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Uns Hund stoppt jeden Besuch an der Tür

geschrieben von Achim(YCH) 
Uns Hund stoppt jeden Besuch an der Tür
09. Februar 1999 21:08

hallo, wir besitzen einen 8 1/2 Monaten alten Australian Shepherd.
Er ist im allgemeinen ein sehr verträglicher Hund, der in der Hundschule, die er 2 Mal in der Woche besucht, oder auf Spaziergängen keine Problme mit 4-beinern (mit wenigen Ausnahmen) oder 2-beinern hat.
Auf unserem Grundstück ist dies allerdings anders.
Seit ca. 3 Wochen läßt er keinen Besuch mehr in Haus. Sobald es klinget rennt er zur Tür und flätscht kräftig die Zähnen und ist nicht mehr zu beruhigen. Gleiches passiert am Gartenzaum, auch durch das Tor möchten er keinen aufs Grundstück lassen.
Ist schon Besuch im Haus, die er nicht kennt, will er auch diese schnellstmöglich vertreiben. Er rennt auf sie zu und bellt, grummelt und gnabt sogar an der Kleidung.
Was könne wir tun, um ihm das abzugewönen.






10. Februar 1999 08:44

Lieber Achim,

Dein Hund ist mitten in der Pubertät, und das bedeutet, daß er zum einen ausprobiert, wo seine Position in Eurem gemischten Rudel ist und zum anderen beginnt, den "Ernst des Lebens" zu erkennen.

Der Australian Shepherd ist ein extremer Arbeitshund, der unbedingt eine Aufgabe braucht. Ähnlich dem Border Collie hütet er alles, was sich hüten läßt, und wenn er das nicht kann und keine andere Möglichkeit hat, sich auszuarbeiten, wird er zum Problem. Ihr solltet also zuerst einmal für Euch überprüfen, ob Euer Hund wirklich körperlich und geistig ausgelastet ist. Einem solchen Hund reicht "nur" Spazierengehen oder am Rad laufen niemals aus. Sportarten wie Agility, Turnierhundsport oder eine Ausbildung in Richtung Rettungshund wären für ihn eine gute Möglichkeit.

Der andere Bereich ist (mal wieder) die Sache mit der Rangordnung. Im Augenblick sieht es so aus, als habe der Hund das Sagen: Haus und Hof sind das Revier erster Ordnung, und derzeit entscheidet Euer Hund, wer dieses Revier betreten und sich darin aufhalten darf. Das solltet Ihr schleunigst ändern, da sich ein solches Verhalten niemals von allein bessern, sondern immer schlimmer werden wird, je älter der Hund wird (und je mehr Erfolge er zu verzeichnen hat).

Vielleicht versucht Ihr es mal so: Der Hund sollte in nächster Zeit nicht mehr alleine im Garten sein. Es geht darum, ihm klarzumachen, daß seine Menschen die Abläufe im Revier regeln und nicht er - und dazu muß er in den relevanten Situationen unter Kontrolle sein. Ich halte es zudem für möglich, daß der Hund am Zaun geärgert oder vielleicht sogar verletzt wurde, ohne daß Ihr das mitbekommen habt. Auch eine solche Erfahrung könnte seine Aggressionen gefördert haben. Immer wenn jemand kommt, wird der Hund angeleint. Am besten geht es, wenn Ihr zu zweit seit. Einer hat den Hund an der Leine, der andere öffnet dem Besuch die Tür. Meldet der Hund durch Bellen, daß jemand kommt, wird er kurz gelobt: Wachsam sein darf er ja. Dann kommt das Kommando "Schluß", das der Hund damit verknüpfen soll, daß er genug gebellt hat. Nun kriegt der angeleinte Hund das Kommando "Platz" und "Bleib". Der Besuch wird hereingelassen und sollte den Hund nicht beachten. Dann geht der Besuch am abgelegten Hund vorbei ins Haus. Knurrt der Hund, wird er mit "Nein!" zurechtgewiesen, liegt er still, wird er kurz und ruhig gelobt. Auf alle Fälle muß er liegenbleiben. Die Leine sollte dabei locker durchhängen, der Hund sollte nämlich liegenbleiben, weil IHR es so wollt, und nicht, weil die Leine ihn am Aufstehen hindert. Sie ist quasi nur die "Notbremse". Dabei geht es weniger darum, daß der Hund diese braucht, sondern daß Ihr die Sicherheit habt, den Hund zur Not festhalten zu können. Ihr solltet Euch trotzdem immer vorstellen, der Hund wäre nicht angeleint und nurEure Stimme und Ausstrahlung könnte ihn im Platz halten. Das klingt vielleicht albern, hat aber eine enorme Wirkung auf das eigene Verhalten und damit auch auf den Hund: Er spürt, wann Ihr es wirklich ernst meint.

