aufforderungen zum Spiel, Schmusen etc. Da es sein kann, daß der Hund dann unangenehm wird und seiner Forderung Nachdruck verleihen möchte, ist der Beißkorb wirklich angetan.
Ich habe die Drei-Wochen-Kur selber zweimal mit meiner Alaska-Husky-Hündin gemacht, weil sie nicht zuverlässig folgte und ich einige Sachen aus Faulheit zugelassen habe, die sich einfach gerecht haben. Seit dieser Kur geht mein Hund niemals vor mir durch die Tür etc. Für den Hund ein völlig entspanntes, hundgerechtes Leben, denn nur ein Hund, dessen rangniedrigste Stellung konsequent und liebevoll immer wieder manifestiert wird, ist ein entspannter, glücklicher Hund. Man stelle sich nur den Streß vor, den ein Hund hat, dem man ständig Chefvorrechte einräumt, auf der anderen Seite dann aber wieder Unterordnung abverlangt. Der arme Hund versteht die Welt nicht mehr und ist ständig im Streß. Seit Wonda wieder zuverlässig folgt und eindeutig den niedrigsten Rang hat, ist das Leben mir ihr einfach toll.
Im übrigen halte ich die Auffassung Deiner Tierärztin, der Hund hole Verhaltensweisen der Welpenzeit nach, für gelinde gesagt schwachsinnig. Deinem Vater gegenüber benimmt er sich wie ein erwachsener Hund, der Achtung einfordert. Wißt Ihr etwas über die Vorbesitzer? Vielleicht war Moritz es da auch gewohnt, den Chef zu spielen, z.B. gegenüber älteren Familienmitgliedern. So ein Angriff kommt nie, wirklich nie, aus heiterem Himmel, er hat immer eine lange, meist aber übersehene Vorgeschichte. Wenn sich Dein Vater nicht durchsetzt, kann das ganze furchtbar eskalieren.
Ich wünsche Dir, Deinem Vater und vor allem Moritz viel Glück! Gebt doch mal Laut, wie sich die Situation entwickelt hat.
Liebe Grüße von
Franziska


06. Februar 1999 16:32

Hallo Franziska,

vielen Dank für Deine Hinweise und den Buchtip. Ich habe den Titel in der Uni-Bib. bestellt, da er nicht zum Bestand gehört, dauert das sicher ein paar Tage, bis ich ihn habe. Aus dem Fundus habe ich mir ein anderes Buch von Aldington ausgeliehen: Von der Seele des Hundes.


Einige Kapitel fand ich sehr interessant, andere - besonders die über die Erziehung von Hunden - fand ich widersprüchlich bzw. nicht ganz state of the art (bezüglich des Standes der Diskussion hier im Forum).

Beispiel:
S. 332 Aldington stellt fest, der Hund sollte einen weder anknurren, noch beißen. m. E. Korrekt.
Ist der Hund in der Nähe, soll er von Cheffe nur gutes Erfahren. m. E. Korrekt.
Ausnahme: Der Hund ist ungehorsam. Dann solle man den Hund am Nackenfell packen und durchschütteln. Da hätte ich bei meinem Hund Schiß (der Bursche ist für seine Größe extrem kräftig - keinen Bock, gebissen zu werden), aus dem Grund, den Aldington auf nächsten Seite nennt: "Seien Sie sich darüber im klaren, daß Sie bereits gegen einen mittelgroßen, rasenden Hund im Ernstfall machtlos sind." (S. 333) m. E. Korrekt.

Wie gesagt, ich bin auf das drei Wochenprogramm gespannt, von dem Du sprachst, und mit dem Du so gute Erfolge hast.

Als äußerst schwierig stellt es ich aber heraus, das Verhalten meines Vaters gegenüber dem Hund zu verändern. Füttern am Tisch usw. Zum Glück läßt er ihn jetzt ab und zu was machen (SITZ, PLATZ, PFOTE oder so), bevor die Brotecke mit Leberwurst rüberwächst.

