Hallo,
Ja, ich habe die Sendung auch gesehen und mit Spannung verfolgt. Ich hatte das Gefühl, die Aufnahmen seien authentisch, genauso wie die Reaktionen der Hunde auch. Hunde sind keine besseren Menschen - woher sollen sie wissen was wir von ihnen erwarten?
Ihr ganzes Leben lang versuchen wir sie an uns zu binden. Ein verantwortungsvoller Hundehalter zeigt seinem Hund in jeder Situation, dass er Herr der Lage ist und seinen Hund schützen und unterstützen kann. Er Hund soll sich stets auf uns verlassen und um "Rat fragen". Wir sind diejenigen, die die Richtung vorgeben, die ihn führen. Eigenverantwortliches Handeln ist menschlich und nicht hündisch. Agiert der Hund zu frei und zu unabhängig von uns, wird er korrigiert - das ist auch in Ordnung so.
Jetzt aber, wo sein Besitzer ausser Gefecht gesetzt wird, soll der Hund plötzlich diese Verhaltensweisen zeigen, die wir ihm so lange und mühevoll verboten haben? Jetzt, wo der "Chef" am Boden liegt, soll der Hund merken, dass er plötzlich zu Fremden hingehen soll, sie belästigen und anbellen soll? Das dürfen und können wir von einem Hund nicht erwarten.
Dass wir Menschen ab und an zu merkwürdigem Verhalten neigen, hat jeder Hund gemerkt. Weshalb soll er sich jetzt aufregen, wenn der Mensch sich eben mal kurz hinlegt? Schliesslich tut er das an Stränden, in Parks, im Garten auch immer wieder in einer für den Hund völlig unvorher- und unerklärbaren Art und Weise. Dass da von oben eine Gummimauer fiel, ist in dem Moment für den Hund völlig unwichtig. Wenn man die Hunde genau beobachtet hat, waren sie in dem Augeblick, in dem die Mauer fiel, so stark mit sich selbst beschäftigt, dass sie sich nicht noch zusätzlich auf jemand anderes konzentrieren konnten. Selbstverständlich wichen sie erst mal selber aus und die erste Reaktion war bei allen die Untersuchung der da herabgefallenen Gegenstände. Wie es dem Mensch in der Situation gerade ging, konnten die Hunde schlichtweg nicht nachvollziehen - sie können sich nur gerade auf eine Sache konzentrieren, und das waren logischerweise in diesem Moment sie selbst.
Danach gingen die meisten Hunde zu ihren Besitzern und legten sich zu ihnen hin. Das ist genau, was ein Hund mit einer guten Bindung tun würde. Bedenklich fand ich in dieser Situation eher den Collierüden, der sich auf und davon machte. In meinen Augen tat der allerdings alles andere als "auf die Suche nach Hilfe" zu gehen, wie sein Frauen zu hoffen glaubte. Hunde sind keine Primaten, die sich "Hilfe" und "Unterstützung" holen, sie bilden bekanntlich mehr oder weniger lose Rudel (es sind KEINE Wölfe!), die sich aber nur bedingt unterstützen. Grundsätzlich weiss ein Hund, dass er auf sich selbst angewiesen ist - insbesondere in Begleitung eines Menschen.
Interessiert hätte mich allerdings, was passiert wäre nach diesen 5 Minuten. Ich halte es für äusserst unwahrscheinlich, dass Hunde, die sich zufällig als Retter hervorgetan haben, bereits in den ersten 5 Minuten "Alarm schlugen". Was passiert, wenn den Hunden dann langweilig geworden wäre? Was, wenn sie realisiert hätten, dass der Mensch da nicht mehr so schnell aufsteht? Was, wenn die "Opfer" tatsächlich nicht mit dem Hund gesprochen hätten? Deutlich hat man auch beim Rettungshund gesehen, dass er keinen blassen Dunst von der Absicht seiner Besitzerin hatte und einfach brav die gelernten Kommandi ausführte. Er ist ja kein Retter per se, sondern "nur" ein gut ausgebildeter und erzogener Hund. Leben retten kann allerdings auch er nur, wenn seine Bezugsperson ihn führt und anweist.
Sicher ist jedenfalls, dass das Experiment viel zu denken gegeben hat. Schade nur, dass manche Leute sich dieser Denkleistung entziehen mit dem Argument "mein Hund würde das ganz anders machen".
Gruss,
Mortisha