Geruchsdifferenzierung
02. August 2003 12:14

: Ich hatte halt nur keine Idee, WIE ich sie dazu bringen
: sollte ihre Nase einzusetzen.

: Wenn du Tipps hast, wäre lieb wenn du sie verraten würdest.
:
: Viele Grüsse
: Biggi


Hi Biggi,

also wenn´s jetzt schon mal ein die falsche Richtung gelaufen ist, würde ich einige Wochen Pause machen, dann an völlig anderem Ort mit völlig anderen Gegenständen völlig neu beginnen.


Vielleicht so:

Ich übe zunächst einige Zeit ausschließlich mit dem körpergeruchsbehafteten Gegenstand. Der Knackpunkt dabei ist (und das machen möglicherweise viele falsch), dass man den geruchsbehafteten Gegenstand versteckt (z.B. im Gras), so dass der Hund von Anfang an ***nicht*** mit den Augen, sondern nur mit der Nase (!!!) suchen muss. Ein grüner Gegenstand oder ein roter eignen sich hierfür besonders gut, denn im grünen Gras kann der Hund diese Gegenstände sehr schlecht mit den Augen finden. Kann ich nun bei den Übungen deutlich erkennen, dass der Hund intensiv seine ***Nase*** zur Suche einsetzt, dann übe ich richtig und dann -- und erst dann !!! -- sage ich dazu, während er konzentriert schnüffelt: "Such". Das ist das neue Signalwort, das er lernen soll und dieses neue Signalwort muss er unbedingt mit dem Suchen per ***Nase*** verknüpfen und auf keinen Fall mit dem Suchen per Auge. Das ist der Knackpunkt. Also: Wenn er beginnt deutlich mit der Nase zu suchen, dann sagst du quasi als Begleitmusik dazu "such". So kriegst du die perfekte Verknüpfung. Eigentlich ist das ganz einfach und ganz logisch.


Nach dieser Vorbereitung dürfte es nun überhaupt keine Probleme bereiten, ein oder mehrere Gegenstände ohne eigenen Körpergeruch mit dazuzunehmen. Wenn alle Gegenstände gut versteckt sind, dann *muss* der Hund mit der Nase suchen und er wird dann auch ausschließlich das richtige finden, die anderen nicht. Das ist trivial und (fast absolut) sicher. :-)

Wenn er das richtige bringt, dann werde ich ihn mit C&B bestärken. Bringt er das falsche:

werde ich das total ignorieren, --- aber richtig!

D.h. ich darf keinerlei Gefühlsregung, insbesondere auch k e i n Fünkchen Enttäuschung zeigen. Dem Hund muss klar werden, dass der geruchsneutrale Gegenstand völlig bedeutungslos ist!

Hunde, die oft den falschen Gegenstand bringen, suchen mit dem Auge und nicht mit der Nase. Das tun aber Hunde nur dann, wenn man die Übung falsch aufgebaut hat. Ein Fehler in der Ausbildung also, nicht ein Fehler, den der Hund macht.

Aber - und das ist nun auch sehr, sehr wichtig - man muss sich auch im Klaren darüber sein, dass auch ein sog. "geruchsneutraler Gegenstand" unter Umständen einen für den Hund interessanten Geruch hat! Dann kann es bei den Diskriminierungs-Übungen natürlich Probleme geben. Das sollte man im Hinterkopf immer beachten. Ich werde dann natürlich eine andere Kombination von Gegenstand/Geruchsstoff wählen.

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Zurück zur Übung:

Bei Ayko gehe ich so vor: In seiner Abwesenheit verstecke ich die Gegenstände. Dann rufe ich ihn und lasse ihn vorsitzen. Den Geruch vom "richtigen" Gegenstand habe ich mir zusätzlich auch auf die Spitze meines Zeigefingers aufgebracht. Jetzt halte ich den "richtigen" Geruch dicht vor Aykos Nase, er schnüffelt interessiert daran, ich sage dazu "riech" und dann schicke ich ihn mit "such" auf den Weg. Die Sache mit dem "Geruchs"-Finger erleichtert die Aufgabe und macht sie gleichzeitig auch vielseitiger. Ich denke, so lernt der Hund schneller, worauf es ankommt. die ersten Übungen gestalte ich ganz leicht für ihn. Zwischen Schnüffeln am Finger und dem Finden des richtigen Gegenstandes sollten nur wenige Sekunden vergehen. Dann klappt die Verknüpfung schnell. Danach kann man die Suche länger gestalten.

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Irgendwann - wenn die Übung perfekt klappt - werde ich die Gegenstände immer schlechter verstecken, bis sie schließlich frei sichtbar (z.B. auf dem Asphalt) ausliegen. Der Hund hat also jetzt sofort auch die Möglichkeit mit dem Auge fündig zu werden, aber er kann auch seine Nase einsetzen. Richtiges Verhalten (Nasenarbeit) bestärke ich jetzt konsequent mit C&B.

