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Jagdleidenschaft

geschrieben von Barbara(YCH) 
Jagdleidenschaft
13. Oktober 1998 10:46

Liebe Clicker-Profis,
mein dreijähriger Briard-Rüde Larousse ist leidenschaftlicher Jäger: Katzen, Hasen, Rehe und vieles mehr, lassen ihn seine sonst sehr gute Erziehung schlagartig vergessen. Habt Ihr mir einen Tip, wie ich die obligatorische Leine wieder mal abnehmen kann?
Herzlichen Dank und liebe Grüsse, Barbara




27. November 1998 17:02

Hallo Barbara

Hundefreundliche Methode gegen das Jagen? Meine Lösung ist für Menschen etwas anstrengend, für Hunde sehr schön und für die Umwelt sehr schonend. Allerdings hört der Hund nicht auf zu jagen. Es funktioniert eingeschränkt in Gebieten, in denen nicht dauernd der Geruch jagdbarer Lebewesen rumhängt. Deshalb gehe ich häufig in Gelände spazieren, das wildfrei ist. Wovon ich rede?

Eigentlich ist es ursprünglich ein Appell aufgrund einer klassischen Konditionierung, der dann wiederum über Reizgeneralisierung zu einer umorientierten Bewegung führt. Host mi?

Für Deutschsprachige:

1. der Hund lernt ein inneres Bild für den Appell (man kann dem noch 10 andere Namen geben, je nach Fachbereich und Ausbildung des Schreibers). Das innere Bild heisst: wenn's pfeift, ruft, ist's bei Herrchen absolut spannend und unschlagbar genial. Natürlich übe ich das wenn es dem Hund langweilig ist (wenn Du es versuchen willst, ich habe eine ausführliche schriftliche Anleitung dazu im Forum Soziales/Erziehung hinterlegt, ich glaube meine Antwort auf "Durchbrennen"winking smiley.

2. Benutze dies immer, aber nur dann, wenn der Hund ans Jagen denkt.

3. Da Du diese Konditionierung nur im Zusammenhang mit der Idee des Jagens benutzt, fängt der Hund an umzudenken. Der Gedanke "Jagen" verknüpft sich ganz tief mit dem inneren Bild des aufregenden Erlebnisses in Deiner unmittelbarer Nähe. Clicker-Weisheit: Bricht der Hund eine beginnende Jagd ab, weil er Deinem Ruf folgt, muss Deine Belohnung mehr positive Gefühle in ihm auslösen als das, was er fürs Zurückkommen stehen lassen hat. ZWINGEND WICHTIG: Der Hund muss dieses Gefühl haben, nicht Du.

4. Bei sauberer Durchführung und viel Aufmerksamkeit Deinerseits geht das ganze soweit, das der Hund Dir die Möglichkeit gibt, ihn zu rufen, bevor er zur Jagd geht. Meine Hündin signalisiert so Sicht-Jagdmöglichkeiten seit Jahren von sich aus, indem sie auf mich zuschiesst um sich den Ball zu holen.

5. Viele positive, spannende Beschäftigungen während des Spaziergangs mit Dir ist natürlich eine nicht zu unterschätzende Hilfe bei allen Aspekten im Alltag. Aufgepasst: Nach dem Ballwerfen (Appetenzverhalten) Hund mit Sprechen und Guetzli (Endhandlung) wieder emotional ausgleichen, sonst schickst Du ihn mit Jagdstimmung im Herzen weg.

Für weitere Auskünfte stehe ich Dir gerne zur Verfügung, es lebt sich so echt flott mit einem "Jagdhund" und er kriegt superviel Bewegung und Abwechslung.

Mach's gut
Roswitha Berchtold, SG



30. November 1998 09:30

Grüß Dich Roswitha,

eine klasse antwort hast du da gegeben.

:4. Bei sauberer Durchführung und viel Aufmerksamkeit Deinerseits geht das ganze soweit, das der Hund Dir die Möglichkeit gibt, ihn zu rufen, bevor er zur Jagd geht. Meine Hündin signalisiert so Sicht-Jagdmöglichkeiten seit Jahren von sich aus, indem sie auf mich zuschiesst um sich den Ball zu holen.

die meisten hunde blicken auch kurz zurück, wenn sie starten. das ist eine frage des hundes. antwortet mensch mit geschrei, ist bei ihm nichts positives zu holen.

:5. Viele positive, spannende Beschäftigungen während des Spaziergangs mit Dir ist natürlich eine nicht zu unterschätzende Hilfe bei allen Aspekten im Alltag. Aufgepasst: Nach dem Ballwerfen (Appetenzverhalten) Hund mit Sprechen und Guetzli (Endhandlung) wieder emotional ausgleichen, sonst schickst Du ihn mit Jagdstimmung im Herzen weg.

das ist wohl ein wesentlicher punkt, den man allzuleicht übersieht, weil man erleichtert ist, wenn der hund zurückgekommen ist. ich sage dazu immer das adrenalin muß noch abgebaut werden.

btw. was für einen hund hast du?

tschüß martin & mirko

30. November 1998 11:18

Sali Martin (und danke für die Blumen)

Dieser Hund ist eine Malinois-Hündin (beinahe schmerzunempfindlich wenn im Beuterausch, extrem niedrige Reizschwelle fürs Jagen, schlecht sozialisiert etc.). Ich würde meine Antwort aber nur wegen der Erfahrungen mit ihr nie publizieren. Sie ist nur ein Paradebeispiel für ein solches Vorgehen. Ich kenne persönlich Beispiele, wo das so klappt (z.B. auch fürs Autojagen). Zudem wurde diese Form des Appells für Distanzkontrolle und u.a. auch zur Eindämmung der Jagdleidenschaft in diversen Artikeln der Nordamerikanischen "Clicker-Leute" publiziert (http://www.teleport.com/~helix/Keeper/, Helix Fairweather's Keeper Page).

Da ich ein Gegner der aversiven Methoden bin (bedingte Aversion = erlerntes Meideverhalten, z.B. mit Wurfketten, langen Leinen, Teletakt etc.) empfehle ich zwingend solche "Umdenktrainings". Meine Abneigung gegen Aversionsmethoden hat sich übrigens wegen vieler praktischer Erfahrungen entwickelt. Ich habe sie früher selbst angewandt und empfohlen. Ich bin heute der Überzeugung, dass sie vor allem für Labortests taugen.

Bis bald auf diesen Seiten

Roswitha