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Nein" - eine konditionierte "Strafe""

geschrieben von Martin + Mirko(YCH) 
Nein" - eine konditionierte "Strafe""
16. Juli 1997 12:34

Hallo Clicker-Fans und Neugierige

Das "Nein" als konditionierte Strafe.

Es wird immer wieder gefragt "wie kann ich meinen Hund davon abhalten ...?"
"Er hört nicht, auch wenn ich es verbiete" und so ähnlich.

Da der Hund unsere Sprache nicht versteht, nützt verbieten nichts. Das Verbotswort - eines! - keine ganzen Schimpftiraden - muss genauso konditioniert werden wie z.B. der Clicker als Belohnung.

Zwei gute Möglichkeiten haben sich bewährt:

- die SPRÜHFLASCHE (Blumenspritze oder zum Bügeln)Man füllt sie mit klarem Wasser und stellt auf einen möglichst breiten und feinen Sprühstrahl.
Man kann die Sprühflasche direkt anwenden gegen Anspringen oder auch Nachrennen bei Radfahrern. Direkt auf die Nase sprühen. Wer sich selbst einmal ansprüht und dabei kräftig einatmet, weiss wie angenehm das ist. Man sollte aber auf jeden Fall sachlich mit fester Stimme "Nein" oder ein selbstgewähltes anderes Wort sagen.
Stoppt der Hund das unerwünschte Verhalten, sofort in ein anderes umlenken z.B. Spiel oder "Sitz" und dann kräftig loben.


- Der BOMPER, ein zusammengerolltes Handtuch o.ä.; Ein Badehandtuch ist ideal.
Er wird einfach nach dem Hund geworfen. Bevorzugt ans Hinterteil und am besten, wenn ere gerade nicht herschaut.

Die Konditionierung:
Man wartet nicht, bis der Hund etwas ungutes tut. Im Gegenteilwenn er gerade entspannt durch die Gegend träumt, sagen wir "Nein!" und werfen unmittelbar danach den Bomper oder sprühen mit der Flasche.
Der Hund wird zumeist erschrocken und verwirrt sein. Wir warten zwei, drei Sekunden und rufen ihn dann freundlich zu uns, lassen ihn sitzen und loben ihn (streicheln o.ä.)

Diese Konditionierung muss höchstens 2-4 mal vorgenommen werden. Reagiert der Hund danach auf das "Nein!" nicht mit zur Seite springen, dann hat es damit keinen Zweck.

Wir können beim zweiten Mal bereits eine Verlockung zu einem unerwünschten Tun einbauen, aber nicht zu stark!

Wer glaubt, dass sein Hund sich nicht von einem weichen Handtuch beeindrucken lässt, kann ja eine Wette abschliessen. Gerade bei erwachsenen sehr selbstsicheren Hunden wirkt er phantastisch!
Bei Welpen bringt der Bomper anscheinend nichts, die betrachten ihn als Spiel. Der Hund sollte etwa die Pubertät erreicht oder hinter sich haben.

Abschliessend möchte ich bemerken, dass der Begriff Strafe in unserer Begriffswelt andere Begriffe wie Schuld und Sühne mit umschliesst. Er hat eine moralische Dimension.
Diese ist dem Hund völlig unbekannt und bleibt ihm unverständlich. Deswegen sind gestaffelte Strafen (je nach Schwere des "Vergehens" unsinnig.
Die Verhaltensforschung spricht statt dessen von aversiven Reizen, Empfindungen also, die das Tier vermeiden möchte. Wenn diese Reize sogleich in voller Stärke kommen und nicht etwa peu a peu, dann haben sie die nachhaltigste Wirkung. Nicht das, was uns als "richtige Strafe" erscheint, ist eine, sondern das, was das Tier durch Meideverhalten anzeigt, ist ein aversiver Reiz.
Der Vorteil einer so konditionierten "Strafe" ist, dass wir die eigentliche Strafe überhaupt nicht mehr anwenden müssen!

Wie immer gilt auch hier, versuchen!

Viel Erfolg wünschen Martin & Mirko


18. November 1997 12:57

hallo Martin

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Dich richtig verstanden habe"Nein" wird dann benutzt, wenn der Hund ein Verhalten zeigt, dass nicht erwuenscht ist (Bsp.Radfahrer jagen). Das Wort "Falsch" wird benutzt, wenn der Hund auf das Clicken mit etwas falschem reagiert (also nicht z.B. Sitz macht, wenn ich das von ihm wollte, sondern sich für Platz entscheidet?

