Anspringen - wie abgewoehnen?
25. Juli 2000 22:18

Hallo Reinhold,

Verärgerung war nicht meine Absicht, wenn ich sie auch nach lesen Deines Beitrages nachvollziehen kann.

: Wie kommst du nur auf die Idee, ich würde empfehlen mit
: Fremden zu trainieren??

Dazu mal Deine Textpassage, der ich nach wie vor nicht klar entnehmen kann, ob Du nun Übungsperson einer Trainingssituation bist oder Dir unterwegs ein fremder Hund begegnet ist:

Es gibt auch andere Wege, einem Hund das Anspringen
fremder Personen abzugewöhnen, als ihn mit Wasser zu
erschrecken und ich würde es hier nicht schreiben, wenn
ich diese andere Methode nicht selbst vor Kurzem erst
wieder einmal mit rasantem Erfolg ausprobiert hätte.
Es funktioniert ! Es hat schon immer funktioniert.

Und es ist ganz einfach:

Ein ca. 8 monatiger Mischlingsrüde kommt auf mich zu
und springt an mir hoch. Er ist riesengroß und überragt
mich fast. Aber es ist unverkennbar eine freundliche
Begegnung. Ich bleibe stocksteif stehen, wende nur das
Gesicht von ihm ab und warte bis sein Freudentaumel
vorbei ist. Es dauert keine 5 Sekunden, da berühren
seine beiden Vorderpfoten wieder die Straße und sofort
sage ich "Sitz" zu ihm. Er setzt sich, ich streichle
ihn sofort und ich gebe ihm ein Leckerchen aus der
Hosentasche. Er steht auf, ich sage "Sitz", er setzt
sich wieder und bekommt wieder ein Leckerchen usw. usw.

Dieses einfache und harmlose Spielchen habe ich noch ein
einziges Mal wiederholen müssen, dann wußte der Mischlings-
rüde Bescheid, wie er mir zu begegnen hat. Jetzt springt
er mich nicht mehr an. Er setzt sich brav vor mich hin
wenn er mir begegnet.

Das war´s schon. Einfach faszinierend. Man muss das selber
einmal erleben. Dann denkt man nie mehr an Wasserpistolen.

Was hat der Hund von mir gelernt ?
Er hat gelernt, dass man bei Fremden mitunter Erfolg
hat, wenn man sich artig vor sie hinsetzt. Er hat auch
bei mir gelernt, dass Anspringen überhaupt keinen
Erfolg bringt.

Wie sieht es aus mit einem Hund, für den es unverkennbar keine freundliche Begegnung ist und der zupackt?
:
: Clickertraining geht einen anderen Weg. Den habe ich geschildert.
: Und im vorliegenden Fall komme ich damit sehr gut zurecht, wirklich
: ohne Abbruch. Ich halte meinen Weg für den Besseren, denn ich kann
: vergleichen. Auch beim Jagen komme ich zurecht, ohne Abbruch.
: Auch hier kann ich vergleichen.

Ja, beim Thema Jagen hattest Du mir mal geantwortet, dass Du deinen Hund bereits dann anleinst, wenn Du mit einer zweiten Person spazieren gehst. Was ist denn da das Anleinen? Nichts anderes als die Möglichkeit, den Hund stoppen zu können. Ob ich den Hund nun mittels verbalem Abbruch , mit disc oder Kette stoppe oder ihn anbinde und ihn damit auf mechanische Weise von unerwünschtem Tun abhalte läuft doch auf dasselbe hinaus. Ich will verhindern, dass der Hund bestimmtem Tun nachgeht, das er nun einmal -noch- zeigt.

Ich höre aus Deinen Zeilen immer heraus, dass Du einzig mittels ignorieren/positivem Bestärken zum Erfolg kommst? Verstehe ich Dich nun falsch oder meinst Du das tatsächlich uneingeschränkt? Ich kann Dir bestimmt eine Reihe von Hunden nennen, die Du heute ignorierst und die daraufhin vielleicht beim Anspringen von Dir ablassen, die aber 100 % den Nächstbesten, der das Grundstück/die Wohnung betritt wieder angehen.
:
: Hast du das Ignorieren eines unerwünschten Verhaltens überhaupt schon
: einmal konsequent ausprobiert???

