Frage von Anfänger
28. April 2001 08:32


Hallo
Ich habe ein paar Fragen zum Clickertraining.
Die Vorgeschichte.
Meine Eltern ( Rentner ) haben sich vor Fünf Jahren einen Mittelschnauzer angeschafft zuvor hatten sie bereits vier Zwergschnauzer (ohne Probleme). So dieser Mittelschnauzer ist von Anfang an sehr eigenwillig aber das schlimmste ist das er selbst nach einer Fahrradtour von 15 Km anschließend auf dem eigenem Grundstück (1m hoch eingezäunt) kaum von der Leine gemacht ausbüchst über den Zaun springt und dann wie wild über die Felder tobt was der Förster natürlich gar nicht gerne sieht . Außerdem jagt der Hund bei der Gelegenheit auch gerne Faradfahrer und Autos was natürlich für beide Beteiligten nicht ungefährlich ist.
Meine Eltern wissen sich Mitleerweilen überhaupt nicht mehr zu Helfen .
Als letzten Ausweg sollt nun ein Teletacker Halsband her (auch als letzter Ausweg von verschiedenen Hundeausbildern empfohlen) damit man den Hund in dem Moment des Fehlverhaltens abstrafen kann .
Auf der suche danach bin ich auf das Clickertraining hier gestoßen und war eigentlich sehr Positiv angetan.
Also gleich die Anleitung ausgedruckt und damit zu meinem Vater . Der war sofort bereit es auszuprobieren wenn auch mit leichter Skepsis aber er möchte seinen Hund auch nicht gerne mit einem Teletacker Quälen.

Nun zum Ablauf da der Hund z.B Sitz und Platz schon beherrscht gibt mein Vater den Befehl dazu wenn der Hund Sitz macht folgt C. und anschließend B. ich hoffe das ist richtig so. Der Hund macht aufmerksam mit weil er natürlich weiß das er dafür etwas leckeres bekommt.
Mein Vater ist auch ehrgeizig (wenn auch ein bisschen Skepsis ) bei der Sache er fragt jetzt wie er mit dem Clickertraining den Hund vom Auto und Faradfahrer jagen abhalten kann ????

Danke im voraus
Uwe


29. April 2001 13:37

Hallo Uwe
Puuh, du stellst vielleicht einfache Fragen :-))
Nee, erst mal Gratulation, dass sich dein Vater auf das operante Konditionieren einlaesst.
Es kommen mir spontan mehrere Ideen, aber so auf die Schnelle geht's nicht, geht es mit dem Hund nicht und nicht mit dem Rat geben. Hat ja auch fuenf Jahre gedauert, bis es untragbar wurde. Sorry, aber ich moechte nicht, dass du dir da Illusionen machst.
Ich moechte da erst mal ein paar Schritte zurueck tun, auf die Gefahr hin, dass ich dir Dinge sage, die dir schon lange klar sind.
Ein Hund kann nicht eigenwillig sein wie wir das unter diesem Wort verstehen (genauso wenig versucht der Hund uns mit seinem Verhalten zu aergern). Ein Hund funktioniert wie eine Rechenmaschine: lohnt sich dies fuer mich oder nicht? Ueber den Zaun springen lohnt sich offensichtlich sehr (ich weiss schon, dass damit das Verhalten noch nicht gestoppt ist, finde aber, dass du/man wissen musst wie das alles vom Hund her gesehen aussieht).
Fuer mich stellt sich auch die Frage nach Bindung. Wie sieht die Beziehung zwischen dem Hund und deinem Vater aus? Wie lebt dein Vater sein Leittier-sein dem Hund gegenueber? Wie sehen 24 Std im Leben des Hundes aus? Was hat dein Vater bis anhin gemacht, wenn der Hund ueber den Zaun gesprungen ist? Wie sieht das mit dem Rueckruf in anderen Situationen aus? Werden Jagdspiele mit dem Hund gemacht? Was fuer welche? Wie wird da "Kontrolle" ueber das Spiel ausgeuebt? Wie wurde der Hund bis anhin am Jagen/ueber den Zaun springen gehindert?
Schnellloesung fuer den Zaun: a) mach den Zaun hoeher, da der Hund offensichtlich 1 m hoch springen kann b) lass ihn nicht unbeaufsichtigt im Garten
Willst du, dass der Hund das Springen von sich aus laesst, wird das etwas dauern.
Jagen: Gibt es keine Schnellloesung ausser der Leine.
Deine Eltern clickern nun bereits erlerntes Verhalten. Damit es deinem ergeizigen Vater nicht langweilig wird, soll er dem Hund mit dem Clicker erst mal was Neues beibringen (damit dein Vater noch besser lernt mit dem Clicker umzugehen), am besten einen Trick: Pfote geben, sich um die eigene Achse rollen, auf der rechten Seite Fuss gehen - what ever. Auf jeden Fall aber hands off!, kein luring auch nicht mit Handgesten.
Ach ja, nur um es noch gesagt zu haben: Vom Teletakt rate ich total ab. Macht die Beziehung zwischen H und HF kaputt, arbeitet mit Meideverhalten, lehrt den Hund aber nicht das richtige Verhalten etc etc
Liebe Gruesse
Gabrielle

