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Hunde clickern nicht .?!

geschrieben von andreas(YCH) 
Hunde clickern nicht .?!
27. April 2000 06:38

Soweit man Forschern Glauben schenken kann und soweit die eigenen Augen nicht trügen, scheint unter Hunden keine auf die Duchführung einzelner erwünschter Verhaltensweisen gerichtete positive Bestärkung stattzufinden. Wenn innerartliche Interaktion im wesentlichen geschieht in Form von Ignorieren, Disziplinieren und Beschwichtigen, ist dann die postive Bestärkung die Krücke die wir benötigen, weil wir weder in der Lage sind, immer und zeitgenau zu disziplinieren, uns die Vielfalt und Feinheit der Kommunikationsmöglichkeiten fehlt und wir es uns in Anbetracht unserer Lebensumstände auch nicht erlauben können zu Ignorieren?

Schreibt mal was, würde mich interessieren, auch wenn es nicht um eine Clickeranleitung geht.

Viele Grüße,

andreas

27. April 2000 09:24

Grüß Dich Andreas,

: Soweit man Forschern Glauben schenken kann und soweit die eigenen Augen nicht trügen, scheint unter Hunden keine auf die Duchführung einzelner erwünschter Verhaltensweisen gerichtete positive Bestärkung stattzufinden.

Das liest man oft. Ich stelle diesen punkt gern in frage. wir wissen ja nicht, wodurch hunde unter sich bestärkt werden können. Nur dann wären wir sicher, richtig beobachten zu können. Auch die kommunikativen displays, die zu einem angenehmen zusammenleben führen, werden von hunden (und menschen) operant gelernt. Das kann durchaus einer zeitlich begrenzten lernphase unterliegen.

:Wenn innerartliche Interaktion im wesentlichen geschieht in Form von Ignorieren, Disziplinieren und Beschwichtigen,

Das ist das, was wir am einfachsten erkennen.

: ist dann die postive Bestärkung die Krücke die wir benötigen, weil wir weder in der Lage sind, immer und zeitgenau zu disziplinieren, uns die Vielfalt und Feinheit der Kommunikationsmöglichkeiten fehlt und wir es uns in Anbetracht unserer Lebensumstände auch nicht erlauben können zu Ignorieren?

Ich habe definitiv beobachtungen im zusammenleben mit Mirko gemacht, in der die kommunikation so läuft, dass ich probiere und er "bestärkt". Das ist dann immer die ausführung einer gemeinsamen aktion (in diesem falle aus dem jagdverhalten). Im übrigen ignoriert er meine "fehlversuche" mit stoischer ruhe.

Auch beobachtungen, dass ein hund auf den blick eines überlegenen den platz räumt und sich weiter weg wieder niederlässt, könnte man so deuten:
Blick (+...) ist signal geworden, das eine entscheidung verlangt. Die entscheidung aufzustehen und sich entfernter hinzulegen, wird mit wiedergewonnener sozialer sicherheit und ruhemöglichkeit bestärkt. Die entscheidung, nicht zu reagieren, kann einen konflikt mit aggressiven auseinandersetzungen zur folge haben.

Ob ein hund "bewusst" belohnt, steht auf einem ganz anderen blatt. Auch wir bestärken uns gegenseitig - ich rate einmal - zu 90% unbewusst durch körpersprache.

tschüß Martin & Mirko




27. April 2000 10:10

Hallo Martin,

ich bin leider ein wenig in Eile, weil ich für ein paar Tage verschwinde. Eigentlich sollte ich Dir auf die Schnelle so nicht antworten, aber vielleicht kannst Du noch ein wenig zu Aufklärung beitragen, während ich in der Sonne liege ;-)
:
: : Soweit man Forschern Glauben schenken kann und soweit die eigenen Augen nicht trügen, scheint unter Hunden keine auf die Duchführung einzelner erwünschter Verhaltensweisen gerichtete positive Bestärkung stattzufinden.
:
: Das liest man oft. Ich stelle diesen punkt gern in frage.

