Hey Heike
: Sorry, kam für mich bisher ganz anders rüber.
Das ist leider bei solchen Diskussionen ein sehr häufig auftretendes
Missverständnis. Ich habe eine ähnliche Diskussion mit jemanden
geführt, der einen TT einsetzt. Ich bin sicher, aus seinen Äußerungen
heraus, daß er absolut qualifiziert ist, damit umzugehen. Und er tut
es garantiert sehr verantwortungsbewußt. Der Schuh "Tierquäler" wird
diesem überhaupt nicht passen. Das ist aber eine Ausnahme! Den die
breite Masse an Sportlern und auch an Ausbildern weiß leider nicht so
verantwortungbewußt und zweckoptimiert damit umzugehen, genausowenig wie
mit Leinenruck und Krallenhalsband.
: Nach meiner ganz persönlichen Meinung und nach den Erfahrungen, die
: ich in den letzten Jahren (u.a. in einer Hundeschule )so gesammelt
: habe, denke ich aber immer noch (vielleicht ändert sich das ?), dass
: es zu solchen Situationen
: 1: nicht kommen muss, wenn die Halter sich vorher ein kleines bisschen
: über das Lebewesen Hund informieren würden oder
: 2: spätestens nach og. Bsp. einmal nachdenken würden, warum es dazu
: gekommen ist.
Nein, es müßte niemals dazu kommen. Aber einen Hund hat man eben einfach
so. Voller Napf, Wasser, raus zum Pinkeln und Kacken, ansonsten
dekoratives Möbelstück bzw. Subjekt, um das eigene Image aufzubessern.
Was steckt dahinter? Imho zuerst mal Nichtwissen, vielfach Dummheit,
manchesmal gemeine Verantwortungslosigkeit gegenüber unserem Mitbewohner
Hund.
: Thomas, es muss doch in dem Zusammenleben Mensch/ Hund unbedingt Regeln geben und diese Regeln müssen auch vom Hund eingehalten werden.
Absolut. Man muß aber deutlich zwischen Regeln (also im wesentlichen
sind damit Verbote gemeint) und signalkontrollierten abrufbaren
Verhaltensweisen unterscheiden. Regeln beziehen sich im allgemeinen auf
den Kontext des Zusammenlebens, in der sozialen Interaktion, im
Auskommen mit der Umwelt, der Zivilisation. Ich behaupte, daß an vielen
Stellen echtes Vermeidungslernen angemessen ist. Brummt meine Shari
meinen Sohn Maximilian (1 1/2 Jahre) an, dann kriegt sie was an die
Backen, und zwar noch während des Brummers. Weiß ich jedoch, ich wäre zu
langsam, muß ich es jedoch runterschlucken.
Das Problem beim Beibringen und beim Befolgen der Regeln sind nun aber
die Erfolgserlebnisse, die das menschliche Verhalten des maßregeln's als
R+ verstärken. Dann wird nämlich die gleiche Methodik beim Beibringen
der anderen Seite (Ausbildung) ebenfalls angewandt.
Es wird nicht das abgeleinte Beifuß-Gehen angewöhnt, sondern mit
Leinenruck die Zerrerei abgewöhnt, usw.
Wenn also für jedes Ziel konkret das richtige Vorgehen ausgewählt
wird, würde das den optimalen Lernerfolg garantieren. Der Hund
kann einerseits postive Signale erlernen, andererseits aber auch
negative Signale. Beides wirken als konditionierter Verstärker, das eine
erhöht die Wahrscheinlichkeit auf Wiederholung des Verhaltens, das
andere senkt sie.
Hinzu kommt, wenn ein Hund gelernt hat, selber aktiv auf den Hundeführer
einzuwirken, weil er gelernt hat, "das richtige" bringt Belohnung, wird
er genau das tun. Denke mal an eine Viehtränke: Kuh kommt, betätigt
den Schieber mit der Nase (Wirkreaktion), Wasser kommt
(Antwortreaktion), Durst gestillt.
Was steckt dahinter? Die Motivation den Durst zustillen.
Was hat sie gelernt? "Das richtige" Verhalten bringt die Belohnung.
Genau an dieser Stelle kann ein Hund zudem das Signal "Falsch" lernen.
Der Hund versucht also verschiedenen Dinge, um das "richtige" zu tun.
Jeder falscher versuch wird nicht mit "Nein" verboten, sondern mit dem
bedauernden "Falsch" kommentiert, im Sinne von "Mach weiter, probier
was anderes".
Um wieder zum Kernthema "Jagd" zurückzukommen:
Und nun hat man die Möglichkeit, in der Intention zur beginnenden Jagd
diese mit "Falsch" zu markieren. Er hat (hoffentlich) gelernt, daß das
"Falsch" halt nicht erfolgreich bedeutet und wird die erfolgreiche
Alternative annehmen; z.B. Frolic rollen oder ähnliches.