Habe ich selbst bereits genau wie von Dir genannt an völlig fremden Hunden mit Erfolg ausprobiert, ebenso wie es in anderen Konstellationen erfolglos war. Wobei das von Dir genannte Beispiel mit dem hochsteigenden Hund zumindest dazu führt, dass ich mir die Kleidung versaue.

Anderes Beispiel: Hund wütet im Auto bei jedem sich näherndem Fremden, insbesondere einsteigenden Personen. Konsequentes Ignorieren ohne jede Beachtung dieses Verhaltens über 2-3 Woche hinweg hat de facto nicht dazu geführt, dass das Verhalten unterblieben ist.

Nächster Versuch: Ignorieren des aggressiven Verhaltens und clicken und belohnen der seltenen Momente, ebenfalls ca. drei Wochen, in den Hund ruhig bleibt. Ergebnis: Hund fährt nach Gutdünken weiter hoch, wenn Fremde dem Auto zu nahe kommen.

Abschließender Versuch: Bei jedem Toben fliegt wortlos ein Schwamm nach hinten ins Auto. Bei jedem Ruhigbleiben wird geclickt. Ergebnis: Nach nicht einmal einer Woche ist Ruhe im Wagen.
:
: : Wenn der Mastiff, den ich ab und an aus dem Tierheim spazierenführt
: : die Leute in ekelhafter Weise vollsabbert, weil er nicht Distanz wahrt, finden die das nicht lustig.
:
: Dann bring ihm ein zuverlässiges "Sitz" bei und leine ihn an, bevor das Malheur passiert.

Erneut ein gutes Beispiel. Wozu dient denn das Anleinen? Dazu, dem Hund die Möglichkeit zu nehmen, ein unerwünschtes Verhalten ausleben zu können. Du kommst doch gerade nicht ohne die Möglichkeit aus, den Hund im Notfall stoppen zu können. Du tust es nur dergestalt, dass Du ihn anbindest, was den Vorteil hat, dass aufgrund der zwangsdefinierten Grenze die Wahrscheinlichkeit des Fehlverhaltens im Gegensatz zur Wasserpistole, disc oder Abbruch genommen ist.

: Mein Rat war, es gar nicht zur Aggression kommen zu lassen.

Und mir ging es darum, dass nicht der Eindruck entsteht, jeglichem unerwünschten Tun alleine mit einem ignorieren und anschließendem positiven Bestärken einer Alternativhandlung begegnen zu können.
Ich weiss nicht ob ich der einzige bin, dem das so geht ob es auch bei anderen so rüberkommt.

Du magst das so sehen. Viele, die zeitlebens mit einer stattlichen Anzahl von Vierbeinern zu tun hatten und haben sehen das so, wie es beispielsweise der Günther Bloch formuliert hat:

"Bei aller Begeisterung für positive Bestärkungssignale, die es auszuschöpfen gilt, MUSS Hundeerziehung ohne jegliche Notwendigkeit zur negativen Einwirkung als Illusion bezeichnet werden!"

Oder um ihn noch allgemeiner zu zitieren:

"DIE Hundeerziehungsmethode ist eine Illusion"

:Und vergiss nicht, Conny hat ihre
: Frage in einem Clickerforum gestellt.

Und weil eine Frage in einem Clickerforum gestellt wird, verbietet sich per se die Antwort, dass man nicht jeden Fall nicht primär oder alleine mittels Clicker angehen würde?

Ach ja eins noch zum Abschluß:

Eine ganze Reihe von Leuten reden sich sehr lange ein, dass Hund sich ja nur freut und neugierig ist, nur spielen will etc., wenn er auf andere losspringt. Ob es das wirklich ist, ist eine ganz andere Frage und wohl nur zu beantworten, wenn man den Hund selbst in Aktion sieht.

Viele Grüße,

andreas

26. Juli 2000 00:57

Hallo Carola,

du schreibst:

: a): Verhindern des Anspringens(aus meiner Sicht ein
: inakzeptables Verhalten , egal aus welchen Motiven
: des Hundes). Ein junger Hund muß einfach lernen,
: daß es unvorteilhaft ist, seine Vorderbeine gen fremden
: oder bekannten Menschen zu bewegen. Punkt.

Genau das leistet die von mir beschriebene Methode.
Unvorteilhaft, heißt, das man damit keinen Vorteil erreicht.
Ignorieren genügt, um das zu vermitteln.

