Hallo Anke,
zunächst mal vielen Dank für Dein Beispiel, weil es wirklich gut beschrieben ist, und, denke ich mal, als brauchbare Diskussionsgrundlage dienen kann.
Ich finde auch, dass Dein Besipiel sehr gut zu meinem Verständnis von Meideverhalten passt. Dein Hund hat sich erschreckt, er assoziert das mit dem Ort (Ist ja auch logisch, denn die anderen Futterstände waren nicht unangenehm, die Leute nicht, wahrscheinlich war es nicht die erste Sackkarre, die ihm begegnet ist. Also muss es der Ort sein. Wäre der Schmerz bei verschiedenen Sackkarren aufgetreten, hätte er den Ort als Ursache verdrängt und den Schmerz mit Sackkarre asoziiert.)
.....Für mich wiederlegt dies die von Dir aufgebrachte Idee.
Liegt der Unterschied vielleicht doch zwischen Mensch und Tier? Ich weiß meist vor meinem ersten Kontakt mit der Herdplatte, daß sie
heiß ist (haben meine Eltern oft gesagt), hab vielleicht auch die abgestrahlte Wärme verspürt. Fasse ich sie jetzt ausversehen an, bin ich
weit weniger überrascht/geschockt, als wenn ich mich z.B. unvermittelt auf eine heiße Klobrille setzte, wo ich normalerweise nicht mit
solchen "Überraschungen" rechne. Passiert mir sowas als Erwachsener kann ich die Situation zudem verstandesmäßig bearbeiten, bin
ich noch ein Kleinstkind entwickelt sich vielleicht eher eine Phobie (Angst).
Was meinst Du?
Stimmt, nur fehlt dem Hund die Dimension des Sprechens als Vermittlung von Erfahrungen, d.h. er kann nur Schmerz oder Schimpfen verstehen (von der positiven Belohnung mal abgesehen). Die Klobrille ist ein gutes Beispiel für schwer erlernbares Meideverhalten (100 mal berührt, 100 mal nix passiert, dann hat es bumm gemacht, oder wie hiess das?). Dein Besipiel zeigt auch gut, dass der Hund viel undifferenzierter Reagiert, denn er kann ja z.B. eine Herdplatte nicht von einem Klodeckel unterscheiden. Die für ihn einfachste Reaktionsweise ist den Ort zu meiden (Herd, Küche). Wenn Du ihm aber Zeit lässt und sein Antrieb gross genug ist (Wurst neben der Herdplatte), dann wird er lernen, den Ort soweit wie möglich einzugrenzen. Er wird den Schmerz nicht mehr mit Herd asoziieren, sondern mit Herdplatte.
Das Besipiel mit dem Klein(st)kind ist ebenfalls richtig, eine zu starker oder nicht assoziierbarer Schmerz führt zum Schock, auch beim Hund.
....Anonyme Strafen (aversive Reize) bergen weniger Risiko einen Vertrauensverlust in den Hundeführer zu provozieren. Sie müssen aber im direkten Zusammenhang mit dem in Zukunft zu meidenden Objekt oder Verhalten stehen. Leider garantiert das nicht, daß die gewünschte Verknüpfung erfolgt bei meinem Hund sind trotz gewissenhafter Vorbereitung der Abdressier-Übung Fehlverknüpfungen aufgetreten. Daher verzichte ich bewußt auf Strafen.
Das finde ich auch o.k., denn wenn es der Hund nicht versteht, dann schadet es nur.
: Angst entsteht nur dann, wenn Du schmerz nicht zuordnen kannst. d.h. Du mal heiss fühlst, mal nicht, und zwar, weil Du darauf nicht reagieren kannst.
.... Genau, für mich als Hundeführer war immer sonneklar was, wie, wann und wofür ich bestrafe, mein Hund hat es aber eindeutig nicht verstanden, sonst hätte er sein Verhalten entsprechend angepaßt. In meinen Augen hatte Rico doch die Wahl zwischen Belohnung und Strafe (nicht von mir ausgehend).