Ist der Besuch im Haus, darf der Hund aufstehen und wird von Euch ebenfalls hineingeführt. Jedes Bellen, Knurren etc. wird sofort mit "Nein!" unterbunden. Im Zimmer legt Ihr den Hund auf seine Decke, die in ausreichendem Abstand vom Besuch, aber in Sichtweite sein sollte. Es ist gut, wenn möglichst keiner der Gäste den Hund beachtet. Dieser muß auf seiner Decke liegenbleiben, notfalls wird er dort angebunden. Einer von Euch hat ihn ständig im Blick, um jeden Versuch einer Drohgebärde oder ein Aufstehen sofort zu unterbinden und andererseits ruhig zu loben, wenn er brav liegenbleibt. Klappt das, so ist der nächste Schritt, daß Ihr demonstrativ den Gästen die Hände schüttelt, mit übertriebenen Gesten und wortreich. Der Hund hat trotzdem ruhig zu liegen. Dann dürfen sich die Gäste im Zimmer bewegen, ohne den Hund zu beachten. Auch dabei muß er ruhig liegen.

Erst wenn das alles ohne Probleme funktioniert und der Hund brav ohne Leine liegenbleibt, könnt Ihr ihn mit einem Kommando (z.B. "sag Hallo!"winking smiley auffordern, aufzustehen und den Besuch zu begrüßen. Wenn jeder Besucher ein Leckerle hat und den Hund freundlich anspricht, wird er das schnell als sehr angenehm empfinden. Natürlich wird er bei jedem Versuch zu drohen sofort wieder auf die Decke geschickt. Verhält er sich aber entspannt und freundlich, darf er am Geschehen teilnehmen. Es ist wichtig, diesen Schritt nicht zu früh auszuprobieren. Der Hund muß wirklich erst gelernt haben, auf Euren Befehl hin jeden Besucher hereinzulassen und ruhig liegenzubleiben.

Insgesamt könnt Ihr das alles unterstützen, indem Ihr ab sofort sehr konsequent seid und immer wieder darauf achtet, Eure Position als Rudelführer zu verstärken. Das heißt, daß jedes Kommando, das Ihr gebt, auf jeden Fall ausgeführt werden muß. Habt Ihr nicht die Zeit oder die Ruhe, darauf zu bestehen, gebt lieber gar keines. Der Hund lernt sonst nur, daß er nicht immer gehorchen muß. Ebenfalls wichtig: Jedes Kommando muß auch wieder aufgelöst werden! Besonders beim "Bleib" vergessen wir oft, den Hund wieder zu erlösen. Dann steht er irgendwann von selbst auf und hat damit gelernt, daß er jeden Befehl jederzeit selbst auflösen darf. Verbannt Euren Hund (so das der Fall ist) von allen erhöhten Plätzen wie Sofa, Sessel, Bett. Achtet darauf, daß er immer mal wieder aufstehen und Euch Platz machen muß, wenn er irgendwo liegt. Liegt er gerne an der Tür, muß er IMMER aufstehen, wenn Ihr vorbei wollt. Reagiert nicht jedesmal, wenn Euer Hund Euch durch Anstupsen zum Streicheln auffordert, sondern ignoriert ihn. Dafür ruft ihn hin und wieder her, wenn er grade was anderes tut, um ihn zu streicheln. Eine gute Übung ist auch, ihn auch ohne Besuch immer mal wieder abzulegen und für eine bestimmte Zeit liegen zu lassen. Am besten geht das, wenn Ihr selber im gleichen Zimmer seid und beispielsweise lest oder Fernsehen schaut. Der Hund wird auf einen bestimmten Platz gebracht und dort abgelegt, bis Ihr ihn wieder befreit. Wohlgemerkt: IHR bestimmt den Platz, wo er liegt, nicht der Hund!

