Fahrradfahren
22. Mai 2000 18:27

Hallo,
Ich möchte gerne mit meiner Dobi-Hündin Fahrradtouren unternehmen, habe aber das Problem, daß sie immer ziehen will. Ich möchte aber,wenn sie denn schon mal an der Leine sein muß (meistens darf sie frei laufen) locker neben dem Rad läuft. Wie kann ich Ihr das mit clicker beibringen? Das gleiche Problem habe ich übrigens auch zu Fuß, ich habe es mit ständigem stehenbleiben bei Zug probiert, Leine locker dann C+B, hat aber nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Vielleicht habe ich auch etwas falsch gemacht. Könnt ihr mir das nochmal erklären oder einen anderen Lösungsweg aufzeigen? Akira ist übrigens SEHR temperamentvoll und übermütig, wenn es nach draußen geht, würde auch gerne wieder Hundesport mit ihr machen, habe aber kein Auto und der Hundeplatz ist zu weit weg, vielleicht liest ja jemand aus Lübeck diese Meldung und man könnte sich mal trefen und gemeinsam üben.

Vielen Dank
Merle und Akira


23. Mai 2000 22:58

Hallo Merle,

Dein Problem kenne ich von meinen Settern zur Genüge. Dank
konsequenter Erziehung mit dem Clicker habe ich heute einen
Rüden, der wunderschön am Fahrrad mitläuft. Ich halte die
Leine locker in der rechten Hand und halte mit dieser Hand
auch den Lenker!!! Die linke Hand steckt in der Hosentasche!
Mein Setterchen läuft gleichmäßig wie ein Uhrwerk nebenher,
die Leine hängt locker durch, wenn es sein muß 10 km ohne
einmal zu ziehen. Davon habe ich früher nur geträumt.



Ich will Dir schildern, wie wir das auf die Reihe
gekriegt haben:

Fahrrad fahren und dabei zu clickern ist nicht einfach,
weil man vom Fahrrad aus schlecht Leckerchen verabreichen kann.
Also habe ich zunächst konsequent *ohne* Fahrrad das
"bei Fuß gehen" geübt.

Ich will vorausschicken, dass ich schon lange mit dem
Clicker arbeite und mein Setterchen auch. Das ist wichtig,
denn was ich hier beschreibe, ist nicht unbedingt eine Übung
für zwei Clickerneulinge.


Also ---, wir übten *ohne* Fahrrad das "bei Fuß gehen".

Hund an der Leine, Leine locker, normales Lederhalsband,
kein Würger. Wir marschieren geradeaus.

Ayko prellt vor, ich kommentiere sofort mit einem
neutralen "falsch" und drossle gleichzeitig mein Gehtempo.

Daraufhin muß Ayko zwangsläufig auch langsamer werden.
Ich warte jetzt genau auf den Moment, wo die Leine wieder
locker durchhängt. In dem Moment gehe ich wieder schneller.
Ayko geht nun als Folge dieses exakt getimten Manövers
wieder sauber neben mir und dafür gibt es

ein "Click" und ein Leckerchen.
( C&B )

Bald lernt der Hund, bei "falsch" langsamer zu gehen
und ich brauche mein eigenes Tempo nicht mehr zu variieren,
kann also gleichmäßig durchlaufen.

Das haben wir bis zur Perfektion mit großer
Geduld unter Beachtung aller Regeln des Clicker-
trainings geübt, bis Ayko von sich aus ohne
Leinenzerren mit locker durchhängender Leine
neben mir herlief.

Bei einem Setter ist das ein hartes Stück Arbeit und
erfordert sehr, sehr viel Geduld. :-))))) Es existiert
unter Setterleuten der (dumme) Spruch:

"Ein Setter, der Fuß geht ist kein Setter."



Wenn diese Methode keinen Erfolg bringt, dann würde ich
am besten von einem erfahrenen Clickerer mein Timing
begutachten lassen. Sehr oft stellt sich der Erfolg nämlich
deshalb nicht ein, weil das Timing nicht stimmt. Sowohl
der "Click", als auch das neutrale Wort "falsch" müssen
genau zum richtigen Zeitpunkt kommen und zwar mit
äußerster Konsequenz!!!


