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So viele Fragen!

geschrieben von Sina(YCH) 
So viele Fragen!
27. April 1999 10:54

Meinen ersten Hund habe ich nach üblicher Methode versucht zu erziehen, das ging auch ganz gut. Er war immerhin schon 8 Jahre als er zu mir kam und ist vor einem Jahr mit 15 an Herzversagen gestorben.
Vor einem halben Jahr hab ich dann Gina (Schäferhund/Terrier) aus dem Tierheim geholt (sie ist jetzt ca ein Jahr alt!) und habe auch sie begonnen "ganz normal" zu erziehen. Natürlich ohne Schläge, aber ein "NEIN!" bekommt sie schon mal zu hören. Nun habe ich vom Clicker erfahren und finde diese Möglichkeit interessant. Gina ist sehr temperamentvoll, sie liebt alle Menschen und Hunde und ist jedem gegenüber sehr freundlich, auf der anderen Seite ist sie auch sehr ängstlich. Also hier meine Fragen:

1.) Wie mache ich dem Hund klar was ich will, z.B. Sitz oder Platz?
2.) Welche Kommandos außer den gängigen eignen sich gut?
3.) Kann man den Clicker auch zum ranrufen benutzen?
4.) Warum werden die "Befehle" erst so spät gegeben?
5.) Wie bringe ich meinem Hund bei Fremde anzukläffen wen diese versuchen sie zu locken (Hundefänger)?
6.) Wer kann mir etwas über seine Erfahrung mit der Clickermethode schreiben und eventuell auch Nachteile nennen?

Vielen, vielen Dank,
eure Sina


27. April 1999 17:06

Grüß Dich Sina

hier deine Fragen:

: 1.) Wie mache ich dem Hund klar was ich will, z.B. Sitz oder Platz?

schau doch einmal unter clickertraining nach (shaping). da ist das alles schon beschrieben.

: 2.) Welche Kommandos außer den gängigen eignen sich gut?

alles kurzen klaren worte, viele gesten, gerüche.

: 3.) Kann man den Clicker auch zum ranrufen benutzen?

NEIN ! der clicker dient dazu, ein verhalten zu formen, in die richtung zu bringen, die wir vom hund erwarten. also kommen bei namensnennung. beginnt er zu kommen, kommt er einige schritte usw. sind zeitpunkte, bei denen curch C&B bestärkt wird.
was soll der clicker denn sein? ein rufsignal oder versprechen einer belohnung?

: 4.) Warum werden die "Befehle" erst so spät gegeben?

weil der hund das verhalten i.a. noch nicht beherrscht. schau einmal unter der angegebenen adresse nach.

: 5.) Wie bringe ich meinem Hund bei Fremde anzukläffen wen diese versuchen sie zu locken (Hundefänger)?

bring ihr zunächst das kläffen bei und bestärke es anschließend nur, wenn ein fremder mit futter lockt. überleg aber, ob das eine sinnvolle handlung ist. sie darf das futter nämlich auch keinesfalls nehmen, wenn er es zuwirft. das ist eine extra übung.

: 6.) Wer kann mir etwas über seine Erfahrung mit der Clickermethode schreiben und eventuell auch Nachteile nennen?

gib in der suchmaschine dieser seiten die namen froitzheim und daniel ein, dann findest du genug anmache dagegen.

tschüß martin & mirko

27. April 1999 18:56


: 6.) Wer kann mir etwas über seine Erfahrung mit der Clickermethode schreiben und eventuell auch Nachteile nennen?

Hallo Sina,

zu Deinen vielen Fragen gigt es ein sehr gutes Buch. Positiv bestärken - sanft erziehen.
von Karen Pryor. Sie ist maßgeblich an der Erfindung und Ausübung des Clicker Training
beteiligt.

gruß H.-H.

27. April 1999 20:56

Hallo Sina,

:Wie mache ich dem Hund klar was ich will, z.B. Sitz oder Platz?

