Hallo Tommy,
meinen Vorrednerinnen kann ich mich nur anschließen.
Wenn du einen Hundetrainer oder Trainerin suchst, würde ich drauf achten, dass der/die zertifiziert ist, z.B. durch Canis Kynos. Ich möchte dafür keine Werbung machen, aber es herrscht halt leider ein unglaublicher Wildwuchs, denn JEDER kann sich Hundetrainer, Hundetherapeut, usw.. nennen. Auch, wenn ein Diplom davor steht - es gibt hier in Deutschland zumindest keinen universitären Studiengang, der mit Diplom abschließt. Bei Canis Kynos weiß man wenigstens, dass die Trainer eine sehr umfassende Ausbildung genossen haben durch bekannte und im Allgemeinen auch anerkannte Ausbilder.
Auf manchen Foren habe ich schon entdeckt, dass da wirklich unseriöse Versprechungen gemacht werden, und daher: Achte drauf, dass die Leute eine vernünftige Ausbildung hatten und auch Erfahrung mitbringen.
Hundeschulen bieten eigentlich Kurse für Hundegruppen an, allerdings kann es auch sein, dass auch Einzelstunden mit problematischen Hunden angeboten werden.
Es wäre wichtig, den ganz genauen Auslöser zu kennen: Wann hat es angefangen mit dem Austicken? Warum? Was sind eigentlich "ältere" Menschen? Was haben sie gemeinsam? Gehen sie dann wacklig? Oder am Stock? Oder haben sie einen Gehwagen? Was sind Kinder? Spielt die Größe eine ausschlaggebende Rolle? Oder ob sie rennen? Ob sie laut sind?
Mir hat bei sowas (meiner mag keine intakten Rüden, wenn sie uns auf engen Wegen begegnen) das Schreiben vom Tagebuch geholfen. Ich hatte nach jedem Gassigang versucht, mich so genau wie möglich an die Situationen zu erinnern und alles aufgeschrieben, was mir einfiel. Das müssen dann auch nicht nur unmittelbare Dinge sein, sondern schreib auch auf, wie dein Hund an dem Tag ohnehin schon drauf war, wie müde oder unruhig er war, also alles, was seine Befindlichkeit beeinflussen kann, denn oftmals kommen ganz viele Dinge zusammen, die entscheiden, ob dein Hund austickt oder nicht.
Ich setze mal voraus, dass dein Hund gesund und ausreichend ausgelastet ist.
Wie sieht's mit Grundgehorsam aus? Das wäre immer etwas, an dem ich permanent arbeiten würde, denn dann hast du auch ganz gute Werkzeuge in der Hand und kannst ihm sagen, dass er - statt auszuticken - dich anschauen soll, oder "Fuß gehen" soll. Meiner geht inzwischen meist ohne Leine "bei Fuß" am Feind dran vorbei. Er mag andere Rüden immer noch nicht, aber er lernt zunehmend, ohne Auszuticken dran vorbei zu gehen.
Ab einem gewissen Moment - wenn der Hund austickt - ist er nicht mehr ansprechbar. Das geht uns Menschen genauso, wenn wir unter extremem Stress stehen.
Dann kannst du Kommandos geben, wie du lustig bist, sie hören dich gar nicht. Deswegen auch ist es ganz wichtig, zu wissen, wann genau er austicken wird und zu erkennen, wodurch sich das beim Hund ankündigt.
Diesen Moment abzupassen, ist nicht immer ganz leicht, finde ich. Aber wenn man den Hund genau beobachtet, sieht man, wie er sich verändert, kurz bevor er austicken wird. Vermutlich wird er die Ohren, den Schwanz anders halten, anders gehen, vielleicht etwas hecheln....
Das ist der Moment, wo er noch ansprechbar ist und du ihm ein Kommando wie "Schau" oder auch "Kehrt" geben kannst, 2 Sekunden später geht das vielleicht schon nicht mehr.
Wichtig natürlich auch, dass er nicht lernt: "Schau" bedeutet, dass ein Mensch oder Kind in der Nähe ist, diese Kommandos muss man immer wieder in allen möglichen Situationen üben, und zwar zunächst, wenn kein "Feind" in der Nähe ist.
Aber auch, wenn dein Hund z.B. "Schau" super gut beherrscht, wirst du nicht gleich von Anfang an eine Situation meistern können, wo er bis gestern noch ausgetickt ist. Auch da fängst du mit einem für ihn leichten Schwierigkeitsgrad an. Wenn die Menschen/Kinder noch weit weg sind, kannst du "Schau" sagen. Wenn er es macht, gibt es eine Belohnung und man dreht um. Langsam kann man dann den Schwierigkeitsgrad steigern, und da ist es extrem hilfreich, mit einem guten Hundetrainer zu üben, weil du dann eine geschützte Situation hast und noch einen Experten an deiner Seite. Da wirst du selbst auch entspannter bleiben.
Aber stell dich auch drauf ein, dass du Rückschläge haben wirst. Ganz normal auf der Straße wird man halt überrascht, oder man wird dadurch überrascht, dass man eine Situation falsch eingeschätzt hat. Oft muss man dann im Training wieder en paar Schritte zurück gehen, hat manchmal auch das Gefühl, gar nicht voran zu kommen. Aber wenn man sich drauf einstellt und am Ball bleibt, wird man nach einiger Zeit auch merken, dass es insgesamt bergauf geht.
Vielleicht kannst du Menschen/Kinder erstmal da aufsuchen, wo es weitläufig ist: Parks, breite Straßen mit nicht allzuviel Betrieb, damit du gut ausweichen kannst?
Wenn ich bei meinem Hund die ersten Anzeichen sehe, dass er einen Rüden wahrgenommen hat und den z.B. fixieren will, unterbreche ich das aber auch mit einem scharfen "Hey" oder ich zupfe kurz an der Leine (lass sie aber sofort wieder locker), damit er in seinem Tun unterbrochen wird und auch ein Signal von mir bekommt, was ihm zeigt, dass ich dass, was er gerade tut, nicht will.
Oder ich schneide ihm den Weg ab, wenn er jetzt vorlaufen will. Wenn er mich dann von selbst stattdessen anschaut, wird er gelobt. In der Regel sage ich noch "bei Fuß", bestehe aber auch hier drauf, dass er das dann auch umsetzt - und Lob natürlich, wenn er es auch macht.
Mittlerweile brauche ich ihn meistens nicht einmal anleinen. Er mag noch immer keine Rüden, die uns entgegen kommen, geht aber meist ruhig und "bei Fuß" dran vorbei.
Das schwierigste ist, den richtigen Moment abzupassen: Wann ist er kurz vorm Austicken? Wann noch ansprechbar? Schwierig finde ich es auch, die richtige Entfernung abzupassen. Wenn bei uns ein Weg ca. 3m breit ist, geht es meist gut, ohne Leine bei Fuß an anderen Rüden ruhig dran vorbei zu gehen. Bei 1,50m muss ich ihn anleinen und er würde auch bellen und knurren - ein Vorspringen blocke ich allerdings ab. Dazwischen gibt es eine Grauzone und oft schätze ich dann die Situation auch verkehrt ein, erlebe dann auch Rückschläge. Aber insgesamt geht's bergauf und das ist wichtig.
Viel Glück,
Anila