Heute in der Berner Zeitung "Der Bund" publiziert:
Protest weckt Appetit
SÜDKOREA / Westliche Proteste haben den patriotischen Appetit auf Hundefleisch erst richtig geweckt. Koreanische Gourmets denken nicht daran, während der Fussball-WM auf ihre Leibspeise zu verzichten.
Auch in Südkorea wird der Hund als Kamerad des Menschen gepriesen - allerdings mit einem etwas faden Beigeschmack. Es gibt den Hausfreund nicht nur an der Tafel, sondern auch auf dem Teller. Diese Unsitte soll nun wenigstens während der Fussball-WM unter den Tisch fallen. Fifa-Boss Blatter hat die Gastgeber im Land der Morgenröte ultimativ aufgefordert, die Praxis sofort und entschieden einzustellen. Die Südkoreaner bilden jetzt einen dichten Abwehrriegel dagegen und verwahren sich gegen diesen "Kulturimperialismus".
Wahrscheinlich würde man sich im Westen angesichts dieser seltsamen Speisegewohnheit nur angewidert schütteln oder kaum etwas davon wissen, gäbe es nicht eine gut organisierte Lobby, die das Hundeessen stets wie ein Ritual aufkocht, wenn immer internationale Grossereignisse an Korea vergeben werden. Fast schon mit Wollust lässt die lokale Tierschutzorganisation Kaps Bilder um die Welt gehen, die auch dem hartgesottensten kulinarischen Exoten den Magen umdrehen müssen.
Diesmal wird es wohl nicht nur zu Magenverstimmungen führen. "Wir beissen zurück", heizt der Restaurant-Verband den Widerstand derm Hunde-Gourmands an. "Es muss endlich Schluss sein damit, dass der Westen auch noch beim Essen die Regeln vorschreibt und uns als Barbaren verunglimpft." Weil sie dieses beleidigende Wort öffentlich benutzte, gilt Brigitte Bardot jetzt als Hauptfeind der Südkoreaner. Die Galionsfigur der globalen Tierschützer hat inzwischen mehrere tausend wütende E-Mails auf ihre Webseite erhalten. Selbst bei den französischen Firmen in Seoul sind die Telefondrähte von Protesten überlastet. Auf des Pudels Kern gebracht: Auch im Land der Morgenröte landet der "beste Freund des Menschen" nicht in jedem Fall und automatisch im Kochtopf. Er ist hier ein beliebtes Haustier und oft Statussymbol, das aufwändig und teuer verwöhnt werden darf. Der nationale Klub der Tierhalter zählt über zwei Millionen Mitglieder. Die koreanische Lieblingsrasse Jindo wurde als lebender Nationalschatz unter Staatsschutz gestellt.
Aber es gibt auch die andere, düstere Seite des Hundelebens. Vor allem der Schlachtvorgang muss eine üble Quälerei sein. Die Tiere sollen geschlagen, lebendig an den Füssen aufgehängt und mit Elektroschocks traktiert werden. Zweck der Grausamkeit ist das Freisetzen des Hormons Adrenalin, was das Hundefleisch angeblich erst zart macht.
Das Geschäft wird aus Imagegründen von den Behörden nicht gern gesehen, aber es ist durchaus legal. Speisehund wird seit 2000 Jahren in diesem Land gegessen, und ein seriöses medizinisches Handbuch der koreanischen Medizin beschwört schon seit dem 16. Jahrhundert die heilsame Wirkung von Hundefleisch. Nicht nur der männlichen Potenz soll es aufhelfen, auch gegen die Alterung der weiblichen Haut wird von Wundern berichtet.
Obwohl längst bekannt, schüttelt es mich vor Ekel.
Mit traurigen Grüssen
Therese