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Was sonst nirgends passt

In dieser Rubrik steht all das, was in den anderen Rubriken irgendwie nicht so recht reinpasst. Nicht alles lässt sich eindeutig zuordnen oder betrifft mehrere Themen gleichzeitig. Wer so ein Thema hat, ist in dieser Rubrik gut aufgehoben.  
Kupieren / Tierschutz für tia
05. Juli 1999 12:59

Hallo Michaela,

offensichtlich gibt es hier zwei Mißverständnisse.

Zum Einen, schrieb ich von dem URSPRÜNGLICHEN Sinn des Kupierens und nicht von der ästhetischen Übertragung auf die Moderne.
(Hunde werden heute nicht mehr so eingesetzt, wie zu Ursprungszeiten des Kupierens)

Zum Anderen, bin ich kein Befürworter (oder Gegner), sondern allein objektiver Betrachter.

Und das Beispiel bezüglich der offenen Fraktur, solltest Du auch nicht aus dem Zusammenhang reißen. Es ging hier um den optischen Eindruck - und nicht um eine Sinnfrage.

Viele Grüße
Daniel


05. Juli 1999 13:11

...und das "Kupieren" der Hoden fügt einen sicherlich ebensolchen Schmerz zu, führt zu einem wesenswidrigen Kastratendasein, kann u.U. zu immensen sozialen Mißverständnissen führen und ist in fast allen Fällen tierschutzwidrig und eigentlich strafrechtlich relevant.
Ein vernünftiger Grund für das Kastrieren von Rüden liegt in über 90% der Fälle ebenfalls nicht vor.
Trotzdem ist das in Ordnung?

hmm

Daniel
P.S. Ein unmittelbarer Schmerz ist wohl ausgeschlossen.


05. Juli 1999 13:16

Liebe Yvonne,

das kann jeder Tierarzt machen - nur - warum sollte er?
Eine Kastration bringt de facto mehr Geld - eine Sterilisation kann in wenigen Minuten unter Lokalanästhesie durchgeführt werden.

Mehr brauche ich dazu wohl nicht zu sagen

Liebe Grüße

Daniel


05. Juli 1999 13:39

Hallo Daniel,

Applaus !!!! der einzigen sachlichen und fachlich informierten Antwort !
Dem gibt es nichts hinzuzufügen, du sprichts mir der Seele....willkommen in Club !

Schönste Grüße,
Tia



05. Juli 1999 14:00

: Hallo Tia,

mal ganz ehrlich und (hoffentlich) sachlich. Warum kupierst Du Deine Hunde, bzw. befürwortest Du das Kupieren? Der Vergleich mit dem Beschlagen eines Pferdes hinkt. Das ist absolut notwendig. Aber warum wird kupiert? Ich sehe keine Notwendigkeit darin. Die Hunde schlagen sich nicht ständig die Ruten auf. Mir ist in meinem großen (Hunde-) Umfeld kein Fall bekannt. Wenn es mal der Fall sein sollte, dann ist eine Amputation doch immer noch möglich. Hunde mit Hängeohren haben durchaus nicht ständig Probleme mit Ohrenzwang etc.. Rottweiler haben seit der Römerzeit Hängeohren und nur selten Probleme damit. Ich sehe in letzter Zeit viele unkupierte Dobermänner, die ich einfach schön finde. Warum also noch kupieren? Ich behaupte einfach, daß ein Großteil der Züchter einfach Angst hat keine Käufer mehr zu finden, weil z.B. ein Dobermann mehr aussieht wie ein Jagdhund und ein Rottweiler etwas einem zweifarbigen Labrador ähnelt und seien wir mal ganz ehrlich, die Hunde einfach harmloser aussehen. Eigentlich müßten die Züchter froh sein, weil sich die Spreu der Käufer vom Weizen trennt. Wirkliche Anhänger der Rasse interessiert doch auch der Charakter und nicht ausschließlich das Äußere. Du müßtest doch auch damit Deine Erfahrungen gemacht haben, da Du im VDH/DV züchtest.

Es mag auch sein, daß der eine oder andere Welpe keine Schmerzen beim Kupieren empfindet. Meine Erfahrungen waren oftmals anders. Deshalb denke ich mir, daß man einem Hund kein Leid zufügen sollte, das nicht unbedingt notwendig ist. Also, warum kupieren?

