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Signaleinführung

geschrieben von Reinhold + Ayko(YCH) 
Signaleinführung
23. Juli 2000 19:36

Dieser Thread ist die Fortsetzung des Threads

"Der Fluch der ersten Übung"

unter einem neuen Thema.

Der erste Beitrag nimmt Bezug auf den Beitrag
von Doris vom 22.07.2000 23:11 (Der Fluch der ersten Übung)

-------------------------------------------------------------


Hallo Doris,

du schreibst:

: Ich sehe das Ganze noch von einer anderen Seite. Ihr redet da von
: 'unter Signalkontrolle bringen'. Aber ist nicht genau das der Knoten?
: Das Verhalten ist nämlich (aus der Sicht des Hundes)längst unter
: Signalkontrolle: Clicker in der Hand (= Signal)- Ausführung, kein
: Clicker in der Hand (kein Signal) = keine Ausführung.

Der Clicker ist kein spezifisches Signal für ein spezielles
Verhalten, das wird dir spätestens dann bewußt, wenn du mehrere
verschiedene Verhalten parallel übst. An ein auslösendes Signal in der
Hundeerziehung werden viel höhere Anforderungen gestellt. Ich stelle den
Clicker ganz bewußt optisch auch gar nie in den Vordergrund, er ist bei
mir immer verborgen in der Hand. Er soll nicht zum Auslöser werden, sondern
rein akustisch als kondit. Verstärker wirken. Es ist vielmehr die gesamte
Situation, die den Hund veranlaßt erlerntes Verhalten zu zeigen. Die
Situation ist ein anhaltender Zustand und wann der Hund sein Verhalten
innerhalb dieses Zeitraums zeigt, ist uns im Prinzip egal. Hauptsache er
zeigt es wiederholt. Die Situation als auslösender Reiz ist deshalb nicht
vergleichbar mit einem Hörzeichen oder einem Sichtzeichen, die ja nur ganz
kurzzeitig auf den Hund einwirken und ihn zum sofortigen Agieren veranlassen
sollen.


: Will man nun ein verbales (=neues)Signal einführen, müsste man doch
: vorgehen wie bei einem Signalwechsel: Neues Signal ("Rolle"winking smiley - kleine
: Pause - bekanntes Signal(Clicker in die Hand nehmen) - Verhalten.

Da der Clicker noch kein spezifisches Signal ist, geht das vermutlich
schief oder wirft erhebliche Probleme auf.

: Das 'Clicker in die Hand nehmen' ist doch für den Hund eindeutig ein
: Signal!

Ein Signal ja, aber kein eindeutiges. Es läßt ihm viel Freiraum. Einen
Freiraum, den man beim Shapen unbedingt auch braucht.

Mit dem Einführen eines speziellen Signals, eines speziellen auslösenden
Reizes beginnt eine ganz neue Etappe im Clickertraining. Sie soll nicht
dazu führen, dass der Hund variiert, sondern dass er das Erlernte exakt
beibehält, aber ab jetzt spontan auf ein spezielles Signal hin ausführt.

Wesentlich ist, dass bis hierher der Hund den Zeitpunkt für den
Beginn des Verhaltens frei bestimmen konnte. Ab der Einführung eines
Hörzeichen bestimmt diesen Zeitpunkt ausschließlich der Mensch. Das sind
sehr wichtige Unterschiede, die es zu beachten gilt. Insofern dürfte es
klar sein, dass hier kein einfacher Signalwechsel vorliegt.


Aber du stellst höchst interessante Fragen, die ganz wahnsinnig
wichtige Dinge in der Signaleinführung beleuchten!

Du sprichst eine Menge Dinge an, die du alle bei der
richtigen Signaleinführung (Einführung des Hörzeichens) beachten und
überwinden mußt. Das neue Signal muss die alten Auslöser restlos
ersetzen. Wie das ablaufen kann, habe ich nachfolgend beschrieben.
Ich hoffe das macht die Unterschiede zu einem einfachen Signalwechsel
noch deutlicher.

Bevor man ein Signal (Hörzeichen oder Sichtzeichen oder
beides) einführt, muss das geübte Verhalten an ganz
verschiedenen Orten, --- auch unter variabler Bestärkung --- ,
sicher gezeigt werden. Der Hund agiert von sich aus aufgrund
der immer noch die relativ sicheren Aussicht auf ein "Click"
und ein nachfolgendes Leckerchen bzw. einen Jackpott.

Zu diesem Zeitpunkt sollte das erlernte Verhalten dem Hund auch schon
reichlich Spass machen. Alle Unsicherheiten müssen restlos überwunden
sein. Für mich ist das immer ein ganz wichtiges Kriterium.

