Hallo allerseits,
unter dem Titel "Unterwerfung" hat sich eine Diskussion über die Exixtenz oder Nichtexistenz von generellem Welpenschutz bei Wölfen bzw. Hunden ergeben (ca. ab Meldung von Petra am 24.11.1998 um 11:19), die ich hier unter neuem Titel weiterführe.
Zu den Wölfen (und allen anderen Wildcaniden):
Im Regelfall zieht nur die Alphawölfin Junge auf und selbst in diesem einen Wurf ist die Welpensterblichkeit groß. Hat eine rangniedrigere Wölfin ebenfalls einen Wurf, sind mehr Mäuler zu stopfen, die Gefahr, daß aus dem Alphawurf kein Tier überlebt steigt. Die Alphawölfin verbessert also die Überlebenschancen ihrer eigenen Kinder, wenn sie die der anderen tötet, ein völlig legitimes Verhalten.
Dennoch kann es vorkommen, daß die Alphawölfin einen solchen Wurf duldet, meist herrschen dann auch außergewöhnlich gute Futterbedingungen. Hinzukommt, daß diese Welpen zu einem gewissen Grad mit ihr verwandt sind (Enkel), also auch ihre Gene tragen (Verwandtenselektion). Deshalb ist es auch sinnvoll, wenn schon in den ersten Wochen der gesamte eigene Wurf verstorben ist, die danach geworfenen "Enkel" aufzuziehen. Besser Enkel als gar kein Nachwuchs in einem Jahr.
Rudelfremde Welpen werden jedoch getötet, ihre Aufzucht bringt keinen Fitneßvorteil, sondern mindert die Chancen der eigenen Kinder.
Der Unterschied im Verhalten von männlichen und weiblichen Tieren gegenüber Welpen hat ebenfalls einfache Gründe.
Weibchen wissen mit Bestimmtheit welches ihre eigene Kinder sind, da sie den "Nest"geruch der Mutter haben. Wenn Weibchen andere Welpen töten, sind sie sicher, daß es nicht die eigenen sind.
Männchen hingegen können an nichts erkennen, ob die Welpen wirklich von ihnen stammen oder nicht. Um möglichst viele eigene Nachkommen zu haben, decken sie möglichst viele Weibchen, auch rudelfremde. Da sie auch bei fremden Welpen ihre Vaterschaft nicht klar ausschließen können, sind sie in der Regel vorsichtshalber "nett" zu ihnen.
Es kann sogar vorkommen, daß die Alphawölfin den eigene Wurf umbringt bzw. verhungern läßt. Dies geschieht, wenn die Futterbedingungen so extrem schlecht sind, daß selbst das Überleben der Alttiere nicht mehr gesichert ist. In diesem Fall ist es besser auf den diesjährigen Wurf zu verzichten.
In unseren Haushunden tickt grundsätzlich das gleiche biologische Programm, wie in den Wildcaniden. Dennoch gibt es Hündinnen, die fremde Welpen nicht sofort attakieren, dafür gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten.
a) Im Gegensatz zur freien Natur, wo alle Weibchen +/- zur gleichen, nämlich günstigsten Jahreszeit werfen, ist dies unter menschlicher Obhut nicht mehr so. Während der Empfängnisbereitschaft,Schwangerschaft und dem anschließenden Säugen ist der Hormonhaushalt verändert, es gibt Verhaltensprogramme, die nur unter diesen Umständen ablaufen können. Gehört Kindstötung dazu, kann es sein, daß die Hündin außerhalb dieser Zeit nicht auf fremde Welpen reagiert.
b) Die Nahrungsbedingungen sind für Haushunde in der Regel mehr als gut, auch ein Grund weniger für Welpentötung.
c) Die Kindstötung geht meist vom Alphaweibchen aus, Familienhunde sind (sollten sein) aber meist rangtiefer.
d) Möglicherweise fand auch eine Auslese (Zucht) statt in Richtung besonders verträglicher Weibchen, damit zeitgleich mehrere Würfe in einer menschlichen Sippe möglich waren.
Da bei Pariahunden dieses Welpentöten auch zu beobachten ist, halte ich Variante d) fast schon für unwahrscheinlich.
e) andere Vorschläge?
Aus oben genannten Gründen halte ich einen generellen Welpenschutz bei allen Caniden für nicht existent. Welpentötung ist ein Normalverhalten, das aber unter menschlicher Obhut nicht geduldet werden kann und somit gleichzeitig ein Problemverhalten darstellt. Deshalb lasse ich einen Welpen auch nicht direkt zu mir nicht bekannten erwachsenen Hunden, sondern überprüfe erst deren Verhalten.
liebe Grüße, Anke