Ja, ich weiß, ich habe mich auch bewußt vorsichtig ausgedrückt, weil mir diese Thematik anhaltend als Fragestellung im Kopf herumspukt und ich mir keine Beantwortung anmaßen kann.

:wir wissen ja nicht, wodurch hunde unter sich bestärkt werden können. Nur dann wären wir sicher, richtig beobachten zu können. Auch die kommunikativen displays, die zu einem angenehmen zusammenleben führen, werden von hunden (und menschen) operant gelernt.

Wobei das operante Lernen ja nicht auf positive Bestärkung beschränkt ist...
:
: Wenn innerartliche Interaktion im wesentlichen geschieht in Form von Ignorieren, Disziplinieren und Beschwichtigen,
:
: Das ist das, was wir am einfachsten erkennen.

Die Betonung lag auf in gewissem Umfang auf "wenn". Sofern der Satz bereits einen falschen Ausgangspunkt beinhaltet, dann führen natürlich auch die Antworten in eine falsche Richtung.

: Ich habe definitiv beobachtungen im zusammenleben mit Mirko gemacht, in der die kommunikation so läuft, dass ich probiere und er "bestärkt". Das ist dann immer die ausführung einer gemeinsamen aktion (in diesem falle aus dem jagdverhalten). Im übrigen ignoriert er meine "fehlversuche" mit stoischer ruhe.

Warum fällt mir das erst jetzt auf, wo Du es erwähnst? Gerade im Hinblick auf gemeinsame Jagd kann ich dieselbe Feststellung treffen.
:
: Auch beobachtungen, dass ein hund auf den blick eines überlegenen den platz räumt und sich weiter weg wieder niederlässt, könnte man so deuten:
: Blick (+...) ist signal geworden, das eine entscheidung verlangt. Die entscheidung aufzustehen und sich entfernter hinzulegen, wird mit wiedergewonnener sozialer sicherheit und ruhemöglichkeit bestärkt. Die entscheidung, nicht zu reagieren, kann einen konflikt mit aggressiven auseinandersetzungen zur folge haben.

Hier setzt meine eigentlich Frage an: wo ist hier die Grenze zwischen einer aktiven Bestärkung und dem Ausbleiben eines ansonsten in Aussicht gestellten Übels. Dies erscheint mir sehr fliessend.
:
: Ob ein hund "bewusst" belohnt, steht auf einem ganz anderen blatt. Auch wir bestärken uns gegenseitig - ich rate einmal - zu 90% unbewusst durch körpersprache.

Schön dass Du das ansprichst. Ich bin oft verwundert, dass das Augenmerk im Hinblick auf Kommunikation einzig auf die paar Minuten gemeinsamen Übens reduziert wird und unbeachtet bleibt, dass wir eigentlich den ganzen Tag kommunizieren, ob bewußt oder unbewußt, und ob mit Hund oder unseresgleichen.
:
Viele Grüße,

andreas

27. April 2000 20:22

Hallo Andreas,

ich denke nicht, dass unter Hunden die Notwendigkeit der Bestärkung einzelner Verhaltensweisen überhaupt existiert! Was sinde erwünschte Verhaltensweisen aus der Sicht des Hundes? Etwa der Verzicht darauf, Beute zu greifen? Oder den Mülleimer leerzuräumen?

Mir gefällt deine Aufzählung Ignorieren, Disziplinieren und Beschwichtigen nicht so gut.
Ignorieren und Beschwichtigen sind Rituale der sozialen Interaktion, deren ständige Wiederholung den jeweiligen sozialen Status oberhalb-unterhalb bestätigen soll. Das soziale Gefälle wird sozusagen ritualisiert bestätigt , da es die Vorraussetzungen für ein harmonisches Zusammenleben, für erfolgreiche Jagd, für soziales Spiel erst schafft.