Aber das ist eigentlich nur die letzte Prüfung vor dem Abschluss dieser Ausbildung. Beim Üben selbst werden die Dinger immer versteckt. Geruchsdiskriminierung ist Nasenarbeit und eigentlich sollte der Hund dabei stets eine schwarze Binde auf die Augen bekommen. ;-) Dann würden (fast) gar keine Fehler auftreten. :-)

Eigentlich ist die Aufgabe gar nicht schwer. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie wir als Kinder von Hundeerziehung keinen blassen Schimmer hatten, aber nichtsdestotrotz voller Optimismus einfach auf ein Stöckchen gespuckt haben, das Stöckchen in den Wald geworfen haben und den Hund losschickten. Er brachte immer das richtige, nie das falsche. Warum ? Das wussten wir damals schon als Kinder ganz genau: Der Hund ist ein Nasentier und nichts ist leichter für ihn, als ein bespucktes (geruchsbehaftetes) Stöckchen aus Hundert anderen herauszufinden. Probleme macht nur den Mensch, denn der ist ein Augentier / Intelligenztier und baut deshalb die Übungen für den Hund gerne "falsch" auf, das heißt er macht es dem Hund unnötig schwer zu erkennen, worauf es eigentlich ankommt.

Viele Grüße
aus dem Wilden Südwesten
Reinhold + Ayko



02. August 2003 12:44

: Das mit der Holzschraube hatte ich ja gemacht, aber dann probierte
: sie nur "sitzt das Hölzchen fest" und brachte mir das (richtige)
: lockere, aber ihre Nase setzte sie nicht ein und das soll sie doch
: eigentlich!

Ja, das wäre für Ayko eine echte Herausforderung,
die er sofort annehmen würde:

"Kriege ich das blöde Ding samt Schraube auch ab?"
Schon steht er voll und ganz vor einer völlig neuen Aufgabe.

Und schon bin ich meilenweit vom unserem Lernziel entfernt:
Nasenarbeit ist gefordert, nicht Bodybuilding am
festgeschraubten Hölzchen.

Ich hoffe das regt zum Nachdenken an.

Der Mensch hat´s manchmal wirklich nicht leicht das Nasentier
Hund zur Nasenarbeit zu bringen. Unsere grauen Zellen sind
uns da viel zu sehr im Weg. ;-)

Reinhold + Ayko


02. August 2003 15:25

Erst mal danke an alle für die ausführlichen Erklärungen und Tipps!

:: Der Mensch hat´s manchmal wirklich nicht leicht das Nasentier
: Hund zur Nasenarbeit zu bringen. Unsere grauen Zellen sind
: uns da viel zu sehr im Weg. ;-)
:
Wie wahr, wie wahr!
Ist nur gemein, jetzt kann man sich alles super vorstellen und muss warten "trommel"

Grüsse
Biggi

04. August 2003 09:50

: Hallo
Darf das "falsche" Hölzchen nur ein mal ausgelegt werden ?
Die "falschen" Hölzchen lässt Du ja unberührt liegen, also haben sie nicht Deinen Geruch. Nach der Übung allerdings neutralisiere ich sie wieder bevor ich sie wieder in die Box versorge.

aber ihre Nase setzte sie nicht ein und das soll sie doch eigentlich!
Ja, dass soll sie, Verdecke "Dein" Hölzchen mal mit etwas Gras, später auch die falschen Hölzchen, dann wird sie wohl die Nase einsetzen müssen.

:Gruss Heri

04. August 2003 11:54

hallo reinhold

ich habe deine ausführungen mit sehr grossem interesse gelesen! danke, obwohl sie nicht an mich gerichtet waren :-)

ich habe aber dazu gleich noch eine frage: kann man einem hund das suchen von verschiedenen düften beibringen? mein hund ist ein trüffelsuchhund. gerne würde ich dafür üben. andererseits möchte ich eine prüfung mit ihm ablegen, bei der wir fährten müssen. kann der hund gleichzeitig trüffeln und sani-arbeit machen? d.h. stöbern und fährten?

ich habe mir überlegt, eigentlich könnte man einfach zwei suchbegriffe verwenden. also wenn er nach trüffel suchen soll z.b. cerca (italienisch) und beim fährten im sanitraining das klassische such. hast du erfahrung damit, ob das geht?

ich habe herausgefunden, dass er eine super nase hat. nun sind wir dabei, den gegenstand immer tiefer zu verstecken.....

lg, nicole & ciocco

08. August 2003 05:37

... Trüffelöl zum Einstimmen auf Trüffel, Kleidungsstück des Vermissten bei S&H...

So nobel mit Trüffel sind wir nicht: meiner geht auf 'riech' mit der Nase zum Muster (derzeit alle Küchengewürze abwechselnd), wird mit 'such' geschickt... wie Reinhold auch meint zuerst über minimale Distanz und mit C&T bestätigt.
Er kennt beim Rennen im 'Luftsuch-Modus' = Stöbern/brackieren zusätzlich den Ruf 'I lost' zum Auslösen des 'Nase runter, Bodenduft direkt aufnehmen' vom Apportieren ... (über Belohnung durch Finden gelernt, wenn sie mal wieder (bei Kräuselluft neben der Wand am Übungsplatz) stöbernd und dabei faselnd über ihren Ball drüberlief...).

Das man mal dies und mal das sucht, wäre glaube ich - bei vorheriger Geruchsmustergabe (verdünnt, sonst ist die Nase taub davon) - nicht das Problem, eher schon eine u.U. andere benötigte Suchweise: Revieren ist eben nicht 'man trailing' - wie sucht man den Trüffeln? Direkt am Boden oder auch erst mit Nase oben zur Vororientierung?

Auch Rettungshunde brauchen ja eine Idee vom 'wo', wenn sie z.B. nach jemand im Baum suchen sollen. Meiner lege ich dann immer erstmal etwas zum Finden ungefähr auf ihre Schulterhöhe - dann hat sie das 'heute könnte es auch oben sein' für diese Übungs-Einheit wieder drauf... Wie sind da Eure Erfahrungen?

Fragend
Tina