Viele Gruesse

Petra


18. November 1997 14:31

Grüß Dich Petra

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Dich richtig verstanden habe"Nein" wird dann benutzt, wenn der Hund ein Verhalten zeigt, dass nicht erwuenscht ist (Bsp.Radfahrer jagen). Das Wort "Falsch" wird benutzt, wenn der Hund auf das Clicken mit etwas falschem reagiert (also nicht z.B. Sitz macht, wenn ich das von ihm wollte, sondern sich für Platz entscheidet?

Bingo!

Genauso ist es. Die Wirkung ist aber unterschiedlich. Bei NEIN wird der Hund erst einmal die Aktivitäten einstellen. Er wird entmutigt. Das ist der Sinn dieses Signals. Es darf im Ton Unmut ausdrücken.
Dann sollte er ein anderes Signal befolgen, z.B. KOMM oder SITZ.
Bei FALSCH ist es wie beim heiß-kalt-SpielDas war es nicht, aber mach weiter. Es lohnt sich!
Der Hund wird, wenn er das gelernt hat, auf einer hohen Motivation gehalten. Er ist weiterhin phantasievoll.
Von den Regeln der Operanten Konditionierung her gesehen, erhöht ein Signal, das "keine Belohnung" signalisiert, das Erlernen (Schnelligkeit und Sicherheit) eines Signals, das Belohnung anzeigt.

Aber ganz wichtig dabeineutraler Ton! FALSCH zeigt nie(!) Ärger an, sondern Ermutigung.

Also viel Spaß beim Üben
Grüße von Martin & Mirko


18. November 1997 14:38

kurzer Nachtrag

Das Wort "Falsch" wird benutzt, wenn der Hund auf das Clicken mit etwas falschem reagiert ...

Jetzt hab ich es erst gesehen. Um Mißverständnissen vorzubeugen. Nach dem Click darf der Hund jede Reaktion zeigen. Er empfindet sie als seine Belohnung.
Das FALSCH ersetzt den Click, wenn die Handlung bezw. ihr Ansatz nicht unseren Vorstellungen entspricht. Der Hund variiert dann sein Verhalten, bis das CLICK kommt.

Mirko hat auch schon einmal brav eine Katze ignoriert und ist an meiner Seite brav an ihr vorbeigegangen. CLICK und Umdrehen auf der Hinterhand war eines. Katze jagen ist halt ein Jackpot!

Grüße von Martin & Mirko


21. November 1997 07:57

Guten Tag

Eine grundsätzliche Frage an Martin.

Wie steht es bei der Konditionierung des "Neins!" bei übersensiblen
Hunden aus? Hunde welche durch eine katastrophale Haltung neurotisch
wurden?

Würde ich hier nicht mehr zerstören?

Vielen Dank für eine gelegentliche Antwort.


Beste Grüsse

Rolf


21. November 1997 10:40

Grüß Sie Rolf,

Ihre Frage

Wie steht es bei der Konditionierung des "Neins!" bei übersensiblen
Hunden aus? Hunde welche durch eine katastrophale Haltung neurotisch
wurden?

Würde ich hier nicht mehr zerstören?

muß ich mit JA beantworten. Bei sehr sensiblen Hunden reicht bereits der hörbare Stimmungsumschwung in der Stimme. Der Hund wird zumeist in irgendein Meiden verfallen.
Dann kommt das Locken (Herbeirufen) mit sehr freundlicher Stimme und sofortigem C&B sobald sich der Hund in unsere Richtung in Bewegung setzt. Dem sensiblen Hund müssen wir klare Stimmungen zeigen, auf die er sich verlassen kann.
Ein Hund wird ja neurotisch, weil er auf Signale, die er nicht unterscheiden kann, einmal ein Lob, einmal eine Strafe erhält. Das macht uns für ihn unberechenbar. Er wird versuchen, uns zu meiden.
Und wie Ihnen natürlich klar ist, hat die Sensibilität eines Hundes nicht das geringste mit seiner Körpergröße zu tun.
Ein Fehler von 3 Sekunden kann das in vier Wochen aufgebaute Vertrauen zerstören.

viele Grüße von Martin & Mirko