Hallo Anja,
: Wir jagen leider immer noch,
: wenn auch bisher erfolglos.
Das ist schon mal gut (für die Gejagten) . Macht die Sache aber nicht leichter für Dich :-)
: aber sie geht auch kaum ein paar Schritte
: vernünftig an der Leine.
Ja, da fängt das Problem schon an ...
Es ist imo überhaupt nicht sinnvoll, einen jagdlich motivierten Hund beim Spaziergang ständig an der (kurzen) Leine zu führen. Ich denke, es ist besser, auf eine Kombination aus Brustgeschirr und Fährtenseil (Riedschnur, 5mm Durchmesser, 15m lang mit Aluhaken; gibts im Bergsportladen) umzusteigen. So kannst Du je nach Situation ihren Freiraum "einstellen".
JEDE, absolut JEDE Kontaktaufnahme Deines Hundes zu Dir wird mit CT bestärkt (Blickkontakt). Welchen Bestärker Du wählst, entscheidet Dein Hund ;-) Enorm hilfreich ist es bestimmt, wenn Du nur noch einmal täglich, und zwar abends, fütterst. Als Kontrastprogramm solltest Du bei den Spaziergängen immer eine gute Ladung feinster, möglichst übelriechender Leckerchen bei Dir haben :-)
Rede wenig mit ihr beim Spaziergang - außer wenn sie sich zu Dir orientiert - dann gibt´s Click und Futter und Spaß und Freude und Himmelhochjauzen :-) Läuft sie ans Ende der Fährtenleine, bleibst Du wortlos stehen...schaut Sie zu Dir, geht´s weiter. Vielleicht wird zu Beginn gar nichts gehen. Es wird daaauuuuern. Unter Umständen dauert es Monate, bis Du die Leine schleppen lassen kannst. Dann wird sie langsam abgeschnitten. Vielleicht dauert´s auch nur zwei Wochen ? Wer weiß dass schon. Übrigens, die 15m können zu Anfang zu lang sein. Das mußt Du rausfinden.
Etabliere ein Signal für "Blickkontakt aufnehmen" (am Besten ihren Namen) und "Zu Frauchen laufen" (Pfiff einer Pfeife) - das sind zwei unterschiedliche Signale, die aber in gewisser Weise eine Signalkette bilden. Der Name bedeutet : "Bleib stehen, schau zu mir, warte auf weitere Instruktionen". Der Pfiff, manchmal auch ein "Weiter", "Fein" oder anderes Signal löst es auf. Bring´ ihr "Touch" bei und biete die Hand als Target nach dem Blickkontaktaufnehmen an, so zeigst Du ihr schon sichtbar, dass eine Bestärkung in greifbare Nähe gerückt ist. Überhaupt ist Target-Training eine hervorragende Angelegnheit bei Jagdverhalten. An "schwierigen" Stellen hängst Du sie einfach ans Target ;-) Nach einer Weile hat sie das rasu und kommt gleich zu Dir. Versuche Deine Spaziergänge zu Beginn möglichst am gleichen Ort zu gestalten - Stichwort: Ortslernen. Das macht es leichter. Bis das alles an der Fährtenleine 120% sitzt kann es lange dauern, einige Monate wahrscheinlich. Zu den Themen Signallernen, Target u.s.w findest Du in Martins Buch viele hilfreiche Tips und Infos.
Wenn es ganz schlimm ist, mußt Du Deine ersten Trainingseinheiten auf ein Wohngebiet - womöglich einen Schulhof verlagern. Gehe zunächst nicht im Dunkeln mit ihr in die Felder, das wird nix.
: Auf Feldern läßt sie sich solange gut abrufen,
: bis sie eine Hasenspur o.ä. entdeckt.
Hasenspuren sind prima. Da kann man üben. Notwendig ist aber 100% ige Kontrolle darüber, dass sie nicht alleine stibitzen geht.
: Ich würde ihr ja wirklich gerne erklären,
: daß Hund und Mensch im Rudel jagen und
: Mensch das Startsignal gibt,
Ja, das ist so eine Sache. Die Erstzjagd :-) Das kommt auf die Motivation Deines Hundes an und läßt sich nicht pauschaul sagen. Bei dem einen ist es ein Futtersuchspiel, bei dem anderen ein Actionspiel mit Beutezerren und beim dritten kommt einfach dass gemeinsame Verfolgen der Fährte gut an. Manchmal reicht es auch, ein Stück mit dem Hund zu rennen. Finde es raus.
: aber bisher teilt sie die Aufgaben selber ein,
: dh sie jagt und ich kann ja schon mal das
: Brennholz sammeln.
*grins*
: sondern wird im Frühjahr 8 Jahre.
Das spielt keine besondere Rolle.
Zum Schluß:
Oben waren die praktischen Tips. Jetzt noch etwas grundsätzliches. Training ist nur möglich, wenn Du die Kontrolle darüber hast, welches Verhalten bestärkt wird. Das bedeutet, dass Du zum einen die Bestärker kontrollieren mußt (das Verfolgen einer Fährte / das Hetzen *ist* ein Bestärker) - dafür brauchst Du körperliche Kontrolle. Der Hund muß die Chance haben heraus zu bekommen, *was* er stattdessen tun soll - nicht zuletzt deswegen muß er auch rauskriegen dürfen, dass Fährten verfolgen (ohne Dich) *nicht* funktioniert (deswegen die LANGE Leine, damit sie die Fährten finden, aber nicht verfolgen kann).
Was immer funktioniert, ist mit Dir zu interagieren, dass wird bestärkt. Zunächst übrigens mit hoher Rate, mach Dir erstmal keine Gednken um variables Bestärken. Dieser Lernprozess ist unglaublich komplex, die Kontingenz für den Hund sehr schwierig zu erkennen. Hilf´ihr, wo es geht - mit geeigneten Verstärkern, nicht mit locken ! Es geht übrigens auch um Kommunikation und Rudelverhalten - ganz wie es Andreas und Martin gesagt haben. Das hat, glaube ich, nichts mit Rudelführerschaft zu tun. Jagdverhalten zu verändern ist keine Frage der Dominanz *grusel*, sondern ein Zusammenspiel aus sozialem Lernen und - natürlich - operantem Lernen sowie der Biologie des Rudeljägers "Hund". Jagdverhalten ist *auch* (nicht nur) soziales Verhalten, und es ist wichtig, dass ihm Kopf zu haben. Ein vielschichtiges Thema. Ohne den Hund zu kennen, um den es geht, ist es wahnsinnig schwer, vernünftig anwendbare, praktische Tips zu geben.
Versuch mal, ob Du mit der Fährtenleine und dem Bestärken von Blickkontakt weiterkommst...wenn Du wirklich was ändern willst, wird jeder Spaziergang eine Trainingseinheit sein müssen - das bedeutet auch, dass Du alleine laufen mußt: nur Du und Dein Hund ! Ist viel Arbeit .... die sich am Ende aber bestimmt lohnt.
Viel Spaß beim Training und guten Rutsch ins Neue Jahr :-)
Ciao
Rolf & Barney