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Kläffen

Kläffen
08. Januar 1999 20:59

Hallo
Seit einiger Zeit verfolge ich mit grossem Interesse die Beiträge dieses Forums und habe den einen und anderen guten Denkanstoss erhalten. Jetzt hoffe ich, jemand von Euch kann mir einen guten Ratschlag geben, ich komme nicht mehr weiter.

Rusty ist ein 3jähriger Mix zwischen Appenzeller und Tervueren, wuchs recht isoliert auf (Ponyhof, fast nur Mädchen und junge Frauen kennengelernt), hatte schon auf dem Hof Probleme mit dem Sauberwerden und kam dann mit 13 Wochen zu uns. Seine Mutter war sehr scheu und ich dachte mir, mir würde das nicht passieren. Aber eben es kommt anders als man denkt...Um ihn den Kontakt zu anderen Welpen zu bieten und selber zu lernen gingen wir in die Welpengruppe. Der Kleine war mit keinem Mittel von mir wegzulocken, er klebte. Auch zu Hause war er mein Schatten und war bezüglich Fremden und insbesondere Männern sehr ängstlich. Bei uns hat er aber keine schlechte Erfahrungen mit Männern gehabt, ich weiss nicht ob vorher was war. Ihn zum Einkaufen oder in die nächste Stadt mitzunehmen war und ist ein Stress für alle. Er ist dann nervös und total unkonzentriert, lässt sich kaum ablenken. Würstchen verschmäht er und mit Spielen kann ich ihn im Verkehr auch nicht gut motivieren (ausser Leinenbeissen, was aber sonst tabu ist. Ich habe es mit Ignorieren und hie und da eine Gehorsamsübung von ihm verlangt, aber es klappt nicht, er ist aus dem Häuschen und kriegt sogar Dünnpfiff. Er ist eine richtige Mimose und obwohl ich ihn verstehe und gern habe macht es mich manchmal auch ganz kribbelig. Dazu muss ich sagen, dass ich selber auch eher nervös bin und mit zwei lebhaften Kleinkindern, wovon eins eine Krankheit hat, teilweise ganz schön gefordert bin. Mit Bachblüten (Rescue und andere Mischung) hab ich's versucht, kein Erfolg. Er ist sehr quirlig und bewegungsfreudig, aufmerksam und freudig wenn ich mich mit ihm beschäftige, er kann richtig voll aufdrehen. Spazieren, Reiten, Radfahren und auch seit neuem Agility, alles macht er mit. Und dann wird er mit seinem Spieltrieb und Eifer manchmal richtig zur Nervensäge, er kläfft dann ohne Ende. Mache ich Unterordnung, er hat das letzte Wort, muss er warten kläfft er und im Parcour... Auch hat er schon dreimal im Feuer des Gefechts nach mir geschnappt (mach schon Olle???), er hat einen totalen Overdrive. Dann versuche ich es mit Konzentrationsübungen Sitz, Platz, Fuss und Wendungen, muss aber im Militärkommandoton mit ihm umgehen, sonst düst er wieder los. Ich liebe ihn und seinen Drive wäre aber froh, ihn auch mal eindämmen zu können, sein Kläffen ist an der Schmerzgrenze. Auch zu Hause wenn jemand kommt ins Grossalarm, er bellt, ist aber total Unsicher. Ich kann ihn nicht abstellen. Und wenn das geschieht wenn die Kinder (endlich!) schlafen explodiere ich schon mal. Ich probiers mit "Still" oder "Ruhe", hab ihn schon auf seinen Platz im Hundezimmer Verdonnert(!!) Unsicher und demütig schleicht er von dannen um nochmals zu kläffen. Schnauzezuhalten klappt auch nicht immer. In U.Ochsenbeins ABC für Hundehalter wird beschrieben, man solle dem Hund quasi das Maul mit einem Hundekeks zu stopfen und zu loben. Intepretier ich da falsch? Das scheint mir eine Verstärkung im unerwünschten Verhalten zu sein. Und ich stehe mit meinen Kindern auch nicht immer griffbereit mit Hundekeksen auf der Matte, könnte das als Inkonsequenz aufgenommen werden? Er DARF ja bellen wenn jemand kommt, soll aber bitte bitte auf Kommando aufhören. Wer weiss wo der Poweroffschalter ist??