Stellt sich aber der Erfolg ein und ich bemerke, dass mein
Hund nun von sich die exakte "Fuß-Position" aufsucht
und dann auch kurz beibehält, dann muß ich unbedingt auf
variable Belohnung übergehen.

Variable Belohnung siehe unter:

/clicker/click1/index.cgi?seite=32



Soviel zum "Bei Fuß gehen" ohne Fahrrad.
Habe ich dieses Ziel erreicht, dann geht´s weiter:


Nun übertrage ich das "Bei Fuß gehen" auf das Fahrrad.
Beim Fahrrad brauchte ich übrigens den Clicker nicht,
es genügten bei uns die beiden Worte "Falsch" und "Brav".
Ayko wußte ja vom Fussgehen schon, wie die Sache läuft:

"Wenn ich ziehe, dann wird´s langsamer, laufe
ich exakt bei Fuss, dann ist Herrchen zufrieden."

Der Übergang vom "bei Fuß gehen" zum Fahrrad
dauerte übrigens nur ein paar Tage. Leckerchen
habe ich beim Üben am Fahrrad nicht gebraucht.

Nebenbei hat Ayko noch das Hörzeichen "Trab"
gelernt. Bei diesem Hörzeichen wechselt er jetzt
vom Galopp in den Trab. Das ist sehr angenehm
beim Radfahren, wenn es plötzlich bergauf geht und
ich deshalb schlagartig langsamer werde.



So lief es bei uns. Jeder Hund ist anders, jeder
Hundeführer ist anders, deshalb kann meine
Beschreibung nur eine Anregung sein.

Aber eines ist wichtig: Man braucht eiserne
Konsequenz, man muß exakt arbeiten, vor allem
was das Timing angeht und last but not least:
Man braucht unter Umständen eine fast
unendliche Geduld. Daran scheitern die meisten.

Bei mir hat sich der Aufwand aber 100%ig
gelohnt. Ich bin fasziniert, wie problemlos
Ayko seither angeleint am Fahrrad mitläuft.

Sehr hilfreich, besonders dann, wenn Deine
Geduld auf eine harte Probe gestellt wird, ist
ein fundiertes Wissen über die Mechanismen der
Auslöschung eines unerwünschten Verhaltens
(hier in unserem Fall das Ziehen an der Leine).
Wenn Du das Clickerbuch von Birgit Laser hast,
dann empfehle ich Dir die Lektüre des Kapitels:
"Unerwünschtes Verhalten abtrainieren" (Seite
63 ff). Mit dem dort vermittelten Wissen, gelingt
es Dir leichter lange, quälende Durststrecken mit
scheinbar unerklärlichen Rückfällen besser zu
überstehen.

Berichte doch mal, wie es bei Euch weitergeht.
Das würde mich sehr interessieren!!!

Viele Grüße
aus dem Wilden Südwesten
Reinhold + Ayko


27. Mai 2000 16:06

Hallo,
ersteinmal vielen Dank für Deinen Brief, leider werde ich Deine Tips in nächster Zeit nicht ausprobieren können. Gestern ist Akira in eine abgebrochene Bierflasche gerannt und hat sich an der Hinterhand bis auf den Knochen alles kaputtgeschnitten, eine dreistündige OP und mindestens drei Wochen Gips sind die Folgen. Es geht ihr aber relativ gut, ich verstehe die Menschen einfach nicht, wieso müssen sie ihren Müll überall in der Natur verstreuen. Hier noch eine kuze Warnung an alle Lübecker u.U. :GEHT MIT EUREN HUNDEN NICHT IN HERRNBURG BEIM FLOHMARKTPLATZ SPAZIEREN! Auch wenn mann dort immer nette Hunde trifft, es ist es nicht wert, zumal mein Hund nicht der erste ist, der sich dort verletzt hat.

Tschüß
Merle und ihr "Dreibein" Akira