In diesem Stadium kannst du - mit etwas Übung und Beobachtungsgabe -
ganz genau voraussehen, wann der Hund sein Verhalten zeigen wird.
Unmittelbar bevor der Hund sein Verhalten zeigt, spätestens aber gleich-
zeitig mit Beginn des Verhaltens, sagst du nun das neue Hörzeichen. *)
(gilt entsprechend natürlich auch für das Sichtzeichen).
Diese zeitliche Relation mußt du präzise einhalten, das führt zu einer
optimalen Verknüpfung zwischen dem Verhalten und dem neuen Signal.
Hierbei entsteht lediglich eine Verknüpfung ! Das Signal hat zu diesem
Zeitpunkt noch keinen *auslösenden* Charakter. Es wird durch diese Prozedur
lediglich zur einleitenden, akustischen Ouvertüre des Verhaltens, es ist
sozusagen eine total unwichtige, aber schöne Eröffnungsmusik zum gern
gezeigten Verhalten. Jedes spezielle Verhalten bekommt seine spezielle
akustische Ouvertüre! Erst im Laufe der Zeit können diese Ouvertüren dann
auch zum spezifischen Auslöser werden.

Es geht in diesem Stadium nur um eine optimale Verknüpfung von
speziellem Hörzeichen mit dem speziellen Verhalten !!! Mit einem
Befehl (oder gar Kommando) hat das zu diesem Zeitpunkt überhaupt
noch nichts zu tun ! Noch nicht ! Das ist ganz wichtig zu wissen.

Jetzt kommt der nächste Schritt und der läuft bei uns meist so ab:

Ich übe jetzt Hörzeichen --- Verhalten --- C&T mit Immerbestärkung.
Dann lasse ich das Hörzeichen einfach weg. Mein Ayko zeigt dann
das Verhalten natürlich noch ein paarmal von sich aus, wird aber nun
von mir nicht mehr mit C&T bestärkt, bis er schließlich gefrustet
aufhört und mich anschaut. **) Diesen Frust provoziere ich ganz bewußt.
Er guckt mich an und in seinem Gesicht steht dann geschrieben:
Nanu, was ist denn jetzt los??

Exakt (!!!) diesen Moment des leichten Frusts und der stark erhöhten
Aufmerksamkeit nutze ich, um erstmalig das neue Hörzeichen als
auslösendes (!!!!) Signal zu sagen. Ich sage also das neue Hörzeichen
nun nicht mehr, weil ich weiß, dass er das Verhalten ohnehin gleich
zeigen wird, sondern ich sage es, wenn er gefrustet mit einem Fragezeichen
im Gesicht vor mir sitzt. Bei guter Vorarbeit kann ich mich darauf
verlassen, dass das Hörzeichen sofort als auslösender Reiz funktioniert und
dann gibt es sofort einen Jackpott..

Damit ist das neue Hörzeichen für Ayko mit einem Schlag der supertolle,
erlösende Weg aus dem Frust geworden. In diesen entscheidenden
Übungssequenzen ist er ungeheuer aufmerksam, er "klebt" mir geradezu an
den Lippen. Da genügt es, das neue Hörzeichen auch nur zu flüstern,
--- das Verhalten folgt sofort! Schließlich wartet er jetzt ja ganz
sehnlich darauf.

Das ist eine ganz entscheidende Etappe im Clickertraining. Genau hier baut
der Clickertrainer seine Autorität auf ! Während er bisher nur auf das
Verhalten des Hundes reagiert hat wie ein intelligenter, zielstrebig
steuernder Futterautomat, nimmt er genau in diesem Moment wieder seine
Alpha-Stellung ein. ***) Der Hund kann nun tun oder lassen, was er will,
sein Trainer bleibt äußerst konsequent:

Erfolg gibt es ab jetzt nur noch,
wenn auf das Hörzeichen
spontan das richtige Verhalten folgt.
Sonst nicht!

Eisern ! Knallhart ! Und absolut alpha-like !



Mit dieser Vorgehensweise gelingt es mir ganz schnell Aykos volle
Aufmerksamkeit auf das neue Hörzeichen zu lenken. Weg vom Clicker,
weg von den Leckerchen, weg vom Übungsort, hin zu meinen Lippen.
In dieser Phase will ich einen Hund haben, der sich ausschließlich
auf meinen Mund konzentriert und sonst auf gar nichts.

Sobald erkennbar ist, dass das neue Signal das Verhalten auslöst,
wird das Verhalten nie mehr bestärkt, wenn es *ohne* Hörzeichen gezeigt
wird, weil Clicker, Leckerchen oder Übungsort als auslösende Reize
natürlich immer noch vorhanden sind. Diese Reize und vielleicht noch
andere, meist unbemerkte Reize (Körperhaltung usw.), müssen ab diesem
Stadium radikal ausgelöscht werden! Das ist ein Prozess, der einige
Zeit dauert und konsequentes Ignorieren erfordert. Das leuchtet ein .


