Willkommen! Anmelden Ein neues Profil erzeugen

Erweiterte Suche

Belohnung= Motivator zu schwach

geschrieben von Anja(YCH) 
Belohnung= Motivator zu schwach
17. November 2002 15:30


Moin,
mein Problem besteht darin, daß die Belohnung oft nicht stark genug motiviert. Auch wenn mein Halbwüchsiger verfressen ist, ist doch beim Spazieren gehen alles so spannend, daß man das Gehorchen, Fressen und Frauchen völlig ignorieren kann. Es nützt mirda wenig,daß er drinnen eifrig clickert.
Was benutzt Ihr als extrem starke Belohnungen excl Fressen? Ich denke da gerade auch andieKorrektur des Hetzens, da dies ja schon an sich eine starke Belohnug ist.
Viele Grüße aus dem Norden, Anja

17. November 2002 16:01

Hi Anja,

auch ich habe die Erfahrung gemacht, das leckerli draußen oft genug "nicht zieht". Ich habe versucht, Nico und Elia ihre Belohnung selber aussuchen zu lassen: z.B. Freigabe zum Schnüffeln, Ballspiel, Hundekontakt etc.
Sollte bei selbstbelohnenden Handlungen natürlich NICHT das unerwünschte sein.
Ich persönlich bin bei unerünschten, SELBSTBELOHNENDEN, Handlungen mit Clickern z.B. bei Elias "Steine beißen" nicht weitergekommen. Ich habe dort mit einem "Abbruchsignal" gearbeitet (bei uns ists die Rappeldose).
Hat super geklappt. Aber da muss man sicher von Hund zu Hund abwägen.

GRüße Doris

17. November 2002 17:18

Hallo Anja,

:Ich denke da gerade auch andieKorrektur des Hetzens, da dies ja schon an sich eine starke Belohnug ist.:

Zito ist nicht so extrem, was das Hetzen vom Wild angegeht. Eine erfolgreiche "Jagd" nach seinem Futterbeutel, gefüllt mit einem Megajackpot, nimmt er in solchen Situationen begeistert als Belohnung an. Den Futterbeutel befestige ich oft an ein Seil, das ich wiederum an einen Stock knote. So habe ich eine Art "Hetzangel", die meinem Hund eine ausreichende Ersatzjagd bietet.
Ansonsten ist immer das, was der Hund gerade möchte, der geeignete Verstärker und oft ist es ja auch möglich, dies einzusetzen (schnüffeln, mit einem anderen Hund spielen, vorwärts kommen), natürlich mußt Du dann eine Selbstbelohnung verhindern, z.B. durch die Schleppleine.

Viele Grüße

Anette




24. November 2002 14:42

: Moin,
: mein Problem besteht darin, daß die Belohnung oft nicht
: stark genug motiviert. Auch wenn mein Halbwüchsiger
: verfressen ist, ist doch beim Spazieren gehen alles so
: spannend, daß man das Gehorchen, Fressen und Frauchen
: völlig ignorieren kann. Es nützt mir da wenig,daß er
: drinnen eifrig clickert.
: Was benutzt Ihr als extrem starke Belohnungen excl
: Fressen? Ich denke da gerade auch an die Korrektur
: des Hetzens, da dies ja schon an sich eine starke
: Belohnug ist.
: Viele Grüße aus dem Norden, Anja


Hallo Anja,

ich denke mit diesem Problem stehst du nicht allein.
Ich möchte dazu ein paar Gedanken loswerden,
nimm sie einfach mit etwas gesundem Humor auf,
ich hoffe, das verschafft dann schneller Klarheit.

Das mit den extrem starken Belohnungen ist nicht der
Weisheit letzter Schluss, denn konsequent zu Ende gedacht,
müsste ich dann zu jedem Spaziergang drei gebratene und
halbierte Spanferkel im Warmhaltebeutel mitschleppen und
ich hätte dann immer noch n i c h t die Gewähr, meinen jagdlich
höchst interessierten Rüden mit dieser in Aussicht gestellten
Belohnung vom Hasenhetzen abhalten zu können.

Nein das klappt nicht mit den extrem, starken Belohnungen allein.
Da bin ich mir ganz sicher. Außerdem ist es auch völlig unpraktikabel,
wie du siehst. :-)

Tatsächlich habe ich statt der knusprigen Spanferkel
oft nur normales Trockenfutter in der Hosentasche, manchmal
auch gar nichts und es klappt trotzdem, ihn mit einem
einfachen "Sitz" vom Hasenhetzen abzuhalten. Er hockt
dann auf der Wiese und guckt dem Hasen nach; --- weil er
es so gelernt hat und nicht weil er auf ein halbes Spanferkel
spekuliert.