Das ist ein eindeutiges Kommunikationsproblem. Insofern finde ich Deine Verhaltensweise absolut richtig, denn Du hast Dich auf Deine und Deines Hundes Möglichkeiten eingestellt. Es gibt eben Menschen, die können nicht Strafen (weder anonym noch direkt), aber es gibt auch welche, die können nicht Loben. Genauso ist es mit Hunden, manche haben ein dickes Fell, und verstehen eine Strafe gut, andere sind zu abgebrüht oder zu empfindlich, um auf Strafe zu reagieren (Das gleiche gilt eben auch fürs Loben). Es ist eben eine Zweierkiste.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Empfänglichkeit für Lob und Strafe sehr schwankt. Wenn ein Hund erst mal in Fahrt ist, ist der Adrenalinspiegel hoch und die Schmerzempfindlichkeit gering. Dann musst Du ganz massiv einwirken, um den Hund "runterzuholen". Besser oder richtig ist es natürlich, schon sehr früh einzuwirken, positiv oder negativ, damit der Hund nicht erst in Aufregung kommt.
Wichtig ist doch, dass man flexibel genug ist zu lernen, wie man miteinander auskommt. Wenn man dogmatisch ist, kann man sich und dem Hund schweren Schaden zufügen (dem Forum übrigens auch).
: Allgemein möchte ich noch sagen, jeder hier von uns glaubt etwas zu wissen, und es hilft nur wenig, gegenseitig Glaubensbekenntnisse vorzubeten oder aus schlauen Büchern zu zitieren.
.....Was spricht gegen Bücher? Ich zitiere nur, wenn mir die Aussagen schlüssig scheinen und ich sie logisch nachvollziehen kann. Diese Aussagen begründen sich i.R. auf Erfahrungen der Autoren. Gute Autoren nehmen nicht den Einzelfall, der ja sehr abhängig ist (Bsp.: Hund hatte unerkannten Hirntumor, der das Verhalten auslöste), sondern wiederholte Fälle als Grundlage für eine Theorie. Ich stimme Dir aber zu, daß solche Zitate möglichst auch als Theorie dargestellt werden sollten. Leider sind wissenschaftliche Fakten und Theorie nicht immer leicht zu unterscheiden.
Das Problem des "Fachwissens" ist meiner Meinung nach in einem Forum deswegen so schwer zu vermitteln, weil ein Buch oder eine wissenschaftliche Studie in einem Kontext steht, den der andere Leser meist nicht kennt. Er kann also mit dieser Theorie nur sehr schwer umgehen. Dann kommt noch dazu, dass auch die Wissenschaft nicht objektiv ist, sondern auch nur jeweils ihren Standpunkt (und sehr begrenzten Blickwinkel) darstellt. Das ist zwar unvermeidlich, aber bewirkt auch Unverständnis bei allen, die die Versuchsbedingungen (und damit auch die eingeschränkte Aussagekraft) nicht kennen. Ohne mich aufspielen zu wollen, ich habe einige Jahre im "Wissenschaftbetrieb" gesteckt: Wissenschaft ist alles andere als objektiv!
Ganz besonders schlimm wird es aber, wenn "Laien" wissenschaftliche Erkenntnisse verallgemeinern: Beispiel: Magendrehung ist ein statistisch erwiesener Risikofaktor bei grossen Hunden. Daraus wird dann: weil mein Hund gross ist, wird er wahrscheinlich an einer Magendrehung sterben.
So ein schönes Beispiel wie Deines gibt für alle mehr her, denn alle haben die gleiche Ausgangsbasis. So war es (wahrscheinlich), was könnte die Ursache gewesen sein?
: Sagt doch einfach, warum ihr dies und das für richtig haltet,
.... Stimmt, eine Erläuterung egal ob der eigenen oder einer fremden Meinung, die man für richtig hält, ist wünschenswert.
Da setz ich noch eins drauf: Alles andere ist dummes Geschwätz und eine (meist provokative) Beleidung des Ansprechpartners!
.... Ich kann aber auch über etwas eine Meinung haben, ohne vorher eigene Erfahrungen mit der Materie gemacht zu haben. Andernfalls sollte das allgemeine Wahlrecht abgeschafft werden
))
Erlaubt ist es schon, aber bestimmt nicht erstrebenswert. Unsere politische Landschaft ist wirklich ein gutes Beispiel dafür. :-(
Ciao,
Stephan und Nash