Um sicher zu gehen, dass keine unbemerkten, auslösenden Reize vorhanden sind
setze ich mich ganz bewußt auf einen Hocker und lege die
Hände in den Schoß, denn das plötzliche Sitzen - wenn ich vorher
ausschließlich stehend geübt habe - schließt eventuell vorhandene Reize
aus der Körperhaltung mit großer Sicherheit aus.

Daraus ergibt sich nun auch folgerichtig die Notwendigkeit, das
Neuerlernte weiterhin an ganz verschieden Orten zu üben und dabei dann
auch irgendwann einmal den Clicker und die Leckerchen total in der
Hosentasche versteckt zu halten, so dass auch deren Signalwirkung völlig
verdeckt wird. Das ist ganz schrecklich wichtig und ist auch eine
mögliche Antwort auf eine deiner Fragen (: ..... müsste man doch vorgehen
wie bei einem Signalwechsel: Neues Signal ("Rolle"winking smiley - kleine Pause -
bekanntes Signal(Clicker in die Hand nehmen) - Verhalten.).


Stell dir nun vor, du gibst das neue Hörzeichen irgendwann
einmal durch das Schlüsselloch einer Zimmertüre. Du stehst vor - , dein
Hund steht hinter der geschlossenen Türe und du beobachtest nur durch
dieses Schlüsselloch das Verhalten des Hundes und quittierst falls
verdient mit C&T.

Durch das Schlüsselloch sieht dich der Hund garantiert nicht
mehr, er sieht nicht mehr den Clicker und er riecht wahrscheinlich auch
keine Leckerchen mehr und ich denke dieser (vielleicht übertriebene)
Vorschlag zeigt dir einen ganz klaren und sauberen Weg auf, wie du alle
anderen auslösenden Reize völlig verdecken kannst und einzig und allein
das neue Hörzeichen austesten kannst. Beachte bitte meine Wortwahl:
Die anderen Reize sind nur *verdeckt*, sie *erlöschen* dadurch noch nicht!
Sie erlöschen nur durch beständiges Ignorieren, das hat mit dem
Schlüsselloch gar nichts zu tun. Du hast es weiterhin mit verschiedenen
auslösenden Reizen zu tun, sobald du wieder ohne Türe und Schlüsselloch
übst.

Ausprobieren !! Diese Experimente mit dem Schlüsselloch sind unglaublich
aufschluß- und lehrreich!

Wenn dein Hund zum ersten Mal das neue Hörzeichen, das aus dem
Schlüsselloch ertönt, befolgt, dann hat er allerdings einen so
riesengroßen Jackpott verdient, dass du den durch kein Schlüsselloch
der Welt werfen kannst. Also mach die Türe auf und bring ihm die noch
dampfende, duftende Lammkeule persönlich auf einem Silbertablett. :-))))
Damit erzielst du eine sagenhafte Wirkung. Ich halte den Super-Jackpott in
dieser Situation für sehr wichtig!

Auf dem Hundeplatz kannst du dich anstatt hinter eine Türe, auch mal hinter
eine A-Wand stellen. Da kann man den Jackpott oben drüberwerfen. :-))))
Das Ganze ist eine äußerst interessante Variante für den Hund.
Ein Helfer kann dir assistieren und den Hund beobachten, ggf. auch clicken,
(jedoch so clicken, dass der Hund der Ansicht ist, du hättest geclickt).
So hast du die perfekte Kontrolle, ob dir die Einführung des Hörzeichens
als sicherer, auslösender Reiz gelungen ist oder nicht.
Natürlich gilt auch hier wie immer: Üben, üben, üben .......
Vor das Gelingen haben die Götter den Schweiß gesetzt.

Ich hoffe, dass ich mich klar genug ausgedrückt habe und deine Fragen
restlos geklärt sind. Natürlich muß jeder seinen eigenen Weg finden, weil
jedes Mensch - Hund - Team anders ist. Das Vorstehende kann wie immer nur
ein Leitfaden sein, den jeder gedanklich selber für sich und seinen Hund
verarbeiten und in seine Praxis umsetzen muss.

Viele Grüße
aus dem regnerischen Wilden Südwesten
Reinhold + Ayko




*) Der optimale Zeitpunkt liegt exakt beim Beginn des Verhaltens
bis ca. 0,5 Sekunden vor dem Beginn des Verhaltens, siehe

/clicker/click1/index.cgi?seite=25

Diagramm ganz unten auf dieser Webseite von Martin.
Diese Seite enthält noch mehr Infos zu diesem Thema.


**) Vorsicht, das kann bei anderen Hunden auch anders ganz ablaufen.
Hier gilt es genau zu beobachten und entsprechend zu reagieren.

