Dauerbellen abstellen mit Clicker?
04. April 1999 16:28

Hallo Martin!
Und wieder mal ein Anfänger, der Rat sucht! Unser Problem: Das Bellen. Ich habe mit meinem Hund (Collie-Mix, 7 Jahre) viele Jahre "konventionell" gearbeitet. Allerdings nie besonders motiviert, da starke Motivation dazu führte, dass er anfing wie wild zu bellen. Ich hatte dann Probleme mit der Platzablage, weil Jacky da (bestenfalls) lag und bellte. Auf Anraten eines anderen Ausbilders ("Dein Hund verarscht dich!"winking smiley bin ich dann dazu übergegangen, Jacky für's Bellen zu bestrafen. Zwar ungern, aber das klappte ganz gut. Ich konnte von da an auch mit Ball arbeiten und Jacky hatte insgesamt mehr Spaß auf dem Platz. Da ich seit Dezember weiß, dass Jacky nicht mehr im THS laufen darf (HD etc.), begann ich mich für Obedience zu interessieren und kam so auch "auf den Clicker". Nun macht es sich nicht besonders gut, wenn man "Guck" übt und dem eifrigen (schön!), kläffenden (schade auch!) Hund dann eins auf die Nase haut. Das Vertrauen ist hin. Klar!
Also habe ich mit ihm auf dem Platz "Nicht-Kläffen" geübt: Mit dem Ball motivieren, sitzen lassen, wenn er nicht bellt = Ball, wenn er bellt = "Nein" und neuer Versuch. Das funktioniert auch. Ich habe das dann auf verschiedene Übungsteile ausgeweitet: Vorsitzen ohne Bellen, Rumkommen ohne Bellen etc. Das klappt auch ganz gut. Probleme gibt es, wenn ich nicht mit ihm arbeite und nicht den Ball als "Erpressung" benutze. Also z.B. auf Spaziergängen, wenn ich andere Leute mit Hunden treffe (Meine Schuld, ich habe ihm früher den Ball oft gegeben, damit er Ruhe gab!)
Ich bin jetzt unsicher. Es gibt doch drei Möglichkeiten, oder?
a) C+B wenn er ruhig ist. Problem: Bestätige ich dann nicht das Bellen in der Verhaltenskette (Bellen - Ruhe - C+cool smiley mit? Wenn ich das so machen wollte, müsste ich doch die Anforderungen steigern oder? Aber wie gesagt, er bellt oft ewig!
b) Strafen: Ich war mir nicht sicher, ob man beim Clicker-Training überhaupt straft, aber laut der Diskussion über Entscheidungslernen schon oder? Kann ich auch mithilfe einer Wurfkette das "Schluss" oder "Nein" negativ konditionieren? Ich benutze aber das "Nein" sonst eher als Warnung. Das ist doch ein Unterschied oder?
c) Ignorieren: Das Problem: Das kann ewig dauern! Ist Bellen evtl. Selbstbelohnung?
Habe ich noch was vergessen? Oder etwas falsch verstanden?
Ich habe es jetzt 2 1/2 Wochen mit Ignorieren und C+B, wenn er ruhig ist probiert. Das "Ball-Fordern" ist viel weniger geworden, da das einfach keinen Erfolg hatte (habe ich ignoriert). Manchmal bellt er zwar noch lange, weil er sich ärgert, dass ich ihn nicht beachte, aber er fängt auch schon an, andere Sachen zu probieren (anspringen etc.). Das ist doch ein Zeichen dass er arbeitet, oder? Wenn er als Ersatzhandlung etwas Akzeptables macht (z.B. Stöckchen holen) kommt von mir C+B, dann kommt er allerdings manchmal und fängt wieder an. Ich gebe ihm dann auch nicht den Ball sondern "nur" Lecker.
Auf dem Platz geht es auch schon viel besser. Mit Hilfe des Balles lässt er sich quasi "erpressen". Er will arbeiten und weiß, dass das nichts wird, wenn er bellt.
Aber gerade, wenn ihm langweilig ist, oder wenn ihn irgendwas erregt, bellt er, dass mir (und Leuten, die das Pech haben, sich in unserer Nähe zu befinden) die Ohren scheppern.
Was dann? Soll ich ihn doch strafen? Soll ich ihn belohnen, wenn er (endlich) ruhig ist, oder ignorienen (Selbstbelohnung?)?
1000 Fragen, sorry! Wenn du mal Zeit findest, mir einen Tip zu geben, wäre ich dir sehr dankbar!
Kiki und Jacky

04. April 1999 17:57

Grüß Dich Kiki,

ein wunderbares beispiel:

du hast eine zum bellen neigende rasse (collie) und hast ..