Liebe Grüße,
Jutta

11. Februar 1999 09:18

Lieber Achim,

ich kann Juttas Ausführungen nur bekräftigen...! Hunde dieses Typs sind ohne genügend (vor allem geistige) Beschäftigung, eine sie erfüllende Aufgabe, nicht artgerecht zu halten. Verhaltensprobleme sind dann fast vorprogrammiert.
Leute, die bei meiner Bekannten einen Junghundeerziehungskurs mit ihrem (zuhause völlig unterforderten) Bordercollie besuchten, waren wenige Wochen später stolze Besitzer von drei Schafen. Das hätten sie sich vorher nie träumen lassen...
Hat man keine Möglichkeiten in dieser Richtung oder zu Agility u.s.w., muß man sich schon einiges einfallen lassen um dem Hund "Gehirnnahrung" zu bieten. Kreativität und viel Zeit für den Hund sind beim Besitzer gefragt. Schenkt man ihn diese, bekommt man aber den doppelten Lohn zurück, denn es ist eine wahre Freude mit so einen intelligenten und hochmotivierten Hund zu arbeiten!!
Ich kenne z.B. Leute, die ihrer Borderhündin beigebracht haben, die liegengebliebenen Kinderspielzeuge in die passenden Kisten einzuräumen. Sie ist mit dieser Aufgabe glücklich, und wer wäre nicht stolz einen solch "filmreifen" Hund zu haben...??

Viel Glück mit Eurem Hund wünscht Anneke !

13. Februar 1999 15:53

Hallo Achim

Besitze selber 2 Aussies, davon ein Rüde, 1 1/2 Jahre, der auch zur Dominanz neigt.
Kann den vorherigen Meldungen nur zustimmen:
Beschäftigung, Aufgaben und eine klare Rudelordnung braucht ein solch temperamentvoller, intelligenter Hund.
Juttas Tips solltest Du unbedingt beherzigen, so ähnlich hab ich meinen Rüden auch durch die Pubertät gebracht, allerdings hatte ich nie Probleme mit Agressivität, meine Aussies sind eher zu menschenfreundlich.

Liebe Grüße
Silke

14. Februar 1999 18:56

Liebe Jutta,

vielen Dank für Deine Tips, die wir sicher befolgen werden.

Zur Auslastung unseres Hundes kann ich soviel sagen, daß wir mit Rusty von Anfang an zur Welpenwiese und danach zur Früherziehung gegangen sind. Er nimmt dies auch als seine Aufgabe an. Nach den Früherziehungstermin machen wir mit Rusty auch immer noch Agility, d.h. angemessene Übungen (keine Sprünge wg. HD). Er lernt bei allen Sachen sehr schnell und zeigt auch gerne, was er bereits schon kann.
Allerdings ist er bei der Früherziehung immer weniger ausgelastet.
Da nicht alle Hunde so schnell lernen wie er und sich zum Teil auch sicherlich weniger damit befaßt wird, als wir es tun, sind die Fortschritte, die die Gruppe insgesamt macht, sehr klein, um niemanden zu überfordern. Man hat immer mehr das Gefühl, er wolle noch mehr machen.
Selbst zuhause weiteres lernen ist auch immer problematisch, da jeder den Hunden Ruf- oder Handzeichen etwas anders anbringt, und dies dann bei der späteren Ausbildung in der Gruppe nachteilig sein kann, weil er dann unter Umständen etwas anderes unter einem Komando versteht und dann umerzogen werden muß.
Die Früherziehungskurse sollen dann zu Erziehungskursen mit anschließender Begleithundeprüfung enden. Dies ist ja für Agility notwendig. Sobald er dann mit 15 Monaten geröngt ist und kein HD hat,
können wir dann auch mit anderen Agility - Übungen beginnen.

Doch was sollen wir vorher noch mit ihm anstellen ??

Zu Deinen Ausführungen habe ich eine konkrete Frage: Wenn Besuch vor der Tür steht, wo soll sich konkret der Hund aufhalten, wenn der Besuch ins Haus gelassen wird ? Wir Wohnen in einem Zwei-Familien-Haus im Erdgeschoß, d.h. nach der Haustür folgt ein sehr kleiner Hausflur und danach ein sehr schmaler Wohnungsflur ??

