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Clickertraining

Modernes, tierfreundliches Training das nicht nur Hund und Herrchen oder Frauchen Spaß macht, sondern darüber hinaus noch sehr viel effektiver ist, wie herkömmliche Trainingsmethoden. Hier ist die Rubrik für Fragen oder Probleme im Zusammenhang mit dem Clickertraining.  
Erster Erfolg aaaaaaaaber: Katzenkiller
13. Juni 2001 13:50

Hallo Sonja,

: ...ich habe heute mein neues Buch bekommen, "Hunde sind anders" von Jean Donaldson, und bin schon ganz gespannt, welche Tipps darin stehen.

Klasse Buch, viel Spass beim Lesen!

Gruß Dörte mit Butz

13. Juni 2001 16:06

Hallo Sonja,


: Den einzig richtigen Weg gibt ja leider nicht. Oder vielleicht doch, wenn man die nötige Geduld beim Clicker-Training mitbringt?!

Ich würde auch, trotz aller Erfahrungen, die ich sammeln durfte, nicht behaupten "genau der Weg ist es", aber ich habe eines gelernt, anfangs nicht aus Büchern, denn damals gab es noch keine Clickerbücher: Wichtig ist, den Hund artgerecht wahrzunehmen, als Laufraubtier, und vor allem, ihn gewaltfrei zu erziehen. Wenn man ihn nicht gewaltfrei erzieht, wird er "nur" ein seelischer und in Folge oft auch physischer Krüppel (das "nur" in riesigen Anführungszeichen, denn es ist eine Katastrophe für das Lebewesen). Viele Menschen haben leider die Fähigkeit verloren, die feinen Nuancen wahrzunehmen, an denen ein kaputterzogener Hund zu erkennen ist, sie halten ihn dann für besonders loyal. Hätten sie nicht einen Hund, sondern mehrere (grosse), die sich dann ohnehin zum Rudel formieren, kann es aber auch passieren, und ich habe es bei einem Gespann eines unfähigen, da extrem gewaltvollen Fahrers mal erlebt, dass die Hunde sich als Rudel zusammentaten und ihren menschlichen "Leithund" kurzerhand "absetzten", sprich in dem Moment, in dem er vom Schlitten stürzte, töteten. Die Hunde führten diesen Unfall noch nichtmal absichtlich herbei, der Fahrer verlangte gewaltsam immer noch mehr Leistung (und das gibt's ja nun auch in anderen Bereichen), so dass die Hunde unachtsam wurden oder durch Signalverweigerung anzeigten, dass sie wirklich nicht mehr konnten, obwohl sie sonst gerne "alles gaben".

Der Clicker ist bei der gewaltfreien Erziehung eine Riesenhilfe, schon aus dem einfachen Grunde, dass Du Dich auf die Momente konzentrierst, in denen Du clicken "darfst". Eine Hand mit dem Clicker drin, die andere Hand immer wieder Richtung Leckerle unterwegs, wo, bitte, bleibt da eine freie Hand, um an dem Hund herumzurucken?
Vor allem, wenn Du Dich auf einen oder zwei Hunde konzentrieren kannst.

Natürlich haben Wölfe auch nicht immer eine sanfte Art, vor allem jüngeren Rudelmitgliedern klarzumachen, dass es jetzt reicht, oder dass sie über dem anderen stehen, aber sie reißen nicht so, wie viele Menschen es mit Hunden tuen, aneinander, sie schmeißen sich keine Ketten auf oder direkt neben den Hintern, mit das "übelste", aus Wolfsicht, das ihnen passieren kann, ist, dass ein Artgenosse sie vor den Augen aller anpinkelt. Das klappt auch bei Hunden vorzüglich, ich habe oft bei Besuchen in den Städten erlebt, dass der im Park gerade ranghöchste Rüde seinen "Besitz" an einer Hündin demonstriert hat, indem er sie vor den Augen aller anderen angepinkelt hat. Da ist aber keine Gewalt bei, Hunde sind so, auch wenn es manche Menschen vielleicht anwidert. Aber es ist ihre Sprache...

: Wie auch immer, ich habe heute mein neues Buch bekommen, "Hunde sind anders" von Jean Donaldson, und bin schon ganz gespannt, welche Tipps darin stehen.