Ich hoffe, ich konnte meine Schwierigkeiten einigermassen vernünftig darlegen, fragt sonst bitte nach. Bin dankbar für Eure Mithilfe

Liebe Grüsse
Gillas mit den Nervensägen


09. Januar 1999 10:37

Liebe Gillas,

der "overdrive" bei Deinem Rusty scheint sich spiralenmäßig aufgebaut zu haben. Vermutlich ausgehend von einer Fehlprägung in seiner ersten Umgebung war der Hund von Anfang an sehr unsicher. Ich weiß nicht, wie die Welpengruppe abgelaufen ist, vermute aber, daß Rustys Unsicherheit dort eher verstärkt als abgebaut wurde. Insgesamt erscheint es mir so, daß es in Eurem Haushalt ziemlich turbulent zugeht (bitte korrigiere mich, wenn ich mich irre!). Stadtspaziergänge, Männer, Hundeplatz - alles macht den Eindruck, für Rusty mit Streß in irgendeiner Form verbunden zu sein. Dein Eingreifen über Schimpfen, Schnauze zuhalten etc. bestärkte seine Überreaktionen ebenso, wie die Motivation beim Agility.

Mein spontaner Eindruck beim Lesen Deiner Meldung war: Der Hund braucht Ruhe. Es gibt nämlich sehr wohl einen Unterschied zwischen motivierter Arbeitsbereitschaft (wie sie z.B. beim Agility gewünscht ist) und Nervosität. Rusty gehört für mich in die zweite Kategorie. Ich würde es deshalb mit einer völligen Umstellung versuchen. Dazu gehört auch, für die nächste Zeit den Hundesport einzustellen. Aus Deiner Beschreibung klingt es nämlich so, daß der Agilityparcours für Rusty nicht eine Möglichkeit des "Abarbeitens", sondern viel mehr ein absoluter Streßfaktor ist. Ebenso würde ich für die nächste Zeit auf Reiten, Radfahren... mit ihm verzichten.

Ich würde folgendes Programm aufbauen: Alles, was bisher für Streß gesorgt hat, wird - soweit möglich - für die nächste Zeit gemieden. Rusty bekommt ein Brustgeschirr, eine 2,5m Leine und eine Hundebox, die groß genug ist, daß er darin liegen kann. Jedes Kläffen, jede Überreaktion wird ignoriert. Mir ist klar, daß das sehr stressig sein wird, aber Streß hast Du ja auch bisher. Du schreibst zwar, daß Du es mit Ignorieren versucht hast, aber wenn das nicht konsequent durchgehalten wird, und der Hund zwischendurch immer wieder Bestätigung erhält, ist es ziemlich sinnlos. Die Box bekommt ihren festen Platz in Deiner Wohnung, wo Rusty einen guten Überblick hat und bei Euch sein kann. Du beginnst mit der Box: Rusty kommt 2-3x am Tag (dann, wenn Du es am besten einrichten kannst) für zunächst etwa 10 Minuten in die Box. Du setzt Dich in die Nähe und tust irgendwas. Macht er Theater (was wahrscheinlich ist), wird er ignoriert. Ignorieren heißt auch: Nicht hinschauen! Evtl. kannst Du am Anfang den Eingang der Box mit einer Decke verhängen. Sobald Rusty sich ruhig verhält, wird er kurz(!) und ruhig (!) gelobt. Achte wirklich darauf, ihn nicht durch zu heftiges Loben sofort wieder hochzuschaukeln. Stell Dir einen Küchenwecker auf 10 Minuten. Klingelt er, wird Rusty herausgelassen. Tu das völlig kommentarlos. Das Herauslassen ist KEINE Belohnung. Auch wenn er wie wild an Dir hochhopst und sich freut: Ignorieren. Am besten geht das, wenn Du Dich wegdrehst, wegsiehst und stocksteif stehen bleibst. Die Amerikaner sagen: "Be a tree", "Sei ein Baum". Das Klingeln des Weckers wird für Rusty das Signal, herausgelassen zu werden. Auch wenn Du später die Ruhezeiten verlängerst, wird er gelernt haben, daß vor dem Klingeln nix passiert, egal, was er tut. Die Box ist keine Strafe, sondern ein Schutzraum, der Rusty Sicherheit gibt und ihm Ruhe ermöglicht. Für Deine Kinder bedeutet das, daß Rusty in der Box tabu ist und weder angesprochen, noch gefüttert, noch gestreichelt wird.

