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Artgemäße Hundeausbildung - was ist das eigentlich?

geschrieben von abby-vom-purnitztal 
Artgemäße Hundeausbildung - was ist das eigentlich?
05. Februar 2010 20:22
Einleitung


Es gibt einen alten pädagogischen Grundsatz: man muß den anderen da abholen, wo er sich befindet, d.h. daran anknüpfen, wie er denkt und fühlt, was für Bedürfnisse er hat, was er schon kann und wie er Neues aufnimmt und ordnet. Ein Grundsatz, der sich nebenbei gesagt in jeder beliebigen zwischenmenschlichen Situation bewährt und eben auch dann, wenn wir als Menschen versuchen, mit einem uns einerseits vertrauten und dann doch wieder so ganz anderen Lebewesen wie unserem Hund in Kontakt zu kommen.

Fangen wir nun also an, etwas genauer danach zu fragen, wie sich die Welt unseres Hundes aufbaut, wie er wahrnimmt, was für ihn natürlich und wichtig ist.

Wir bauen unser Bild von der Welt auf durch das, was wir sehen, hören, riechen, schmecken, tasten, empfinden - und das tut unser Hund genau so - nur gibt es da ein paar gravierende Unterschiede, was dabei der Hund und was wir aufnehmen:

06. Februar 2010 09:22
A. Durch die Wahrnehmungsweise gegebene Grundlagen

A1. Sehen
Vergleichen wir kurz: für uns ist das Sehen ein besonders wichtiges Mittel der Orientierung. Wir sind sehr gut in der Lage, räumlich und farbig zu sehen. Unsere Stärke ist das genaue Erkennen unbewegter Objekte. Bewegte Objekte in der Ferne genau zu erkennen fällt uns eher schwer.

Der Hund dagegen hat Schwierigkeiten, unbewegte Objekte zu erkennen (z. B. auch seinen Führer, wenn dieser in einiger Entfernung vor einem Hintergrund, von dem er sich wenig abhebt, unbewegt sitzt oder steht), er erkennt ihn aber auf mehrere hundert Meter noch mühelos, wenn er sich auch nur geringfügig bewegt. D.h. er reagiert sehr fein auf Bewegungsmuster und auch auf geringfügige Veränderungen von diesen.

Halten wir das fest - es hat zahlreiche Folgen für einen geschickten Umgang mit dem Hund

06. Februar 2010 09:22
A2. Hören
Nun zum Ohr: im Vergleich zu uns hört unser Hund ganz exzellent (die Angaben, die ich in Büchern fand, schwanken zwischen fünf mal so gut und siebzehn mal so gut wie wir). Und er kann eine Schallquelle auf ein bis zwei Grad genau orten (wir vergleichsweise etwa auf 16 Grad genau); das bedeutet, er ortet mit dem Gehör auf hundert Meter etwa 2 bis 3 Meter genau (wir dagegen etwa 30 Meter). Das heißt, er lebt, auch was das Akustische angeht, in einer ganz anderen Welt als wir. Wieder werden sich hieraus eine ganze Reihe von Konsequenzen im Umgang ergeben.

06. Februar 2010 19:05
Hi Abby,

hoffe, diese interessante Reihe geht weiter, habe das jetzt mit sehr viel Interesse gelesen und denke, allein schon in diesem Vergleich lernt man unheimlch viel.

LG

Sciuba/Heidi

06. Februar 2010 21:56
Hallo Heidi,

das ist ein wahnsinnig spannendes Thema, finde ich. Und so einfach es zunächst klingt - es ist ein wahnsinnig komplexes Thema.

Wo muss man einen Hund "abholen"? Und wie erkennt man, auf welchem Level er ist? Wie weit kann man ihn und wieweit sollte man ihn eigentlich an unsere Menschenwelt anpassen?

Das sind alles Fragen, die damit zusammen hängen. Klar ist eigentlich nur eines: In Sachen Hundeforschung liegt mehr VOR als HINTER uns. Man weiß eher wenig als mehr.

Umso unverständlicher und unpassender, mit welcher Selbstverständlichkeit Hundehalter oft glauben, alles über Hunde zu wissen.

Viele Grüße
Anila

07. Februar 2010 08:06
A3. Riechen
Daß Hunde ganz unvergleichlich besser riechen können als wir, ist allgemein bekannt. Das Riechfeld der menschlichen Nase hat eine Ausdehnung von etwa 5 Quadratzentimetern, die Riechschleimhaut ist 0,006 mm dick. Das Riechfeld des Hundes hat eine Ausdehnung von 140 - 170 Quadratzentimetern, die Riechschleimhaut ist etwa 0,1mm dick. Diese Durchschnittsangaben können vielleicht ein wenig unsere Phantasie anregen, wenn wir uns vorstellen wollen, wie verschieden die Erlebnisse unseres Hundes von den unseren sind, wenn wir zusammen spazieren gehen, an wieviel hoch interessanten Informationen wir z. B. total verständnislos vorbei laufen - oder unter mühseligem Zerren vorbeizulaufen versuchen. Es ist reizvoll, sich zu überlegen, welche Anpassungsleistung der Hund erbringen muß, sich in ein "Rudel" einzuordnen, das von allem, was wirklich interessant ist, so relativ wenig aufnimmt und versteht.