Viele Grüße

Heidi

05. Juli 1999 19:40

Hallo Daniel,

(Achtung, sehr, sehr lang)
na dann will ich mal einsteigen in die Diskussion von Sinn und Unsinn des Kupierens bzw. Kastrierens.
Als erstes möchte ich dir zu Gute halten, daß Du versuchst die Diskussion von der emozionalen Schiene runterzuholen.
Aber es tut mir leid, ich kann nicht erkennen, wo Dein Beitrag wertneutral ist. Meiner Meinung nach zeigt Dein Text ziemlich deutlich, daß Du Dich gegen das Kastrieren ohne medizinische Indikation in Form von Erkrankung aussprichst und für die Freiheit zu Kupieren.
Sollte ich das Falsch verstehen und Du tatsächlich wertneutral sein, dann erübrigt sich jede Diskussion, denn eine Diskussion setzt zumindest zwei verschieden Meinungen voraus.
Nun ich gehöre im Punkt Kupieren ganz klar dem gegnerischen Lager an und im Punkt Kastration zu den meistens Beführwortern.
Erstmal möchte ich mich zu Deinem Text äußern und anschließend meine eigene Argumentation darlegen.
Fangen wir also mal an (Habe mich an die Reihenfolge Deines Textes gehalten):

: Es dürfte jedoch unstrittig sein, daß die Kastration ein weitaus :schwerer wiegender Eingriff ist, denn das Kupieren.
Woher hast Du dieses unstrittige Wissen? Sprichst Du von Ohren oder Rute kupieren, von Hündin oder Rüde kastrieren?
Beziehst Du Dich auf den Eingriff selbst, die medizinischen oder die ethologischen Folgeerscheinungen?
Was die reinen Eingriffe angeht:
1. Ohren: Amputation von bis zu 2/3 der Ohrmuschel, einschließlich des dazugehörigen Knorpels unter Vollnarkose, die Wunde kann, muß aber nicht genäht werden, dann ist ein Verband nötig. Die Hunde wurden meist im Alter von 8-10 Wochen kupiert oder noch vor der Abgabe.
Also in einem Alter, in dem das Spiel von Welpen immer wilder wird und ganz besonders gern in Kopf und Nacken gebissen wird. .... ganz normaler Wundschmerz in Form von Jucken durch das Heilen ...
2. Kupieren der Rute: im Alter von 3-5 Tagen ohne Schmerzausschaltung, (Argumentation: Kürze des Eingriffs und noch nicht vollständig ausgereiftes Nervensystem. Ich kenne allerdings keine objektiven und wissenschaftlich fundierten Untersuchungen, die besagten, was bei einem noch nicht ausgereiften Nervensystem wie gefühlt wird.)
Ein Schnitt, kein Wundverschluß und zumindest bei Hunden mit Kürzung über 2/3 Eröffnung des Wirbelkanals! Du weißt, das Teil in dem weiter vorn das Rückenmark liegt und die Kauda Equina. Anschließend Rückverbringung der Welpen in die Wurfkiste und im weiteren regelmäßige Anogenitalmassage durch die Mutterhündin. Ich habe keine Informationen über die genaue Keimzahl im Maul einer Hündin und im Kot eines Welpen, auch nicht über die Zusammensetzung der Keime, aber ein paar sind da schon drin, die in den offenen Wirbelkanal gelangen können.
Diese Amputation wurde häufig von den Züchtern selbst vorgenommen.
Soweit mir bekannt ist gibt es keine Statistik über problemlos abgeheilte Amputationswunden, aber bei weitem nicht jede verheilt problemlos.
3. Kastration des Rüden: unter Narkose Eröffnung des Skrotums mit einem Schnitt, Vorlagerung eines Hodens und des Samenstrangs, anschließend wahlweise offene oder bedeckte Kastration, Abbinden des Samenstrangs und Amputation des Hodens, Rückverlagerung des Samenstranges, anschließend gleiche (oder ist es dieselbe?) Prozedur mit dem 2. Hoden. In aller Regel Wundverschluß des Skrotums durch Hautnaht.
Zeitaufwand: max. 2 Minuten länger als die Sterilisation eines Rüden, wenn überhaupt.
4. Kastration der Hündin oder häufig auch Ovariohysterektomie: (das letzte bedeutet, daß zusätzlich zu den Eierstöcken auch die Gebärmutter entfernt wird.)
Narkose, Eröffnung der Bauchhöhle! Aufsuchen der Eierstöcke, vorlagern aus der Bauchhöhle, Unterbinden von Gefäßen (sind beim Rüden mit im Samenstrang), Amputation der Eirstöcke, Rückverlagerung der Eileiterstümpfe. Bauchnaht (2-3 Nähte), Hautnaht.
Im Falle einer Sterilisation gilt das Gleiche, allerdings wird hier ein Teil des Eileiters entfernt, um Eier nicht mehr in die Gebärmutter gelangen zu lassen.
Die Ovariohysterektomie ist etwas aufwendiger.

