Liebe Cindy,
leider kenne ich die "Großpudel" nur aus Rasseportraits, sodaß ich über deren Naturell zu wenig weiß. Ich züchte Weiße Schäferhunde, die sich sicherlich auch im Wesen von Deiner Rasse unterscheiden werden. Ich persönlich bin keine Leseratte "mehr". Die Jahre haben mich gelehrt sich an der Natur zu orientieren. Da mögen sich die Geister scheiden, aber es ist meine Meinung und Erfahrung.
Auch wenn die Welpen noch blind und taub sind während den ca. ersten 2 Lebenswochen, bin ich der Meinung, dass schon in dieser Zeit eine gewisse erste Kontaktaufnahme stattfindet. Da ich meist sehr große Würfe habe (10 und mehr Welpen), ist es die Regel, dass ich diese bzgl.Gewichtskontrolle täglich ein bis 2 x wiege. Dadurch entsteht bereits ein regelmäßiger Kontakt zu den Welpen, der sich meiner Meinung nach bereits irgendwie positiv auswirkt. Oft füttere ich auch Flasche bei, diese Prägung (obwohl blind und taub) ist enorm. Die Welpen riechen mich nur und sind wie verrückt auf Nahrungssuche. Es scheint mir, dass ich dadurch als "Artgenosse" angesehen werde.
Im Umgang mit den "Blinden" versuche ich mich auch immer ein wenig wie eine Hundemama zu benehmen. Meine Streicheleinheiten ( Kruppe streicheln, um die Schnauze streicheln etc.) habe ich mir von der Hündin abgeschaut und ahme diese so gut es geht nach.
Sobald die Blinden zu "Sehenden" werden, setzte ich mich in die Wurfkiste ( in den Wachzeiten, bitte die Welpen nicht überfordern, da sie kurz nach Nahrungsaufnahme agil sind, aber sehr kurz darauf wieder einschlafen) und setzte die Streicheleinheiten nach "Hundemutterart" fort. Bevorzugt streichle ich nicht über den Kopf, sondern mehr im Hals, Backen oder Brustbereich, da die Welpen bei Augenöffnung nur schemenhaft sehen, erschrecken sie sich etwas, wenn man sie über den Kopf streichelt. Währenddessen "labere" ich natürlich auch, damit sie auch mit meiner Stimme vertraut sind.
Wenn die Welpen ca. 2,5 bis 3 Wochen alt sind, füttere ich an. "Wer gut schmiert, der gut fährt" gilt auch hier. Positive Verknüpfung "Mensch = gutes Essen". Zum anlocken an das Futter "schnalze" ich mit der Zunge und ahme ein "Schmatzgeräusch" nach. Nach dem Fressen ( bzw. der Sauerei sich mit Welpenbrei zu beschmieren) ist bekanntlich zufriedene Spielzeit. Die Welpen "beißen" sich "zahnlos" spielerisch in den Nacken oder die Vorderfüße, hier spiele ich auf sanfte Weise nachahmend mit.
Mit ca. 3 Wochen nehme ich den Aufsatz meiner Wurfkiste ab, sodaß die Welpen die Möglichkeit haben ihr Geschäftchen außerhalb der Wurfkiste zu erledigen. Aber aufpassen, denn manche Welpen finden dann nicht mehr zurück auf die Decke. Deshalb mache ich Nachts noch für einige Tage den Aufsatz drauf. Tagsüber kontrolliere ich ständig, ob alle Welpen warm liegen.
Als Welpenspielplatz im Welpengehege habe ich u.A. einen "Kindertunnel" alla Mickimaus, den sie allerdings erst im Freilauf benutzen. Bevor die Welpen vom Welpenraum nach draußen gehen sind sie meist schon knappe 5 Wochen alt, das ist sicherlich von Rasse zu Rasse verschieden. Also warten, bis die Welpen reif sind freiwillig nach draußen zu gehen. Nicht einfach raussetzen und evtl. frühzeitig stressen. Welpen erkunden langsam ihr "sicheres Revier". (frühzeitige Nestflüchter würden evtl. in freier Natur auch gefressen werden).