Wenn du Dich schon so weit auf andere Ansätze eingelassen hast, dann folge weiterhin Deinem Herzen und lass Dich nicht entmutigen, wenn Dir viele konventionell erziehende Menschen sagen "ach, was ist das für ein Quatsch". Du wirst einen lebendigen und lebensfrohen Hund an Deiner Seite haben, dessen Lebensfreude "ansteckend" wirkt.
Letztens war ich in den deutschen Clickerseiten (www.clicker.de). Dort im Magazin gibt es "Mikas Geschichte" von Mike Theiss, ich kann nicht umhin, auf die Gefahr hin, dass ihr mich alle für senil haltet, nochmal darauf hinzuweisen. Sie ist so absolut lesenswert und kann, denke ich, vielen Menschen, die noch "auf der Kippe sind", den letzten "Click" geben, um endlich umzusteigen.

Sonja, Cross-over ist nicht so einfach, aber Du schaffst es bestimmt. Ich wünsche Dir und Deinem Hund viele schöne Clickerjahre

pass gut auf ihn auf, er ist auf Dein Mitgefühl angewiesen, denn er kann nicht mit Deinen Worten sprechen

Viele Grüße von
Thorben und der Nordlandbande




13. Juni 2001 15:50

Hallo Thorben,

Kannst Du damit etwas anfangen?

Ja, sehr sogar:-)

Liebe Grüße
ChristineHd

13. Juni 2001 16:31

Hallo Anja und Bessy,

: ich habe Deine Postings zu diesem Thema gelesen.

Uff, Danke, sie waren ziemlich lang, aber es ist mir nichts kürzeres eingefallen.

: Insbesondere Deine letzte Mitteilung sollte zur Pflichtlektüre aller Hundehalter und speziell derer, die einen Hund mit mehr oder weniger bekannter Vorgeschichte adoptieren, gehören.

Oh, dass zukünftige Hundehalter/innen zumindest ein Minimum an geschriebener Information verdauen müssen, bevor sie sich ihr neues Rudelmitglied in's Haus holen, habe ich mir auch schon oft gewünscht.

: Ich habe eine ganze Weile in unserem Tierheim gearbeitet und immer wieder wurden vermittelte Hunde zurückgebracht, weil sich die Besitzer alles ganz anders und vor allem viel einfacher vorgestellt haben.

Da hast Du ja eine Menge Frust aushalten müssen. Für solche Hunde-wieder-Umtausch-Menschen sind wohl diese modernen japanischen Roboterhunde, von denen mir ein Freund letztens erzählte, die geeignete Wahl. Sie sind zumindest aus Blech und programmierbar und haben einen Knopf zum abschalten...

: Wenn Du nichts dagegen hast, würde ich gern mit unseren Tierheimleuten sprechen, ob sie bereit wären, Dein Posting auszulegen und potentiellen "Kunden" als Gedankenanstoß (und als Hilfe für den weiteren Weg mit dem Hund) zum Lesen zu geben.

Da habe ich absolut gar nichts gegen, die Postings hier sind doch ohnehin alle öffentlich, oder? Und wenn auf diesem Wege dem einen oder anderen Hund geholfen werden kann, zu allen Traumatisierungen nicht auch noch das des "ich werde wieder in diese Zwingerhölle gesteckt" oder das Weitergehen von Hand zu Hand ertragen zu müssen, legt einfach so viele aus, wie Ihr mögt oder drückt sie den Interessent/innen bei den Vermittlungsgesprächen in die Hand.

: PS: "Im Wald zwei Wege boten sich mir dar, und ich ging den, der weniger beschritten war, und das veränderte mein Leben!"
:
: Vom ist eigentlich dieser Ausspruch?

Oh, Göttin steh mir bei, mein Namensgedächtnis. Ich gestehe, ich weiss es nicht mehr. Es ist ein englischer Autor, den ich als Jugendlicher "verschlungen" habe. Keats? ich glaube, ja. Kennst du den Film "Der Club der toten Dichter"? Darin geht ein Lehrer quasi "Clickerwege" mit seinen Schülern, und darin kommt dieser Satz auch vor, der Schüler nennt auch den Autor. Das ist jetzt nicht so präzise, aber vielleicht gibt es den Film noch irgendwo zu leihen, ich finde ihn sehr sehenswert (ok., ich bin zu alt für "Rambofilme"winking smiley.