**) Wer in Angermeier "Operantes Lernen" aufmerksam das Kapitel über
die Reizkontrolle durchliest, der findet auf Seite 82 links unten den
Hinweis, dass der Reiz (in unserem Fall das neue Hörzeichen) sehr schnell
zum konditionierten Verstärker werden kann. Man muss sich also sehr
davor hüten, das Hörzeichen nur dann zu sagen, wenn der Hund aufmerksam
vorsitzt. Er wird sonst nämlich sehr schnell lernen: Auf aufmerksames
Vorsitzen folgt das Hörzeichen und sein anschließendes Verhalten mitsamt
C&T wird zur kräftigen Verstärkung. Wichtig ist es also, das Hörzeichen
sehr bald völlig willkürlich, also für den Hund nicht mehr vorhersehbar
zu geben, sonst entsteht eine üble Fehlverknüpfung.



24. Juli 2000 09:39

Grüß Dich Reinhold,

das hast du ganz prima beschrieben. Das mit dem schlüsselloch habe ich tatsächlich durchgeführt, damit hinter der tür Mirko lag, wenn ein handwerker im flur begrüßt wurde.

: **) ... dass der Reiz (in unserem Fall das neue Hörzeichen) sehr schnell zum konditionierten Verstärker werden kann. Man muss sich also sehr davor hüten, das Hörzeichen nur dann zu sagen, wenn der Hund aufmerksam vorsitzt.... sonst entsteht eine üble Fehlverknüpfung.

Ich habe eine nette version dieses sachverhaltes erlebt. Mirko hat gelernt auf der rechten seite zu gehen (BEI rechts, FUSS links). Die anfängliche übung fand auf einer langweiligen brücke statt. davon abgesehen, dass er das signal überall richtig befolgt, gibt es eine besonderheit:
Auf der brücke kommt er in jedem fall an, stupst meine hände von hinten mit der schnauze und erwartet, dass dich das hörzeichen BEI sagen, woraufhin er eng rechts neben mir, kopf streng geradeaus läuft, bis ich ihn mit C&B erlöse.
Ortslernen ließ ihn das verhalten hier besonders oft zeigen. Als ich zu variabler bestärkung überging, hat er begonnen zu variieren. Nachdem das signal eingführt war, hat er noch weiter variiert und mich angestupst (was in andrem zusammenhang bedeutung hat) und ich habe typisch menschlich reagiert: "ach ja, hier haben wir ja immer geübt" und habe das signal gegeben. Damit wurde das konditionierter bestärker für das anstupsen und die handlung anschließend die bestärkung, auch wenn sie nicht immer mit C&B endet.
Das beispiel zeigt auch ein wenig, dass hunde gelerntes auch in anderem zusammenhang abgewandelt einsetzen. Man kann so schnell darauf hereinfallen.