Ob da irgendetwas schwerwiegender ist kann sich jetzt jeder selbst überlegen, ich persönlich möchte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.
In jedem Fall kann es zu Komplikationen kommen. Die Eröffnung der Bauchhöhle ist niemals ein kleiner Eingriff. Die Eröffnung des Skrotum aber sehr wohl.

: Die ganzen Argumente gegen das Kupieren verlieren bei näherer :Betrachtung und mit entsprechendem Sachverstand besehen, nahezu völlig :an Bedeutung.
Ganz dumme Frage: Wie definiert sich "mit entsprechendem Sachverstand"?

: Ein angeblich lebenslanges Trauma, das z.B. die Folge des :Ohrenschneidens sein soll, ist, verhaltensbiologisch gesehen, :absoluter Unsinn.
: Demzufolge müßten ja auch alle beschnittenen Männer tiefe Traumata :erleiden, wovon ich bisher aber noch nichts hörte.
Wenn Du ersteres behaupten willst und sachlich, wie fachlich diskutieren willst, dann wüßte ich doch gerne, was das für eine wissenschaftliche verhaltensbiologische Erkenntnis ist.
Wie kommt man von einer verhaltensbiologischen Erkenntnis, die man für die Spezies Haushund gemacht hat zu der direkten Übertragbarkeit dieser Erkenntnis auf die religiöse Beschneidung des männlichen Gliedes?
Bezüglich dessen was Du gehört hast die Frage, hast Du Dich um entsprechende Literatur bemüht oder mit einer repräsentativen Anzahl beschnittener Männer gesprochen?

: Von einem Leid, was Hunden durch das Kupieren angeblich zugefügt :wird, kann de facto nicht die Rede sein. Das Einzige, was der Hund :wirklich verspürt, ist der Heilschmerz der Wunde. Jede Beißerei, die :mit einer Rißwunde endet, ist schmerzhafter, da nicht unter Narkose :zugefügt.
Nenne bitte Deine Definition von Leid. Dieser Begriff ist schon für den Menschen recht schwammig, der mit abstrakten Begriffen umgehen kann.
Bezieht sich Dein Leid jetzt wieder nur auf die eigentliche Amputation?
Du springst ganz schön hin und her zwischen OP und Verhalten.
Wieso ist eine bei einer Beißerei entstandene Bißwunde schmerzhafter? Bei einer Beißerei werden derartig viel Adrenalin, Endorfin und andere Hormone ausgeschüttet, die nachgewiesener Massen das Schmerzempfinden ausschalten, daß eine Narkose gar nicht nötig ist. Wie auch bei der Amputation unter Narkose, kommt der Schmerz erst hinterher.

: Ob man das Schneiden nun ablehnt, oder befürwortet - man sollte immer :bei den Fakten bleiben.
: Leider werden diese Diskussionen immer extrem emotional geführt, :weshalb Befürworter und Gegner nahezu nie einen Konsens finden.
Das liegt meines Erachtens vor allem daran, daß es zumindest beim Kastrieren viele gute Gründe dafür oder dagegen gibt. Da keine 2 Menschen gleich sind, gewichtet das auch jeder anders. Ich muß mir nicht mit jedem einig sein, solange ich mir meine Meinung fundiert gebildet habe und offen bleibe für mögliche Änderungen dieser Meinung durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse.

: Kupieren ist jedenfalls sicher nicht schmerzhafter, oder schlimmer, :als irgendeine andere Verletzung, die eine gewisse Heilzeit benötigt. :Im Gegenteil - nachdem nun eben unter Narkose geschnitten wird, gibt :es keinen Verletzungs- sondern nur den eher juckend unangenehmen :Heilschmerz. Nicht anders, als bei uns Menschen nach z.B. einem tongue sticking out smileyiercing oder einer Platzwundennaht.
Was schmerzhafter oder schlimmer ist, dazu s.o..
Was Verletzungsschmerz angeht, s.o..
Was direkte Übertragungen von Birnen auf Äpfel, von Spezies a auf Spezies b, bei ganz verschiedenen Eingriffen angeht, s.o..
Den letzten Satz solltest Du nicht jemandem anbieten, der sich beim Piercen mit HIV oder Hepatitis B infiziert hat. Eine heftige Wundinfektion (vereiterter Bauch) reicht auch schon.

