Hallo Marion!
Auch von mir erst mal: Ich bin ebenfalls HiO-Staffel-Mitglied, und wenn ich die Wahl hätte, würde ich wohl auch immer eine solche bevorzugen. Trotzdem:
: Was haltet ihr von privaten Staffeln?
Erst einmal genau das Gleiche wie von Verbandsstaffeln: Ich finde es gut, wenn Menschen ihre Freizeit dafür opfern, anderen Menschen helfen zu wollen. "Private" - eigentlich ein falscher Begriff, besser gefällt mir "Freie" - Staffeln haben es da wohl eher noch schwerer, weil sie nicht von Verbänden finanziell und mit Ausrüstung unterstützt werden und auch nicht von vornherein schon ein Plus haben, was den Ruf angeht, wie zum Beispiel eine DRK- oder THW-Staffel, die für Außenstehende schon als Institution gilt, bevor sie überhaupt etwas getan hat.
Das ist auch einer der Gründe, warum ich selbst eine Staffel einer anerkannten Organisation bevorzugen würde - es macht das Leben leichter, man kommt ohne größere Probleme an Alarmierungen und bei größeren Sachen gibt es schon entsprechende Strukturen, auf die man zurückgreifen kann.
: Wir in den Organisationen machen die vorgeschriebenen Prüfungen und Lehrgänge.
Oh, wenn das so einfach wäre. Lies mal die Prüfungsordnung der (Freien) Suchhundestaffel Freiburg - ich glaube kaum, daß es eine härtere Prüfung in Deutschland gibt. Und bevor jetzt einer sagt, da würde ja keiner kontrollieren und so - mag sein, aber wenn ich richtig informiert bin, haben sie keine Probleme mit Zuschauern, es ist also jedem unbenommen, sich ein eigenes Bild zu machen.
Im Gegensatz dazu gibt es genug Organisationsprüfungen, bei denen Zuschauer nicht erlaubt sind - das ist für mich immer ein Zeichen, daß man sich entweder vor Vergleichen scheut oder gemauschelt wird. Und es prüfen auch bei Organisationen die Prüfer Leute aus der eigenen Staffel - klasse! Prüfungen finden auf dem eigenen Gelände statt - sehr lebensecht! Oder man fährt vor der Prüfung eine Woche zum Üben ins Prüfungsgelände! Oder man besteht auf eigenen Opfern! Oder bekommt Lehrgänge bestätigt, bei denen man nicht war (und das habe ich alles persönlich erlebt)!
Abgesehen davon ist Papier ziemlich geduldig - ich kann mich auf Anhieb an mindestens fünf Trümmerprüfungen erinnern, bei denen das Gelände nicht mal annäherungsweise auch nur halb so groß war, wie es laut PO eigentlich sein sollte. Das gleiche gilt für andere Vorschriften - wer da denkt, alleine mit einer ordentlichen PO würde eine ordentliche Staffel sichergestellt, der ist bestenfalls ziemlich naiv.
: Uns ist es ganz eindeutig vorgeschrieben was man darf und was man nicht darf.
Jau. Nur - ob die Vorschriften alle sinnvoll sind, ist so eine Sache. Es soll Organisationen geben, die ihren Staffeln untersagen, verbandsfremde Staffeln nachzualarmieren. Das ist für mich der Gipfel der Perversität in der RH-Arbeit. Dafür fällt mir nur ein Begriff ein: Unterlassene Hilfeleistung, und die ist bekanntlich strafbar!
Und im Übrigen ist es da genau wie oben: Ob sich die Staffel dann an die Vorschriften hält, das ist eine ganz andere Sache. Da werden Hunde mit Trümmerprüfung in Flächeneinsätze geschickt, man trainiert ohne Erlaubnis auf Privatgelände anderer etc. Eine Staffel verhält sich nicht korrekt, weil sie dieser oder jener Organisation angehört oder nicht angehört, sondern, weil die entspechenden Leute das Sagen haben - und da gibt es auch bei "offiziellen" Staffeln Leute, die besser gestern als heute entfernt werden sollten.
: Private Staffeln dagegen kontrolliert niemand. Sie halten sich an keine Gebietsgrenzen und haben nicht einmal richtig geprüften Hunde.
Kontrolliert keiner ist richtig. Aber ich glaube auch nicht, daß eine DRK-, THW- oder Sonstwie-Staffel, die es darauf anlegt, von Leuten außerhalb der Organisation kontrolliert wird. Und wie geht das Sprichwort mit den Krähen?
Zu den Gebietsgrenzen: Kunststück, wenn die Organisationsstaffeln die Gebiete aufteilen, ohne die Freien zu berücksichtigen - wie bitte sollen die dann überhaupt in Einsätze, ohne gegen diese "Grenzen" zu verstoßen?
Im Übrigen bin ich bei diesem Thema der gleichen Meinung wie Daniela: Platzhirsche sind meiner Meinung nach das Letzte, was die RH-Arbeit braucht. Die nächstgelegene Staffel mit geprüften, guten Hunden muß alarmiert werden, und nachalarmiert werden sollte auch nach Nähe und nach keinem anderen Kriterium. Und die Qualität müßte eigentlich die Polizei überprüfen, weil die ja meistens die Oberleitung hat. Einsatztest einmal im Jahr mit allen Staffeln - wer nicht kommt, fliegt (spätestens im zweiten Jahr) aus dem Alarmierungsplan. Wer nur mit heißer Luft kocht, fällt da schon auf, keine Bange.