Aktuell hat sich die Lage mit Moritz glücklicherweise erheblich entspannt. Nach einer fast Beißerei, die ich mit ihm am vergangenen Wochenende hatte, habe ich auf gut Glück bei meiner (eigentlich für Menschen) Gesundheitsberaterin angefragt, ob sie Rat weiß. Außerdem habe ich ihr auch ein Hautproblem beschrieben, daß der Hund in der Leiste hat, und das der TA regelmäßig in der Vergangenheit mit Cortisoncreme, Halskrause usw. behandelt hat, was aber nur einen kurzfristigen Heilungserfolg brachte. Kurz und knapp: Sie hat ihm zwei Sorten homöopathische Pillen aufgeschrieben. - In der Leiste wachsen schon wieder Haare, und der Hund ist viel gelassener geworden, was mir auch Freunde bestätigen.

Zwei Erfolge, über die ich mich außerdem sehr freue: Der Hund läßt sich wieder von mir Bürsten :-) CLICK, und er ist letzte Woche schon zwei Mal :-) wieder mit mir aus dem Haus gegangen, während meine Mutter da war. Das konnte man in der jüngeren Vergangenheit total knicken :-(.

Grund zur Entwarnung ist das für mich aber noch nicht. Ich muß weiter am Ball bleiben. Die Pillen von der Homöopathin haben vielleicht was ins Rollen gebracht, aber langfristig sehe ich in einer Beeinflussung seines Verhaltens per CLICK und Belohnung die größeren Potentiale. Vielleicht steht aber auch bei Aldington ein entscheidender Hinweis.

Noch mal vielen Dank für Deine Anregungen.
Vielen Grüße
Carsten und Moritz

06. Februar 1999 19:05

: Hallo Carsten!

Herzlichen Dank für Deine Antwort. Ich hatte erst nach der Absendung meiner e-mail gelesen, daß Du ja auch schon andere Antworten bekommen hattest. (Außerdem hatten sich bei mir grauenhafte Rechtschreibfehler eingeschlichen, diesmal schaue ich gründlicher nach, bevor ich es abschicke!) Nun zu den Passagen in Deiner e-mail:
: Ist der Hund in der Nähe, soll er von Cheffe nur gutes Erfahren. m. E. Korrekt.
: Ausnahme: Der Hund ist ungehorsam. Dann solle man den Hund am Nackenfell packen und durchschütteln. Da hätte ich bei meinem Hund Schiß (der Bursche ist für seine Größe extrem kräftig - keinen Bock, gebissen zu werden), aus dem Grund, den Aldington auf nächsten Seite nennt: "Seien Sie sich darüber im klaren, daß Sie bereits gegen einen mittelgroßen, rasenden Hund im Ernstfall machtlos sind." (S. 333) m. E. Korrekt.

Das ist leider ein altes Problem bei allen Büchern von Aldington, er propagiert immer noch den Nackenschüttler. Würde der gute Mann noch leben, hätte er diese Meinung nach Studium der neuesten Erkenntnisse der Kynologie sicher revidiert, aber da die Bücher alle aus den Manuskripten seines Nachlasses geschrieben wurden, stehen eben auch einige Dinosaurierweisheiten drin. Die eine ist der Nackenschüttler.
Bei Günther Bloch (Sein Buch "Der Wolf im Hundepelz" ist auch äußerst empfehlenswert!) habe ich im Seminar gelernt, daß durch Studien jetzt manifestiert wurde, daß es den Nackenschüttler unter erwachsenen Hunden nur gibt, wenn einer den anderen töten (!) will, und das kommt nun wirklich selten vor. Nackenschütteln ist ein Teil des Verhaltensrepertoires der Jagd und bedeutet immer "Tod dem Opfer!". Die Welpen schütteln sich aber sehr wohl gegenseitig im Nacken, denn sie müssen diese Jagdverhaltensweisen ja spielerisch üben. Wenn nun ein erwachsener Hund einen Welpen am Nacken schütteln würde, dann würde er diesem damit signalisieren "Ich bringe dich um!" Warum sollte ein Hund das mit einem Welpen tun, jedenfalls, wenn es sich um sein Rudel handelt?!
Wenn wir als Menschen nun einen Hund im Nacken schütteln, dann signalisieren wir ihm also, daß wir ihn umbringen wollen. Wie soll ein Hund, ob Welpe oder Erwachsener, dann folgen können?! Entweder er vergeht fast vor Angst ob seines vermeintlich bevorstehenden Todes oder er wehrt sich gegen das "Umbringen", und das kann dann böse für den Menschen enden. Vertrauensbildend ist die Maßnahme des Menschen also in keinem Fall, sondern verheerend. Für Menschen gibt es eine Menge anderer Spielarten, wie man einen Hund auf hundliche Art mit seinem Körper dominieren kann: anstarren, anknurren, den Nacken festhalten (nicht schütteln, das ist eben der Unterschied!) und den Kopf auf den Boden drücken, Schnauzengriff usw. Es kommt hier auch auf den Hund an. Wonda probiert manchmal aus, wie lange wir uns anstarren können. Sie verliert immer wieder, aber sie probiert es doch auch immer wieder aus.