Das ist eigentlich ganz einfach, am Anfang sind auch alle Tricks erlaubt
um den Hund zu dem Verhalten zu bringen, das man sehen möchte. Nur auf
Zwang solltest Du verzichten, der Hund soll von alleine draufkommen,
also kein Schieben, Drücken, Ziehen und kein Berühren. Ansonsten clickst
und belohnst Du alles, was schon in die Richtung von Sitz geht, also
schon ein leichtes "in die Hocke gehen". Beim "Platz" clickst Du
zunächst schon, wenn sie den Kopf senkt. Dann steigerst Du die
Anforderungen, bis schließlich ein vollständiges Hinsetzen oder Hinlegen
draus geworden ist. Du mußt nur drauf achten, während einer
Übungseinheit (so c.a. 5 Min) nur ein Verhalten zu üben, also einmal nur
Sitz, das nächste mal nur Platz.
Natürlich kannst Du auch einfach dann clicken und belohnen, wenn sich
Gina von selbst hinsetzt oder hinlegt, mach einfach ne Übung draus und
versuche eine Wiederholung zu erreichen.

:Welche Kommandos außer den gängigen eignen sich gut?

Außer den verbalen Kommandos (Sitz, Platz, Hier, Fuß, etc.) eignen sich
die Sichtzeichen sehr gut. Die Hunde nehmen diese Zeichen sogar oft
besser wahr, als die verbalen Kommandos. Oft ergibt sich das einfach von
selbst, also wenn Du mit Gina z.B. das Sitz übst, kannst Du am Anfang
etwas helfen, indem Du ihr ein Leckerchen über den Kopf hältst. Du
solltest dann zwar schnell wieder auf das Leckerchen verzichten, (das
nimmst Du dann erst nach dem Click in die Hand) aber die Geste, also die
erhobene Hand kannst Du zunächst mal beibehalten. Und schon hast Du ein
Sichtzeichen für "Sitz". Du wirst sehen, das funktioniert wunderbar, ein
Wort brauchst Du gar nicht unbedingt, kannst es dann aber hinzufügen,
indem Du es vor dem Hand-heben sagst und die Hand immer weniger hoch
hebst.

:Kann man den Clicker auch zum ranrufen benutzen?

Kann man schon, das wäre aber falsch. Der Clicker ist ein Signal, das
dem Hund vermittelt, etwas "richtig" gemacht zu haben.

Zunächst mal lernt der Hund nur folgendes:
Wenn es "Click" macht, bekomme ich ein Leckerchen (oder Spiel oder
sonstwas tolles).
Schon bald bekommt der "Click" aber die Bedeutung von:

- das was Du gerade tust, ist eine Belohnung wert.
- die Belohnung kannst Du dir raussuchen (bei mir gibt`s was zu Fressen,Spiel)
- die Übung ist zu Ende, jetzt kannst Du tun, was Du willst.

Wenn Du nun clickst um den Hund zu rufen, vermittelst Du ihm natürlich:
-das was Du gerade tust, (also wahrscheinlich wegrennen, Katze jagen,
o.ä.) ist eine Belohnung wert...?
und das willst Du ja gerade nicht, oder? Die Wirksamkeit des Clickers
wäre bald futsch, also das sollte man vermeiden. Der Click ist also
kein Befehl, kein Kommando, keine Aufforderung
irgendwas zu tun, sondern ein Signal dafür etwas "richtig" gemacht zu
haben.

:Warum werden die "Befehle" erst so spät gegeben?

Das war mir am Anfang auch nicht klar. Es ist einfach so, daß der Hund
mit dem "Befehl" nicht nur das Verhalten verbindet, sondern noch viele
andere Dinge, unter anderem die Qualität der Ausführung, den Ort, u.s.w.
Wenn Du nun ein "schlampiges" Fuß, das gerade mal für 5 Schritte im
Garten reicht, "Fuß!" nennst, muß Gina immer wieder "umlernen"(größere
Distanz, andere Umgebung, mehr Ablenkung, das alles kann auch "Fuß"
heißen). Das ist immer schwierig, besser ist, Du machst es anders rum,
erst das Verhalten auch in anderer Umgebung üben, erst dann das Wort
dazu.