Anja, ich wünsche Dir und Bessy viele schöne gemeinsame Jahre, viele schöne Erfahrungen miteinander und für Deine Arbeit im Tierheim bzw. die Gespräche mit den dort arbeitenden Menschen viel, viel Zuversicht und Mut

Viele Grüsse von

Thorben und der Nordlandbande

13. Juni 2001 20:20

Hallo Sonja,

: Ich möchte hier auch nicht falsch verstanden werden.

Ich schätze einfach mal, dass ein Teil Deiner selbst noch in der Cross-Over-Phase steckt, das ist ja prinzipiell nicht so schlimm, solange Du auf dem neuen Weg bleibst. Ich hatte das große Glück, von Geburt an einen großen und geduldigen menschlichen Lehrer und rings um mich immer viele Nordlandhunde zu haben, die mich quasi "adoptiert" haben (was aber auch nur so unfallfrei geklappt hat, weil sie geachtet wurden).

: Nachdem ich das Buch von Karen Pryor verschlungen habe ... Seitdem habe ich mit unserer Tochter (5 Jahre) begonnen, ein "Spiel" einzuführen, dass auf positiver Bestärkung beruht.
Sie hat sehr viel Spaß dabei und ich bin überrascht, was ich in kurzer Zeit bereits erreicht habe, wo ich mir vorher lange den Mund "fusselig" geredet habe.

Das ist doch klasse, dann lebst Du bald mit einem selbstbewußten und selbstsicheren Kind zusammen und kannst manche Sorge loslassen. Es kommen neue, ich weiss, aber die lassen sich dann leichter meistern, weil Ihr eine starke Vertrauensbasis zueinander aufbauen könnt (ich weiß, wovon ich rede, ich habe eine Zeitlang nicht nur mit schwer traumatisierten Hunden, sondern auch mit schwer traumatisierten älteren Kindern und Jugendlichen gearbeitet). Und wenn Du im Zusammenleben mit Deiner Tochter solche Änderungen bemerkst, hast Du sicher eine Ahnung bekommen, wie sich die Sache auf Deinen Hund auswirken kann. Und natürlich davon, wie lebendig es bei euch werden kann, wenn Ihr alle unter "positiven Vorzeichen" miteinander lebt.

: Andere Bücher über Clickertraining mit praktischen Anweisungen für die Erziehung eines Familienhundes haben mich ebenso fasziniert und ich werde genau nach diesem Prinzipien versuchen, unseren Hund zu erziehen.

Viel Geduld mit Dir selbst und allen Beteiligten, halt durch, es lohnt sich, und die Lebensfreude, die ein positiv bestärkter Hund ausstrahlt, überträgt sich oft auf alle (leider ist es vielen Menschen zuviel, aber Lebensfreude äußert sich ja nicht nur in Gewusel, der Hund hat einfach eine andere Ausstrahlung).


: Dennoch habe ich 2 Fragen an Dich:
:
: Du schreibst:
:
: : Und bis zuletzt hatte sie zwei Tierarten, die sie trotz "Wasserflaschenbomper" und trotz "wenn Du's läßt, bekommst Du von mir 'ne Dose Thunfisch extra" einfach so ultralecker fand, daß ich halt aufpassen mußte: Katzen und Hasen (also, richtige Hasen, nicht Kaninchen).
:
: Kann ich daraus schliessen, dass Du mit "Wasserflaschenbomper" ein Meideverhalten bei ihr bewirken wolltest?

Ja, das wollte ich und das habe ich zumindest so weit erreicht, dass ich sie mit dem "naaah", wenn ich es tief genug geknurrt habe, ihren Ansatz zur Jagd unterbrechen konnte. Es bedeutete dann soviel wie "hej, Moment mal, ich bin der Leithund, ich bestimme, wann's auf die Jagd geht, und überhaupt hat der Leithund den "höheren" Anspruch auf die Beute". Ich wollte bei ihr ja nicht erreichen, dass sie das Verhalten ganz ablegt, das wäre illusorisch gewesen, ich wollte es nur so weit unter "Signalkontrolle" bringen, dass ich sie ausbremsen konnte.
:
: Mein Eindruck war bisher auch, dass man sowohl Clickern als auch, ich bezeichne es mal als sanfte Methode zur Förderung des Meideverhaltens, mittels Disc, Wurfkette etc, miteinander verknüpfen kann. Ist das korrekt?

