Hallo Almut,
: Arterhaltung meine ich insofern, als der Expansionsdrang des Individuums sicherstellt, dass alle Stellen im Sozialverband fest besetzt werden, um seine Funktionsfähigkeit zu gewährleisten.
Ich muß zugeben, daß ich mich mit dem "Expansionsdrang" echt schwer tue. Wäre das so, würde es imo eben *keine* stabile Sozialstruktur geben. Aber da kann man sich bestimmt lange drüber streiten...an dieser Stelle, das gebe ich gerne zu, vertrete ich eine *Meinung* - keine Erkenntnis.
: Insofern verleiht die Begrenzung seiner Freiräume dem Individuum vielleicht auch Vorteile, z. B. den unteren Platz im Sozialverband mit den entsprechenden Entlastungen von Aufgaben wie Rudelverteidigung einnehmen zu dürfen.
Du sagst es an dieser Stelle selbst. Ich halte es lieber so, von Gruppenverhalten im weitesten Sinne zu sprechen und entziehe mich einer Wertung :-) Das Problem liegt für mich darin, daß man bei Deiner Argumentation zwangsläufig auf eine eigenständige Motivation zur Verbesserung der sozialen Stellung kommt. Die ist aber meines Wissens nicht bewiesen und wird auch nicht ernsthaft in Erwägung gezogen (so eine Art "Dominanztrieb" *g*)
: Sicherlich keine Instinkthandlung im Sinne der Zitzensuche, aber als komplexes Verhalten erscheint es uns nur, die Motivation zur Expansion bleibt aber dieselbe.
Siehe oben. Es gibt meines Wissens keinen isoliert zu sehenden "Trieb" zur Expansion.
: Nehmen wir mal die sogenannte Individualdistanz, auch eine Art Freiraum. Die notfalls durch Aggression eingeklagte Individualdistanz demonstriert einen hohen sozialen Rang.
Es gibt Forscher, die bezeichnen das Phänomen der Individualdistanz als sog. "Moving Territory". Mir leuchtet das sehr ein. Die Individualdistanz wird auch von rangniedrigen Tieren u.U. vehement verteidigt.
: Wenn mich ein Mensch bedroht, so kann ich ihm
: ans Knie treten,
- aggressives Verhalten
:die FAZ um die Ohren schlagen,
- aggressives Verhalten
:meinen Hund loslassen
- in meinem Fall käme das neutralem Verhalten gleich
der eine Opernarie trällern,
- wäre in meinem Fall wohl auch als aggressives Verhalten zu werten *g*
: Wieviele Optionen hat dagegen Rüde B, dem ein Rüde A drohfixierend und steifbeinig gegenübertritt, im Vergleich dazu?
Nur die, die mir auf die schnelle einfallen:
Im Gras schnüffeln, wegsehen, auch drohen, ignorieren, sofort angreifen, pinkeln, scharren, zu meinem Menschen laufen, zu meinem Rudelpartner sehen, Flucht, auf den Rücken schmeißen, Ohren anlegen, markieren, knurren - aber die Ohren anlegen, .......... to be continued
: Und wieviele Optionen hat Rüde A in seinem Sozialverhalten noch, wenn er dieses Verhalten 5 bis zehnmal erfolgreich wiederholt hat, bei der nächsten Rüdenbegegnung (mir fällt gerade kein anderes Beispiel ein)?
Die Optionen hat er immer noch. Nur, er entscheidet sich häufig für die als erfolgreich bekannte Strategie *g*
:Ich dachte immer, die Operante Konditionierung funktioniert, ob wir dies wollen, oder nicht?!
Nun ja, im Moment gibt es keine bessere Theorie.
: Ich denke, ein Hund, der eine Kommunikation beginnt, hat eine überschaubare Anzahl von Möglichkeiten. Er kann distanzvermindernde oder distanzerhöhende Signale mittels Display und Körpersprache aussenden, aber mit der FAZ wedeln wird er nicht können.
Mein Hund könnte das *g*. Übrigens ein schönes Beispiel: Der Hund meiner Frau tut das sogar sehr gerne. Er beginnt die Kommunikation mit fremden und auch bekannten Menschen, indem er etwas herbeiträgt. Zuweilen ist das auch eine Zeitung *g*. Aber Du hast natürlich Recht. Ein Mensch hat sehr viel Ausdrucksmöglichkeiten - aber im Grunde lassen sich diese den drei von Dir genannten *Bereichen* zuordnen: Aggression, soziopositive Reaktion, neutrale Reaktion.
: Ach ja, und wer hat doch gleich das Prinzip der Arterhaltung abgeschafft, - oder habe ich da was verschlafen?
Sorry....da hast Du nun wirklich was verschlafen...ich zitiere mal kurz aus "Einfühurng in die Verhaltensforschung"; Immelmann, Pröve, Sossinka - Blackwell Wissenschaft, 4. Auflage, 1996
S. 162 ff.
"Als Folge dieser Überlegungen [gemeint ist die Soziobiologie] hat sich in der Verhaltensforschung ein Paradigmenwechsel (Paradigma=Denkmuster gem. aktuellem Weltbild) vollzogen. Frühere Grundaussagen besonders bezüglich des Sozialverhaltens sind als wenig haltbar erkannt und durch neue Kernsätze ersetzt worden"....."So war für die Ethologen der Mitte dieses Jahrhunderts das *Prinzip der Arterhaltung* ein wesentlicher Grundatz bei der Erklärung vieler Beobachtungen"......im folgenden wird das Ganze erläutert - zu lang zum abtippen :-)
weitere Literaturempfehlungen zum Thema:
Dawkins, Richard: Das egoistische Gen, Rowolth Taschenbuch Verlag 1996
Neumann , G.H. & Scharf, K.H. : Verhaltensbiologie in Forschung und Unterricht, Aulis Verlag Deubner, 1999
Zippelius, Hanna-Maria: Die vermessene Theorie, Vieweg, 1992
Krebs John R. & Davies, Nicholas B. : Einführung in die Verhaltensökologie, Blackwell Wissenschaft, 1996
Ciao
Rolf und Barney