P.S.
Mehr lernen ueber's Clickern kannst du auch, wenn du fruehere Postings liest. Ich lese gerne Antworten von Martin und Mirko, Andreas und Ralf und Barney.
Ach, und, gibt es bei euch in der Naehe nicht eine Moeglichkeit, eine Hundeschule mit Clicker zu besuchen (anstatt diesen Teletakt-Leuten)?




29. April 2001 14:11

Grüß Dich Uwe,

: Also gleich die Anleitung ausgedruckt und damit zu meinem Vater . Der war sofort bereit es auszuprobieren ...

erst einmal gratulation für die entschlussfreudigkeit. Der leidensdruck hat ein wenig mitgeholfen? Das ist OK. Hunden geht es nicht anders, wenn sie ihr verhalten zu ändern beginnen.

: Mein Vater ist auch ehrgeizig (wenn auch ein bisschen Skepsis ) bei der Sache er fragt jetzt wie er mit dem Clickertraining den Hund vom Auto und Faradfahrer jagen abhalten kann ????

Und da habe ich meine probleme. Wenn dein vater wüsste, was er dem hund beibringe möchte, was der hund TUN soll, dann wäre hilfe einfach. Aber die frage ist nach der langen vorgeschichte "er soll nicht".
Was darf euer hund und was macht ihr gemeinsam? Vielleicht ist er einfach unterbeschäftigt? Es kann genauso sein, dass er unbewusst in seinen "unarten" bestärkt wurde. Bevor das "nicht autos jagen, nicht jogger hetzen" ansteht, solltet ihr überlegen, was der hund stattdessen tun kann. NICHTS ist JETZT keine antwort, denn er zeigt ja, das die gewählte aktivität ihm zusagt.
Ansonsten hat Gabrielle ja schon die wichtigsten punkte aufgezählt.

tschüß und dranbleiben
Martin & Mirko

29. April 2001 14:05

Uwe?
Fredy??
siehe www.clicker.de

29. April 2001 18:00

Hallo Gabriele

Erst einmal Danke für die Antwort auch an Martin & Mirko.
Der Tagesablauf vom Hund sieht so aus.
Um 6Uhr30 steht mein Vater auf und der Hund bekommt sein Futter.
Um 7Uhr30 geht min Vater ca. 1Std mit den Hund spazieren (angeleint)
Um 8Uhr30 mein Vater fährt zur Arbeit der Hund ist in der Wohnung eingeschlossen.
Um 10Uhr30 kommt meine Mutter von der Arbeit und lässt den Hund in den Garten (eingezäunt ca.1000m3)
Um12Uhr30 kommt mein Vater von der Arbeit (Hund wartet schon)
Um13Uhr30 macht mein Vater eine Fahrradtour mit dem Hund ca. 10 bis 15Km (Hund angeleint zieht nicht an der Leine)
17Uhr Der Hund bekommt sein Futter
22Uhr noch einmal mit meinem Vater spazieren gehen ca. 30min.

Meine Eltern haben ein 2000 m3 großes Grundstück und Nachmittags hält der Hund sich eigentlich immer in der nähe meines Vaters auf (Gartenarbeit) .
Mit dem gehorchen ist es mal besser aber auch mal schlechter (erst einmal uninteressiert schauen und dann nach der zweiten aufvorderung komme ich dann langsam mal )
Wenn meine Mutter den Hund einen Befehl gibt ist dieses Verhalten noch offensichtlicher.

