Fallbeispiel aggressiver Rüde
16. September 2000 00:05

Grüß Dich Andreas,

: :... 3) Bei ansatzweis egezeigtem aggressivem Verhalten postwendend umkehren oder: verharren und Ausführung einer Ersatzhandlung (Sitz/Platz) oder stattdessen in Bewegung bleiben und passieren?
:
: :Ich habe mit zwei völlig entgegengesetzten ansätzen weiter kommen können:
: :- Völlig regungslos stehen bleiben (verhindert aufregung des menschen und damit falsche :stimmungs-bestärkung), bis der hund wieder blickkontakt aufnimmt.
:
: :- Schnell vorbeilaufen, dass die situation hinter uns liegt. (gut bei ängstlichen hunden).
:
: Würdest Du letzteres bevorzugen in sehr beengten Situationen, etwa Treppenhaus oder schmaler Gehweg? Hier scheint mir die Distanz zum Gegenüber zu gering, um den Hund einer solch nahen Begegnung in einer ruhenden Position zuzumuten, da auch der Zeitraum länger ist, den der Hund das "feindliche Objekt" ertragen muß. Mir erscheint da ein zügiges, aber unaufgeregtes Passieren mit dem Hund auf der Passanten abgewandten Seite zunächst sinnvoller.

Ja, bei dem warten, "bis der hund sich beruhigt" kan er sich erst so richtig aufmandeln.

Im übrigen ist Sabines desensibilisierungsprogramm sehr hilfreich.

tschüß Martin & Mirko

17. September 2000 20:30

Hallo Sabine,

auch Dir vielen Dank für die ausführliche Anwort, die auch sehr schön auf die Punkte eingeht, bzgl. derer ich neuerlich gedankliche Klarheit erlangen wollte.

:1.) Hände weg von jeglicher Bestrafung/"Unterordnung" in Zusammenhang mit "Fehlverhalten" :bei Begegnungen, vor allem nicht noch im Vorhinein einschüchtern und ermahnen!

Ja. In diesem Fall erübrigt sich sowohl Bestrafung als auch vorherige Ermahnung. Wie von Dir geschildert, ist der Hund bei einmal erlangter Aufmerksamkeit dermaßen im Rausch, dass ohnehin nichts ankommt und alles die Sache noch verschlimmert. Bei Hunden, die sich jedoch bereits am Halter orientieren und Signale aufnehmen, finde ich eine leise Ermahnung VOR der erwarteten Aufregung bisweilen hilfreich, damit die Ohren zurückgehen und der Gang weniger streifbeinig wird.

:Im Alltag ist wohl die von Martin genannte zweite Alternative - rasch und kommentarlos vorbeigehen,

Gerade das denke ich auch. Ich kann den Hund nicht Situationen aussetzen, denen er noch nicht gewachsen ist. Ein Alternativverhalten kann wohl dabei anfangs nur darin bestehen, dass Hund dmöglichst ruhif bleibt und die Klappe hält. Mehr ist zunächst nicht drin.

Zum Halti: Ich weiss durchaus, wie man den Hund mit Daumen und Zeigefinger daran führt ;-)
Was mich interessieren würde: wie machst Du das mit der zweiten Leine? Wenn diese vom Halter in der gleichen Hand gehalten wird wie die Haltileine, dann dürfte bei einem ungeschickten Hundeführer der gleiche Fehler auftreten, wie beim verwenden nur einer Leine.
Übrigens: ich habe auch schon Halti mit Brustgeschirr kombiniert, funktioniert auch.

Zur Desensibilisierung kann ich Dir nur zustimmen. Hast Du mal Erfahrungen damit gemacht, den Hund etwas im Fang tragen zu lassen, damit er bei Erregung in dem Dilemma steckt, dass er sein Apportel fallen lassen und damit preisgeben muß, wenn er sich aufregen will?

grinning smileyaher ist es sicherer, Du sagst ihnen, daß sie nur Weggucken vom passierenden Menschen/Hund yawning smileyder Blickontakt zum Besitzer anclicken sollen.

O.K. Das war eines meiner Hauptanliegen, fehlerhaftes Bestärken zu vermeiden, wenn die Halter mit dem Hund alleine unterwegs sind.

confused smileyollte das vor lauter Streß praktisch noch gar nicht vorkommen, müßt ihr einige Zeit in grinning smileyesensibilisierung stecken.

Das ist derzeit der Stand der Dinge. Wie schon erwähnt befinde ich mich wegen des weiteren Vorgehens noch in der gedanklichen Planung. Der Hund zeigt aber nach nunmehr drei Wochen erheblicher Umstellung der äußeren "Lebensbedingung" und des Verhaltens der Hundehalter schon eine wesentlich höhere Aufmerksamkeit den Haltern gegenüber.