: Wie gesagt, ich bin auf das drei Wochenprogramm gespannt, von dem Du sprachst, und mit dem Du so gute Erfolge hast.

Ich wünsche Dir viel Spaß mit der Drei-Wochen-Kur, sie ist einfach wunderbar. Ich würde aber die Vorschläge Aldingtons variieren. Bei uns gab es für Wonda überhaupt kein Futter mehr "einfach so". Nur noch gegen Leistung und Arbeit, bei absoluter Zeitnot hielt ich wenigstens die Schüssel in den Händen, aus der sie fraß, damit sie nie vergaß, von wem sie eigentlich ihr Futter bekommt. Über Futter kann man unglaublich viel erreichen. Das mag manchem hart erscheinen, aber den Hund in einer Abhängikeit (seelisch und körperlich) von sich zu halten, ist äußerst wirksam. Läuft in der Natur übrigens auch nicht anders: Der Chef bestimmt, wo's langgeht und wer wann frißt. Wer nicht spurt, der fliegt raus, basta! Was glaubst Du, wie Wonda nach ein paar Tagen Fastenzeit schön mitgearbeitet hat! Ich habe ihr jeweils die Chance gegeben, mitzumachen. Arbeitete sie schön, gab's was zu essen, machte sie Kokolores, dann gab's nicht. Der Hund hatte die Wahl.
Das Wichtigste ist allerdings, daß Deine Sippe mitspielt. Bekommt Moritz in dieser Zeit von Deinem Vater noch Häppchen vom Tisch, untergräbt Dein Vater damit alle Bemühungen. Der Hund wird sich also an ihn halten. Wenn Dein Vater den Hund wirklich mag, dann soll er ihn halt in der Zeit mal nicht füttern, auch nicht gegen Leistung. Drei Wochen sollten doch wohl auszuhalten sein, das gleiche gilt für das Steichelverbot in den ersten zwei Wochen. Wenn es nötig ist, kann man die Kur übrigens auch beliebig verlänger. So lange, bis der Hund endlich begriffen hat, wer das Sagen hat.
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: Aktuell hat sich die Lage mit Moritz glücklicherweise erheblich entspannt. Nach einer fast Beißerei, die ich mit ihm am vergangenen Wochenende hatte, habe ich auf gut Glück bei meiner (eigentlich für Menschen) Gesundheitsberaterin angefragt, ob sie Rat weiß. Außerdem habe ich ihr auch ein Hautproblem beschrieben, daß der Hund in der Leiste hat, und das der TA regelmäßig in der Vergangenheit mit Cortisoncreme, Halskrause usw. behandelt hat, was aber nur einen kurzfristigen Heilungserfolg brachte. Kurz und knapp: Sie hat ihm zwei Sorten homöopathische Pillen aufgeschrieben. - In der Leiste wachsen schon wieder Haare, und der Hund ist viel gelassener geworden, was mir auch Freunde bestätigen.

Wenn Du einen Menschen in Deiner Nähe hast, der sich mit Bachblüten auskennt, dann lasse Dir auch mal da eine Mischung zusammenstellen. Wir nehmen bei seelischen Ungleichgewichten allesamt Blüten, Menschen und Hund. Die Erfolge sind zwar rein medizinisch-klinisch oder wie auch immer nicht zu erklären, aber trotzdem erstaunlich!
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: Zwei Erfolge, über die ich mich außerdem sehr freue: Der Hund läßt sich wieder von mir Bürsten :-) CLICK, und er ist letzte Woche schon zwei Mal :-) wieder mit mir aus dem Haus gegangen, während meine Mutter da war. Das konnte man in der jüngeren Vergangenheit total knicken :-(.

Wieso konnte man das knicken? Wen hat der Hund gefressen? Deine Mutter, weil sie da war, blieb oder wie? Das wüßte ich gern näher!

Also dann, viel Glück und halt mich auf dem Laufenden!

Liebe Grüße von Franziska und Alaskan Husky Wonda