: Da sehe ich keine Möglichkeit und vor allem keinen
: Sinn in einer Langzeit"therapie".

Und wer redet von Langzeit-Therapie?
Lies bitte nochmals meinen Beitrag vom 24.07.2000 04:54
Das war eine extreme Kurzzeittherapie.
Deshalb bin ich ja auch so begeistert davon.

: Oder wer will schon dauernd Reinigungsrechnungen bezahlen,
: sich dauerhaft die Ausreden im Freundeskreis anhören,
: warum jetzt gerade keiner mehr zu Besuch kommen will?

Davon war nirgends die Rede. (siehe o.g. Beitrag).
Der erforderliche Helfer zieht sich einen alten Blaumann an,
der kommt dann gelegentlich wieder in die Waschmaschine.


: Es stellt sich doch die Frage, ob die Zurechtweisung (hier
: nun mittels Wasserpistole-die ich, wenn überhaupt nur
: persönlich benutzen und nicht fremden Menschen in die
: Hand drücken würde.)tatsächlich als *negativ*
: bewertet oder nicht schlicht und ergreifend als Signal für
: ein Tabu steht, welches künftig nicht überschritten werden sollte.

Ich würde lieber das "Nein" auf diese oder ähnliche Weise konditionieren
Ist aber im vorliegenden Fall sicherlich nicht erforderlich.
Wir diskutieren in einem Clickerforum.
Die Ausgangsfrage war, ob man das Hochspringen mittels Clicker
abgewöhnen kann.
Carola, du kennst die Regeln des Clickertrainings.
Negative Einwirkungen kommen darin nicht vor.


: Da Hunde orts-und objektbezogen lernen, kann es, um bei
: der Pistole zu bleiben, halt dazu führen, daß wirklich alle infrage
: kommenden Personen mal dieses Ding in der Hand benutzen
: müssen, um dann tatsächlich von den Gunstattacken des
: Hundes verschont zu bleiben.

Viel zu umständlich. Bei meiner Methode lernt er auf "Sitz" zu
sitzen, weil Sitzen Erfolg bringt. Das Sitz kann von Anfang an
vom HF kommen. Muss nicht vom Helfer kommen. Kann man
überall und auch überall alleine üben.

: Leider sind wir Zweibeiner bei der Reaktion auf unerwünschtes
: Verhalten unserer Hunde zu langsam(viel zu langsam), zu ungeschickt
: und besonders zu emotional. Dies halte ich wirklich für das größte
: Handicap im Zusammenleben beider Species unter heutigen
: Bedingungen, wir und vor allem die Hunde müssen sich damit ihr
: Leben lang plagen. Das mal so nebenbei.

Oh, wie wahr. Weißt du, was mir geholfen hat?
Allein die Erkenntnis, dass ich meinem Hund **nur** mit dem Kopf
überlegen bin. **Nur** im Sinne von ausschließlich.
Also setze ich meinen Grips auch konsequent ein, wenn ich einen
Hund erziehen will und stecke meine Emotionen in die Mülltonne.
Ein guter Hundetrainer plant seine Szenen genauso gut wie ein
guter Regisseur: Mit dem Kopf.

: Wenn wir spazierengehen muss ich auf der Hut sein und sie
: sofort an die Leine nehmen, wenn ein Spaziergaenger, Jogger,
: Radfahrer usw. kommt.

Ich sage "Sitz" und gebe ihm ein Leckerli.
Das Ertragen eines vorbeirauschenden Radlers gehört für
meine brav sitzenden Welpen zum allerersten Lernziel.
"Du bist ein braver Hund, dem hast du aber schön nachgeguckt."
Das üben wir dann auch mit Katzen, Hühnern, Pferden, Kühen, Ziegen,
Joggern, Autos ......

: Es bleibt ein Canide, ein liebenswerter, der absolut klare Prinzipien
: seines Daseins braucht und auch beispielsweise von einem gut
: getimten Wasserstrahl keinen Schaden nimmt ..........

Aus langer Erfahrung sage ich nur: Theorie. Es bleibt in der Praxis
nicht
beim Wasserstrahl. Wenn die Emotionen mitspielen, dann kommt es auch zu
drastischeren Einwirkungen. Es eskaliert einfach. Ich habe schon viele
Junghunde aufschreien hören, als man versuchte ihnen das Hochspringen
emotionsladen auszubleuen. Und warum sind die Emotionen hochgeschossen?
Weil die angewandten Methoden nichts getaugt haben. Einfach dastehen und
ignorieren schürt keine Emotionen, es ist nur spannend. Es hilft cool
zu bleiben.