Die Arbeit mit dem Brustgeschirr: Du benutzt es zunächst nur, wenn Du die Zeit und die Ruhe hast, mit Rusty zu arbeiten. Für "normale" Spaziergänge behält er sein Halsband. Ziel ist, ihn nach und nach daran zu gewöhnen, wie er sich am Brustgeschirr zu verhalten hat. Macht er zwischendurch die Erfahrung, daß er ziehen oder sich wie gewohnt verhalten kann, wenn er das Geschirr trägt, ist die Arbeit umsonst. Das geht soweit, daß Du z.B. auf dem Weg zum "Arbeitsgelände" anfangs noch mit normalem Halsband gehst, wenn Du nicht die Zeit und Energie hast, bereits dabei konsequent zu arbeiten. Erst am Zielort wird Rusty "umgezogen". Suche Dir für den Anfang eine möglichst ablenkungs- (und damit streßfreie) Umgebung. Dann gehst Du mit Rusty los. Ich weiß nicht, welches Kommando Du verwendest, wenn er ohne zu ziehen an der Leine gehen soll. Dieses Kommando benutzt Du, ruhig und freundlich. Sobald er zieht, schnüffelt oder sonstwas Unerwünschtes tut, bleibst Du sofort stehen ("Baum"winking smiley. Du sagst und tust solange nichts, bis er von selbst das Verhalten einstellst. Dann sprichts Du ihn an: "Rusty, schau". Wenn er Dich anguckt, kriegt er ein Leckerle (wenn er das mag), sonst wird er nur kurz und freundlich mit "Fein" bestätigt. Dann folgt das Kommando für Gehen und Du gehst los. Verfällt er wieder in das unerwünschte Verhalten, verhältst Du Dich wie eben. Vermutlich wirst Du am Anfang mehr stehen als Dich bewegen, aber das ist normal. Rusty muß ja umlernen, das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Und auch Du lernst dabei mit ihm, und das ist immer der schwerste Teil jeder Arbeit: Eingefahrene, vertraute Verhaltensweisen bewußt und konsequent zu verändern. Du wirst feststellen, daß sich als Erstes die Zeit verkürzen wird, die Rusty braucht, bis er auf Dein Stehenbleiben reagiert und das unerwünschte Verhalten einstellt. Wichtig ist vor allem, daß Du IMMER ruhig und konsequent bleibst. Wenn Du merkst, daß Du selbst ungeduldig wirst, brich ab. Beende jede Übung mit dem Kommando "Rusty, schau" und lasse ihn dann laufen, wenn er es tut. Das ist seine Belohnung.

In den Zeiten dazwischen versuche Dein Verhalten soweit zu verändern, daß Du auf jegliches unerwünschte Verhalten von Rusty mit Ignorieren reagierst und die Ruhe bewahrst. Kümmere Dich dabei nicht um blöde Kommentare von anderen Leuten, die erziehen Deinen Hund schließlich nicht. Das "Rusty, schau" verwendest Du solange nicht, bis Rusty zuverlässig am Brustgeschirr darauf reagiert und Du komplett umstellen kannst.

