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Runterbeugen oder in die Hocke?

geschrieben von Sanne(YCH) 
Runterbeugen oder in die Hocke?
08. Februar 1999 22:43

Hallo,

am Wochenende war ich mit einer Bekannten auf deren Hundeübungsplatz zu einem Probetraining. Sofort nachdem wir angekommen waren, bellte meine 1-jährige Retrieverhündin und zog wie verrückt an der Leine vor Vorfreude und Neugier auf die vielen anderen Hunde. Ich ließ sie neben mir absitzen, und beugte mich zu ihr hinunter, um sie zu streicheln und sie zu beruhigen, so wie ich es immer tue. Da kam gleich der Trainer auf mich zu und erklärte mir, dass ich mich nie über meinen Hund beugen dürfe, sondern mich zu ihm hinunter in die Hocke begeben müsse, um ihn zu beruhigen. Er meinte, das Überbeugen würde für den Hund bedrohlich wirken und ihn nicht beruhigen. Stimmt das? Was haltet ihr davon?
Mein Hund hielt nicht viel davon, denn sie hat mich, als ich es gleich ausprobieren musste, erstmal in den Matsch geschmissen.
Sollen wir umlernen oder was meint ihr dazu?

Neugierige Grüße
von Sanne



08. Februar 1999 23:15

Hi Sanne,

das herüberbeugen kann auf einen Hund wahrscheinlich ähnlich wirken, als wenn ein überlegener Rüde dem unterlegenen den Kopf auf den Rücken als Dominanzgeste legt. Bei einem fremden Hund würde ich es deswegen nicht unbedingt machen. Bei dem eigenen ist das aber meiner Meinung nach kein Problem und wirkt auch nicht bedrohlich, wenn du eh der Alpha bist (dann darfst du das nämlich), und im Zusammenhang mit Lob und streicheln schon gar nicht. Ob es nun beruhigend wirkt oder nicht, kann ich nicht sagen. Wenn ein Hund sich tierisch freut, kann man ihn glaube ich bloß beruhigen, indem man ihn seine Freude ausleben lässt oder ihn ignoriert (mir fällt jedenfalls gerade nix anderes ein). Alles andere bestätigt den hund eher (deswegen bist du wohl auch umgeschmissen worden, lustig).

Bis dann Franziska

09. Februar 1999 11:01

Hallo, Sanne!
Man kann alles übertreiben!
Beobachte doch einfach mal andere Hundehalter. Die meisten beugen sich zu ihrem Hund runter.
Ich habe bisher kaum welche in die Hocke gehen sehen.
Ausserdem finde ich es zwar gut, wenn die Hundeausbilder Tips geben, aber jeder Hundehalter
sollte trotzdem genau abwägen, was er davon für sich verwendet. Ich bin selbst Ausbilder
und weiss, dass die Meinungen der verschiedenen Ausbilder sehr verschieden sind.
Jeder schwört auf andere Tricks. Und jeder hat sich irgenwo mal was angelesen und meint, dass
ist der Weisheit letzter Schluss.
Also probiere solche Sachen ruhig aus, wenn Du dann sowas erlebst (wie das Umschmeissen)merkst Du
von selbst, ob das für Dich und Deinen Hund das Richtige ist.
Gruss, Juliane



09. Februar 1999 12:25

Hallo Sanne,

tatsächlich ist das überbeugen eine Dominanzgeste. Hunde zu begrüßen indem man sich runterbeugt, in die Augen schaut (dominantes fixieren) und freundlich lächelt (Zähne blecken) kann bei angstagressiven Hunden vor allem bei bestimmten Rassen wie kleinen Terriern böse Folgen haben, schreiten dann zur Selbstverteidigung.

Sehr änstliche und unterwürfige Hunde können außerdem mit einer freundlichen Begrüßung dieser Art, gerade wenn z.B. mehrere Familienmitglieder nach Hause kommen und sie sozusagen vom ganzen Rudel erst mal dominiert werden, völlig überfordert sein. Dies äußert sich dann oft darin, das der Hund sich auf dem Boden rollt und evt. uriniert, sich also bis aufs äußerste unterwirft. (Die Besitzer können sich dies meist freilich nicht erklären...)

Es ist also angebracht, den Welpen zuerst beim Heranrufen in der Hocke zu empfangen, da er das Überbeugen sonst mißinterpretieren könnte und doch lieber auf Abstand bleibt.

Bei einem normalen Hund, der mit seinem Besitzer vertraut ist, ist das allerdings kein Problem. Ein gut sozialisierter Hund wird die Absicht seines Besitzers richtig einschätzen. Vor einem temperamentvollen Hund ständig in die Hocke zu gehen, wird dieser wohl eher als Spielaufforderung deuten (umschmeißen)...

Viel Spass mit Deinem Hund wünscht Anneke mit Whoopie und Shika




09. Februar 1999 15:36

Liebe Sanne,

eigentlich sprichst Du mit Deiner Meldung zwei Probleme an: Zunächst das vordergündige, nämlich Runterbeugen oder in die Hocke gehen. Egal, was immer Du tust, Du erreichst höchstwahrscheinlich Dein Ziel, nämlich den Hund auf Dich aufmerksam zu machen, nicht. Du kannst ihn von oben "betun", wie immer Du willst, er wird sich vermutlich hartnäckig weiter dem anderen Hund zuwenden. Gehst Du in die Hocke, hast Du das gleiche Problem, mit der möglichen Steigerung, daß Dein Hund aus einer Überspannungsreaktion heraus an Dir hochspringt und Dich umwirft (so er kräftig genug dazu ist).