: Was mir bei den Diskussionen hierüber eigentlich am Meisten aufstößt, :ist die Doppelmoral der "Tierschützer".
: Wir wissen, daß über 90% der Kastrationen an Rüden, ohne medizinische :Indikation - will heißen, nur aus Gründen der vermeintlichen :Verhaltensbesserung - vorgenommen werden.
Aus welcher Statistik stammt die 90%? Wie ist die Statistik entstanden? Mit Prozentzahlen kann ich auch um mich schmeißen.
Die Verhaltensänderung ist eine medizinische Indikation. Ob Du sie für eine sinnvolle Indikation hällst, darüber kann man diskutieren.

: Dies jedoch (Kastration), verstößt gegen geltendes Tierschutz-Recht :und ist ein :schwerwiegender Eingriff in Psyche und Physis des Tieres. :Trotzdem wird es von nahezu allen Tierschutzvereinen, etc. empfohlen :und sogar oftmals grundsätzlich durchgeführt.
Du solltest Dich tierschutzrechtlich dringend auf den aktuellen Stand bringen.
Zitat: §6 Tierschutzgesetz in der Fassung vom 25.5.1998
(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn
5. zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder - soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegen stehen - zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird.

Weitere Änderungen im selben Paragraphen, verbieten im übrigen auch das kupieren der Rute von Hunden seit dem Inkrafttreten am 1.6.1998. Einzige Ausnahme sind jagdlich geführte Hunde, für die eine Amputation unerläßlich ist zur Nutzung.
Ich kenne keine Nutzung für die eine abgeschnittene Rute unerläßlich wäre.
Du hättest diese Diskussion also genaugenommen zum Thema Ohren vor 1989 und zum Thema Rute vor 1998 anstrengen müssen.

: Warum?
: Weil wir uns davon versprechen, den Hund leichter führen zu können - :ihn anpassungsfähiger zu machen.
: Das ist für meine Begriffe eine echte Perversion.
: Wer nicht in der Lage ist, einen Rüden art- und wesensgerecht zu :halten und zu führen, der sollte sich auch keinen halten.
Na, wenn das jetzt keine Polemik ist?!

: Das ist jetzt sicher kein Angriff, gegen Halter von kastrierten :Tieren. Diese wurden ja auch so lange mit Fehlinformationen gefüttert, :bis sie der Kastration zustimmten. Hätte man ihnen lieber erklärt, wie :sie durch Verhaltensänderung und Verständnis des Wesens ihren Rüden in :den Griff bekommen...
Da sind wir also wieder beim Verhalten. Und auf einmal wird das Für und Wider nur auf Verhalten bezogen. Die Argumentation zumindest Für und Wider Kastration enthält ja auch noch einige Argumente außerhalb des Verhaltens. (Welche ich da sehe und wie ich sie gewichte später mehr.)Eigentlich wäre es schön gewesen jetzt endlich mal zu lesen, was das denn für "Fehlinformationen" sind und welches die "richtigen" Informationen sind.

