Hallo Rolf,
ich habe 2 Videos von Lind und 3 Bücher und habe ihn auch mal live gesehen.
Meine Meinung dazu ist folgende: erstens (wie die anderen "Yorkies" schon sagten), eignet es sich nur für Hunde, die sehr gern spielen und so "verrückt" nach ihren Spielzeug sind, daß sie später in einer Prüfung auch 1/4 Stunde begeistert mitlaufen würden, ohen den Ball ein einziges Mal zu sehen. Manche Hunde kann man so uafbauen, bei anderen halte ich es für kaum möglich. Ich finde es bezeichnend, daß in Linds 2. Video und auch in seinem neuen Buch fast nur seine eigenen (Schäfer-)Hunde zu sehen sind.
Zweitens: ich glaube, daß seine Methode so gut funktioniert (bei den Hunden, bei denen sie denn funktioniert), gerade weil er in Stimme und Körpersprache sehr viele konditionierte Verstärker benutzt, z.B. ruckartige Bewegungen, die das Spiel auslösen und die dann ähnlich wie ein Clicker in dem Moment kommen, wo der Hund etwas gut macht (z.B. Hund setzt sich auf Körpersprache hin - Mensch ruft Jipi und beginnt Spiel mit viel Bewegung).
Drittens: ich bin ziemlich sicher, daß Lind nicht genau weiß, warum seine Methode funktioniert bzw. daß er glaubt, daß sie aus anderen Gründen funktioniert als sie es tatsächlich tut. Lind lehnt nämlich operante Konditionierung ab, was sowieso immer etwas ulkig ist, denn operante Konditionierung findet ja nun mal dauernd statt, egal wie ich persönlich das finde. Es ist also etwa so, als wolle man die Schwerkraft ablehnen.
Vor ein paar Monaten war jedenfalls eine Artikelserie von ihm in der dhv-Zeitschrift. Eine Passage daraus ging so: seine, Linds Methode, wäre viel besser als operante Konditionierung. Er habe dazu folgende Versuche angestellt: einmal wurden Hunde auf dem Spaziergang öfter mal gerufen und wenn sie dann kamen, dafür belohnt. Das nannte Lind "operante Konditionierung" - in meinen Augen ist es allerdings nur ein Verstärken der Reaktion auf ein bereits antrainiertes Signal. Er stellte denn auch nichts weiter fest als daß diese Hunde zwar besser auf Ruf kommen, sich aber sonst nicht mehr um ihre Menschen kümmern als bisher. Logisch, denke ich - vielleicht läuft der Hund sogar voraus und guckt vom Menschen weg, in der Hoffnung, dann wieder gerufen zu werden, was eine Chance auf Belohnung bedeutet. (Was hieße, daß die stets stattfindende operante Konditionierung hier so wirkt, daß der Hund sich weniger zum Menschen hinwendet).
Bei anderen Hunden wandte man Linds Methode, nämlich das sogenannte "syntone" (statt "monotone"
Spazierengehen an, laut Lind etwas ganz anderes als diese gräßliche seelenlose operante Konditionierung: der Mensch soll dabei auf den Hund reagieren und etwas gemeinsam mit ihm tun. Wie läuft das genau ab? Wenn der Hund sich für etwas interessiert (Mauselöcher am Wegesrand o.ä.), zeigt der Mensch auch Interesse dafür. Wenn der Hund sich dem Menschen zuwendet, übersieht dieser das nicht einfach, sondern reagiert darauf mit einer einladenden Geste, einem Spielangebot oder ähnlichem.
Folge dieses "syntonen" Spazierengehens: der Hund wendet sich öfter dem Menschen zu. Klaro, finde ich: er wird ja auch durch Aufmerksamkeit oder Spiel dafür belohnt (verstärkt), daß er sich von selbst dem Menschen zu wendet, also wird er das auch häufiger tun. Gerade das ist nach meinem Verständnis operante Konditionierung: ich verstärke ein bestimmtes Verhalten, das der Hund von sich aus zeigt, indem ich darauf etwas positives (hier: Interesse, Spiel...) folgen lasse. Fazit: der Mann weiß offenbar gar nicht so genau, was er da tut.
Sehr eigenartig finde ich auch seine "passiven Einwirkungen" in Form von Leitzäunen, Gerten, Bögen usw., die dazu dienen sollen, daß der Hund lernt, eng bei Fuß zu gehen, gerade vor- und bei Fuß zu sitzen, Kontaktzonen zu betreten usw. Das verkauft er als völlig neue und revolutionäre Idee, dabei ist das doch ein alter Hut und hat viele Nachteile und Einschränkungen. Es ist doch total öde, sowas durch Wiederholung und Gewöhnung reinzupauken, wenn Hunde sowas viel schneller direkt kapieren. Und außerdem kann es sehr gut sein, daß "das enge und gerade" nicht mehr klappt, sobald der Zaun weg ist. Jedenfalls kenne ich niemanden, der noch ernsthaft im Agility Bögen verwendet, unter denen der Hund vor der Kontaktzone durchschlüpfen muß. Hat sich wohl nicht bewährt... Und außerdem werden diese ganzen Zäune usw. vermutlich dazu führen, daß der Hund die Übungen stark mit den Zäunen usw. verbindet oder mit dem Hundeplatz, auf dem das ganze Zeugs aufgebaut ist. Dann muß man dies alles später mühsam wieder "ausschleichen". Scheint mir also ein ganz schöner Umweg.
Aber ansonsten ist es ja okay: es ist sicherlich Hundefreundlicher als das übliche Zeugs, funktioniert (jedenfalls bei bestimmten Hunden) und macht Spaß (jedenfalls wenn man's mag). Und er gibt ja ganz gute Anregungen, wie man das Spiel mit dem Hund interessanter für beide Teile machen kann.
Ich persönlich spiele aber lieber in Trainingspausen oder zu anderen Zeiten mit meinen Hundis, weil ich a) so faul bin, b) meine Hunde Linds Spielmethoden nur sehr bedingt mögen, sie c) finden , daß Clickertraining das tollste Spiel der Welt ist und d) ich finde, daß allzuviel "aufdrehen" im Spiel der Konzentration des Hundes auch wieder schaden kann.
Somit frohe Ostern allerseits,
Sabine