Ich bin froh, dass es dieses Clickerforum gibt.

Viele Grüße
aus dem Wilden Südwesten
Reinhold + Ayko

26. Juli 2000 01:03

Hallo Carola,

du schreibst:

: Mit Alternativhandlungen allein, wirst Du häufig die "Einstellung" des Hundes
: in Deiner Abwesenheit oder außerhalb Deines Einflußbereiches zu seinen
: "Untaten" nicht unbedingt dauerhaft erfolgreich ändern. Die Betonung liegt
auf
: dauerhaft, siehe Betteln am Tisch.

Das hängt von vielen Faktoren ab. Am besten du ignorierst ein unerwünschtes
Verhalten gleich beim ersten Auftreten und ersetzt es sofort mittels Clicker
durch ein sinnvolles (gut durchdachtes!!!) Alternativ-Verhalten. Dann wird
sich der Hund zeitlebens in vergleichbarer Situation ausschließlich an sein
erfolgreiches Alternativ-Verhalten erinnern.

Warum ????

Der Hund lernt durch Assoziation. Das darf man nie vergessen.
An besonders positive und an besonders negative Erlebnisse erinnert er sich
besonders lange. Setzt du also Tabus, Strafen oder die Wasserpistole ein,
dann wird er sich zeitlebens in entsprechenden Situationen auch daran erinnern
und damit natürlich auch an sein unerwünschtes Verhalten. Selbst dann, wenn
er das Unerwünschte nicht ausführt, bleibt doch die Erinnerung daran vorhanden.
Und irgendwann kommt er mal wieder auf die Idee, es ein klein bischen wenigstens
zu versuchen. Und wehe, deine Wasserpistole ist dann nicht geladen oder du
bist nicht präsent.

Neutrale (erfolglose Versuche, ignorierte Versuche) geraten dagegen
sehr schnell in Vergessenheit.

Betrachte diese Erkenntnis einfach mal als goldenen Schlüssel zum Erfolg !!!

Deshalb, wenn es um dauerhafte Lösungen geht, die auch in deiner Abwesenheit
sicher funktionieren sollen, dann versenke unerwünschtes Verhalten am besten
gleich von Anfang an, ohne jedes große Aufsehen in der Mülltonne und biete
in einer außerordentlich spektakulären Szene ein wirklich gutes
Alternativ-Verhalten an..

!!!! Unerwünschtes ohne großes Aufsehen in die Mülltonne !!!!!

!!!! Erwünschtes sofort spektakulär Bestärken !!!!!
Das ist der springende Punkt.

I g n o r i e n erzeugt überhaupt kein Aufsehen, auch kein kleines.
Ignoriertes Verhalten ist wie ein grauer Regentag
mit gleichmäßigem Landregen.
Man vergisst ihn schnell.

A b b r u c h erzeugt Aufsehen, besonders, wenn er spektakulär war.
Assoziationen werden gebildet. Bleibt im Gedächtnis
haften wie die Erinnerung an ein übles Gewitter.

Und wieder einmal bin ich froh, nach zwanzig Jahren Hundeerziehung
auf das Clickertraining gestoßen zu sein.

In diesem Sinne viele Grüße
aus dem Wilden Südwesten
Reinhold + Ayko


26. Juli 2000 07:10

Hallo Heike,

: Bleiben wir doch einfach mal beim *Anspringen*
: Der Hund tut es u.U., weil:
:
: 1) er sich freut und der Person das Gesicht abschlecken will
: (keine Agrression)

ok.

:
: 2) er sein Revier verteidigen will (aggressiv = angreifend)
: und hier bleibe ich dabei: keine Angst, sondern *natürliches* Verhalten

das sehe ich anders (da lege ich den Angstbegriff etwas weiter aus).
Angst muss ja nicht unbedingt was mit unmittelbar lebensbedrohlichen
Situationen zu tun haben. Wir kennen selbst die Angst vor Prüfungen,
Angst vor dem Verlust liebgewonnener Menschen, Angst vor bestimmten
Situationen, oftmals vollkommen irrational, aber trotzdem kommen
wir selbst mit unserer hohen Intelligenz oftmals nicht dagegen an.
Ganz häufig ist bei Hunden die Angst vor dem Verlust
bestimmter Ressourcen (wird dann oft als Futterneid bezeichnet
oder als Eifersucht oder -- ganz daneben -- als Dominanz).