: Und um jetzt den Argumenten hinsichtlich Eindämmung unkontrollierter :Vermehrung zuvorzukommen: Eine Sterilisation des Rüden (Durchtrennung :der Samenleiter), ist günstiger, einfacher, schmerzloser und genauso :effektiv.
Günstiger: In der zur Zeit gültigen GOT (Gebührenordnung für Tierärzte)wird nicht nach Kastration oder Sterilisation unterschiden. D.h. beide Leistungen sind sowohl beim Rüden als auch der Hündin gleich zu liquidieren, da der Arbeitsaufwand gleich ist. Wie teuer das ganze letztendlich wird hängt natürlich noch von der gefahrenen Narkose, den verwendeten Materialien, der Voruntersuchung, mögliche vorherige Bestimmung von Laborwerten u.s.w. ab und ist sicher von Tierarzt zu Tierarzt verschieden.
Einfacher: Warum? Ich muß in jedem Fall den Eierstock finden und vorlagern. Ob ich die Blutgefäße unterbinde und abschneide oder den Eileiter unterbinde und abschneide, macht keinen Unterschied. Gleiches gilt für die Hoden.
Schmerzloser: Ich mache den gleichen Schnitt in das Tier und schneide etwas ab. Warum sollte das eine schmerzloser sein?
Übrigens, bei der Sterilisation muß ich die Eierstöcke fixieren. Auch wenn es unter Männern weniger bekannt ist, die Eierstöcke sind gegen Druck und Quetschung ebenso empfindlich wie die Hoden, die ich ebenfalls bei der Sterilisation fixieren muß.
Ein Nachschmerz ist da also durchaus denkbar.
Genauso effektiv: Das erzähl mal Besitzern einer Hündin, die 2 mal im Jahr wirklich netten Besuch von 12-15 Rüden hat, die auch gar nicht aufdringlich sind.
In einer anderen mail schreibst Du die Sterilisation des Rüden wird unter Lokalanästhesie durchgeführt. Bei welchem Tierarzt. Ich kenne keinen oder keine, die freiwillig einem 50 Kilo Rüden bei vollem Bewußtsein in die Eier spritzen möchten. Denn das erhöht seine anschließende Kooperationsbereitschaft still zu halten warscheinlich ganz erheblich. Toll, haben wir das Verhaltensdrama Kastration vermieden und was ist mit dem Verhaltensdrama zukünftiger Tierarztbesuch?? (Entschuldige, konnte mich auch nicht beherrschen zu polemisieren.)
Das gleiche gilt übrigens auch für zappelnde Zwerghunde.

: Ich persönlich, bin weder für, noch gegen das Kupieren - ich denke, :das sollte die Entscheidung des jeweiligen Züchters oder Käufers sein. :Ich halte selbst zwei unkupierte Doggen und sie gefallen mir mit den confused smileychlappohren sehr gut.
Na ein Glück.
: Andererseits hätte ich auch sicher nicht davor zurückgeschreckt, :einen kupierten Hund zu erwerben, soweit mir sein Charakter zusagte.
Schade.
Ich denke nicht, daß Laien darüber entscheiden sollten, ob Teile von Körperorganen amputiert werden sollten oder nicht.

: Einen Hund, der zuchtbedingt nicht richtig atmen, oder laufen kann jedoch, hätte ich sicher nicht erworben.
Dafür hast Du Doggen erworben. Die Liste die mir dazu spontan einfällt lautet: Geringe durchschnittliche Lebenserwartung u.a. wegen Verschleiß am Skelettsystem (es wird immer größer und schwerer gezüchtet). Im übrigen müßte aus medizinischer Sicht die Aktivität der schnell wachsenden Welpen (vor allem Spiel) stark eingeschränkt werden. Aber was machen wir denn da mit der wichtigen Prägungsphase?
Eine weitere Ursache für die geringe durchschnittliche Lebenserwartung ist das erhöhte Risiko für Magendrehungen durch immer tiefere Brustkörbe.
Hängelefzen führen zu andauerndem übersteigerten Speichelfluß und beeinträchtigen die Kommunikationsmöglichkeiten. (Gleiches gilt im übrigen für Hängeohren, allerdings wird dieser Defizit durch das Kupieren nicht weggemacht u.s.w.)
Ich möchte Dir Deine Doggen nicht madig machen. Ich möchte Dir nur vor Augen führen, daß man eine solche oder ähnliche Liste für jede Rasse aufstellen kann.
Dabei fällt mir auf, daß praktisch jeder, mit dem ich bisher zu tun hatte diese Listen besonders gut für Hunde kennt, die ihn nicht interessieren und daß diese Listen für bevorzugte Rassen als nebensächlich eingestuft werden. (Das ist mein persönlicher Eindruck, kein statistisch abgesicherter.)
Ich glaube nicht, daß man mal einfach so gewichten kann, was schwerer wiegt.

: Wie auch immer.
: Ich würde mir auch lieber ein Stück Ohr abschneiden lassen, als meine :Hoden.
Hast Du das von Deinem Hund für seine Hoden auch schriftlich?
Wenn, was wohl wahrscheinlich ist, der Hund kein menschenähnliches Bewußsein dafür hat, daß Hoden notwendig zur Fortpflanzung sind und daß der optische Eindruck von Bällchen männlich macht, dann kann er auch kein Bewußsein haben für "die fehlen mir".
Dieser Dein letzter Satz ist übrigens in Tierarztpraxen das Hauptargument von Klienten gegen eine Kastration von Rüden. Was wohl auch der Grund ist, daß Rüden im Besitz von Frauen viel häufiger kastriert sind als Rüden im Besitz von Männern. Männer haben übrigens keine vergleichbaren Ressantiments gegen eine wesentlich schwerere Bauchhöhlen-OP zur Kastration ihrer Hündin.
Und ganz ehrlich, wenn es nur um die Optik geht und das keiner sieht, ob er noch kann oder nicht, - es gibt die Bällchen in allen Größen auch in Silikon (und ich möchte jetzt keine Diskussion über Silikon beginnen). Übrigens ein Rüde kann immer, egal ob kastriert oder nicht, er besitzt nämlich einen Penisknochen. (Kein Viagra nötig.)