Weiter würde ich gerne noch etwas über die Rangordnung und dem Verhalten, worin sich dieser ausdrückt, erfahren.
Wie ist es zum Beispiel beim Essen.
Darf der Hund beim Essen mit in einem Zimmer sein und darf er gleichzeitig mit uns Essen oder erst nach uns, wahrscheinlich letzteres.

Gibt es vielleicht zu diesem Thema interessante Literatur oder ggfs. auch Dir bekannte Artikel hier im Chat, die lesenswert sind.

Gleiches gilt für Vorschläge für die Beschäftigung mit dem Hund und der Erziehung ?? Wäre vielleicht auch Clickern interessant ??

Nochmals vielen Dank für Deine Mühe.

Bis bald
beste Grüße
Achim

15. Februar 1999 11:44

Lieber Achim,

Deine Meldung bestätigt meine Vermutung: Rusty ist nicht ausgelastet, vor allem kopfmäßig. Aber es gibt eine Menge Dinge, die Du mit ihm machen kannst. Hier ein paar Beispiele: Bringe ihm bei Gegenstände und Menschen zu suchen. Du kannst in der Wohnung anfangen. Nimm ein Spielzeug, das Rusty liebt, zeige es ihm und laß ihn dann absitzen und bleiben (anfangs kann ihn ja jemand festhalten). Dann "versteckst" Du das Spielzeug, zunächst so, daß Rusty sehen kann, wo Du es hinlegst. Mit dem Kommando "Suuuch" darf er es dann holen. Sobald er verstanden hat, was er tun soll, können die Verstecke schwieriger werden. Kennt er das Kommando, könnt Ihr beim Spazierengehen immer einen von Euch suchen lassen, der sich versteckt hat. Das kannst Du mit dem Namen des Betreffenden verbinden oder mit "Suuuch Mensch" (vielleicht ihm Gegensatz zu "Suuuch Beute"winking smiley. Später kannst Du dann unterwegs Dinge "verlieren", die Rusty suchen darf. Den meisten Hunden macht das großen Spaß. Es gibt ein Buch von Stanley Coren, "Die Intelligenz der Hunde", rowohlt-Verlag, da sind einige netter Spielchen drin und ne Menge interessanter Erkenntnisse über die Unterschiede der Rassen. Dann gibt es von Gerd Ludwig "Mit dem Hund spielen und trainieren", Gräfe und Unzer-Verlag.

Zum Thema Absitzen im Flur: Wenn der Flur zu eng ist und die Leute nicht am sitzenden Rusty vorbei können, dann verlege das Ganze einfach vor die Wohnungstür oder zur Not vor die Haustür. Dann brauchen Eure Gäste halt ein bißchen Geduld, aber es lohnt sich sicher.

Ich habe Dir eine e-mail zum Thema Dominanzverhalten geschickt, vielleicht hilft Dir das weiter. Was das Fressen betrifft. Ich plädiere immer dafür, den Hund nach dem Essen der Menschen zu füttern. Obwohl es bezüglich Futterrangordnung bei Hunden unterschiedliche Meinungen gibt, finde ich das aus folgenden Gründen sinnvoll: Der Hund muß lernen, daß er sich ordentlich zu verhalten hat, während seine Menschen essen. Das heißt: Er hat weder zu betteln noch sonstwie den Affen zu machen, sondern in dieser Zeit ruhig daneben zu liegen. Dazu ist natürlich notwendig, daß der Hund beim Essen dabei ist. Das ist anfangs anstrengend, aber wenn ihr konsequent darauf besteht, daß Rusty liegt und die Klappe hält, wird er das lernen. Viele Leute füttern ihren Hund parallel, weil sie sich der Illusion hingeben, er wäre dann 1. beschäftigt und 2. satt. Das stimmt aber so nicht, denn der Hund ist sicherlich sehr viel schneller mit seinem Futter fertig, als die Menschen mit dem Essen. Er muß also in jedem Fall lernen, daß der Eßtisch tabu ist. Schließlich geht Ihr ja auch mal ins Lokal, und da wäre es extrem lästig, einen bettelnden Vierbeiner dabei zu haben.

Liebe Grüße,
Jutta