Der Gedanke, dass eine besonders tolle Belohnung den Hund vom
Hasenhetzen abhalten kann, ist mit Sicherheit falsch.
Es sind die Lernvorgänge, auf die man sein Augenmerk lenken
muss. Ein Hund "gehorcht", weil er das gelernt hat. Und zuverlässiger
Gehorsam entsteht durch unermüdliches üben, üben, üben ..... ,
----- und nicht durch ein Spanferkel in der Warmhaltetasche.

Ich fange immer ganz klein an, draußen eigentlich immer
nur genau dann, wenn der Hund mal für eine halbe Sekunde
nicht durch andere Dinge abgelenkt ist. Clickertraining
erfordert eine besonders gute Beobachtungsgabe.

Du schreibst:
: .....ist doch beim Spazieren gehen alles so spannend,
: dass man das Gehorchen, Fressen und Frauchen
: völlig ignorieren kann.


Dazu drei Vorschläge, die du alle parallel ausprobieren
kannst, sie schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern
ergänzen sich:


1. Vorschlag:

Du gehst spazieren, dein Hund läuft frei. Du hast den
Clicker in der Hand, bist jederzeit bereit zu clicken.
Du beobachtest deinen Hund genau. Jedesmal, wenn
er seine Aufmerksamkeit auf dich richtet, gibst du ihm
ein C&B, also z.B.

... wenn er freiwillig, ganz von sich aus (!!!)
ohne dein Zutun (!!!) Blickkontakt mit dir aufnimmt: C&B,

... wenn er freiwillig, ohne dein Zutun, zu dir
zurückkommt: C&B

... wenn er an einer Abzweigung in die falsche
Richtung gelaufen ist, ruf ihn nicht, geh deinen Weg,
merkt er, dass du einen anderen Weg gehst, gib ihm
C&B, nicht rufen, nicht pfeifen, nicht locken.
Die Initiative muss in diesem Stadium des Clickerns
ausschließlich vom Hund ausgehen!!!

Kurz: Jedes mal, wenn sein Interesse auch nur für den
Bruchteil einer Sekunde ausschließlich dir gehört: C&B !!!

Hast du geclickt und er kommt daraufhin nicht zu dir her,
um sich seine Belohnung abzuholen, lobe ihn wenigstens verbal
(auch auf Entfernung). Es ist ungeheuer wichtig, dass du sein
Interesse an dir, dass du jede seiner Kontaktaufnahmen mit dir
stets positiv erwiderst ! Auch wenn du den Eindruck hast,
dass er das alles gar nicht registriert, tu´s trotzdem. Sprich lobend
mit ihm, wenn er sich für dich interessiert, ansonsten
( wenn er sich für andere Dinge interessiert ) halt den
Mund, aber konsequent ---- mit einem (fiktiven)
großen Heftpflaster auf den Lippen.

Vielleicht bricht damit für deinen Hund ein neues Zeitalter an.
Ich weiß es nicht, das lässt sich aus der Entfernung auch nicht
beurteilen.


2. Vorschlag:

(eigentlich ein Vorschlag für die wärmere Jahreszeit)
Binde den Hund draußen in der Natur an eine ca. 2m
lange Leine, das andere Ende bindest du an einen
Pflock oder einen Baum. Die Leine soll den Hund am
weglaufen hindern. Sie schränkt seinen Aktionsradius
ein. Sonst hat sie keine Funktion!
An der Leine nicht ziehen, nicht zerren! Keinen Einfluss
auf den Hund nehmen. Nur abwarten!
Überlass´ ihn sich selbst. Lass ihn seine Umgebung
ausgiebig erkunden (schnüffeln). Das muss sein.
Setz dich zu ihm, lies ein Buch. Den Clicker in der Hand
beobachtest du ihn. (mit einem Auge beobachten, mit dem
anderen liest du) Irgendwann wird sich sein Interesse dir
zuwenden, dann gibst du sofort: C&B
Wichtig: Das Interesse muss allein von seiner Seite aus
kommen. Du darfst auf keinen Fall locken oder sonst
irgendwie versuchen, seine Aufmerksamkeit auf dich zu
lenken. Das ist so ungeheuerlich wichtig beim Clickern,
dass ich es hier immer und immer wieder wiederhole.