tschüß Martin & Mirko

24. Juli 2000 15:34

Hallo Reinhold,

klasse!!!
Erstens mal ist dies genau der Punkt, den viele übersehen, wenn sie der Meinung sind, Clickerhunde würden nur dann arbeiten, wenn sie Leckerchen vor der Nase haben.
Zweitens ist die zu frühe Signal(Hör-, Sichtzeichen)einführung sicher ein Fehler, den man gerne begeht, wenn man viel zuhause in reizarmer Umgebung übt. Im Wohnzimmer klappt alles wunderbar, man wird verleitet, das Signal einzuführen und draußen weiß der Hund plötzlich mit dem Hör-, Sichtzeichen nix mehr anzufangen. Der Knackpunkt liegt darin, dass der Hund zu diesem Zeitpunkt noch die gesamte Übungssituation im Wohnzimmer als auslösenden Reiz benötigt.
Es ist also auf jeden Fall erforderlich, mit der Signaleinführung so lange zu warten, bis das erwünschte Verhalten tatsächlich an den verschiedensten Orten sicher gezeigt wird.
Nun meine Frage. Du schreibst, Du hältst den Clicker und die Belohnung immer verborgen. Ich setze aber gerade, wenn ich ein Verhalten am aufbauen bin, den Anblick des Clickers ein, wenn ich vom Wohnzimmer nach draußen wechsle, also noch vor der Kommandoeinführung. Jule ist draußen immer sehr beschäftigt (in ihr steckt ein Windhund und sie lässt ihre Blicke häufig über karnickelreiche Wiesen schweifen, ihren Jagdtrieb habe ich allerdings weitgehend im Griff). Sie scheint also den Anblick des Clickers als Auslöser zu benötigen um die Situation als Übungssituation zu identifizieren. Bei der Kommandoeinführung gehe ich genauso vor wie Du, gebe das Zeichen zunächst, wenn ich sehe, gleich führt sie das Verhalten aus. Dies ein paar mal. Warte dann ein wenig, genau wie Du, sie führt das Verhalten ohne Kommando aus, keine Reaktion von mir und bei leichtem Frust mit gespannter Aufmerksamkeit kommt dann das Kommando, von ihr das Verhalten, C+B. Und erst dann beginne ich, den Anblick des Clickers auszuschleichen. Und natürlich alle anderen auslösenden Reize, die sie eventuell verknüpft hat, auch. Meinst Du, dies ist trotzdem ein praktikables Vorgehen?
Bisher bin ich damit sehr gut gefahren, auch wenn es mir selber gar nicht so gut gefällt, dass ich den Clicker anfangs! benötige, um ihre Aufmerksamkeit draußen so weit auf mich zu lenken, dass sich eine Übungssituation herstellen lässt. Sie hat zwar eine enge Bindung zu mir und ich habe z.B. keine Probleme damit, dass sie sich zu weit entfernt oder außer Kontrolle gerät. Dennoch ist sie ein sehr eigenständiger und ursprünglicher Charakter, die alles, was um sie herum passiert, super interessant findet und in sich aufsaugt. Außerdem ist sie kaum spielmotivierbar. Ganz anders also als ein Hund, der draußen permanent um einen herumspringt, in der Hoffnung, dass man endlich ein Stöckchen oder einen Ball schmeißen möge. Ich schätze ihr ausgeprägtes Umweltinteresse, weil es sie auch zu einem sehr auffassungsbegabten, man möchte sagen intelligenten Hund macht, der eine erstaunliche Vielfalt an Problemlösungsverhalten zeigt. Aber es macht es natürlich nicht eben einfacher, draußen oder in ungewohnter Umgebung mit ihr zu arbeiten.
Hätte ich diesen Hund übrigens schon vor ein paar Jahren besessen, als ich noch mit "herkömmlichen" Methoden (ich schreib das mal so platt und undifferenziert) ausgebildet habe, wäre ich vermutlich nie zu einem annehmbaren Ergebnis gekommen. Ich halte daher das "Clickertraining" ( auch dies mal so undifferenziert ausgedrückt) gerade bei Hunden, bei denen das, was man unter "will to please" versteht, nicht so sehr ausgeprägt ist, als eine excellente Trainingsmethode um dem Hund den Spaß am gemeinsamen Arbeiten zu vermitteln.
Liebe Grüße
Conny

25. Juli 2000 14:26

Hallo Reinhold

Besten Dank für Deine ausführliche Erklärung. Super!(Bist Du Profi?)
Trotzdem möchte ich alle bitten, Eure Füsse mal hochzuheben; denn irgendeiner steht mir immer noch auf der Leitung! -smiling smiley)))

: Der Clicker ist kein spezifisches Signal für ein spezielles
: Verhalten, das wird dir spätestens dann bewußt, wenn du mehrere
: verschiedene Verhalten parallel übst.

Irgendwie vermittelst Du doch Deinem Hund: jetzt wird geclickert. Wie sagst Du Deinem Hund, dass jetzt eine Clickerlektion anfängt?
Am Anfang (Titel des Threads: Fluch der ersten Übung)folgt doch auf diese Weise mit dem Zeichen (unter Zeichen verstehe ich z.B. Leckerle bereit stellen, Clicker in der Hand oder auch nur Verhalten/Mimik usw.) für Uebungsbeginn das erste Verhalten, dann C&B. Also hat der Hund gecheckt: nach diesem Zeichen Verhalten zeigen ,dann gibt's C&B. Wäre es also geschickter, wenn man (vor allem am Anfang) mehrere Verhalten gleichzeitig clicken würde? In einzelnen Lektionen natürlich, z.B. morgens Rolle, mittags Pfote geben,abends sitz. So dass sich die Verbindung des Zeichens für Uebungsbeginn gar nicht fest an einem bestimmten Verhalten festklammert?
Es ist vielmehr die gesamte
: Situation, die den Hund veranlaßt erlerntes Verhalten zu zeigen.

Bei der ersten Uebung geht's ja noch nicht um ein e r l e r n t e s Verhalten. Seh ich das richtig?
Die
: Situation ist ein anhaltender Zustand und wann der Hund sein Verhalten
: innerhalb dieses Zeitraums zeigt, ist uns im Prinzip egal. Hauptsache er
: zeigt es wiederholt.
Praxis: Benny fordert mich auf zum Clickern (meist wenn ich am Compi sitze). C und B bereit. Benny verbeugt sich = C & B. Benny setzt sich und schaut mich an, kein C&B. Benny steht auf und geht an seinen Platz. Ätsch!! Was tun??
Die Situation als auslösender Reiz ist deshalb nicht
: vergleichbar mit einem Hörzeichen oder einem Sichtzeichen, die ja nur ganz
: kurzzeitig auf den Hund einwirken und ihn zum sofortigen Agieren veranlassen
: sollen.
Das ist mir schon klar, aber wir reden ja vom Anfänger, dessen Verhalten noch nicht unter Signalkontrolle steht. Der hat ja noch kein Signal, sondern nur den auslösenden Reiz. Später ist dann das Signal der auslösende Reiz. Seh ich das richtig?