Martin Pietralla hat in seinem Buch sehr gut beschrieben, wie Strafen eingesetzt werden müssen, um zu wirken, ich nehme mal an, dass sich das auch auf den yorkie-clicker-Einführungsseiten finden läßt (sorry, habe noch nicht alles durchstöbert). Disc, Wurfkette und was es noch so alles an Schrecklichkeiten gibt, entsprechen nicht dem natürlichen "Bestrafungsverhalten" von Caniden. Kein Wolf oder Hund, Fuchs oder Koyote nimmt eine Metallkette in die Pfote und pfeffert sie seinem Kumpel neben oder auf (denn zielen will gelernt sein) den Hintern oder womöglich, weil der Hund sich nämlich just in dem Moment umdreht und ein 1a clickerwürdiges Verhalten zeigt, auf die hochempfindliche Nase.
Es wird also beim Clickertraining sehr bewußt auf dem Hund angeborenermaßen verständliche "Bestrafungen" zurückgegriffen. Jeder Hund versteht den Schnauzengriff (nicht drücken, bis der Hund quiekt, sondern vooorsichtig, wenn ein Wolf dem anderen über die Schnauze greift, geht's ihm nie darum, dem anderen ein Peircing zu verpassen, sondern darum etwas im Rudel klarzustellen), jeder Hund versteht den "Bomper", also den von hinten geworfenen geknäuelten Anorak (oder halt ads dicke Handtuch, T-Shirt oder was auch immer gerade passend ist, es kommt ja auch auf die Größe des Hundes an, einem Chihuahua einen Anorak nachzuwerfen, wäre ja schon brutal, bei einem Malamuten wäre es angemessen, verstehbar?). Da bei Welpen das Nachwerfen von großflächigen Objekten zum heftigen Trauma führen kann, greift mensch hier zur Konditionierung des "naaah" auf die Wassersprühflasche zurück. Mehr des "nein" braucht es nicht, wenn es konditioniert ist, funktioniert es.
Mehr des "nein" brauchst du ja in der Kindererziehung auch nicht, sobald klar ist, was "nein" bedeutet (nämlich "laß das"winking smiley, brauchst Du bei Kindern ja auch nicht "draufzusatteln", oder? Du mußt nur konsequent bleiben.
Bei der Grönländerin war es nun so, dass sie "rassetypisch" spielte, zum Glück spielte sie trotz allem noch mit einigen Nordlandhunden bei mir, das hieß aber auch zeitweise "wir nehmen erstmal viiiiel anlauf, rempeln dann unser Gegenüber ungebremst an und kugeln dann quiekend übereinander, balgen uns, stehen wieder auf, und dann kommt der andere mit viiiel Anlauf angerannt und schmeißt mich über den Haufen". Die Nordländer, die ich so um mich habe, finden das toll, sie spielen wie zu groß geratene Welpen, und "Geschrei" gehört einfach dazu. Wer es nicht kennt, denkt oft, die Hunde nehmen sich gerade gegenseitig zum Frühstück, aber wenn's ernst wird, ist es still, dann wird's Zeit genau hinzugucken. (Vorher macht's einfach nur großen Spaß, ihnen zuzusehen.)
Durch diese derbe Eigenart hatte ich aber mit "Anorak an den Hintern werfen", also mit einem breitflächigen "Angriff von hinten" keien Chance, für diese Grönländerin wäre das eine willkommene Spielaufforderung gewesen. Sie war indes extrem wasserscheu (es ging ihr nichts über Schnee, aber Regen mochte sie gar nicht). Und da habe ich dann angesetzt. Regen ist ja durchaus auch was natürliches für einen Hund, und da sie den nicht mochte, gab's ein paarmal Spritzer aus der Sprühflasche (in dem Fall so eine alte, gießkannenähnliche, mit der früher viele die Wäsche vor dem Bügeln eingefeuchtet haben), und bei jedem "Sprüh" gab's ein "naaah", nach dem 3. "Sprüh" war klar, was gemeint war. Ich mußte ihr nichts hinterherwerfen, was sie hätte beeindrucken können (das hätte in ihrem Fall schon etwas sein müssen, das sie mit Sicherheit auch hätte verletzen können, falls ich danebengetroffen hätte), und ich schaue bei allen Hunden immer : Was mag sie oder er am allerwenigsten, das kann Wasser sein, das kane eine Klette im Fell sein, und das nehme ich dann. "Naaah" heißt also immer "laß es, oder Du wirst naß" oder "Laß es, sonst kannst Du gleich erstmal ne Klette aus dem Fell puhlen", aber es ist immer "nahe am Hund", es ist etwas, das auch ntürlicherweise in seinem Lebensumfeld vorkommt. Ich hoffe, dass das so nachvollziehbar beschrieben ist.