Nochmals im Klartext: Das Interesse muss vom Hund
ausgehen !!! Ganz allein vom Hund. Kein Locken, pfeifen
rufen, kein Schnalzen, keine Erwartungshaltung von deiner
Seite!

Auf keinen Fall darfst du umgekehrt vorgehen:
Den Hund mit supertollen Extremleckerlis locken
und dann, wenn er sich dafür interessiert, C&B geben.


3. Vorschlag

Du schreibst:

: Es nützt mir da wenig, dass er drinnen eifrig clickert.

Drinnen ist er also begeistert beim Clickern dabei.
Genau so war das bei uns auch: Drinnen ein super-
begeisterter Hund und draußen absolut tote Hose:
Draußen war ihm alles andere wichtiger, als ein C&B.

Es ist die Umgebung, die das Verhalten des Hundes in
sehr hohem Maße mitbestimmt. "Drinnen" ist anders als
"draußen". So banal das klingt, es gilt den Einfluss der
Umgebung auf das Clickern zu mindern.

Als mein Junghund damals "drinnen" vor Begeisterung
bei einer Clickersession fast ausflippte, habe ich einfach die
Terrassentüre geöffnet und habe mich während dieser
Clickersession von einer Übung zur nächsten immer mehr
nach draußen bewegt und die Begeisterung des Hundes fürs
Clickern quasi nahtlos von drinnen nach draußen mitgenommen.


Der Erfolg hing jeweils davon ab, wie gut mir der Übergang
von drinnen nach draußen gelang. Je weniger der Hund den
Umgebungswechsel wahrgenommen hat, desto besser
war der Erfolg. (Wichtig war bei uns: Er musste unbedingt
sich schon vorher schon leergepinkelt und gelöst haben. )

Ich habe diese Übungen täglich wiederholt, über Wochen
und Monate (!!!!) hinweg ohne dabei dem Frust zu erliegen.
Von einer Clickersession allein darf man keinen spürbaren
Erfolg erwarten. Die Ausdauer und Beharrlichkeit über
lange Zeit hinweg macht den Erfolg.

Es war ein langsamer und mühevoller Weg, aber sicherlich
der richtige.

Versuchs einfach mal, mich würde interessieren, wie du
damit zurecht- oder gar vorankommst.

Du schreibst:

: Was benutzt Ihr als extrem starke Belohnungen excl
: Fressen? Ich denke da gerade auch an die Korrektur
: des Hetzens, da dies ja schon an sich eine starke
: Belohnug ist.

Glaub mir, es ist nicht die "extrem starke Belohnung",
es ist allein deine Ausdauer und deine Sorgfalt und deine
Präzision beim Einhalten der Clickerregeln (Stichwort:
Quote, variable Belohnung, Jackpott usw. usw., nachlesen!!),
die zum Erfolg führen.


Noch was:

Es ist immer falsch, einem Hund eine Clickersession
"aufzuzwingen". Wenn er dafür gar keine Konzentration
aufbringt, dann lass ich es. Besser ist es, den Hund genau
zu beobachten. Mit der Zeit kriegt man den Riecher dafür,
wann ein Hund für eine Session "empfänglich" ist und wann
nicht.

Letzten Endes ist immer das Interesse, das dein Hund dir
draußen entgegenbringt, --- freiwillig entgegenbringt (!!!) das
Entscheidende. Und das kannst du mit den oben aufgezeigten
Übungen fördern. Das zeigt Wirkung. Es wird im Laufe der
Zeit immer besser. Rückschläge inbegriffen.

Ich beobachte zur Zeit fasziniert, wie mein Rüde selbst dann,
wenn ich weglos quer durch den Wald gehe, manchmal urplötzlich
neben mir auftraucht, ganz dicht neben mir läuft und
ein hundeplatzmäßiges Fussgehen praktiziert, mit 10 cm Abstand
zu meinem linken Oberschenkel und mit Blickkontakt zu mir,
ohne dass ich ihn dazu aufgefordert habe! Mitten im Wald!
Freiwillig, ganz von sich aus, ohne mein Zutun.
Er zeigt das auch dann, wenn ich keinen Clicker und keine
Leckerchen dabei habe. Es ist nicht die Qualität der Belohnung,
die das bewirkt, es ist das stetige Lernen und Üben.