:Wie bringe ich meinem Hund bei Fremde anzukläffen wen diese versuchen sie zu locken
sad smileyHundefänger)?

Willst Du das wirklich tun? Würde ich Dir eigentlich nicht empfehlen, es
gibt sicher viele Leute, die von sich aus versuchen mit Deinem Hund
Kontakt aufzunehmen, Kinder, andere Hundenarren, Leute, die keine bösen
Absichten haben. Wenn der Hund nun anfängt die Leute anzukläffen, ist
das eigentlich nicht Sinn der Sache, oder? Du könntest schnell in den
Ruf kommen einen "gefählichen Hund" zu haben. Du kannst aber dem Hund
beibringen sich nicht locken zu lassen, und fremde Leute einfach nicht
zu beachten, was immer die für Faxen machen. Das übst Du genauso, wie
jedes andere Verhalten auch, also schon im Ansatz bestärken, dann die
Ablenkung langsam erhöhen. Blickkontakt zu Dir halten wäre da z.B. eine
gute Möglichkeit. Ein Signal brauchst Du dafür gar nicht.


:Wer kann mir etwas über seine Erfahrung mit der Clickermethode schreiben und eventuell
:auch Nachteile

Das kann ich schwer in so eine Meldung packen, aber ich will`s mal versuchen.
Zunächst mal war ich sehr skeptisch, das kann doch nicht funktionieren, der Hund kann tun und
lassen was er will und nur das erwünschte Verhalten wird bestärkt? Das
geht doch nicht, dachte ich, was ist wenn der Hund was tut, was er nicht
tun soll und woher weiß der Hund, was ich von ihm möchte, all die Fragen
eben, die Du jetzt auch hast.
Doch neugierig geworden, beschloß ich die Sache mal auszuprobieren.
Leider starb mein erster Beagle, der eigentlich als Versuchskaninchen
dienen sollte, kurze Zeit später an Krebs. Lange hielt ich`s ohne Hund
nicht aus und es ergab sich bald wieder die Gelegenheit bei meinem Ajax,
er war 10 Wochen alt, als ich anfing ihn mit Click & Treat zu
belästigen. Zunächst mal war´s nicht einfach, denn ich hab zuerst jede
Menge Fehler gemacht, hatte keine Ahnung vom richtigen Timing, mußte
erst mal rausfinden, was für meinen Hund alles bestärkende Wirkung hat,
mußte lernen, wie ich am besten ein Signal einführe und so weiter.
Lauter Dinge eben, die man nicht durch lesen lernen kann, sondern nur
durch ausprobieren am Hund. Bald ging`s aber gut voran, Sitz, Platz,
Gib-Laut, auch aller mögliche Quatsch, Pfote geben, toter Hund, und
Quietsche-Igel apportieren, all das klappte schon bald sicher und
zuverlässig. Nur die "wichtigen" Dinge, wie zuverlässiges Kommen, keine
Hasen jagen, nicht abhauen, nicht an der Leine ziehen, ließen einige
Zeit auf sich warten, ich mußte noch viel dazu lernen, keinen
Erwartungsdruck aufzubauen, wirklich nur in kleinen Schritten die
Anforderungen steigern, variable Bestärkung einzuführen, all das bei
einem vor Energie übersprudelnden Beagle, das war nicht immer leicht,
aber auch das hat dann schließlich geklappt. Mit der Zeit kam ich
darauf, daß das Clickertraining auch deshalb für mich so besonders gut
geeigent ist, weil ich wegen meiner Gehbehinderung (ich kann nur mit 2
Stöcken gehen) sowieso fast keine Möglichkeit habe, auf den Hund
einzuwirken. Mit dem Clicker muß ich das gar nicht großartig. Das
entscheidende ist der Zeitpunkt des "Clicks" vor der Belohnung, den
Clicker habe ich immer in der Hand.
Ich habe gelernt Verhaltensänderungen des Hundes durch gezieltes
"Shaping" zu formen und so das erwünschte Verhalten zu erreichen, eine
"Strafe" oder "Korrektur" ist dazu nicht notwendig. Ich würde "Strafe"
sogar als gewaltigen Nachteil empfinden, denn ich möchte erreichen, das
mein Hund beim Training kreativ und einfallsreich agiert. Natürlich darf
er sich auch "falsch" verhalten, ja er soll es sogar, denn er soll
erfahren, das dieses Verhalten für ihn keinen Gewinn bringt. Aber auch
meine Einstellung zum Hund hat sich gewaltig verändert, ich muß nicht
mehr, wie fürher oft geschehen, gegen den Hund arbeiten, meine Willen
gegen den seinen durchsetzen. Das war immer kräfteraubend und
frustrierend. Das Wissen um die Fähigkeiten, den "Leistungsstand" meines
Hundes ist ebenfalls etwas, mit dem ich erst neu umzugehen lernen mußte,
Überforderungen sind tödlich für die Freude am Lernen ebenso wie
Unterforderung, und zuverlässig wird ein Verhalten erst dann, wenn man
die Ablenkung in wohl dosierten Portionen einführt, an verschiedenen
Orten übt, gegebenenfalls wieder einen Schritt zurück geht, schließlich
nur noch ab und zu bestärkt, kurz, sich vor dem Üben gründlich Gedanken
macht. Ich finde, Clickertraining ist da wirklich ein guter Weg, denn es
schafft Vertrauen, genau das Vertrauen, das ich meinem Hund entgegen
bringen möchte, denn "festhalten" oder "korrigieren" kann ich ihn
sowieso nicht.
Das wichtigste aber für mich ist, es macht uns beiden unheimlich viel
Spaß, Ajax freut sich auf seine Übungszeiten ist wirklich mit
Begeisterung dabei und ich schau auch nicht mehr so frustriert aus der
Wäsche, wie das früher öfter mal der Fall war;-))