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: Meine 2. Frage bezieht sich auf den folgenden Kommentar von Dir:
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: : Natürlich kannst Du ihn zwingen, zu gehorchen, aber das wird eine wackelige Sache bleiben, es sei denn, Du brichst den Hund wirklich, und das ist ja nun 1. das genaue Gegenteil vom Clickertraining und 2. mit dem aktuell in Deutschland gültigen Tierschutzgesetz zum Glück endlich nicht mehr vereinbar.
:
: Hattest Du den Eindruck, dass die von mir beschriebenen Methoden zu "hart" sind?
: Ich dachte mir, in einem so schwierigem Fall wie der von Anja, sind diese Methoden gute Alternativen.

Eben weil Anjas und Leos Fall, Lara nicht zu vergessen, die durch Leos Eingewöhnung ja nicht verdorben werden soll (und Hunde gucken seeehr genau hin) so schwierig ist, ist hier äußerste Vorsicht geboten. Ich weiß nicht, ob Du schonmal längere Zeit Kontakt mit schwer oder schwerst traumatisierten Menschen hattest. Wenn diese Menschen Dir nach 7 Monaten des für sie Daseins "noch" nicht vertrauen, was sich auch bei Menschen oft in fehlendem Blickkontakt äußert (das "noch" in Anführungszeichen, weil es einem Wunder gleichkommt, wenn ein schwerst traumatisierter Mensch sich so schnell wirkliuch ganz öffnet), kommst Du doch auch nicht auf die Idee, Dich vor sie hinzustellen, sie anzubrüllen und zu verlangen, dass sie Dich gefälligst endlich angucken sollen, oder? Geschweige denn, dass Du sie mit in den Garten nimmst und dort an ihnen herumzerrst. Du gehst vielleicht am Ende eines langen Tages mal zum Ende des Grunstücks und hackst viel zu viel Holz für den nächsten tag, um den Frust loszuwerden, oder Du gehst in den Keller und pfefferst eine Stunde lang Tennisbälle gegen die Wand, weil es ausgerechnet an dem Tag Bindfäden regnet. Aber Du machst die Menschen nicht zusätzlich dafür fertig, dass sie mißtrauisch geworden sind. Und genauso ist es mit schwer traumatisierten Hunden. Anja hat mit Leo sehr viel erreicht. erläßt sich von ihr anfassen, er frißt bei ihr zuhause, er beißt sie nicht, er läßt sich ein Halsband umlegen, er lernt Schritt für Schritt, ihr zu vertrauen. Und dann kommt sie, konventionelle Hundeerziehung läßt grüßen, mit einer Schleppleine, die die dumme Eigenschaft hat, sich überall zu verheddern, die mit beiden Händen gehalten werden muß, usw. usf., und soll diesem Hund beibringen, wie er "zackzack" im Quadrat zu laufen hat. Oder dass es halt wehtut, wenn er nicht dahin mitkommt, wohin Anja will. "Und bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt", ich stoße immer wieder auf Menschen, die nicht sehen können oder wollen(z.T. ist mir klar, warum, aber für Menschen gibt es viele Hilfsangebote), daß Gewalt gegen ein fühlendes Lebewesen (wozu ich selbstverständliuch auch Hunde zähle) nicht erst da beginnt, wo ich das Tier niederdrücke, schlage, trete, anbrülle, es erschrecke oder, oder...
Natürlich war ich auch schon in Situationen, wo ich einen Hund kommentarlos am Geschirr gepackt und "weggeschliffen" habe. Ich hatte mal einen Malamuten in Pflege, der keine, gar keine Autos kannte, was ich aber nicht wußte. Wir liefen nichts Böses ahnend durch den Wald, als für mich hörbar, aber noch nicht sichtbar ein Holzschlepper um die Ecke kam. Meine Idee war: gut, weichen wir zur Seite aus, da ist ja genug Platz. die Idee des Hundes, als das "Ungetüm" langsam in 100 Meter Entfernung um die Ecke auf ihn zukam, war: Ich lege mich flach auf dem Rücken auf die Erde und schreie, so laut ich kann. Der Hund war nicht mit Futter und guten Worten zum Aufstehen geschweige denn weitergehen zu bewegen, also, da der Holzschlepper langsam näher kam (es war ja noch genug Abstand) habe ich kurzentschlossen Jannusch mit der einen Hand im Geschirr und mit der anderen unter dem Hintern gepackt, den "Brocken" hochgehoben und erstmal vom Weg getragen. Als ich ihn wieder auf die Füße setzte, wollte er erstmal nur noch weg von diesem "Ungetüm", und also sind wir gelaufen, gelaufen, gelaufen. Dann war der Stress halbwegs raus, Jannusch wurde langsamer und hat sich wieder nach mir umgedreht. Und das war ok. so. Wenn mir einer hinterherbrüllt "wenn ich Dich einhole, erschieß ich Dich", und ich treffe unterwegs auf eien lieben Freund, dann rufe ich dem Freund im Wegrennen sicher noch zu "Vorsicht, Gefahr von hinten", aber ich werde - wenn die Drohung ernst gemeint ist - auch nicht zwischendurch langsamer, um mich umdrehen zu können. Wenn ich mich in Sicherheit fühle, halte ich an, vorher nicht, und das gleiche Recht gestehe ich einem Hund zu, der sich an vieles andere erst auch noch gewöhnen muss.

