Hallo Malaika,
es freut mich für Dich, dass Du zwei so prima sozialisierte Golden Retriever besitzt. Manch anderer Hundebesitzer blickt sicherlich neidvoll auf Deine beiden Hündinnen.
Nun muss ich aber (als Hundehalter eines kleinen "Zwerges"
auch anmerken, dass man gut sozialisierte, fremde und noch dazu grosse Hunde (alles was größer ist als 20 cm Schulterhöhe sieht meine Malteserhündin - die 2.7 kg wiegt - als Grosshund an) nicht gleich von weitem erkennen kann.
Meine Hündin gehört leider zu den Hunden, die zwei Mal äusserst schlechte Erfahrungen mit 40-Kilo-Hunden gemacht hat. Ich möchte Dir daher mal zum Thema "Hund auf den Arm nehmen" etwas aus den Erfahrungen meiner Malteserhündin berichten.
Als meine Hündin ungefähr zwei Jahre alt war, trafen wir beim Spazierengehen eine (ungefähr) 40-Kilo-Hündin. Beide Tiere waren nicht angeleint. Meine Hündin verhielt sich meiner Meinung nach "normal". Eben freundlich neugierig. Die beiden beschnüffelten sich, beide wedelten mit den Ruten, sie schienen sich zu mögen. Die Besitzerin der Hündin sagte gerade "die tut nix, die ist lieb" als ihre Hündin sich auf meine Hündin stürzte und sie mit einem Nackenbiss versuchte totzuschütteln.
Hast Du so etwas schon einmal mit einer Deiner Hündinnen erlebt? Wurde eine von Deinen Tieren schon einmal von einem Hund, der das 15fache von Deinem Hund wiegt angegriffen und versucht mittels Nackenbiss das Genick zu brechen?
Die Tierhalterin war entsetzt, dass ihre Hündin meine Hündin nicht mehr losliess und sogar noch nachbiss. Wir Hundehalterinnen versuchten beide, die Tiere zu trennen, was nach ungefähr einer Minute auch gelang. Mein Hund fiel wie ein nasses Tuch winselnd auf den Boden, die Tierhalterin des Grosshundes blickte kurz auf meine Hündin und meinte "es sei ja nichts schlimmes passiert, meine Hündin würde sich schon wieder aufrappeln und hätte nicht viel abbekommen", und dann noch "so etwas hätte ihre Hündin noch nie gemacht". Und weg war sie. Ich stand vollkommen geschockt neben meiner Hündin, die sich nicht mehr rührte und keinen Schritt gehen konnte.
Um es kurz zu machen. Ich brachte meine Hündin auf den schnellsten Wege zu meiner Tierärztin und das Resultat dieses "Nackenbisses" waren innere und äußere Verletzungen, Quetschungen bei meinem Hund, die jedoch glücklicherweise nach einigen Wochen wieder heilten. Ich nahm meinen Jahresurlaub und blieb auf einer hohen Tierarztrechnung sitzen. Die Tierhalterin des Grosshundes sah ich nie wieder.
Leider brauchte es über ein Jahr, meinem Hund die Angst vor großen Hunden mit viel Geduld und viel Übung bei Begegnungen mit anderen grossen Hunden zu nehmen. Aber es gelang mir.
Anderthalb Jahre später gingen wir im Wald spazieren (ich hatte meine Hündin an der Leine), als uns durchs Gestrüpp ein grosser Hund nachlief. Der Halter dieses Hundes (diesmal ein Rüde) hatte seinen Hund nicht an der Leine und war ungefähr 100 Meter von uns entfernt. Von weitem hörte ich nur "der tut nix, der will nur spielen", was ich aber nicht recht glauben mochte, denn der Rüde zeigte knurrend seine Zähne und hatte schon seine Nackenhaare aufgestellt. Ich nahm meine Hündin NICHT auf den Arm, sondern liess sie angeleint bei Fuss weiter mit mir gehen. Der Hund sprang sie seitlich an, legte sich auf sie drauf und biss zu. Ich habe meine Hündin noch nie so schreien hören wie in diesem Moment. Ich versuchte den Hund von meiner Hündin herunterzuziehen, was mir aber erst gelang, als der Besitzer dieses Tieres nach seinem Hund brüllte. Der Rüde liess von meiner Hündin ab und verschwand zu seinem Halter im Dickicht. Ich blieb wieder mal mit einer verletzten Malteserhündin mitten im Wald allein zurück und versuchte nun auf schnellstem Wege meine Tierärztin zu erreichen.
Meine Hündin hat auch diesen Vorfall überlebt. Auch da ging mein Jahresurlaub für die Pflege meines Tieres dahin und von den Kosten für meine Tierärztin mag ich gar nicht reden. Aber die Angst vor grossen Hunden kann ich meiner Malteserdame jetzt nicht mehr nehmen. Sie ist meiner Meinung nach auch durchaus berechtigt. Einige (nicht alle!) Hunde sehen die Kleinhunde leider als Beutetiere an und einige (nicht alle!) Besitzer von grossen Hunden reagieren bei solchen Vorfällen leider zu spät oder aus Desinteresse (so nach dem Motto "meinem Hund passiert ja nichts"
überhaupt nicht.
Aber - wie schon anfangs geschrieben - man kann es einem grossen Hund leider nicht von weitem ansehen, ob er gut sozialisiert ist oder den entgegenkommenden Kleinhund als Beutetier ansieht. Und daher nehme ich im Zweifelsfall MEINE Hündin jetzt auf den Arm, wenn mir ein Grosshund nicht geheuer ist. Noch einmal wird mir so etwas nicht passieren.
Das soll aber nicht bedeuten, dass wir in unserem Bekanntenkreis keine "Grossen" unter den Hundefreunde hätten. Zu unseren Lieblingshundefreunden gehört unter anderen auch eine Colliedame, ein Rottweiler, ein Berner Sennenhund und einige grössere Jagdhundemischlinge, die auch freudig von meiner Hündin begrüsst werden. Jedoch bei fremden grösseren Hunden ist meine Hündin sehr vorsichtig und ängstlich geworden.
Abschliessend möchte ich Dich (obwohl Du sagst, Du bist kein grosser Freund der Rasse Yorkshire Terrier) aber doch darum bitten, ein bisschen mehr Verständnis dafür zu haben, dass ein Hundehalter mit so einem Winzling riesige Angst um seinen Hund haben kann, wenn er einen "Grosshund" auf seinen Zwerg zukommen sieht.
Ich habe diesen "Roman" eben auch geschrieben, um ein wenig um Verständnis zu bitten, wenn Du irgendwann einmal wieder einen Hund auf den Arm eines Hundehalters siehst.
Ich denke dass hier "Toleranz" und "Verständnis" die Zauberworte sind. Wir Kleinhundehalter, die ihre Hunde aus den verschiedensten Gründen auf den Arm nehmen, sind gar nicht so unfreundlich oder arrogant wie manche Leute vielleicht denken mögen .... Versuch's doch mal mit einem Gespräch! Lass den Kleinhundebesitzern mit ihren Winzlingen ein bisschen Zeit, sich davon zu überzeugen, dass Deine beiden Goldies nette, freundliche "Grosse" sind. Ich bin sicher, dass dann der Kleinhundehalter seinen Zwerg auch auf den Boden setzen wird.
Nur - wenn man "Kröte" in den Wald hineinruft, dann darf man sich nicht wundern, wenn so etwas ähnliches wieder herausschallt ...
Grüsse (mit Hoffnung auf ein bisschen mehr Verständnis für Hundehalter, die ihre Hunde auf den Arm nehmen) sendet
Elke