Ich wünsche Dir viel Erfolg!! Liebe Grüße,
Jutta

10. Januar 1999 12:40

: Liebe Gillas,
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: der "overdrive" bei Deinem Rusty scheint sich spiralenmäßig aufgebaut zu haben. Vermutlich ausgehend von einer Fehlprägung in seiner ersten Umgebung war der Hund von Anfang an sehr unsicher. Ich weiß nicht, wie die Welpengruppe abgelaufen ist, vermute aber, daß Rustys Unsicherheit dort eher verstärkt als abgebaut wurde. Insgesamt erscheint es mir so, daß es in Eurem Haushalt ziemlich turbulent zugeht (bitte korrigiere mich, wenn ich mich irre!). Stadtspaziergänge, Männer, Hundeplatz - alles macht den Eindruck, für Rusty mit Streß in irgendeiner Form verbunden zu sein. Dein Eingreifen über Schimpfen, Schnauze zuhalten etc. bestärkte seine Überreaktionen ebenso, wie die Motivation beim Agility.
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: Mein spontaner Eindruck beim Lesen Deiner Meldung war: Der Hund braucht Ruhe. Es gibt nämlich sehr wohl einen Unterschied zwischen motivierter Arbeitsbereitschaft (wie sie z.B. beim Agility gewünscht ist) und Nervosität. Rusty gehört für mich in die zweite Kategorie. Ich würde es deshalb mit einer völligen Umstellung versuchen. Dazu gehört auch, für die nächste Zeit den Hundesport einzustellen. Aus Deiner Beschreibung klingt es nämlich so, daß der Agilityparcours für Rusty nicht eine Möglichkeit des "Abarbeitens", sondern viel mehr ein absoluter Streßfaktor ist. Ebenso würde ich für die nächste Zeit auf Reiten, Radfahren... mit ihm verzichten.
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: Ich würde folgendes Programm aufbauen: Alles, was bisher für Streß gesorgt hat, wird - soweit möglich - für die nächste Zeit gemieden. Rusty bekommt ein Brustgeschirr, eine 2,5m Leine und eine Hundebox, die groß genug ist, daß er darin liegen kann. Jedes Kläffen, jede Überreaktion wird ignoriert. Mir ist klar, daß das sehr stressig sein wird, aber Streß hast Du ja auch bisher. Du schreibst zwar, daß Du es mit Ignorieren versucht hast, aber wenn das nicht konsequent durchgehalten wird, und der Hund zwischendurch immer wieder Bestätigung erhält, ist es ziemlich sinnlos. Die Box bekommt ihren festen Platz in Deiner Wohnung, wo Rusty einen guten Überblick hat und bei Euch sein kann. Du beginnst mit der Box: Rusty kommt 2-3x am Tag (dann, wenn Du es am besten einrichten kannst) für zunächst etwa 10 Minuten in die Box. Du setzt Dich in die Nähe und tust irgendwas. Macht er Theater (was wahrscheinlich ist), wird er ignoriert. Ignorieren heißt auch: Nicht hinschauen! Evtl. kannst Du am Anfang den Eingang der Box mit einer Decke verhängen. Sobald Rusty sich ruhig verhält, wird er kurz(!) und ruhig (!) gelobt. Achte wirklich darauf, ihn nicht durch zu heftiges Loben sofort wieder hochzuschaukeln. Stell Dir einen Küchenwecker auf 10 Minuten. Klingelt er, wird Rusty herausgelassen. Tu das völlig kommentarlos. Das Herauslassen ist KEINE Belohnung. Auch wenn er wie wild an Dir hochhopst und sich freut: Ignorieren. Am besten geht das, wenn Du Dich wegdrehst, wegsiehst und stocksteif stehen bleibst. Die Amerikaner sagen: "Be a tree", "Sei ein Baum". Das Klingeln des Weckers wird für Rusty das Signal, herausgelassen zu werden. Auch wenn Du später die Ruhezeiten verlängerst, wird er gelernt haben, daß vor dem Klingeln nix passiert, egal, was er tut. Die Box ist keine Strafe, sondern ein Schutzraum, der Rusty Sicherheit gibt und ihm Ruhe ermöglicht. Für Deine Kinder bedeutet das, daß Rusty in der Box tabu ist und weder angesprochen, noch gefüttert, noch gestreichelt wird.