: 3) aus Unsicherheit/ Angst bei vermeintlicher/tatsächlicher Gefahr
: (Angst - Aggression)

: Es gibt auch etliche Hunde, die ihr Futter verteidigen:
: Futterverteidigung - Aggression ( keine Angst !)

s.o. -- ist eben Ansichtssache.
Beispiel: es gibt zwei Mixhündinnen-Geschwister, die im Welpenalter
immer zu wenig Futter bekamen. Als sie ins Tierheim gelangten, waren
sie total abgemagert. Beide Hündinnen zeigen enormen "Futterneid" und
sind dementsprechend aggressiv, wenn's ums Fressen geht.
Auslöser dafür ist m.E. ganz klar die Angst zu wenig abzubekommen,
was in den ersten Lebenswochen "programmiert" wurde.

: Ich weiss nicht, ob ich das so richtig sehe, aber ich denke es gibt
: einige Dinge, die bei Hunden einfach so sind, wie sie eben sind
: (wobei das natürlich durch Erziehung in den Griff zu bekommen ist)
: Es ist doch ganz *natürliches* Verhalten, wenn ein Hund Aggressionen
: zeigt bei z.B. Revierverteidigung, Futterverteidigung oder sei es
: auch nur bei spielerischen Auseinandersetzungen.

Das ist ja genau worauf ich hinaus will: Aggression ist ein
natürliches Verhalten zur Bewältigung von Angst. Beseitigt
man die Ursache (die Angst) beseitigt man auch die Aggression.

Der Begriff "Verteidigung" legt übrigens die Möglichkeit des Verlustes
bereits nahe. Wenn kein Verlust droht, muss ich auch nix verteidigen.

Vielleicht habe ich da einen etwas extremen Standpunkt, aber sonst
hat man ja nichts zum diskutieren, oder?

Viele Grüsse,
Harr.


26. Juli 2000 12:01


: Vielleicht habe ich da einen etwas extremen Standpunkt, aber sonst
: hat man ja nichts zum diskutieren, oder?

Eben!
:
Viele Grüsse,

andreas


26. Juli 2000 12:56

Hallo Rolf,

Da hast Du, Andreas, Dich wirklich böse vertan.

Habe ich?

Was Du meinst, ist dass das Ignorieren dieses Verhaltens wohl nicht zum Erfolg führt.

Schön , dass Du weisst was ich meine, hast recht damit :-) Genau das wurde aber von Reinhold wörtlich beschrieben, siehe Deine weiteren Ausführungen unten.

Was aber sehr wohl zum Erfolg führen wird, ist das Verhindern (im Falle des CT, das Kontrollieren) des Verstärkers.

Zustimmung.

Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob der Terminus "Ignorieren unerwünschten Verhaltens" so glücklich ist. Mittlerweile habe ich mir angewöhnt, zu sagen: "Man kann ein Verhalten nur dann verändern, wenn man die Verstärker kontrollieren kann."

Prima, Das ist genau der Punkt!

Für den Fall: Junghund springt Menschen an (und darum ging es hier), hat Reinhold uneingeschränkt recht mit seinen Vorschlägen. Schließlich ist ja der Verstärker sozialer Kontakt mit dem zu Begrüßenden. Insofern ist "Ignorieren" und "Begrüßen, wenn Hund sitzt" genau die richtige Form der Verstärkerkontrolle.

Mache ich genau so, wenn mir ein fremder Hund begegnet, der an mir hoch will. Uneingeschränkt Recht hat Reinhold meines Erachtens dennoch nicht: Ich warte mit dem Abdrehen nicht, bis Hund mich angesprungen hat und mir durchs Gesicht schleckt, ( in dem Moment hat er ja schon was er will) sondern versuche mich wegzudrehen, wenn er gerade dazu ansetzt.

Spricht man aber pauschal von "Ignorieren unerünschten Verhaltens", so funktioniert das in der Tat nur, wenn der Hund Aufmerksamkeit oder einen sonstwie von uns ausgehenden Verstärker (z.B. C&T) erlangen will, was den zu kontrollierenden Verstärker darstellt. Dieses ist weder beim aggressiven Verhalten gegen Menschen noch beim Jagen der Fall. Hier sind andere Verstärker wirksam. Gelingt es, diese zu kontrollieren oder das Verhalten umzulenken (siehe den ellenlangen Jagd-Thread) so hat man gewonnen.