Das andere Problem: Was Du (und scheinbar auch Deine Ausbilderin) als "Beruhigen" empfindet, hat genau den gegenteiligen Effekt: Du bestärkst Deinen Hund in seinem Verhalten. Er kläfft, knurrt und macht sonstwie den Affen, zur Belohnung wird er von Dir gestreichelt. Hund lernt: Dieses Verhalten ist in Ordnung, ich werde dafür gelobt (nämlich gestreichelt und angesprochen). Würdest Du schimpfen, hättest Du den gleichen Lernerfolg, dann über den Weg der negativen Verstärkung. Der Hund bekommt Deine Aufmerksamkeit, die Art und Weise spielt dabei keine Rolle. Für den Hund ist es so, daß Du ihn entweder lobst oder mitkläffst.

Stellt sich nun die Frage, wie Du das Verhalten anders in den Griff kriegen kannst. Dabei hängt es stark davon ab, ob Dein Hund eher ein Angsthase oder ein Rambo ist. Bei beiden Typen hilft grundsätzlich immer, das unerwünschte Verhalten völlig zu ignorieren. Das bedeutet, Du bleibst völlig ruhig stehen, hältst nur ruhig die Leine fest, sagst nix, tust nix und schaust überall hin, bloß nicht auf Deinen Hund. Das ist am Anfang immer ziemlich nervenaufreibend, aber der Erfolg stellt sich im Laufe der Zeit ein. Da der Hund keinerlei Bestätigung mehr von Dir bekommt, lohnt es sich für ihn nicht, sich weiterhin so aufzuführen.

Zum anderen ist Ablenkung angesagt, vor allem, wenn Dein Hund zu den "Blümchen" gehört. Diese Ablenkung (z.B. ein kurzes Spiel) muß starten, BEVOR Dein Hund mit dem Theater angefangen hat. Das heißt, daß Du gezielt bestimmte Spiele mit ihm üben solltest, die mit einem bestimmten Kommando und immer motivierend eingeleitet werden. Wenn Du interessanter bist, als der "Feind", hat Dein Hund eine Bedrohung weniger. Gelobt und gestreichelt wird zukünftig nur noch, wenn sich Dein Hund ruhig verhält oder erfolgreich ablenken läßt.

Hast Du eher ein Rambo-Exemplar an der Leine, dann kannst Du durchaus Deine Rangstellung als Alpha ausspielen und einfordern. Geh mit Deinem Hund ein Stückchen weiter vom Gegner weg, die nötige Entfernung mußt Du selbst rausfinden. Dann leg ihn ins Platz und stelle Dich zwischen ihn und den anderen Hund. Deiner wird versuchen, an Dir vorbeizuschauen, aber das ist nicht so schlimm, solange er liegenbleibt. Das Liegen setzt Du auf alle Fälle durch. Liegt er ohne zu robben oder sich sonstwie aufzuführen, wird er mit sanfter Stimme gelobt. Jeder Versuch, seinen Platz zu verlassen, wird mit einem "NEIN!" beantwortet, danach legst Du ihn wieder ruhig an die gleiche Stelle, von der er aufgestanden ist. Wichtig ist, daß Du Dich nicht in Streß bringen läßt. Wenn er zehn Mal aufsteht, legst Du ihn zum elften Mal wieder hin. Das Ganze ist ein Machtspiel, und der, der den längeren Atem hat, gewinnt es. Streng ist immer nur das "NEIN!" und es muß sofort in dem Moment erfolgen, wo Du den Ungehorsam bemerkst. Das "Platz" und "Bleib" ist wieder ruhig und freundlich. So lernt Dein Hund: Hinlegen und liegenbleiben ist angenehm, aufstehen und sich aufführen nicht. Kriegst Du ihn nicht zur Ruhe, vergrößere den Abstand zum anderen Hund noch ein Stück weiter. Du kannst Dich im Laufe der Zeit dann dichter ranarbeiten.

09. Februar 1999 23:24


Hallo Anneke,

vielen Dank für deine Antwort. Dazu habe ich gleich mal eine Frage. Du schreibst:

: Sehr änstliche und unterwürfige Hunde können außerdem mit einer freundlichen Begrüßung dieser Art, gerade wenn z.B. mehrere Familienmitglieder nach Hause kommen und sie sozusagen vom ganzen Rudel erst mal dominiert werden, völlig überfordert sein. Dies äußert sich dann oft darin, das der Hund sich auf dem Boden rollt und evt. uriniert, sich also bis aufs äußerste unterwirft.

Meine Kira wirft sich auch gleich auf den Rücken, wenn ich mich zur Begrüßung über sie beuge und streichele. Sie wird dann immer von mir am Bauch gekrault, was sie sehr liebt. Ist das jetzt für unser "Verhältnis" nicht so gut? Sollte ich mein Begrüßungsritual ändern?
Das Überbeugen ist sie gewohnt, ich mache es immer so, wenn ich sie lobe oder aus dem Stand heraus streichele. Ich sitze aber auch öfters am Boden z.B. wenn ich mit meinem Sohn spiele, dann legt sie sich auch zu mir und wird gestreichelt oder darf Bällchen holen.

Ich bin neugierig auf eine Antwort
Sanne

PS: Am Hundeplatz werde ich sicher nicht mehr zu ihr in die Hocke gehen