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: Die Arbeit mit dem Brustgeschirr: Du benutzt es zunächst nur, wenn Du die Zeit und die Ruhe hast, mit Rusty zu arbeiten. Für "normale" Spaziergänge behält er sein Halsband. Ziel ist, ihn nach und nach daran zu gewöhnen, wie er sich am Brustgeschirr zu verhalten hat. Macht er zwischendurch die Erfahrung, daß er ziehen oder sich wie gewohnt verhalten kann, wenn er das Geschirr trägt, ist die Arbeit umsonst. Das geht soweit, daß Du z.B. auf dem Weg zum "Arbeitsgelände" anfangs noch mit normalem Halsband gehst, wenn Du nicht die Zeit und Energie hast, bereits dabei konsequent zu arbeiten. Erst am Zielort wird Rusty "umgezogen". Suche Dir für den Anfang eine möglichst ablenkungs- (und damit streßfreie) Umgebung. Dann gehst Du mit Rusty los. Ich weiß nicht, welches Kommando Du verwendest, wenn er ohne zu ziehen an der Leine gehen soll. Dieses Kommando benutzt Du, ruhig und freundlich. Sobald er zieht, schnüffelt oder sonstwas Unerwünschtes tut, bleibst Du sofort stehen ("Baum"winking smiley. Du sagst und tust solange nichts, bis er von selbst das Verhalten einstellst. Dann sprichts Du ihn an: "Rusty, schau". Wenn er Dich anguckt, kriegt er ein Leckerle (wenn er das mag), sonst wird er nur kurz und freundlich mit "Fein" bestätigt. Dann folgt das Kommando für Gehen und Du gehst los. Verfällt er wieder in das unerwünschte Verhalten, verhältst Du Dich wie eben. Vermutlich wirst Du am Anfang mehr stehen als Dich bewegen, aber das ist normal. Rusty muß ja umlernen, das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Und auch Du lernst dabei mit ihm, und das ist immer der schwerste Teil jeder Arbeit: Eingefahrene, vertraute Verhaltensweisen bewußt und konsequent zu verändern. Du wirst feststellen, daß sich als Erstes die Zeit verkürzen wird, die Rusty braucht, bis er auf Dein Stehenbleiben reagiert und das unerwünschte Verhalten einstellt. Wichtig ist vor allem, daß Du IMMER ruhig und konsequent bleibst. Wenn Du merkst, daß Du selbst ungeduldig wirst, brich ab. Beende jede Übung mit dem Kommando "Rusty, schau" und lasse ihn dann laufen, wenn er es tut. Das ist seine Belohnung.
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: In den Zeiten dazwischen versuche Dein Verhalten soweit zu verändern, daß Du auf jegliches unerwünschte Verhalten von Rusty mit Ignorieren reagierst und die Ruhe bewahrst. Kümmere Dich dabei nicht um blöde Kommentare von anderen Leuten, die erziehen Deinen Hund schließlich nicht. Das "Rusty, schau" verwendest Du solange nicht, bis Rusty zuverlässig am Brustgeschirr darauf reagiert und Du komplett umstellen kannst.
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: Ich wünsche Dir viel Erfolg!! Liebe Grüße,
: Jutta