: Ein Signal ja, aber kein eindeutiges. Es läßt ihm viel Freiraum.

Freiraum ja, aus unserer Sicht. Aber der Hund hat ja erst gelernt (denk an den Titel: Fluch der ersten Übung) Rolle = C & B. Dass es für anderes auch C&B gibt weiss er ja noch nicht:
: Zu diesem Zeitpunkt sollte das erlernte Verhalten dem Hund auch schon
: reichlich Spass machen. Alle Unsicherheiten müssen restlos überwunden
: sein.
Dann ist es also normal, wenn Benny nicht unbedingt weiter machen will?
Vor allem macht er nicht gerne zweimal das selbe! Doch um ein Verhalten zu festigen sind Wiederholungen kaum zu umgehen, oder?

:Ausprobieren !! Diese Experimente mit dem Schlüsselloch sind unglaublich
: aufschluß- und lehrreich!
: So weit sind wir noch nicht!
:
: Ich hoffe, dass ich mich klar genug ausgedrückt habe und deine Fragen
: restlos geklärt sind. :

Signaleinführung ist mir jetzt - dank Deinen ausführlichen Erklärungen klar.

Was uns noch schwerfällt sind Verhalten zeigen ohne jegliches Zeichen.
Z.B. spanischer Tritt: Für Tellington-Hindernis habe ich meinen Finger als Target benützt. Nach dem Hindernis schlug Benny mit der rechten Pfote nach dem Finger, dann mit der linken. Hab ich sofort mit C&B belohnt.Jetzt kann ich ihn zu 2-3 spanische Schritte veranlassen,
w e n n ich den Finger vor seine Nase halte. Wieso soll er ohne Finger auf die Idee kommen, den spanischen Tritt zu zeigen? Wenn er nicht weiss, was ich will, legt er sich einfach hin! Was dann? Benny hat wenig Ausdauer und Durchhaltevermögen. Geht etwas nicht gleich, dann gibt er auf.

: **) Wer in Angermeier "Operantes Lernen" aufmerksam das Kapitel über
: die Reizkontrolle durchliest,

Ja, wer den Angermeier hat! Wenn ich das richtig mitbekommen habe im Forum ist er nicht mehr aufzutreiben.

Viele Grüsse
Doris & Benny

31. Juli 2000 12:35


Hallo Doris

bitte entschuldige, dass ich erst so spät antworte. Mir fehlte einfach die
Zeit.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich alle deine Probleme richtig verstanden
habe. Vielleicht solltest du noch mehr Informationen geben, wenn ich
irgendetwas falsch oder nicht ganz richtig verstanden habe oder etwas
falsch interpretiert habe.


: Irgendwie vermittelst Du doch Deinem Hund: jetzt wird geclickert.
: Wie sagst Du Deinem Hund, dass jetzt eine Clickerlektion anfängt?

Stellst du diese Frage speziell an mich, bzw. an meinen Hund ?
Wenn ja, dann:
Es gibt sicherlich viele Anzeichen für meinen Ayko, an denen er erkennt,
dass jetzt eine Clickersession beginnt. Ich bin überzeugt, dass ich
selber die gar nicht alle kenne.
Sicherlich sind es meistens die Leckerchen, die ich bereitstelle. Kriegt
das aber nicht mit, dann kann es aber auch jedes andere Zeichen sein.
Wenn er beispielsweise draußen beim Spaziergang ein Hörzeichen von mir
hört, er befolgt das Zeichen und er wird von mir mit C&B bestärkt, dann
kann das unter Umständen auch für ihn ein Anlaß sein, nachzubohren, ob
jetzt eine Clickersession ansteht. Aber das ist relativ selten.


: Am Anfang (Titel des Threads: Fluch der ersten Übung) folgt doch auf diese
: Weise mit dem Zeichen (unter Zeichen verstehe ich z.B. Leckerle bereit
: stellen,
: Clicker in der Hand oder auch nur Verhalten/Mimik usw.) für Uebungsbeginn
: das erste Verhalten, dann C&B. Also hat der Hund gecheckt: nach diesem
: Zeichen Verhalten zeigen ,dann gibt's C&B. Wäre es also geschickter, wenn
: man (vor allem am Anfang) mehrere Verhalten gleichzeitig clicken würde?