: ihm früher den Ball oft gegeben, damit er Ruhe gab!)

das genau ist der punkt. du hast ihn systematisch zum bellen erzogen. das ist kein vorwurf - eine einfache feststellung.

hättest du, wie du es später gemacht hast, den ball gegeben, NACHDEM er ruhe gegeben hat, wäre das problem nicht so groß geworden.

: Ich bin jetzt unsicher. Es gibt doch drei Möglichkeiten, oder?
: a) C+B wenn er ruhig ist. Problem: Bestätige ich dann nicht das Bellen in der Verhaltenskette (Bellen - Ruhe - C+cool smiley mit? Wenn ich das so machen wollte, müsste ich doch die Anforderungen steigern oder? Aber wie gesagt, er bellt oft ewig!

du hast recht, diese verhaltenskette ist da. der hund kann nur von seiner erfahrung ausgehen. du mußt die zeit systematisch verlängern. wenn er weiß, daß du den ball hast und er hört nicht auf, lege den ball wortlos irgendwohin, wo er ihn nicht erreicht, gehe woanders hin und beachte ihn nicht.
wenn er dich zu ermuntern versucht, ohne zu bellen, gehe richtung ball, fängt er an, kehre um.

die taktik in solchen fällen ist immer die gleiche: tue das gegenteil von dem, was der hund offensichtlich durch sein unerwünschtes verhalten eerreichen will. dazu brauchst du keinen clicker, aber dafür ein sauberes schema.

: b) Strafen: Ich war mir nicht sicher, ob man beim Clicker-Training überhaupt straft, aber laut der Diskussion über Entscheidungslernen schon oder? Kann ich auch mithilfe einer Wurfkette das "Schluss" oder "Nein" negativ konditionieren? Ich benutze aber das "Nein" sonst eher als Warnung. Das ist doch ein Unterschied oder?

ja, das ist ein unterschied. mit eigneltichen "strafen" wirst du keinen großen erfolg haben, solange der hund gelegentlich für´s bellen belohnt wird. da must du höllisch drauf achten.
ich selber als experimentierfreudiger hundehalter würde jetzt daniels SSST ausprobieren. stoppt nämlich der hund das bellen auch nzur für sekunden, hast du eine mittel, daß erwünschte verhalten herbeiführen und anschließend bestärken zu können, ohne dich beim warten schwarz zu ärgern. beim shaping gilt ja die regel, wie ich den anfang erreiche, ob mit list oder tücke, ist egal, hauptsache man hat den zipfel des anfangs.

: c) Ignorieren: Das Problem: Das kann ewig dauern! Ist Bellen evtl. Selbstbelohnung?

es gibt leute, die meinen, das sei so. wenn es nicht aufhört, wird es wohl so sein. aber es gibt auch stereoty gewordene verhaltensformen. das dürfte in eurem fall nicht zutreffen, vermute ich.

: Aber gerade, wenn ihm langweilig ist, oder wenn ihn irgendwas erregt, bellt er, dass mir (und Leuten, die das Pech haben, sich in unserer Nähe zu befinden) die Ohren scheppern.

Jacky sucht deine aufmerksamkeit. gibst du sie - ist er bestärkt! kümmer dich in solchen fällen gar nicht um ihn. belohne aber alles andere als bellen.

: Was dann? Soll ich ihn doch strafen?

vergiß es - das ist aufmerksamkeit. und weißt du, ob dein tun für ihn eine strafe ist?
(es gibt den bösen spruch aus ländlichen gegenden: "mein mann liebt mich nicht mehr - er hat mich schon vier wochen nicht mehr geprügelt."winking smiley

: Soll ich ihn belohnen, wenn er (endlich) ruhig ist,

JAAA, aber zunehmend länger ruhig bleibt. zähle die zeit!

auf dem hundeplatz kannst du ihn anbinden (lange leine) und ein wenig weggehen.
bellt er - gehst du weiter weg,
schweigt er (10 sekunden und steiger) - kommst du zu ihm, spielst eventuell.
fängt er beim kommen wieder an zu bellen - drehst du dich abrupt um und gehst wieder zurück.

wenn du das durchhältst - bist du anschließend weit weg von deinem hund oder
du bist bei ihm, spielst und er hält die klappe.

du hast schon einen hervorragenden anfang gemacht. du mußt nun sehr aufmerksam dabei bleiben.
es steht dir nämlich eines der "lerngesetze" bös dagegen: "ein verhalten, das gelegentlich bestärkt wird, wird gegen löschen gesichert. auch ein gelöschtes verhalten kann nach wenigen bestärkungen wieder in voller intensität auftreten."
deswegen mußt du peinlich darauf achten, daß Jacky sowenig wie möglich positive folgen seines bellens erlebt.