Weiters habe ich ein Gestell mit leeren "Konservendosen an mehreren dicken Schnüren aufgehängt". Die Dosen ließ ich mir wieder verschließen, damit keine Verletzungsgefahr besteht. Die klappern sehr schön, da an den untersten Dosen jeweils ein Knoten mit einem Stück Schnur ist. Die Welpen beißen in den Knoten und so fängt es an zu klappern. Außerdem habe ich noch einen Fahrradreifen aufgehängt, sodaß er ca. 3 cm über dem Boden ist. Die Welpen laufen drüber, beißen rein, dieser bewegt sich, da an Schnüren oben aufgehängt. Die Hundehütte draußen ist immer sehr begehrt, die die drin sind, lassen die anderen spielerisch nicht rein. Ab und an gebe ich unter Aufsicht abwechselnd primitive Spielsachen wie einen Plastikeimer rein, alter Karton, einen stabilen alten Turnschuh, einen Handfeger , Stofftiere ohne Augen, ..... Diese Sachen allerdings nur unter ständiger Aufsicht wegen evtl. "Auffressgefahr".
Wichtig ist, daß man selbst viel mit den Welpen spielt, als Spielaufforderung ahme ich wiederum die Mutterhündin nach. In die Pfote beißen, ist eine Spielaufforderung unter Hunden. Natürlich beiße ich nicht in die Pfote sondern nehme das Pfötchen sanft in die Hand und halte es etwas fest. Gleich darauf beißt mich der Welpe in die Hand. Daraufhin kniffle ich ihn zart mit der Hand an irgendeinem entlegenen Köperteil, sodaß er erneut meine Hand versucht zu fangen. Je nachdem welche Anlage man fördern will, bestärkt man die Welpen durch Lob. Nicht durch Tadel ! Tadel nur insofern, durch abrupten Spielabruch bei unerwünschtem Verhalten. Mir ist wichtig, dass die Welpen bei mir ausnahmslos positive Erfahrungen mit mir, meiner Tochter und Besuchern machen. Evtl. Erziehungsmaßnahmen soll der zukünftige Besitzer nach seinen Vorstellungen vornehmen können.
Um die Welpen einzeln besser nach ihren Veranlagungen einschätzen zu können, nehme ich mir einzeln einen Welpen ins Haus (in der Meute sind sie bekanntlich alle frech). Da zeigen sich erstaunliche Unterschiede !
Beispiel Zwei Extreme:
Welpe 1 setze ich auf den Boden, er bleibt sitzen, fängt an zu zittern und zu jammern und traut sich keinen cm zu bewegen (Scheiße !).
Welpe 2 setze ich auf den Boden, er schaut nach links und nach rechts, rennt los und hängt an der Blume oder dem Vorhang (Super !).
Dazwischen gibt es Schmuser und einige mehr, die die Nähe des Menschen suchen , die weniger oder mehr forsche Draufgänger sind. Aber wie gesagt bei Deiner Rasse kenne ich mich nicht so gut aus, was gewünscht oder ungewünscht ist.
Jedenfalls muß man Welpe 1 entsprechend mehr einzeln fördern als Welpe 2.
Viele Züchter lassen keinen Besuch zu den Welpen wegen evtl. Infektionsgefahr. Von Anfang an habe ich das nicht so gemacht ! Welpen sollen mit vielen fremden Personen in Kontakt kommen, was meiner Meinung nach deren Wesen absolut positiv beeinflusst. Auch auf die Gefahr hin, dass sich meine Welpen mit irgendeiner Krankheit anstecken könnten, ist mir die vielseitige Prägung wichtiger. Toi , toi , toi, mir wurde noch nichts eingeschleppt.
Allerdings, wenn ich weiß, dass jemand zuhause bereits einen Hund hat, sollen sich die Leute frisch gewaschenen Kleider anziehen, bei mir werden zudem deren Schuhe und Hände desinfieziert. Fremde Hunde kommen nicht ins Haus, Ausstellungen mit erwachsenen Hunden von mir werden gemieden, Hundeplätze sowieso.
Je nachdem wie die Mutterhündin auf "Welpenbesuch" reagiert, treffe ich Maßnahmen. Eine freundliche Hündin, die Besucher freundlich begrüßt ist optimal, soetwas schauen sich die Welpen ab. Hat die Mutter jedoch starken Beschützerinstinkt für ihre Welpen, so nehme ich vorab die Hündin aus dem Wurfzimmer, erst dann lasse ich den Besuch hinein. Welpen schauen sich viel von der Mutter ab egal ob positiv oder negativ.
Als ich anfing zu züchten, war ich der Meinung, dass die Aufzuchtsphase der Welpen beim Züchter den größten Wesenseinfluss auf die Welpen hat. Nach 11 Jahren Zucht bin ich jedoch eines Besseren belehrt worden, meiner Meinung nach sind 80 % der Wesensmerkmale vererbt, 20 % Aufzuchtsbedingt. (Vielleicht steinigen mich einige bzgl. dieser Aussage).
Liebe Grüße von Birgit und den Werntalern