Ich halte das für sehr erfolgreichversprechend, eben auch neben der
von Martin beschrieben Methode der gemeinsamen Jagd. Der Knackpunkt ist
das Erkennen der Intention zur Jagd, ist der hochmotivierte Hund
gestartet, ist es vielleicht schon zu spät. Auch hier gilt wieder, fängt
man im Welpenalter an, tritt das "extreme" Problem beim Erwachsenen
vielleicht erst gar nicht auf.
Regeln müssen sein. Und es muß sein, daß sie befolgt werden. Die Frage
die eindeutig beantwortet werden muß ist: Wieweit ist es gerechtfertigt,
aus Nichtkenntnis der gewaltfreien Alternativen in der Hausbildung, die
Ausbildung über aversive Reize durchzuführen.
Und: Ist es nicht zunächst sinnvoller, zuerst das Herbeiführen von
signalkontrollierten Verhalten ohne Einwirkung auf den Hund zu lehren,
um zuerst über Erfolgerlebnisse die für den Hund angenehmeree Methode
zu etablieren. Und sich erst im zweiten Schritt den Verboten und Regeln
zu widmen. Wer Timing beim postiven Verstärken gelernt hat, kann es
viellleicht auch beim negativen Verstärken. Mach ich Fehler bei R+
schadet es dem Hund nicht, ich belohne halt für nix. Mach ich Fehler
bei P+, schadet es dem Hund sehr wohl, denn ich bestrafe für nix.
: Und nur, wenn dieses Zusammenleben stimmt, kann ein Hund wissen, dass ein NEIN ernst gemeint ist.
Das ist die Kernaussage. Kontinuität im menschlichenn Verhalten, damit
Mensch trotz Kauderwelsch zur Glaubwürdigkeit gelangt. Ansonsten
verkommen die menschlichen Signale zum Umweltrauschen; irrelvante
Information, also ab damit in die hundliche Garbage Collection.
: Dies natürlich den Haltern zu vermitteln und auch in ihre Köpfe wirklich vorzudringen, ist eine ganz heikle Sache.
Das technische Wissen eigentlich nicht. Aber.....
: Viele Menschen kommen mit ihren Hunden in die Hundeschule und WOLLEN,
: dass ihr Hund aufhört zu wildern. Dass diese Hunde sich oftmals an die
: einfachsten Kommandos nicht halten und auch sonst tun was sie wollen,
: ist den Halter egal. Sie wollen nur, dass der Hund nicht mehr wildert;
: alles andere ist ihnen egal. Ja - und das kann nicht funktionieren !
....autoritätslosen Menschen zur Autorität zu verhelfen sehr wohl. Die
Einstellung "Mitmenschlichkeit schließt Tiere aus, laß uns von
Mitgeschöpflichkeit reden und auch so handeln" wird fast immer
abgelehnt. Das Erfahren von Wissen über hundliche Ansprüche, soziales
Verhalten, Kommunikation (innerartlich und auch überartlich) ist zu
häufig einfach nur Arbeit und wird deshalb abgelehnt. Der Anspruch "Wo
sind die Regler, an denen ich den Hund bedienen kann?" ist stattdessen
Realität.
: Und wenn "Eure Methode" diesen Menschen, die eben nicht über den
: sogenannten Hundeverstand verfügen, helfen kann, dann finde ich das : ganz ehrlich eine wundervolle Sache. Besonders für die Hunde ;-)
Ich denke nicht, daß "unsere" Methode des Clickerns Prolbeme beheben
kann, ohne die Bereitschaft und den Willen der Menschen, diese Probleme
auch wirklich beheben zu wollen. Ich glaube, C&T ist eher etwas für
Leute, die schon vorher ein ziemlich intaktes Verhältnis zum Hund hatten
bzw. eine intakte Einstellung zum Hund und zu Tieren im allgemeinen
hatten.
Oder sie hatten auch "echte" Probleme , die sie einfach nicht
akzeptieren können und auch nicht wollen, und bei denen alles andere
versagt hat. Das Problem bei C&T ist, mann kan zwar fruchtlos drüber
diskutieren, aber überzeugen muß man sich letztendlich selber.
Das Problem sind allein die menschlichen und vermeintliche Erfolgs-
erlebnisse mit "seiner" bisherigen Methode. Der menschliche
Auslöschungstrotz ist imho also das größte Problem, denn *alle* halten
an dem fest, von dem sie glauben und überzeugt sind, daß es Erfolg
mit sich bringt. Aber die umgekehrte Erkenntnis, das genau dieser
Auslöschungstrotz beim C&T-trainierten Hund erst den richtigen
Ausbildungserfolg bringt, wird einfach nicht verstanden.
Es bringt nichs, wenn 10 Leute vor einer roten Ziegelwand mit grauen
Fugen stehen und sagen: "Schau her, hier ist eine rote Ziegelwand mit
grauen Fugen". Die übliche theoretische Antwort von Leuten, die sich
nicht selber überzeugt haben ist: "Hmm, das sehe ich aber anders". ;-)
Man muß sich wirklich selber überzeugen; nicht halbherzig, weil man
überredet wurde, sondern man muß es wollen.
: Frohes Fest !
Gleichfalls!
m :-) g
Thomas