Liebe Jutta
Erstmals Danke dass Du Dir die Zeit und Mühe genommen hast mir zu antworten, habe mich riesig gefreut. Es wurde mir aber auch bewusst, wie schwierig es ist, Probleme objektiv zu beschreiben. Ich glaube, in meinen Bemühungen soviel als möglich aufzuzeigen habe ich das Bild etwas überspitzt dargestellt, sorry. Unser Haushalt hat schon stressige Spitzenzeiten wo's drunter und drüber geht, wie's halt mit Kindern so ist. Rusty hat aber einen geschützten Ruheplatz im Arbeitszimmer, von wo er das Geschehen durch ein Absperrgitter verfolgen kann. Diesen Platzwechsel vollzog ich als unser zweites Kind zur Welt kam, eben damit er seine Ruhe hat. Ich wollte damit eher sagen, dass ich nicht NUR für Rusty Zeit habe und nicht so oft mit ihm allein etwas unternehmen kann. Wenn ich Üben will, mache ich das Abends wenn mein Mann die Kinder übernimmt. In die Stadt gehe ich prinzipiell (wenn überhaupt) allein mit dem Hund, so bin ich ruhiger und kann mich gut auf ihn konzentrieren. Ich weiss nur nicht ob es etwas bringt, Rusty überhaupt noch mit diesen besonderen Stresssituationen (viele Leute, Verkehr, Lärm) zu konfrontieren oder ob ich's lassen soll. Was meinst Du? Ich muss nicht viel in die Stadt und der Hund kann gut allein bleiben. Meinst Du er lernt noch, dass ihm nichts geschieht oder soll ich es ihm einfach ersparen?
Wenn ich normal mit ihm im Gelände unterwegs bin (egal wie) benimmt er sich absolut anständig und ist sehr führig. Unsere 4 jährige hat keine Schwierigkeiten die Leine zu halten. Er bellt vor Begeisterung wenn's losgeht, regt sich aber nach kurzer Zeit wieder ab. Spiele ich während des Spazierens mit ihm klebt er auch wenn ich sein Spielzeug in die Tasche stecke. Habe nun angefangen den Kong mitzunehmen aber nicht jedesmal zu benutzen damit er lernt, es wird dann gespielt wenn ICH es will. Meinst Du ich bringe so sein Kleben weg oder hast Du eine andere Idee? Auf dem Übungsplatz ist er nur im Agilitybereich so extrem "drivig", arbeite ich nur mit Unterordnung ist es nicht annähernd so kläffig. Er wird einfach bei Sachen die er gerne macht so nervig. Als ich ein Weilchen nichts mehr mit ihm gearbeitet habe war er ganz down. Als er gestern im Agility wieder nur gebellt hat versuchte ich's mal mit be a tree und werde das weiter so versuchen. Zudem nehme ich jetzt Bachblüten und versuche bewusst ruhiger zu sein. Wie Du gesagt hast, es dauert ein Weilchen man umgestellt hat, bin aber auf dem Weg. Meinst Du ich soll wirklich für ein Weilchen pausieren (schnüff...)
Wenn er ohne Ende bellt wenn Besuch kommt, soll ich dann die Tür zu "seinem" Zimmer schliessen, ihm ein Timeout geben und ihm zu zeigen ich ignoriere Dich? Auch wenn sich auf unserer Quartierstrasse Leute nähern kläfft er rum und lässt sich nicht abstellen. Wie gehe ich dann am besten mit ihm um?
Liebe Jutta, ich hoffe meine Aussage präzisiert zu haben. Magst Du Dich nochmals mit uns auseinandersetzen? Dein Mail "hat ihr Hund sie im Griff" habe ich übrigens an einige befreundetete HF gegeben, das Echo war sehr positiv.