tschüß martin & mirko











04. April 1999 17:50

Hallöchen,

bellen ist ganz bestimmt nicht selbstbelohnend. Für mich hört es sich eher an, als hättest du ihn bisher sehr oft unbewusst fürs bellen belohnt, so daß sich bei deinem Hund in bestimmten Situationen eine sehr grosse Erwartungshaltung aufbaut. Er bellt offenbar aus Vorfreude auf das, was bald passieren wird. Also musst du die entsprechenden Situationen, wegen denen er anfängt, zu bellen, herausfinden, und sobald er bellt, etwas ganz anderes tun, als du normalerweise in der situation tun würdest. Du bist ja auf dem richtigen Weg, allerdings denke ich, daß C+B nicht notwendig ist, da er dadurch ja wieder beachtung erfährt, und somit logischerweise wieder anfängt zu bellen (in manchen situationen). Wende dich einfach immer nur von ihm ab, wenn er bellt, geh weiter (stehenbleiben kann auch schon bestätigung sein) ohne Kommentar und Blickkontakt.

Bis dann

Franziska

21. April 1999 17:57

Hallo Martin!
Nach mehrwöchiger Übung muss ich doch noch mal ein paar Sachen nachfragen. Aber insgesamt ist es mit der Bellerein viel viel besser geworden. Das hätte ich echt nie gedacht! Dank CT-Anstoß, super!

: wenn er weiß, daß du den ball hast und er hört nicht auf, lege den ball wortlos irgendwohin, wo er ihn nicht erreicht, gehe woanders hin und beachte ihn nicht. wenn er dich zu ermuntern versucht, ohne zu bellen, gehe richtung ball, fängt er an, kehre um.
Diese Übung klappt irgendwie nicht, er bellt dann den Ball an, den er nicht erreicht und hört nicht auf. Auf dem Platz klappt das mit dem Anbinden und weg- bzw. hingehen aber super!

: die taktik in solchen fällen ist immer die gleiche: tue das gegenteil von dem, was der hund offensichtlich durch sein unerwünschtes verhalten erreichen will. dazu brauchst du keinen clicker, aber dafür ein sauberes schema.
: Jacky sucht deine aufmerksamkeit. gibst du sie - ist er bestärkt! kümmer dich in solchen fällen gar nicht um ihn. belohne aber alles andere als bellen.

Mein Verhalten war, da seine Bellerei ja meist mit dem Fordern des Balls zusammenhing meist die, dass ich ruhig "Nein" gesagt, den Ball weggetan und ihn ignoriert habe. Jetzt hat er seit etwa einer Woche den Trick entwickelt, dass er bellt wenn er keine Lust auf etwas hat, weil ich ihn ja dann in Ruhe lasse. Also habe ich mit ihm bellen und "ruhig" sein auf Kommando geübt. Wenn er jetzt bellt, ohne dass das mit dem Ball zu tun hat, sage ich "ruhig". Wenn er dann still ist (eine angemessene Zeit)lobe ich ihn, wenn nicht, ignoriere ich ihn dann.
Das funktioniert auch ganz gut. Oft kommt er dann überhaupt erstmal wieder aus seiner Aufregung raus und kann dann ganz in Ruhe etwas anderes machen (wofür ich ihn dann bestärke).Ist das okay oder ist das genau die Aufmerksamkeit, die ich vermeiden sollte?

: deswegen mußt du peinlich darauf achten, daß Jacky sowenig wie möglich positive folgen seines bellens erlebt.
Es lässt sich manchmal nicht vermeiden, dass jemand ein Stöckchen wirft während er bellt. In der Regel reicht es dann, wenn ich in dem Moment "Nein" rufe, wenn Jacky los laufen will und er holt den Stock dann nicht. Dann ist doch die Bestärkung durch den Stock vereitelt, oder? Stattdessen kann ich ihn dann doch dafür loben wenn er zu mir kommt?
Was meinst du, kann er lernen, dass die Bellerei bei mir keinen Zweck hat, bei anderen u.U. schon?

Die erfolgreichsten Konditionierungsübungen mache ich im Moment mit unserer Katze. Chili ist noch völlig unverdorben, dank Thunfisch aus der Dose ein williges "Opfer" und darüberhinaus völlig begeistert. Er macht inzwischen "Sitz" und "tote Katze"!

Vielen Dank schon mal für deine Antwort.
Tschüß Kiki + Jacky