Hallo Max,
: IST JA NIEDLICH, IM WELCHEM ZIRKUS TRITT DER DANN AUF???
: AUCH EINE ART HUNDGERECHTES LEBEN:
Ich finde diese Aussage gar nicht so unberechtigt, es sind für die kurze Zeit ja wirkliche viele Kunststückchen (mir ist erst beim Schreiben aufgefallen, wieviele es eigentlich sind). Ich will dir aber gerne erklären, warum ich das mache:
Ich nahm Lucifer aus dem Tierheim mit, als er drei Monate alt war (vom TH gefunden als ca. 8 Wochen alt); er tat mir furchtbar leid, weil mir der Pfleger sagte, dass er aufgrund seines Verhaltens nur sehr schwer vermittelbar wäre (man sah im an, dass er einmal ziemlich groß würde).
Sobald er sich außerhalb des ihm bekannten TH-Geländes befand, legte er sich mit eingezogenem Schwanz auf den Boden und bewegte sich nicht mehr. Wenn sich ihm Menschen näherten, bellte er aggressiv und machte Scheinangriffe; wenn sie ihm zu nahe kamen, biss er auch schon mal heftig zu.
Bei Hunden wurde er schon auf weite Entfernung hysterisch und warf sich ins Halsband bis er keine Luft mehr bekam und sich fast übergeben musste. Er spielte nicht mit ihnen, sondern rannte kläffend auf sie zu, biss sie in den Rücken und rannte dann mit eingezogenem Schwanz wieder weg. Außerdem kannte er keine hündische Korpersprache, unterwarf sich also nicht und akzeptierte das auch nicht von anderen.
Zusätzlich leidet er unter starker Trennungsangst; so lange ich ihn in einem Raum alleine lasse, sitzt er winselnd vor der Tür und starrt die Türklinke an. Ich habe einmal 30 Minuten gemessen, in denen er sich keinen cm bewegt hat und auch nicht den fleischigen Knochen angerührt hat, der neben ihm lag.
Tja, das sind nur einige seiner Probleme, an denen wir noch immer arbeiten. Wir probieren zwar im Moment gerade die zweite Hundeschule aus, aber da wird uns nicht wirklich geholfen (er ist eher völlig überfordert mit der Masse an Hunden um ihn herum).
Vielleicht (vielleicht auch nicht) verstehst du ja, dass es gerade bei ihm wichtig ist, dass es etwas gibt, das er gut kann, das ihn vor seiner Nervosität und Hyperaktivität ablenkt, und bei dem er sich sicher sein kann, dass er eine positive Reaktion bekommt. Ich habe nämlich bald gemerkt, dass er eine sehr schnelle Auffassungsgabe hat und schnell lernt, solange er nicht von seiner Angst abgelenkt wird.
Unsere tägliche Clickerübungs-Routine entspannt Lucifer sichtlich, nachdem er auf Spaziergängen meist wie ein gehetztes Reh von einer Seite zur anderen schielt.
Inzwischen können wir relativ entspannt an anderen Menschen vorbeispazieren, und im Park spielt Lucifer zwar mit Maulkorb aber ohne Leine mit anderen Hunden. Letzte Woche hat er sich das erste Mal vor einem Weibchen unterworfen, da war ich richtig stolz auf ihn. Auch ihn Gebäuden attackiert er nicht mehr jeden (das war anfangs richtig schlimm), sondern von manchen Menschen läßt er sich sogar schon anfassen. Manchmal bekommt er beim Spaziergang zwar noch scheinbar unerklärbare Angstanfälle, oder er stellt plötzlich die Haare auf und knurrt jemanden an (ich konnte da noch keinen Zusammenhang feststellen), aber es wird immer besser.
Um also noch einmal auf deine Frage zurückzukommen:
IST JA NIEDLICH, IM WELCHEM ZIRKUS TRITT DER DANN AUF???
AUCH EINE ART HUNDGERECHTES LEBEN:
Ich fürchte, im Zirkus würde er sich sowohl vor den anderen Tieren als auch vor den Zuschauern zu sehr fürchten; vielleicht kommen wir aber später einmal darauf zurück, wenn uns jemand ein gutes Angebot macht ;-)
Und zum anderen... ich glaube nicht, dass es zum hundegerechten Leben gehört, dass der Hund zitternd auf dem Boden liegt und panisch um sich beißt. Das gehörte aber leider anfangs zu unserem Alltag, und ich denke, wir haben bis jetzt das beste daraus gemacht.
In diesem Sinne viele Grüße und entschuldigung, dass ich dich vollgeschwafelt habe,
Babsi und Lucifer