:Falls Du englische Bücher liest sind folgende ein Muß: "Dogs are from Neptune" von Jean Donaldson

"Culture clash" habe ich, ist "Dogs are from Neptune" dann noch immer ein Muß? ;-)

und "On Talking Terms with Dogs - Calming Signals" von Turid Rugaas,

Habe ich auch.... samit Video...

Dazu noch eine letzte Frage:

Hast Du mal Erfahrung mit dem splitting-up gemacht:

Eine dritte Person geht zwischen zwei sich entgegenkommenden und passierenden Hunden durch, wenn diese beginnen sich aufzuregen?

Viele Grüße,

andreas

17. September 2000 20:50

Grüß Euch zusammen,

mit dem folgende vorschlag habe ich beste erfahrungen gemacht:

: Zur Desensibilisierung kann ich Dir nur zustimmen. Hast Du mal Erfahrungen damit gemacht, den Hund etwas im Fang tragen zu lassen, damit er bei Erregung in dem Dilemma steckt, dass er sein Apportel fallen lassen und damit preisgeben muß, wenn er sich aufregen will?

Dabei gibt es vielfältige gesichtspunkte.
Das dilemma ist einer. Als wichtiger hat sich für mich meien hund erwiesen, dass er seinen adrenalinschub in einen kräftigen biss in das apportel entladen konnte. Er hat wenigsten 10 fahrradtrinkflaschen auf diese weise geliefert. Ich habe ihm dann eine kräftige lederrolle anfertigen lassen.
Beim tragen respektiere auch die anderen hunde die situation (deine beute) und sind i.a. weniger auffordernd.
Das wichtigste aber ist folgendes: der hund verbindet irgendwann das tragen in der aufregenden situation mit der entspannung nach dem hineinbeissen. (Mirko hat das apportel auch als ersatzkatze totgeschüttelt.) Irgendwann hat er dann in situationen die ihn begannen aufzuregen, die lederrolle oder die wasserflasche, ersatzweise den regenschirm von mir gefordert. Das war aktive stressbewältigung von ihm. In diesem moment wurde mir auch klar, dass der hund nicht "so" ist, sondern dass er unter seiner eigenen physiologie leidet.

tschüß Martin & Mirko (der schon einmal 100 m mit dem regenschirm im fang einen hasen versucht hat zu überholen.)


17. September 2000 20:58

Lieber Martin,

da habe ich zum Abschluß des Tages noch einmal laut lachen dürfen, wofür ich Dir fast mehr danken muß, als für die praktischen Hilfestellungen !

:-)))))

andreas

18. September 2000 20:45

Hallo Andreas,

: Ja. In diesem Fall erübrigt sich sowohl Bestrafung als auch vorherige Ermahnung. Wie von Dir geschildert, ist der Hund bei einmal erlangter Aufmerksamkeit dermaßen im Rausch, dass ohnehin nichts ankommt und alles die Sache noch verschlimmert. Bei Hunden, die sich jedoch bereits am Halter orientieren und Signale aufnehmen, finde ich eine leise Ermahnung VOR der erwarteten Aufregung bisweilen hilfreich, damit die Ohren zurückgehen und der Gang weniger streifbeinig wird.

Klar, geschenkt! Wenn zwischen Mensch und Hund schon ein ganz guter Draht besteht und der Hund nicht allzu abgedreht ist, geht das natürlich.

: Was mich interessieren würde: wie machst Du das mit der zweiten Leine? Wenn diese vom Halter in der gleichen Hand gehalten wird wie die Haltileine, dann dürfte bei einem ungeschickten Hundeführer der gleiche Fehler auftreten, wie beim verwenden nur einer Leine.

Stimmt. Ich weiß, daß darüber sehr geteilte Ansichten bestehen und manche darauf bestehen, daß der und am Halti immer nur an einer zweiten oder Doppellleine geführt wird. Ich selber sehe das aber nicht so. Erstens aus vorher genannten Gründen: oft klammert sich der Halter dann weiter an der Halsbandleine fest und die Halti-Wirkung verpufft zu 80 %. Zweitens sind die wenigsten Halter in der Lage, in ihrer Aufregung mit zwei Leinen vernünftig umzugehen. Und auch ich selbst finde auf die Dauer das Gewickel mit zwei Leinen lästig. Die Gefahr eines Genickbruchs, was erstaunlich viele Halter befürchten, sehe ich an einer kurzen Leine am Halti nun wirklich nicht.