Das kommt auf den Hund an. Wenn du gleichzeitig mit mehreren Verhalten
beginnst, dann kann der Hund auch gleich von Anfang an mehr über das
Clickertraining lernen. Er wird gleich von Anfang an aufmerksamer, muss er
doch unterscheiden lernen, welches Verhalten du jetzt gerade von ihm sehen
willst und welches nicht.

Das setzt andrerseits aber auch ein relativ hohes Maß an Motivation
voraus. Möchtest du nämlich von einem Verhalten A, das er gerade ausgiebig
wiederholt hat, zu einem Verhalten B wechseln, dann musst du das
Verhalten A ignorieren und dein Hund sollte dann nicht frustriert weglaufen,
sondern anfangen zu experimentieren und von sich aus versuchsweise ein
anderes Verhalten zeigen. Ich denke mal, dass da bei euch noch die
Voraussetzungen fehlen.

: Praxis: Benny fordert mich auf zum Clickern (meist wenn ich am Compi
: sitze).

Vielleicht weil er merkt, dass du dich dem Bildschirm zuwendest und er aus
Erfahrung weiß, dass er jetzt so schnell nicht mehr deine Aufmerksamkeit
erreichen wird??? Mit der Aufforderung zum Clickern hat er vielleicht schon
ein paarmal Erfolg gehabt, dich wieder vom Bildschirm abzulenken und das
hat ihn bestärkt. Ich ignoriere Ayko, wenn ich mich an eine Arbeit setze
und wenn er versucht, genau in diesem Moment, meine Aufmerksamkeit zu
erlangen.

: Praxis: Benny fordert mich auf zum Clickern (meist wenn ich am Compi
: sitze). C und B bereit. Benny verbeugt sich = C & B. Benny setzt sich
: und schaut mich an,
: kein C&B. Benny steht auf und geht an seinen Platz. Ätsch!! Was tun??

Die Motivation erhöhen. Clickertraining läuft immer dann besonders effektiv
ab, wenn der Hund hoch motiviert ist. Weglaufen sollte er nicht, wenn du
Leckerchen bereitliegen hast. Das ist für mich ein deutliches Zeichen
mangelnder Motivation. Die Leckerchen müssen einerseits so gut schmecken
und andrerseits so klein sein, dass jedes C&B im Hund sofort den Wunsch
auslöst, noch ein weiteres Leckerchen zu bekommen. Wie gut kannst du Benny
mit Leckerchen motivieren?

Noch einen anderen Grund kenne ich, warum Hunde beim Clickern weglaufen,
aber der scheint bei dir nicht vorzuliegen. Sie laufen weg, wenn sie
überfordert sind. Das kann man jedoch verhindern, indem man ein Verhalten
langsam Schritt für Schritt formt (shapen) und dabei in kleinen, für den Hund
immer gut begreifbaren Schritten voranmacht.

:: Die Situation als auslösender Reiz ist deshalb nicht
:: vergleichbar mit einem Hörzeichen oder einem Sichtzeichen, die ja nur ganz
:: kurzzeitig auf den Hund einwirken und ihn zum sofortigen Agieren
:: veranlassen sollen.

: Das ist mir schon klar, aber wir reden ja vom Anfänger, dessen Verhalten
: noch nicht unter Signalkontrolle steht. Der hat ja noch kein Signal,
: sondern nur
: den auslösenden Reiz. Später ist dann das Signal der auslösende Reiz.
: Seh ich das richtig?

Huhu, schwierig, ich weiß nicht, ob ich dich richtig verstehe.
Solange du ein Verhalten übst, für das du noch kein spezielles Signal
(Hörzeichen oder Sichtzeichen) eingeführt hast, sollte der Hund sein
Verhalten möglichst oft von sich aus wiederholen um noch ein Leckerchen
zu bekommen, und noch eins und noch eins und noch eins. Du brauchst diese
Wiederholungen fürs Shapen und fürs Verbessern gezeigter Verhalten
(schneller hinsitzen, gerade hinsitzen usw. usw. ) Die Aussicht auf
Leckerchen ist die treibende Kraft in diesem Stadium. Wenn die zu
gering ist, dann wirst du wenig Freude haben mit dem Clicker. Du mußt
dir dann Gedanken machen, wie du die Motivation des Hundes erhöhen kannst.

: Freiraum ja, aus unserer Sicht. Aber der Hund hat ja erst gelernt
: (denk an den Titel:
: Fluch der ersten Übung) Rolle = C & B. Dass es für anderes auch C&B gibt
: weiss er ja noch nicht

Das mußt *du* ihm vermitteln. Wenn du ein anderes Verhalten clickst, dann
kann er und dann wird er auch merken, dass es für ein anderes Verhalten
auch C&B gibt. Sehr empfehlenswert ist hier das Spielchen:
101 Dinge mit der Box. Kennst du das?


