Liebe Iane,
ich finde Eure Einstellung klasse! Ich habe erst gestern eine Notstandsmeldung einiger Tierheime bekommen, die rettungslos überbelegt sind.
Natürlich kann ich Eure Bedenken verstehen. Aber von einem könnt Ihr ausgehen: DEN kinderlieben Hund gibt es nicht, egal welche Rasse und welches Alter (auch wenn manche Züchter das gerne so verkaufen). Ein Hund ist immer so viel oder wenig kinderlieb, wie seine Erfahrungen mit Kindern sind. Ich kenne American Staffords und Dobermänner, die für "ihre" Kinder durchs Feuer gehen würden und Golden Retriever, die schon beim Anblick eines Kindes vor Wut ausrasten. Deswegen ist es wichtig, daß Ihr Euch die jeweilige Vergangenheit eines Hundes gut anschaut. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob "Euer" Hund früher schlechte Erfahrungen mit Kindern gemacht hat oder ob er negative Erinnerungen an Dinge hat, die ihm bei Euch nie begegnen werden. Wir haben vor 3 Monaten einen sechsjährigen ehemaligen Kettenhund (Deutscher Schäfer) an eine Familie mit Kindern vermittelt. Sie sind sehr glücklich miteinander. Der Vermittlung vorausgegangen sind mehrere Spaziergänge der Familie mit dem Hund, auf denen die Beteiligten herausfinden konnten, ob sie sich mögen und verstehen. Ich würde Euch in jedem Fall raten, nur einen Hund aus einem Tierheim zu nehmen, wo man Euch gut berät und Euch die Möglichkeit gibt, den Hund Eurer Wahl kennenzulernen.
Ziemlich wichtig ist die Wahl der Rasse(mischung). Man sollte einen Hund niemals nur nach dem Aussehen wählen, sondern immer überprüfen, ob er von seinen Bedürfnissen her zu Euren paßt. Hunde wie Huskies, alle Herdenschutzhunde (nicht Hütehunde!), Chow Chows und Windhunde und deren Mischlinge würde ich nicht für eine Familie mit Kindern empfehlen (auch wenn ich jetzt vermutlich bei überzeugten Besitzern solcher Rassen Aufschreie des Widerspruchs höre). Aber erstens macht es einen Unterschied, ob ich einen Welpen oder einen erwachsenen Hund zu mir hole und zweitens erfordern alle genannten Hunde bestimmte Lebensbedingungen, die von einer Familie nicht umbedingt geschaffen werden können oder wollen: Huskies sind Arbeitshunde, die grundsätzlich keinen sehr starken Menschenbezug haben. Ich kenne nur einige wenige Menschen, die ihren Husky ohne Leine laufen lassen können und die leben quasi nur für ihren Hund. Ideall für Huskies ist ein Leben im Hunderudel, mit dem sie Schlitten o.ä. ziehen dürfen (und das nicht nur ab und zu). Herdenschutzhunde sind in der Regel noch sehr typisch, d.h. weniger auf das Zusammenleben mit Menschen, sondern stärker auf das Leben mit der Herde gezüchtet. Ihre ursprüngliche Aufgabe ist die Verteidigung gegen Raubtiere, und dementsprechend stark ist ihr Schutztrieb. Da sie selbständig handeln müssen, ist ihre Unterordnungsbereitschaft gegenüber Menschen nicht besonders ausgeprägt, d.h., ihre Erziehung erfordert großen Aufwand und gute Kenntnisse. Chow Chows gehören zu den Rassen, die ihre Zuwendung in erster Linie einem einzigen Menschen schenken. Die anderen werden wohl geduldet, aber nicht besonders beachtet. Und Windhunde leben fürs Jagen und Laufen. Wenn Ihr Euer Leben nicht auf der Hunderennbahn verbringen wollt, solltet Ihr die Finger davon lassen, da Ihr sonst das extreme Laufbedürfnis nie befriedigen könnt.
Nicht ganz einfach sind u.U. auch Jagdhunde, da sie, ihrer Veranlagung gemäß, gerne jagen gehen.
Die Wahl Eures Hundes sollte immer auch davon abhängen, was Ihr bereit seid an Arbeit und Zeit zu investieren. Gibt es in Eurer Familie jemanden, der gerne Hundesport, wie Agility, betreiben möchte, wäre z.B. ein Border Collie ideal. Wollt Ihr aber lieber "nur" spazierengehen, würde das Zusammenleben mit einem Energiebündel wie dem Border eine mittlere Katastrophe.
Auch Dinge wie Fellpflege sollten vorher gut überlegt sein.
Ich würde Euch raten, Euch ein Hundelexikon zu kaufen, in dem alle Rassen mit ihren Vor- UND Nachteilen beschrieben sind. Dort könnt Ihr schauen, welcher Typ Hund zu Euren Bedürfnissen passen könnte und danach gezielt auf die Suche gehen.
Vielleicht findet Ihr aber auch im Tierheim einen Vierbeiner, den Ihr auf Anhieb liebt. Beziehungen zwischen Menschen und Hunden entstehen oft auf wunderbare Weise.
Wenn Ihr mehr Informationen möchtet, schreibt mir doch eine Mail,
liebe Grüße,
Jutta