Auch hier meine absolute Zustimmung, bis auf das Wort "oder", im letzten Sat,z das meines Erachtens ein "und" sein müßte. Das Umlenken des Verhaltens wird wohl nicht gelingen, wenn mir die Kontrollmöglichkeit fehlt.

Das blöde ist dabei, dass viele CT-Kritiker sich an dem "Ignorieren" hochziehen.

Zum einen sehe ich mich gar nicht als CT-Kritiker, ich bin immer wieder erstaunt, dass das so rüberkommt.

Sie vergessen dabei, dass ein Clickertrainer mit "Ignorieren unerwünschten Verhaltens" etwas ganz anderes meint,

Also Rolf, wenn ich etwas "ganz anderes meine", dann sollte ich es wohl so sagen. Ich weiß, dass das, nimm meine eigene Person, nicht immer so recht gelingt. Die Aufregung aber an einer vermeintlichen Kritik der "reinen Lehre" überrascht mich aber immer wieder.

Ich wiederhole noch einmal eingangs gestellte Frage, die nicht weiter beachtet wurde, die aber für mich wesentlich ist:

Warum halten die Caniden sich denn untereinander nicht an Die Theorie des absoluten Ignorierens unerwünschten Verhaltens?

Ich verkenne doch gar nicht, dass dem Ignorieren ein ganz wesentlicher Stellenwert zukommt, mit Sicherheit auch der überwiegende Teil hundlicher Reaktion auf unerwünschte Verhaltensweisen im Ignorieren besteht.

Dennoch zeigen uns unsere Hunde tagtäglich, dass sie unerwünschte Überschreitung von Individualdistanz im allgemeinen und Handlungen wie Aufreiten, Futterkonkurrenz etc. im Besonderen ganz klar mit Drohung und körperlicher Einwirkung durch Schnappen und Wegbeissen beantworten. Da wird massiv körperlich eingewirkt und dann soll ein Wasserstrahl vom Hund nicht zu verkraften sein?

Und das "Erstaunliche" daran ist, dass der jeweils andere Part anschließend keineswegs seelische Schäden davonträgt, keineswegs fortan für alle Zeit verunsichert oder gar verängstigt auf andere Hunde reagiert. Er trollt sich einfach und verbucht das unter Versuch und Irrtum.

Es erscheint mir falsch, Hundehalter damit zu verunsichern, dass jeglicher Wasserstrahl oder jegliches Klimpern oder was auch immer Du nehmen willst, zu einer bleibenden Verängstigung des Hundes führen. Es mag sein, dass derartige Einwirkung andere Ansätze darstellen, die nicht in das Trainingskonzept paßt und sich damit nicht vereinbaren läßt. Gleichbedeutend mit der Herbeiführung bleibender Ängste ist dies aber wohl nicht.

Das Ganze hat auch überhaupt nicht mit einer Ablehnung von Clickertraining zu tun, das im übrigen auch bei mir den größten Raum im Umgang mit Hund ausmacht.

Da ist von der "Prise additiver Strafe" in der Clickereinführung die Rede, die Etablierung eines "nein " mittels hinterherwerfens eines bumpers, in einem anderen Beitrag von der Notwendigkeit, den Hund "zu stoppen", um überhaupt "den Fuß in die Tür" zur Etablierung eiens Alternativverhaltens zu bekommen. Da hat vor längerem ein sehr nachdrücklicher Clickerbefürworter hier im Forum ausgeführt, dass es mit Ignorieren und Bestärken einer Alternativhandlung ein Ende hat, wenn sein Hund sein im Krabbelalter befindliches Kleinkind auf dem Teppich angekurrt.

Meinetwegen führt meine Haltung darauf zurück, dass ich mich mit der Thematik vermeintlich nicht genug beschäftigt habe oder es mir an Verständnis mangelt. Ich dachte aber immer, wir finden uns hier zum Diskutieren zusammen und dies nicht unter der Prämisse, vorauseilend völliges Einverständnis mit einer vorgegebenen Meinung an den Tag legen zu müssen.

Viele Grüße,

andreas