Disziplinierung hingegen kommt auf dieser Ebene eine ganz andere Bedeutung zu.
Sie ist sozusagen nur der Notnagel für den Fall, dass die Kommunikation nicht funktioniert hat. Disziplinierung ist ohnehin eine recht menschliche Erfindung.
Meiner Erfahrung nach ist das Disziplinieren unter Hunden, vom Schnauzgriff (der aber auch hier ritualisierte, sozusagen symbolische Bedeutung hat) mal abgesehen, kein Bestandteil der sozialen Interaktion in dem Sinne, wie es Beschwichtigen und Ignorieren sind.

Was uns, den Haltern oft fehlt, ist nicht die Unfähigkeit, zeitgenau zu disziplinieren, sondern das Unvermögen, in unserer alltäglichen Kommunikation mit dem Hund unseren Sozialstatus so zu festigen, dass es gar nicht erst zu „Disziplinierungsmassnahmen“ kommen muss.


Viele Grüsse


Almut,
Brutus und Emily

28. April 2000 06:05

Hallo!

: Meiner Erfahrung nach ist das Disziplinieren unter Hunden, vom Schnauzgriff (der aber auch hier ritualisierte, sozusagen symbolische Bedeutung hat) mal abgesehen, kein Bestandteil der sozialen Interaktion in dem Sinne, wie es Beschwichtigen und Ignorieren sind.

Soziale Interaktion bedeutet doch nicht automatisch, daß diese positiv getönt sein muß. Unter welchem Funktionskreis würdest Du denn disziplinieren denn sonst einordnen???

Liebe Grüße
Petra


28. April 2000 19:21


: Soziale Interaktion bedeutet doch nicht automatisch, daß diese positiv getönt sein muß. Unter welchem Funktionskreis würdest Du denn disziplinieren denn sonst einordnen???
:
: Liebe Grüße
: Petra


Hallo Petra,


Natürlich muss soziale Interaktion nicht unbedingt positiv gefärbt sein, habe ich auch nicht behauptet. Soziale Interaktion bedeutet eben gerade nicht affirmatives „Umeinanderherschwänzeln“.
Ignorieren ist zum Beispiel unter Hunden durchaus nichts positives und wird als hemmendes Signal aufgefasst, das beim Gegenüber in der Regel geradezu reflexartig Beschwichtigung auslöst.
Ignoriert zum Beispiel beim ersten Kontakt der selbstbewusste Hund A den weniger selbstbewussten Hund B, so zeigt sich B verunsichert (geduckte Körperhaltung, Meideverhalten).
Ignorieren zeigt unter Hunden, die zusammen leben oder sich gut kennen, den hohen Sozialstatus des Ignoranten an und bekräftigt diesen. Der beschwichtigende, sich mit Spielaufforderungen bemühende Hund demonstriert soziale Unterlegenheit. Hierbei kommt Hund A meiner Erfahrung nach selten in die Verlegenheit, Disziplinieren zu müssen. (Z.B. kommt Hund B nur einmal in seinem Leben auf die Idee, Hund A das Futter streitig machen zu wollen). Hund B gibt ihm kaum Gelegenheit dazu, da er die Spielregeln gelernt hat.
Kommt es dennoch mal zu einer Kompetenzüberschreitung, so diszipliniert Hund A schon, nur kommt dies im Gegensatz zu den anderen beiden Verhaltensweisen, nämlich Ignorieren und Beschwichtigen, nur in Ausnahmesituationen vor, und eben nicht als tägliche Routine.
Im übrigen ändert dies alles nichts an der Tatsache, dass Hunde sich allem Anschein nach nicht gegenseitig für „Wohlverhalten“ situativ bestätigen oder massregeln.
Ausserdem glaube ich nicht, dass man hundliches Verhalten so sauber in Funktionskreise einteilen kann, wie Günther Bloch das getan hat.



Viele Grüsse


Almut,
Aby und Emily