: Ansonsten sind mir natürlich auch die Wege mittels Clickertraining bekannt, um auf sich als Halter aufmerksam zu machen. Ich bin in Anja´s Beispiel davon ausgegangen, dass diese Versuche nicht gefruchtet haben, denn die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, ist doch immer der erste Schritt in der Erziehung des Hundes.

Beim Welpen, ja. Wenn Du einen nicht so extrem verdorbenen Hund hast, auch. Wenn Du mit dem Hund erstmal "nur", und das ist schwierig genug, in seinem vertrauten Territorium üben kannst, z.B. in seinem Tierheimzwinger, aus dem Du ihm natürlich so schnell wie möglich raushelfen willst, auch ja.
Aber ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass Hunde, die aus traumatischen Situationen heraus bei mir landeten, erstmal soviel "ich muss nicht gucken müssen " brauchten, dass es schwierig geworden wäre, darauf zu warten, adss ich das bestärken könnte. Mir hatte mal jemand eine Hybridhündin angeschleppt, eine alte, aber noch sehr pelzige Dame, die wer an der Autobahn ausgesetzt hatte. Sie war scheu und unsicher und traute sich überhaupt nicht, auch nur irgendwem in die Augen zu sehen oder auch nur in die Richtung der Augen. Bei Menschen nicht, bei den Hunden nicht. Sie war nicht bissig, wurde schnell stubenrein, und also konnte ich sie mit ins Haus nehmen. Und ich habe sie "gelassen", klar, mit ihr gearbeitet, jede Form von auch nur ansatzweise in meine Richtung schauen intensiv bestärkt, und alle Besucher angewiesen "guck ihr nicht in die Augen, das macht ihr Angst". Trotzdem hat sie gut zwei Jahre gebraucht, bis sie mich und meinen Bruder vorsichtig angeschaut hat. Klar, sie hat uns oft beobachtet, sie konnte lange und ausdauetrnd "glotzen", aber sobald ich ihren Blick haben wollte, wurde es ihr unheimlich.
Irgendwann hatte sie lange genug gefühlt, dass ich ihr nichts Böses wollte und dass ich sie nicht verachte, weil sie ein Hybrid war, und sie begann, mir zu vertrauen. Nach drei Jahren kam sie zum ersten Mal beim "allgemeinen Rudelliegen" direkt neben mich, und von da ab war das Eis gebrochen.
Ich wußte nichts über ihre Geschichte, ich konnte mir manches "denken" aber ansonsten wußte ich nur, fühlte, dass sie bleiben wollte, sonst wäre sie abgehauen, und ich fühlte "sie wird vertrauen lernen, wenn ich ihr die Zeit lasse, die sie braucht".

