Handscheuheit wegclicken?
28. Februar 2001 16:04

Ich schon wieder. Mir ist gerade eingefallen, was ich noch fragen wollte.
Bei uns im Verein gibt es einen Mischling, der allen Fremden gegenüber sehr misstrauisch und handscheu ist. Ich (als Ausbilderin, die sich oft in seiner Nähe aufhalten muß) habe mit ihm angefangen zu clicken, damit er etwas mehr Selbstvertrauen bekommt und vor allem Vertrauen in mich, damit er sich durch mich nicht mehr irritieren läßt.
Nach zögerlichem Anfang hat er sich dann aber doch von den Leckerlies überzeugen lassen und machte mit. Gestern habe ich dann angefangen darauf hinzuarbeiten, daß er sich auch mal anfassen läßt. Ich habe ihn also erst auf die Berührung meiner Hand geclickt, die immer dichter an meinen Körper heranging. Das war kein Problem. Er hat sogar bereits an der Hand geleckt. Und am Ende der Einheit waren wir soweit, daß ich ihn immerhin kurz unterm Kinn berühren konnte, während er an meiner Hand schnüffelte.Aber nur kurz. Nach mehr als 1 Sekunde zog er sich zurück und verzichtete aufs Leckerli (ist ja auch okay, war ja erst der Anfang).
Nun meine Frage: wie clicke ich jetzt weiter, daß er sich immer mehr anfassen läßt? Eigentlich sollte doch die Aktion hauptsächlich von ihm ausgehen, das Anfassen würde aber ja von mir kommen, oder? Bin ich auf dem richtigen Weg und muß die Berührungen unterm Kinn erst verlängern und dann wieder in ganz kleinen Schritten auf den Körper ausdehnen?
Oder gibt es einen anderen Weg?

Danke für einen Tip, denn ich würde gerne dafür sorgen, daß dieser Kerl endlich wieder ruhig arbeiten kann, ohne mich ständig aus dem Augenwinkel zu beoachten.

Gruß, Diana, Jackie und Justin


28. Februar 2001 20:24

Hallo Diana,

: Danke für einen Tip, denn ich würde gerne dafür sorgen, daß dieser Kerl endlich wieder ruhig arbeiten kann, ohne mich ständig aus dem Augenwinkel zu beoachten.


Da bist Du möglicherweise zu früh mit dem Anfassenwollen. Wenn der Hund auch ohne Deine manuellen Annäherungsversuche mißtrauisch ist, dann sollte zunächst angstfreies Aufhalten in Deiner oder anderer Menschen Nähe bestärkt werden. Erst wenn dies sicher ist, kann direkter Körperkontakt kommen. Da würde ich ihn auch nicht mit Leckerchen locken.Um mit einem Hund zu arbeiten(woran?) ist es nicht erforderlich, ihn berühren zu müssen. Die Hand kommt, wenn überhaupt, gaaanz spät. Das Akzeptieren von Berührungen würde ich mit dem Touch-Stick beginnen, der immer kürzer wird, dann kann es ein Finger sein, später die ganze Hand, zunächst an *einer* Körperstelle(z.b. Brust). Können die Besitzer den Hund überall anfassen?
Also: klitzekleine Schritte

Viele Grüße

Carola

28. Februar 2001 20:46

Hallo,
ich denke, du verlangst zuviel von dem Mix. welche Gründe der Hund auch immer haben mag, vor der Nähe steht vertrauen und das kannst du mE nicht "erclickern".
Berührung heißt Bedrohung. Für den Mix wäre die eigentliche Belohnung nach dem Click das Weggehen können.
Wenn du bei Berührung clickst, clickst Du auch seine nicht unbedingt positiven empfindungen.
Du sagst, er soll endlich neben/mit Dir entspannt arbeiten können. Warum mit Dir? er braucht dich, sorry, doch nicht zu akzeptieren. Respektiere seine Ängstlichkeit und lasse ihn freiwillig kommen. Signalisiere ihm mittels Körpersprache die richtigen Signale, dann geht er freiwillig mit Dir, oder auch nicht, wenn ihm nicht danach ist.

mein eigener Hund ist scheu. Ihn einem Fremden mit Leine in die Hand zu drücken wäre seelische und psychische Vergewaltigung. Er sucht sich seine Leute aus, mit denen er kann. Es sind nicht viele. Mein Hund leidet nicht darunter, weil ich immer akzeptiert habe, daß er ein angeboren scheuer Hund ist und weil ich ihm immer Alternativen gegeben habe, immer freie Entscheidung, weil er nie bedrängt wurde. Er ist dadurch trotz Scheuheit so stabil, daß er in meinen Kursen auch mal aus Versehen von Kindern angerempelt werden kann. Er beißt nicht, wird nicht hektisch. Er geht, weil er gelernt hat, frei zu entscheiden.


Und wenn er Dich immer fixieren muß (obwohl er bei den Besitzern ist?), dann bedrachtet er Dich wohl als "Störfaktor" und seine Leute als zu wenig Sicherheit gebend. Und daran solltet ihr arbeiten, und nicht, ob sich der Hund nun angrabschen läßt. Sorry diesen Ausdruck, aber beim Hund wird es mit Sicherheit so empfunden.
Liebe Grüße
ChristineHd

28. Februar 2001 23:25

Grüß Dich Diana,

das problem handscheuheit - menschenscheuheit wird uns immer wieder begegnen. Du hast ja schon zwei gute antworten bekommen. In der tat antwortet jeder von seinem erfahrungshintergrund aus und ich kann beide nur bestätigen.
Ich habe in solchen fällen schon ganz extrem gearbeitet, mich mit einem leckerle hingestellt, mit dem rücken zum hund und wenn der den mut zusammenraffte, an der hand zu schnuppern, ließ ich das leckerle fallen und ging ein paar schritte weg.
Ich habe in schwierigen fällen die aktive berührung vermieden, sondern nur, nachdem er an der hand geschnuppert hatte (oft bestärkt), diese vor dem click ein wenig an den lefzen nach hinten gezogen. Diese geste ist aus dem schnauzenstoss abgeleitet und wirkt ebenfalls beruhigend.
Übrigens leite ich kinder, die gern einen hund streicheln möchten, an, erst den hund an der hand schnuppern zu lassen, "sich vorstellen - den geruchsnamen sagen" und dann wie gesagt an der lefze entlang.
Bewege dich immer wieder aktiv weg vom hund. Dann siehst du, ob er die situation verkraftet und schließlich selber wünscht, dir nah zu sein.

Alles gute - tschüß Martin & Mirko