Viele Grüße
aus dem Wilden Südwesten
Reinhold + Ayko

24. November 2002 15:26

Hallo Reinhold,

tolle Erklärung smiling smiley))

**Ich beobachte zur Zeit fasziniert, wie mein Rüde selbst dann,
wenn ich weglos quer durch den Wald gehe, manchmal urplötzlich
neben mir auftraucht, ganz dicht neben mir läuft und
ein hundeplatzmäßiges Fussgehen praktiziert, mit 10 cm Abstand
zu meinem linken Oberschenkel und mit Blickkontakt zu mir,
ohne dass ich ihn dazu aufgefordert habe! Mitten im Wald!
Freiwillig, ganz von sich aus, ohne mein Zutun.**

Das macht Aris auch immer häufiger. Mitten drin "reißt" es ihn, er läuft beflissen nebn mich schmiegt sich um mein linkes Bein und hat den "Na-wenn-das-keinen-Click-wert-ist-Blick".

**Er zeigt das auch dann, wenn ich keinen Clicker und keine
Leckerchen dabei habe.**

Aber du könntest ja ;-)))

**Es ist nicht die Qualität der Belohnung, die das bewirkt, es ist das stetige Lernen und Üben.**

Das stimmt, aber die Qualität, bzw. eher der Abwechslungsreichtum der Belohnung (und auch der Art der Belohnung) hat bei uns auch sehr oft "Lernschübe" verursacht. Für ganz tolle Sachen gibt´s ja auch den Jackpot. Allerdings arbeitet der Hund ja nicht für diesen, weil er es ja vorher nicht weiss, dass er kommt. Aber er strengt sich anschliessend wieder noch mehr an.

Trotzdem bemerke ich auch, das die Hunde beim Erlernen neuer Sachen umso weniger Wert auf die Qualität der Leckerchen legen, je clickererfahrener sie werden. Der Reiz des "Rausfindens" was da jetzt gemeint ist kriegt einen immer höheren Stellenwert (ist wie beim Canasta-Spielen um Punkte, kann auch spannend sein, obwohl man sich nix kaufen kann).


Viele Grüsse

Alex & Aris




25. November 2002 01:09

:: Es ist nicht die Qualität der Belohnung, die das bewirkt,
:: es ist das stetige Lernen und Üben.**


: Das stimmt, aber die Qualität, bzw. eher der Abwechslungsreichtum
: der Belohnung (und auch der Art der Belohnung) hat bei uns auch
: sehr oft "Lernschübe" verursacht.


Danke Alex,

das ist eine wichtige Ergänzung zu meinem Beitrag.

Damit hast du klar ausgedrückt, wofür die Leckerchen gut sind:
Sie fördern bei Anwendung der Clickerregeln den Lernprozess bis
hin zu einem verlässlichem Gehorsam auch unter starker Ablenkung.
Aber die Leckerchen sind niemals als zugkräftige Alternative /
Konkurrenz zum Hasenhetzen zu betrachten.


: Trotzdem bemerke ich auch, dass die Hunde beim Erlernen neuer
: Sachen umso weniger Wert auf die Qualität der Leckerchen legen,
: je clickererfahrener sie werden. Der Reiz des "Rausfindens" : was da jetzt gemeint ist kriegt einen immer höheren Stellenwert

Ich hatte mehrere Interessenten, die bei mir gerne Clickern lernen
wollten, sie hatten aber das Problem, dass ihre Hunde angeblich
an Leckerchen nicht interessiert sind. Das hat sich dann beim
Clickern ganz schnell geändert. Die Hunde waren plötzlich hellauf
begeistert und bei der Sache und sie ließen kein Leckerchen aus.
Ja, --- bei manchen Hunden ist Clickertraining ein Selbstläufer,
die sind gar nicht sonderlich scharf auf die Belohnung, sondern
aufs Lernen und sie nehmen die Belohnung mit solange geclickert
wird. Fünf Minuten nach dem Ende einer Clickersession konnte
ich einem dieser Hunde ein Leckerchen hinhalten, er hat es nicht
genommen. :-) Ohne "Click" war das völlig uninteressant für ihn.
Das sind die kleinen Erlebnisse am Rande, die man so schnell nicht
wieder vergisst. Ich denke auch dieses Erlebnis ist relevant und
aufschlussreich für die Beantwortung der Ausgangsfrage in diesem
Thread.

Aber mit einem verfressenen Hund, der immer schneller immer mehr
fressen will, gelingt der Einstieg ins Clickern auf jeden Fall
leichter und sicherer. :-)

Viele Grüße
aus dem Wilden Südwesten
Reinhold + Ayko