Wer bis jetzt durchgehalten hat, kann jetzt noch meine Argumentation zu den Themen Für und Wider Kupieren und Für und Wider Kastration lesen.

A. Kupieren der Ohren.
Wider:
- Eingriff unter Narkose mit dem entsprechenden Narkoserisiko ausschließlich aus kosmetischen Gründen.
- Gefahr von späteren Wundschmerzen, da an Welpen durchgeführt, die wild und heftig spielen und dabei keine Rücksicht auf die Ohren des Mitspielers nehmen.
- Beeinträchtigung der Verhaltensentwicklung. In einer rasanten und wichtigen Entwicklungsphase, in der vor allem sicherer sozialer Umgang mit anderen (Mensch, Hund) gelernt werden soll besteht ein erhöhtes Risiko für agonistische Auseinandersetzungen (z.B. Aggression mit Beißen). Besonders wenn im Spiel die Wunden ramponiert werden. Der kupierte Welpe lernt dann, daß man besser vor dem Schmerz schon beißt und der andere, daß Spielsignale mit Beißen beantwortet werden.
- Beeinträchtigung der Verhaltensentwicklung. Die andere Möglichkeit den Welpen nicht zu anderen Hunden zu lassen bis zur Ausheilung führt in einer wesentlichen Entwicklungsphase zu sozialer Deprivation.
- Otitisfrequenz nicht verringert. Die Häufigkeit mit der eine Entzündung des Gehörgangs auftritt wird durch das Kupieren nicht verhindert. Für kupierte und nicht kupierte Vertreter der nach dem Standard zu kupierenden Rassen, haben das DÜRR und FREUDIGER bereits 1976 festgestellt. (DÜRR und FREUDIGER (1976): Ist Ohrenkupieren eine Prophylaxe (Vorbeugung) gegen Otitis externa (Entzündung des äußeren Gehörgangs)? Schweiz. Arch. für Tierheilkunde 118, S. 239)
- Keine wesentliche Verbesserung der Ausdrucksmöglichkeiten gegenüber Hängeohren. Sehr gute Informationen zu den Möglichkeiten des Ausdrucksverhaltens beim Wolf und deren Reduzierung beim Hund durch Domestikation und Änderung der Anatomie findet man bei Dorit Feddersen-Petersen, Hunde und ihre Menschen, Kosmos Verlag 1992.
- Mögliches Auftreten von Phantomschmerzen. Hier ist meines Erachtens der Vergleich Mensch Hund zulässig, denn beide Arten haben einen ganz ähnlichen Aufbau des Nervensystems. Bei Menschen ist Phantomschmerz unumstritten. Für Elefanten wurde beschrieben, daß sie sich nach Teilamputatinen des Stoßzahns immer noch verhielten als hätte er seine volle Länge.

Für: Ich kenne keine Argumente dafür.


B. Kupieren der Rute:
Wider:
- Eingriff ohne Narkose, häufig von Laien durchgeführt
- Eröffnung des Wirbelkanals und logischerweise bei weiter erfolgender Anogenitalmassage
- Reduzierung des Ausdrucksverhaltens. Selbst Hunde mit einer Ringelrute können diese noch einklemmen.
- Keine Balancefunktion durch die Rute mehr möglich.
Bei Beobachtung von kupierten Hunden fällt der häufige staksige Gang auf.
- Das Auftreten von Phantomschmerzen. s.o.

Für:
- Vorsorglicher Schutz vor späterer Amputation im Falle einer Verletzung. Wie wahrscheinlich ist eine solche Verletzung? Es gibt und gab schon immer Rassen, die mit langer Rute jagen können. Es gibt und gab schon immer große Rassen mit wenig kurzem Fell an der Rute. Wenn das Verletzungsrisiko so hoch wäre, daß es eine vorsorgliche Amputation rechtfertigen würde, dann müßte es ein gewohntes Bild sein standardmäßig nicht kupierte Rassen ohne Rute zu sehen. Das ist es nicht. Auch wenn jemand in einer anderen mail tatsächlich 2 Beispiele dafür gefunden hat. Sehr repräsentativer Prozentsatz angesichts von jährlich über 500 000 produzierten Welpen allein im VDH.
(Nebenbei: Ein Cocker kann mit seinen Ohren durch das Dickicht laufen, aber für seine Rute besteht ein erhebliches Verletzungsrisiko?????)