:: Zu diesem Zeitpunkt sollte das erlernte Verhalten dem Hund auch schon
: : reichlich Spass machen. Alle Unsicherheiten müssen restlos überwunden
:: sein.

: Dann ist es also normal, wenn Benny nicht unbedingt weiter machen will?
: Vor allem macht er nicht gerne zweimal das selbe! Doch um ein Verhalten
: zu festigen sind Wiederholungen kaum zu umgehen, oder?

Ja, du brauchst die Wiederholungen, ohne die geht gar nichts. Mir scheint dein
Problem ist die fehlende Motivation beim Hund. Gönne ihm mal einen Fastentag,
sofern er gesund ist. Das kann nichts schaden, ganz im Gegenteil, viele
Tierärzte
empfehlen einen Fastentag. Lass ihn einen Tag lang weitgehend links liegen.
Kümmere dich wenig um ihn. Was passiert dann? Fängt er an zu betteln, weil
er Hunger hat? Fängt er an zu betteln, weil ihm deine Zuwendung fehlt ?
Das sind alles Fragen, die sich aus der Ferne nicht beantworten lassen.
Feedback deinerseits ist hier unbedingt erforderlich.


: Vor allem macht er nicht gerne zweimal das selbe!

Ayko macht solange dasselbe, bis die Käsewürfelchen alle sind, und zwar
vor allem dann, wenn er zwei Tage lang nur langweiliges Trockenfutter
bekommen hat. Wenn ich ihm andrerseits gerade drei Schüsseln duftendes
Hühnchenfleisch auf Reis mit leckerer Rahmsauce gefüttert habe, dann kann
ich ihn unmittelbar anschließend nicht mit langweiligen
Trockenfutterpellets zum Clickern animieren. Ich habe das jetzt einmal
ganz bewußt sehr krass dargestellt.
Der Hund muss irgendetwas ganz hartnäckig von dir wollen, dann stehen
die Zeichen besonders günstig, eine erfolgreiche Clickersession zu beginnen.

Es ist beim Hund auch nicht viel anders, als beim Menschen:
Ein Mensch, dem alles ganz von selbst in den Schoß fällt:
Liebe, Essen, Geld ....... usw usw usw.,
der wird sich am liebsten ins Bett legen. Ihm fehlt jede Motivation,
irgendetwas zu tun. Geschweige denn, etwas zu wiederholen, was er
schon einmal gemacht hat. Liege ich mit dieser vagen Vermutung falsch???


: Was uns noch schwerfällt sind Verhalten zeigen ohne jegliches Zeichen.

Fehlende Motivation ?? Lieber ins Bett, weil der Bauch schon voll ist?
Ich bitte dringend um Feedback.

Vielleicht hat dein Hund andere Vorlieben? Spielen statt Leckerle?

: Z.B. spanischer Tritt: Für Tellington-Hindernis habe ich meinen Finger als
: Target benützt. Nach dem Hindernis ............... usw. usw.
: Wenn er nicht weiss, was ich will, legt er sich einfach hin! Was dann?
: Benny hat wenig Ausdauer und Durchhaltevermögen. Geht etwas nicht
: gleich, dann gibt er auf.

Fehlende Motivation ? Oder hier sehr wahrscheinlich auch Überforderung ??
Er weiß nicht, wie er zum Erfolg kommen kann, er sieht keine Möglichkeit,
er resigniert ? Bitte mehr Infos. Was hat Benny mit dem Clicker schon
alles gelernt und wie verlief das?

Ich empfehle dir mit einfacheren Anforderungen einzusteigen. Kennst du
das Spiel "101 Dinge mit der Box ?" Bei diesem Spiel geht es nicht darum
ein bestimmtes Übungsziel zu erreichen, es geht darum, dem Hund das
Clickern schmackhaft zu machen, ihm zu zeigen, dass er mit wiederholten
Aktionen wiederholten Erfolg haben kann. Es geht auch darum, dass er mit
verschiedenen Aktionen Erfolg haben kann. Auch das gelegentliche
Verabreichen eines Jackpotts kann die Motivation schlagartig erhöhen.

: Ja, wer den Angermeier hat! Wenn ich das richtig mitbekommen habe
: im Forum ist er nicht mehr aufzutreiben.

Der Angermeier ist nicht leicht zu lesen. Vor allem ist er kein Clickerbuch.
Seine Lektüre setzt voraus, dass man die Rahmenbedinungen und die Ergebnisse
wissenschaftlicher Beobachtungsreihen richtig interpretiert und daraus seine
Schlüsse zieht. Er ist eines ganz bestimmt nicht:
Ein Einstieg ins Clickertraining.

Ich glaube, ich habe das Wort "Clicker" oder das Wort "Hund" dort noch nicht
ein einziges Mal entdeckt.


Viele Grüße
aus dem Wilden Südwesten
Reinhold + Ayko