Es grüsst Dich herzlich
Gillas und Rusty


13. Januar 1999 09:47

Liebe Gillas,

sorry, hat ein bißchen gedauert, aber ich hab' im Moment ziemlich viel um die Ohren. Also: Nachdem Rusty offensichtlich zu den beutestarken Hunden gehört, halte ich es für eine gute Übung, ihn beim Spaziergang mal zu "bespielen"und mal nicht. Wenn Du ihn zuerst laufen läßt, dann mit dem Kong spielst und ihn nach einem klaren "Schluß" oder so konsequent ignorierst, wird er irgendwann verstehen, daß Du bestimmst, wann gespielt wird. Wichtig ist, daß der Kong dann auch verschwunden bleibt, so lange Rusty an Dir klebt. Ich denke, daß die Vorteile bei diesem Verhalten von Rusty überwiegen, da Du über die Beute eine hervorragende Möglichkeit hast, ihn von anderen Dingen abzulenken, zu motivieren und auf Dich zu konzentrieren.

Vorschlag zum Agility: Mache doch die nächsten Wochen das Training mal bewußt langsam und präzise. Statt den Hund zu Tempo zu motivieren, halte ihn ruhig (auch über Deine Stimme und Körpersprache). Das ist ziemlich anstrengend für den Hund, weil seine Belohnung bisher ist, körperlich auspowern zu können. Jetzt muß er "umdenken" und sich konzentrieren. Wir machen das beim Agility zwischendurch immer mal wieder mit allen Hunden. Es hat den Effekt, daß die einzelnen Übungen präziser ausgeführt werden (z.B. sauberes Überwinden der Schrägwand mit korrektem Absprung im markierten Bereich). Wenn Du für diese Form des Trainings ein neues Kommando einführst (ich verwende "Paloma (meine Hündin), Zeitlupe" ), kannst Du das später immer wieder im "normalen" Training einbauen, wenn Rusty zu sehr aufdreht oder manche Übungen ungenau macht. Du kannst zusätzlich Konzentration fördern, wenn Du die Hindernisfolge bei jedem Durchgang veränderst.

Kläffen zuhause: Rusty ganz wegzusperren, halte ich nicht für gut. Ich befürchte, daß er bald verknüpft: "Besuch = Tür zu" und noch mehr Spannung aufbaut, die er durch Kläffen abreagieren muß. Ich finde das Training mit der Box nach wie vor gut, da es (korrekt aufgebaut) für Rusty einfach immer das Signal für "Timeout" ist. Allerdings muß er gelernt haben, sich darin ruhig zu verhalten, bevor eine neue Spannungssituation (Besuch) hinzukommt. Wenn Dir das zu aufwendig ist, versuche es vielleicht mal so: Wann immer Du tagsüber Zeit hast, mal für 20-30 Minuten irgendwo zu sitzen (evtl auch beim Bügeln), leinst Du Rusty an und legst ihn neben Dir ab. Er hat nix weiter zu tun, als einfach ruhig liegenzubleiben, egal, was drumherum passiert. Das Ganze wieder mit Küchenwecker. Ist die Zeit um, gibst Du ihn frei, kommentarlos. Wenn Besuch kommt, leinst Du ihn ebenfalls an (er muß das aber schon von vorherigen "Allein-Übungen" kennen), nimmst ihn mit zur Tür und läßt ihn hinlegen. Kläffen wird ignoriert. Der Besuch soll Rusty nicht beachten, sondern an Euch vorbei in die Wohnung gehen. Du gehst mit Rusty hinterher und legst ihn zu Deinen Füßen ab. Küchenwecker an. Die Bewirtung Deines Besuchs muß in der ersten Zeit jemand anderer übernehmen. Ich weiß, daß auch das mit Arbeit verbunden ist, aber mir erscheint die gezielte Spannungsunterbrechung als sehr vielversprechend. Erwarte keine Wunder, Rusty hat inzwischen ja schon gelernt, auf alle möglichen "Bellstop-Versuche" nicht reagieren zu müssen. Ruhe und Konsequenz werden aber sicherlich auch hier weiterhelfen.

Stadtspaziergänge würde ich einfach meiden und erst wieder versuchen, wenn Du einen Weg gefunden hast, Rusty ruhig zu kriegen.

Ich hoffe, ich bin der Sache etwas näher gekommen, wenn nicht, melde Dich bitte wieder.

Liebe Grüße,
Jutta