A. Kastration der Hündin:
Für:
- Kontrolle der unkontrollierten Vermehrung (gilt auch für die Sterilisation). In meinen Augen praktizierter Tierschutz. Wieviele Welpen allein im VDH jährlich produziert werden s.o.
- Senkung des Risikos für Gesäugetumoren. (gilt ausschließlich für die Kastration) Nach Schneider et al., 1969: Risiko für Geäugekrebs: 0,5% bei Kastration vor der 1. Läufigkeit, 8% bei K. nach der ersten Läufigkeit, 26% nach der 2. Läufigkeit und auch später.
Schneider et al. 1969: Factors influencing canine mammary cancer development and postsurgical survival. Journal of the National Cancer Institute 43, 1249-1261.
- Verhinderung von Scheinträchtigkeiten (gilt nur für die K.). Heutzutage nicht mehr ganz so wichtig, seit Präparate gegen die Scheinträchtigkeit zur Verfügung stehen, die keine Geschlechtshormone sind.
- Wegfall ganzer Krankheitsbilder. (Wo bleibt der Verweis auf die Rute? Ich finde allerdings, das ganze Krankheitsbilder schwerer wiegen, als das eine - Verletzung - der Rute.)
Krankheitsbilder der Eierstöcke und, da meist die oben erwähnte Ovariohysterektomie durchgeführt wird, auch der Gebährmutter. Außerdem, noch der Vagina, da der hormonelle Einfluß der amputierten Organe wegfällt. Der Vergleich "ich lasse mir auch nicht vorsorglich alle Zähne ziehen", zieht in meinen Augen nicht, denn das lebensbedrohliche Ausmaß und die Häufigkeit des Auftretens z.B. einer Gebärmuttervereiterung lädt zu derartigen Vergleichen schwerlich ein. Das Risko wird zusätzlich erhöht durch die hormonelle Unterdrückung der Läufigkeit mit Progesteron oder den Abbruch einer Trächtigkeit mit Östrogenen. (Niskanen und Thrusfield 1998, Associations between age, parity, hormonal therapy and breed, and pyometra in Finnish dogs. Veterinary Record 142, 656-658)
- Und zum Verhalten - mit medizinischer Indikation: Vor allem für sehr ängstliche Hündinnen ist es sinnvoll die zusätzliche Belastung einer Läufigkeit (relative Veränderung der Rangposition durch hormonelle Einflüsse, erhöhtes Risiko für agonistische Auseinandersetzungen mit anderen Hündinnen, bis hin zur Verhinderung der Läufigkeit durch massiven sozialen Stress durch eine zweite dominante Hündin im Haushalt.)

Wider:
- Narkoserisiko: Etwas geringer einzuschätzen als bei den Ohren, denn keine Welpen mehr. Angesichts der Vorteile auch in meinen Augen geringer zu gewichten.
- Risiko der Harninkontinenz: Nach Beobachtung in einer Tierarztpraxis über 5 Jahre hinweg in dieser Praxis bei 1,7%. Das bedeutet ein 8fach höheres Risiko an erworbener Harninkontinenz zu erkranken (Erfahrungen mit der Kastration der Hündin aus einer deutschen und einer englischen Praxis, Vetimpulse 8, Nr. 13, S. 5-9)
- Gefahr der Gewichtszunahme: besteht tatsächlich, denn die Stoffwechselrate sinkt und das Futter wird besser verwertet.
Alles was man tun muß ist die Futterration zu kontrollieren.
Wenn es sich um einen Hund handelt, der sowieso schon mit seinem Übergewicht kämpft, oder Besitzer, die Schwierigkeiten haben die Futteraufnahme zu kontrollieren, fällt dieses Argument natürlich schwer ins Gewicht.
- Die Tiere werden Träger: Steht meines Erachtens vor allem in Zusammenhang mit Gewichtszunahme. Außerdem sind viele Hunde in Deutschland durchaus nicht ausgelastet. Die haben 2 Möglichkeiten, am Rad drehen oder träge werden. Zieht also bei mir nicht als Argument gegen die K..
- Hündinnen werden aggressiver: Ein Argument das meines Erachtens großer Schwachsinn ist. Um die o.g. Vorteile auszunutzen, werden die meisten Hündinnen in einem Alter kastriert in dem sie sozial nicht reif sind. Es ist also noch nicht ihre Aufgabe sich einen Platz in der Hierarchie zu sichern oder die Gruppe oder das Territorium zu verteidigen. Eine 2 bis 4 jährige Hündin ist sozial reif und sich ihrer Stärken und Schwächen bewußt. Ich finde es ist nicht möglich das Aggressionsverhalten eines intelligenten, sozialen und lernfähigen Lebewesens auf ein paar seit Jahren nicht mehr vorhandene Hormone zurückzuführen.
- Phantomschmerz, glaube ich nicht, wenn dem so wäre hätten Frauen das schon erwähnt. ansonsten s.o.