Und wenn ich mit meinen Kindern zu Besuch komme 2 bis 3 mal in der Woche freut der Hund sich abgöttisch weil ich vielleicht immer mit ihn rumtobe.
Mit den Kindern 12 und 8 Jahre spielt er auch gerne.

Das Problem kommt wenn wir dann wieder nach Hause fahren großes Gebelle und am Zaun auf und ablaufen bis wir mit dem Auto nicht mehr zu sehen sind.(macht er von klein auf an ist ihm nicht abzugewöhnen ).In diesen Moment müssen meine Eltern auch schon sehr aufpassen das er nicht über den Zaun springt.

Der Hund ist jetzt in den Letzten Zwei Wochen schon öfter über den Zaun gesprungen ich glaube jetzt hat er gemerkt wie gut das geht. Und wenn er erst einmal draußen ist und über die Straße (zum glück nicht stark befahren) und die Wiesen tobt reagiert er auf gar nichts mehr .
Wenn er dann wirklich mal zurück kommt und man an sein Halsband greifen will tobt er gleich wieder los. Das schlimme ist ja auch das er Fahrradfahrer und Autos nachsetzt.
Nach ½ oder 1 er Stunde kommt der Hund dann von selbst und geht dann sofort freierwillig in die Dusche weil mein Vater ihn dann abwaschen muss.(Sieht aus wie ein Schw....weil er auch durch die Gräben geht)

Was meine Eltern noch beobachtet haben ist das der Hund in dem Moment wo er draußen nicht unter Kontrolle ist ich will nicht sagen einen Verwirten Eindruck macht , aber er rollt etwas komisch mit den Augen.
Und meine Eltern meinen das es am schlimmsten früh Morgens und am späten Nachmittag ist der Hund macht dann den Eindruck als wenn er seinen eigenen Schatten sieht und ihm dann hinterher jagt.

Danke im voraus
Uwe(Fredy) :-))



30. April 2001 07:08

Hallo Uwe,

wie schön: Jagen, mein Lieblingsthema ;-)

Wir hatten da hier schon eine ganze Reihe Diskussionen, gehe doch mal ins Archiv dazu.

Gabrielle hat schon klargemacht, dass es eine einfache Übung zum zuverlässigen ABgewöhnen nicht gibt (in der Regel zumindest nicht zu einem Preis, den wir zu zahlen bereit wären) . Dem Hund muß (auch) ANgewöhnt werden, was er stattdessen tun soll. Scheitn für den Anfänger auf den ersten Blick vielleicht verwirrend, aber denke mal darüber nach.

Das Thema Jagen ist sehr komplex und Du mußt es als ganzes sehen. Jagen ist KEIN Problemverhalten des Hundes sondern für ihn als Beutegreifer die normalste Sache der Welt, schlichtweg um seinen Fortbestand und das Überleben seines Rudels zu sichern. Die Notwendigkeit der Jagd ist meiens Erachtens auch der zentrale Punkt für die Erforderlichkeit nach sozialer Organisation des Hundes. Nur im Rudelverbund ist die Jagd auf grosses, wehrhaftes Wild erfolgreich zu bewerkstelligen.

Die erfolgreiche Jagd bedarf eiens Initiators/Koordinators. Wollte jedes Rudelmitglied nach Belieben alleine zur Jagd aufbrechen, wäre dies wenig erfolgversprechend, wenn grössere Beute als eine Maus oder ein Kaninchen erlegt werden sollten.

Sich an den Wegesrand zu stellen und dem losstürzenden Hund ein Verbot hinterherzuschleudern wird nicht unbedingt von Erfolg gekrönt sein. Sich darauf zu verlassen, wird insbesondere dann nicht funktionieren, wenn ein Verbot nicht sauber etabliert wurde.

Ebenso wenig kommst Du meines Erachtens weiter, wenn Du Dich nur darauf verlassen möchtest, dem Hund ein jeweils mit dem Jagen inkompatibles Alternativverhalten bestärkend beizubringen. Dies scheitert , sofern Du keine Absicherung hast, daran, dass der Hund in seinen Sinnesleistungen ganz anders gelagert ist als wir und Dir im Entdecken von Verlockungen immer voraus sein wird. Oftmals werden aus den Versuichen dann reine Ablenkungsspielchen, die mal funktionieren, wenn ich in entsprechendem Alarmzustand zunterwegs sind, oft aber auch nicht.