Nachteile....Muß ich lange überlegen, für mich gibt`s eigentlich keine.
Aber ein paar Dinge sollte man doch ansprechen. Clickertraining braucht
Zeit. Rechne mal gut und gerne mit 5-7 Monate täglichem Üben für die
grundlegenden Verhaltensweisen eines "gut erzogenen Begleithundes", je
nachdem welche Ziele Du hast, welche Besonderheiten bei Euch vorliegen,
ich weiß nicht wie Gina so drauf ist, jagd sie vielleicht gerne oder hat
Probleme mit anderen Hunden, ist sie vieleicht sehr ängstlich, das alles
geht nicht von heute auf morgen.
Trotzdem geht`s eigentlich doch recht schnell, wenn ich mir die anderen
Hunde auf meinem Hundeplatz ansehe, die mit Ajax in der Welpengruppe
waren, da brauchen wir uns wirklich nicht zu verstecken.
Und dann mußt Du natürlich etwas umdenken. Ich weiß ja nicht welche
Erfahrung Du schon mit Hunden gemacht hast, ich finde manchmal ist
zuviel "Erfahrung" eher hinderlich, wenn man mit dem Clickertraining
beginnt, denn es macht das Umdenken oft ganz schön schwer. Du wirst
nicht drum rum kommen, bei Dir den Fehler zu suchen, wenn der Hund etwas
"falsch" gemacht hat, meistens sind`s ganz banale Dinge, die man einfach
nicht beachtet hat. Das kannst Du aber hier oder im Clicker-Archiv genau
nachlesen.
Und noch ein "Nachteil", Clickertraining macht süchtig. Ich jedenfalls
kann nicht mehr damit aufhören, dazu macht es mir viel zu viel Spaß.
Aber diesen Nachteil nehme ich gerne in Kauf;-))

Vieleicht hast Du ja etwas Lust bekommen, wäre schön zu hören, wie`s
weitergeht bei Dir und Gina.

Viele Grüße
Klaus