Ich weiss, dass meine Ansichten nicht alltäglich sind, ich bestärke alle "meine" (sie gehören zu mir, aber sie gehören mir nicht) Hunde positiv, die bei uns in der Familie aufwuchsen, kannte ich ja von Geburt an, aber ich bin auch damit großgeworden, dass mensch von einem traumatisierten Hund erstmal am besten fast gar nichts erwartet. Es ist gut, wenn er einen nicht beißt, und es ist klasse, wenn er schnell stubenrein wird, und es ist schön, wenn er innerhalb der ersten 7 Tage beginnt, zu fressen und auch auszuscheiden, ansonsten kommt lles andere von selbst, der Hund spiegelt mir meien Geduld und die Ehrlichkeit meiner Liebe zu allem Lebendigen.
:
: Über eine Rückantwort von Dir (und auch Anderen), würde ich mich sehr freuen. Ich will ja schliesslich auch keinen Fehler begehen!

Das war nun eine lange Antwort, Ihr alle möget dem alten Thorben verzeihen, ich bin noch an's "richtige Briefe schreiben" gewöhnt.

Sonja, wenn Du konsequent clickerst, kannst du nichts "falsch" machen. schlimmstenfalls bestärkst Du etwas, das Du doch nicht haben willst, das kannst Du aber durch ignorieren auch wieder "löschen". Ich habe früher als Kind unnbewußt manche "Unart" der Hunde meines Großvaters bestärkt, weil ich's einfach süß fand. Er hat's konsequent ignoriert und mir aufgetragen, mich ebenso zu verhalten, und das Thema war durch. Er awr nicht sauer auf mich, er war nicht sauer auf die Hunde, er blieb ruhig und sagte mir, wie ich mich anders verhalten solle, denn er wußte, dass ich ihm eigemntlich helfen wollte und manches halt auch noch lernen mußte.
Übrigens lerne auch ich hier im Forum noch eine Menge dazu, allerdings nicht überS Clickern, sondern über die Menschen, spannend...

Sonja, ich wünsche Dir und Deiner Familie und Deinem Hund eine ganz lebendiges und positiv-bestärkte und alte-Regeln-freie Zeit

Viele Grüße von Thorben und der Nordlandbande

13. Juni 2001 20:56

Hallo Thorben!

Danke, dass Du Dir so viel Zeit genommen hast, mir zu antworten.

Eines ist mir jetzt sehr klar geworden. Ich habe die Dinge nicht differenziert genug geshen.
Da ich keine Erfahrungen mit traumatisierten Hunden habe, ging ich immer von einem "Standard-Hund" aus, den es ja so gar nicht gibt. Ich habe bisher nicht so intensiv versucht mich in die Tiere hineinzuversetzen, wie Du es tust, aber das wird sich jetzt sicher ändern.

Auch die Methoden zur Förderung von Meideverhalten habe ich bisher in einen "Topf" geworfen, weil sie ja das gleiche Ziel verfolgten. Jedoch durch Deine Ausführungen, über, ich nenne sie mal, "natürliche" Strafen, habe ich jetzt wirklich eine andere Betrachtungsweise.

Nochmals vielen Dank, dieser Thread hat MIR eine Menge gebracht!

In 5 Wochen, wenn nichts dazwischen kommt, bekommen wir unseren Welpen und da haben wir die Chance, alles von Anfang an richtig zu machen.

Lieben Gruss...Sonja