Insbesondere scheitert dies nach meiner Überzeugung, wenn ich mich mit der Alternativhandlung nicht im gleichen Funktionskreis wie dem Jagen bewege, also allem, was mit Ausmachen, Hetzen und erfolgreichem Abschluß zu tun hat.

Nur im Gesamtpaket wirst Du wohl entscheidend weiterkommen. Arbeite nicht ständig nur GEGEN die Bedürfnisse des Hundes, sondern versuche diese in die Beschäftigung mit ihm einzubeziehen, sie zum Teil der Arbeit mit ihm zu machen. Mache Dir die veranlagungs- udn zuchtbedingten Neigungen des Hundes zunutze, indem Du sie UNTER DEINER FÜHRUNG in akzeptable Bahnen lenkst. MACHE Dich zueienm kompetenten Rudelführer, dem sich anzuschließen es aus der Sicht des Hundes Sinn macht. Also: Losstarten, irgendwo hinsprinten, "Beute machen". Wir präparieren z.B. bisweilen im Wald Baustämme mit Futterbrocken, da rase ich dann urplötzlich los, Hund saust hinterher udn nach 20 Metern finde ich dann auf wundersame Weise Fleischwurst ium Gestrüpp. Fördert die Aufmerksamkeit des Hundes ungemein.

Selbst aktiver werden! Unser Bummeltempo beim spazierengehen ist oft schlichtweg zu langsam.

Gehe mal zu www.natural-dogmanship.de, da findest zu diesem Gedanken auch was.

Schnüre ein Gesamtpaket, sei mit dem Hund aktiv und zeige ihm, was Du von ihm möchtest. Absicherung (lange Leine) und zuverlässig erlerntes Verbotskommando bleiben dem Fall der Fälle vorbehalten.

Ich habe mich (nach Beendigung des sturen Befolgens der üblichen Hundeplatzdressur) anfangs gedanklich ausschließlich am Abbruch des Jagens orientiert. Funktionierte prima. Hund ließ sich beim Hetzen von Wild zuverlässig stoppen. Allerdings ist mir erst später klar geworden, welchen Anteil das gemeinsame Rennen, Jagdspiele, die Einnahme eines aus Sicht des Hundes (hoffentlich) kompetenten Jagdpartners darauf hatten, dass ich immer weniger den Hund stoppen mußte, sondern er sich immer mehr an mir orientierte. Heute ist es so, dass die anderen zehn beim Spaziergang durchstarten können und meine mich fragend ansieht, ob sie auch soll. Ich kann sie dann hinterherschicken, oder auch nicht, auch losschicken und auf halbem Wege wieder abrufen.

Wenn ich aber immer wieder aufs Neue verbieten muß, dann bin ich noch nicht entscheidend weiter. Zumindest dann nicht, wenn ich mal entspannt unterwegs sein möchte.

Das ist aber je nach Hund völlig unterschiedlich, deshalb gibt es keine allgemeingültige Anleitung. Man tut wohl wirklich gut daran, das Ganze umfassend zu sehen und nicht nach einer bestimmten Übung zu suchen, die dem Treiben ein Ende setzt.

Vom Teletakt würde ich die Finger lassen. Ich glaube nicht, dass Ihr damit sauber arbeiten könntet und die große Mehrzahl der Hunde, die ich kenne und bei denen der Halter mit Teletakt arbeitete, legten nach geraumer Zeit die gleichen "Unarten" wieder an den Tag.

Wenn man beim Üben erst mitten im vermeintlichen Problemverhalten anfängt, anstatt im VORFELD zu arbeiten, dann kann die Keule gar nicht groß genug sein. Es mag zudem ein jeder mal ehrlich in sich hinein horchen und sich vergegenwärtigen, wie schnell man mal wütend über die Mist-Töle ist. Gerade wenn man seh rehrgeizig ist... Und dann mal auf Knopfdruck dem unbelehrbaren Hund während des Hetzens richtig eine knallen....? Ein Verbot wird daher bei geringer, von uns geschaffener, Reizlage geübt.

Ich komme mal lieber zum Ende, ist wahrscheinlich ohnehin etwas wirr für Dich, aber vielleicht hast Du ja ein paar Anregungen zum weiteren Überdenken erhalten. Auch wenn das: Man machen: erstens....zweitens...drittens... fehlt.

Viele Grüße,

andreas