Im übrigen verdient ein Tierarzt an einer frühen Kastration sicher sehr viel weniger als an Läufigkeitsunterdrückung, möglicher Abtreibung, Scheinträchtigkeit, Gebärmuttervereiterung und Tumor-OP.

Ich sehe, wie spät es geworden ist und kann nur vermuten wie lang der Text inzwischen ist, also der Rüde etwas kürzer.

B. Kastration des Rüden:
Für:
- Erhebliche Senkung des Testosteronspielgels. Testosteron ist neben seinen Aufgaben im Sexualbereich auch für die Angriffsbereitschaft eines Rüden mitverantwortlich. Es wurde herausgefunden, daß jede gewonnene Auseinandersetzung bei Hunden (auch rituelle) die Testosteronproduktion erhöht. D.h., manchmal ist gute Erziehung nicht genug. (Prof. Gansloßer, persönliche Mitteilung bei einem Seminar zum Thema Hundeverhalten) Außerdem gibt es Rüden, die auch so schon einen ungewöhnlich hohen Testosteronspiegel haben. (Die, die immer "scharf" sind ganz egal ob die Hündin läufig ist und komplett abdrehen, wenn mal eine läufig ist.)
Übrigens Daniel, der Du Dir verständlicherweise die Hoden nicht abschneiden lassen willst, nun sieh doch mal den Rüden, der 10-15 Jahre immer will, aber nie darf. Immer währende Frustration (im verhaltensbiologischen Sinne). Ein für Hunde etwas dummer Nebeneffekt der Domestikation ist die sexuelle Hypertrophie. Sowohl bei Hunden als auch bei Ihrer Stammart, dem Wolf, ist eine häufige Ursache für aggressive Auseinandersetzungen mit Beschädigungsbeißen sexuelle Aktivität. Das Wolfsrudel dennoch so gut funktionieren liegt somit sicher nicht zuletzt auch daran, daß sowohl bei der Fehe, als auch beim Rüden außerhalb der Ranz keine Sexualhormone in den primären Geschlechtsorganen gebildet werden. Diesen Vorteil haben Rüden nicht und müssen außerdem noch weit häufiger, nämlich in der Regel täglich mit rudelfremden Rüden zusammentreffen.
- Bei Rüden mit ausgeprägtem Sexualverhalten auf alle Fälle eine wesentlich bessere Führigkeit. Die Idee sich nur einen Rüden oder überhaupt einen Hund anzuschaffen, wenn man ihn entsprechend führen kann und ihm gerecht wird ist ja ganz nett, aber dann gäbe es nicht mehr viele Hunde auf der Welt. Dann hätten wir diese Diskussion allerdings auch nicht.
- Schutz vor unkontrollierter Vermehrung, s.o.
- keine chronischen Vorhautentzündungen

Wider:
- Narkoserisiko s.o.
- Phantomschmerz s.o., leider gibt es nur so wenig Männer, die man fragen kann. (Es erstaunt mich doch immer wieder, wie selbstverständlich es doch zu sein scheint, daß Frauen problemlos ohne primäre Geschlechtsorgane auskommen können, Männer aber häufig nicht mal mit einer Sterilisation leben können.)
- Aussehen. Diese Frage stellt sich wohl nur für den Beitzer. Und sollte bei einer verantwortungsbewußten Entscheidung wohl nicht in die Waagschale geworfen werden.

So, daß war meine Argumentation zu den Themen Kupieren und Kastration.
Ich bitte um neue Argumente und Gedanken.

Viele Grüße

Silke