Daher lasse ich den Halter übergangsweise (ein paar Tage) zwei Leinen benutzen, bis der Hund sich vollständig an das Halti gewöhnt hat und klar ist, ob/daß der Hund nicht in manchen Situationen wie ein Verrückter tobt, so daß er sich aus dem Halti rausziehen könnte. Dann benutzen sie nur noch eine Leine am halti.

Es sei denn, der Hund kann rausschlüpfen, dann muß natürlich weiter mit zwei Leinen gearbeitet werden. Ich hatte mal so einen Hovawart, der hatte in ein paar Tagen bei seinem Frauchen gelernt, auf die Hinterbeine zu steigen und sich ein paar Mal zu drehen, bis die Leinen um seinen Kopf gewickelt waren udn damit das Halti wirkungslos! Ganz schön clever! ;-)))

Tja, und wenn der Halter dem Ding nicht traut, dann habe ich es schon so gemacht, daß er nur die Leine am halti in der Hand hat. Die Sicherheitsleine am Halsband übernehme ich, damit der Besitzer beruhigt ist, daß der Hund sich nicht losreißen kann. Und dann halte ich ganz fies die Halsband-Leine mit soviel Spiel, daß - falls der Hund zieht oder eine Attacke machen will - zuerst die Haltileine stramm wird, die der Besitzer hält. Der merkt dadurch dann doch sehr schnell, wie wirksam ein Halti sein kann, wenn man es richtig benutzt. Und daß die wenigsten Hunde rausschlüpfen können, wenn es richtig drum ist.

: Übrigens: ich habe auch schon Halti mit Brustgeschirr kombiniert, funktioniert auch.

Ja, das ist auch gut. Habe ich auch schon gemacht, z.B. bei "Entfesslungskünstlern".

: Zur Desensibilisierung kann ich Dir nur zustimmen. Hast Du mal Erfahrungen damit gemacht, den Hund etwas im Fang tragen zu lassen, damit er bei Erregung in dem Dilemma steckt, dass er sein Apportel fallen lassen und damit preisgeben muß, wenn er sich aufregen will?

Leider nein, aber Martin hat dazu ja schon was zu sagen gehabt.

: Der Hund zeigt aber nach nunmehr drei Wochen erheblicher Umstellung der äußeren "Lebensbedingung" und des Verhaltens der Hundehalter schon eine wesentlich höhere Aufmerksamkeit den Haltern gegenüber.

Das läßt sich doch schon sehr gut an!

: "Culture clash" habe ich, ist "Dogs are from Neptune" dann noch immer ein Muß? ;-)

Ja. Das sind sehr ausführlich beantwortete Fallgeschichten mit "Trainingsanleitungen" vor allem aus dem Bereich Aggression, sehr aufschlußreich.

: und "On Talking Terms with Dogs - Calming Signals" von Turid Rugaas,
: Habe ich auch.... samit Video...

Kannnst Du mir einen Tip geben, wo man das zugehörige Video bekommt? Neulich habe ich bei Legacy bby Mail geguckt, aber nichts gefunden.

: Hast Du mal Erfahrung mit dem splitting-up gemacht:
: Eine dritte Person geht zwischen zwei sich entgegenkommenden und passierenden Hunden durch, wenn diese beginnen sich aufzuregen?

Nein, davon habe ich noch nicht gehört. Ich weiß aber, daß manche Hunde das machen, z:B. neulich eine halbwüchsige Landseerhündin in meiner Junghundgruppe. Möglicherweise entschärft es die Situation, aber ob das auch für weitere Situationen hilft? Und etwas Vorsicht ist sicher dabei geboten, denn manche Hunde zwicken oder beißen ja aus Streß um sich - also dicke Hosen anziehen. ;-) Denn nur so auf Entfernung dazwischen gehen wird wohl nichts bringen - viele Leute versuchen ja, in solchen Situationen, dem Hund den Blick auf den Gegner zu verstellen, aber das hilft normalerweise nicht viel.

Viele Grüße,
Sabine



18. September 2000 20:52

Hallo Martin,

na, wer hat denn nun nachher den Schirm gehabt - Mirko, der Hase oder Du?
;-))))

: Irgendwann hat er dann in situationen die ihn begannen aufzuregen, die lederrolle oder die wasserflasche, ersatzweise den regenschirm von mir gefordert. Das war aktive stressbewältigung von ihm. In diesem moment wurde mir auch klar, dass der hund nicht "so" ist, sondern dass er unter seiner eigenen physiologie leidet.

Eben! Gerade darum ist es auch nicht so einfach mit dem "Ich als Rudelführer verbiete dir, Hund, dich aufzuregen!"

Viele Grüße,
Sabine