Bei regionalen Trümmereinsätzen kann das vielleicht anders sein - auf einem Haus können naturgemäß nicht fünf Staffeln gleichzeitig suchen. Aber da ist es Aufgabe der Polizei, Unbefugte (Passanten wie RH-ler) abzuhalten.
Für absolut kurzsichtig halte ich Aussagen von RH-lern, die zum Beispiel bei Auslandseinsätzen anderen Staffeln - auch denen von Hilfsorganisationen - generell die Einsatzbefähigung absprechen, weil diese keine Bergetrupps dabeihaben. Okay, es ist ganz nett, wenn man den Gefundenen selbst rausholen kann - aber dann braucht man auch die San-Leute anderer Organisationen oder die vor Ort. Ist es besser, die Leute erst gar nicht zu suchen, nur weil man keinen Sani oder Bergemensch im Hintergrund hat? Das Optimum wäre eine bundesweite, organisationsunabhängige(!) Zusammenstellung von Fachleuten aller Couleur nach dem schweizer Vorbild, aber solange wir so etwas nicht haben, muß eben jeder seinen Teil beitragen.
Ich habe schon erlebt, daß die Leitstelle (in DRK-Besetzung) Alarmierungen verschleppt oder "vergessen" hat, weil die zu alarmierende Staffel bei den Krankentransporten als direkte Konkurrenz gesehen wird. Die entsprechende DRK-Staffel wird sich sicher nicht über zu wenig Einsätze beschweren können, aber die anderen Staffeln? (Wobei gerade diese DRK-Staffel beispielhaft ist, was Zusammenarbeit mit anderen Organisationen angeht!)
: In den letzten Jahren gibt es immer mehr von diesen Staffeln.
Nicht nur von diesen. Auch Staffeln von Organisationen schießen nachgerade wie Pilze aus dem Boden. Sehr zu Lasten der Qualität, denn wenn irgendein Hundeverein sich plötzlich BRH-Staffel nennt (um mal eine andere Organisation als DRK oder THW zu nennen), dann sind deshalb noch lange keine Leute vor Ort, die auch nur im Entferntesten eine Ahnung von RH-Arbeit hätten. Aber die große Klappe und das entsprechende Auftreten haben sie schon.
: Was kann man dagegen machen? Wie geht ihr gegen private Staffeln vor die in eurem Gebiet unberechtigte Einsätze machen?
Was sind "unberechtigte Einsätze"? Einsätze, von denen die Polizei nicht informiert wurde? Das finde ich auch indiskutabel, da würde ich auch versuchen, über Hinweise an die Polizei dagegen vorzugehen. Aber wenn die Freie Staffel die Polizei informiert, daß sie auch vor Ort sind und helfen wollen, sich sogar ganz normal in den Einsatz eingliedern läßt - dann ist das kein unberechtigter Einsatz, auch wenn keine Alarmierung über eine Leitstelle stattgefunden hat. Was soll das, worüber regt man sich denn da auf? Daß womöglich die anderen die eigene Chance auf einen Fund minimieren? Daß dabei die Chance auf einen schnellen Fund insgesamt ansteigt, sollte doch wohl das einzig Wichtige sein!
: Wie kann man den Dienststellen am geschicktesten klar machen, daß die Privaten keinesfalls seriös sind und nur die Organisationen zuständig sind?
Wenn ich so etwas lese, bekomme ich "einen tierischen Hals"! Freie Staffeln sind keinesfalls seriös? Das ist ja wohl der Gipfel von Vorverurteilung und Verallgemeinerung! Oder soll ich sagen, alle BRH-Staffeln sind unfähig, nur weil ich eine solche kenne? Alle JUH-Staffeln mauscheln bei Prüfungen, alle DRK-Staffeln sind Platzhirsche, die vergessen, daß es um Menschenleben geht, alle MHD-Staffeln lassen sich nicht in die Karten schauen, müssen also schlecht sein, alle THW-Staffeln halten sich nicht an Vorschriften, die Bergwacht ist grundsätzlich nur mit dem Mundwerk gut und ... habe ich noch jemanden vergessen? Vielen Dank für solch qualifizierte Bemerkungen!
Und die Organisationen sind "zuständig"?!?! Sorry, aber wenn es um Menschenleben geht, ist jeder von uns zuständig. Und wer in solchen Situationen an "Gebietsgrenzen" und "Zuständigkeiten" denkt, statt jede mögliche Hilfe anzunehmen, der ist meiner Meinung nach am falschen Platz. Wie wäre es mit einer Ausbildung als Wachmann / Wachfrau? Da macht es wenigstens Sinn, ein Gebiet gegen Eindringlinge zu verteidigen!
: Freue mich über eure Antworten
Wahrscheinlich nicht - aber ich hoffe, daß es nur unbedachtes, schnelles Formulieren war, was Dich zu solchen Sätzen verleitet hat.
Leicht entsetzte Grüße, Kaya