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Clickertraining

Modernes, tierfreundliches Training das nicht nur Hund und Herrchen oder Frauchen Spaß macht, sondern darüber hinaus noch sehr viel effektiver ist, wie herkömmliche Trainingsmethoden. Hier ist die Rubrik für Fragen oder Probleme im Zusammenhang mit dem Clickertraining.  
Panikattacken bei zu nahem Kontakt
09. Juli 2001 15:12

Hallo Helke,

wie gesagt, auf die Ferne..., und Pauschalbehandlung gibt es auch nicht, aber das weißt Du ja:-)

Also, nach allem, was Du so schreibst, hast Du keinen "Angstbeißer", sondern einen Hund mit einem bereits fest erlerntem Schema im Kopf. Du schreibst von Schutzhundmanier, hat er Schutzdienst gelernt hat er gelernt, Menschen zu attackieren? So wie Du schreibst, gehe ich davon aus, daß er nicht aus reiner Angst heraus so reagiert.

Auf welche Weise auch immer hat Lorbas gelernt, daß sein Verhalten erfolgreich sein wird.

Jetzt krame ich nochmal meinen Berry hervor. Er hatte Schutzdienst gelernt. Nach all den Jahren der Zweifel und auch der Angst vor der bestätigenden Gewißheit, ging ich, nachdem ich ihn bestimmt schon 8! Jahre hatte, niemals SchH mit ihm betrieb, zu einem Verein und probierte es aus. Er stellte und verbellte und verbiß sich bei der geringsten Bewegung im Schutzarm. Er verfolgte u.a den Figuranten, der ca 20 Meter davongelaufen war, ich schickte Berry los mit "pack ihn" und Berry raste hinterher, verbiß sich in den Ärmel und ließ nicht mehr los. Er biß auch "zivil", sprich, er brauchte nicht unbedingt den gepoltsterten Arm, er ließ sich auch losschicken gegen Menschen ohne Schutzkleidung. Das alles habe ich nur einmal probiert, um gewißheit zu haben.
Es wurde sicher aus der Defensive heraus mit ihm gearbeitet, er hatte unheimlich Angst vor Peitschenknall (Hunde werden tw. mit Peitsche "heiß" gemacht:-(
Und irgendwann hat er dann wohl dicht gemacht und ließ niemanden mehr an sich heran. Als ich ihn dann übernahm, interessierte ihn nichts mehr am Leben. Er ging durch die Welt, ohne sie zu registrieren und nur manchmal, da nahm er die Umwelt war und dann war sie nur bedrohlich und er rastete komplett aus, um es mal so salopp auszudrücken.

ich kann dir nicht sagen, wie genau ich den Zugang zu Berry geschafft habe, ich merke, daß ich vieles von damals einfach ausgeblendet habe.

Irgendwie war da nur ein Toben oder ein unendliches Schweigen an meiner Leine. Als ich ihn dann einige Monate hatte, so 6 oder 8, ich weiß es nicht mehr, kam seine Explosion, er startete durch gegen einen Menschen im Bundeswehrparka, der mensch stand dann glücklicherweise still da und das Schema "stehende verbellen" lief ab, Berry fixierte aber nicht den Arm, sondern die Kehle, so wie er einmal vorher eine Freundin von mir attackierte und ich ihn gerade noch packen konnte. Ich hatte es einfach satt, packte ihn und schmiß ihn ins Gebüsch. Berry stand wieder auf, verbellte sein Opfer nochmals und ich schrie Platz. Dann kümmerte ich mich erst mal um den Mann.
Von diesem Tag an hat Berry nie wieder menschen attackiert, nur knurren von Stock- und Schirmträgern dauerte noch etwas länger. Was genau die Lösung war, kann ich dir nicht sagen.

Nur eines habe ich mit Berry erfahren: Einst tief erlerntes Verhalten löschte sich zumindest bei ihm nie wieder völlig aus. Einmal, ich hatte ihn schon Jahre, Jahre souveränen Lebens, als er, wir waren im Auto, zwei blaukittelmenschen entdeckte und ganz einfach durchdrehte. Wir standen an einer Bahnschranke und lange hätten die Scheiben des Autos nicht mehr gehalten. Die Schranke ging auf, ich fuhr los und hinter mir saß ein sehr verzweifelter, irritierter Berry:-(

Es gibt nicht die Antwort und zeit heilt nicht alle Wunden. Doch es gibt die Möglichkeit, neue Wege für den Hund zu finden, Wege, die ihm ermöglichen, loslassen zu können, weitgehend, von alten Mustern. Dafür ist es hilfreich, neue/konträre Schemen zu trainieren.

Sehr viel geholfen hat Berry damals die RH, bei der Verbellen (am Anfang waren die personen geschützt) nicht mehr dann attackieren zur Folge hatte, sondern Belohnung, in seinem Fall dann Fressen, er spielte nicht. Der "Figurant" war nicht mehr Feind, sondern Freund.
Wir übten zusätzlich regelmäßig alle zwei Tage im belebten Park. Anfangs immer die gleiche Stelle, gleiche Uhrzeit, gleiche übungen. Knurren war "Nein", nicht knurren, entspannen etc. "Ja" (also heute wohl C+cool smiley. Das hat mich und ihn Nerven gekostet, aber dann, ich weiß nicht, nach wievielen Wochen, veränderte er sich, er begann, sich auf mich zu konzentrieren, er begann, mir zu vertrauen und ganz allmählich somit den Menschen um uns herum. Ich kann dir nicht mehr sagen, wie sich Berry im Hausgang verhalten hat, ich weiß nicht mehr, wie es aufhörte, daß er meine Besucher bedrohte. Ich weiß nur, daß er nie aufhörte, im Warteraum des TA aggressiv zu sein und wenn er sich reinsteigerte, gegen alles.
:
Alles in allem hat Berry etwa zwei Jahre gebraucht, um zu sich selbst zu finden und um das zu werden, wie er dann die letzten neun Jahre war. Aber er blieb immer ein "schwieriger" Hund mit einem Funken, hm, Unberechenbarkeit.

Ich weiß nicht, ob Dir das weiterhilft,
liebe Grüße
Christine


09. Juli 2001 16:06

Je später der Abend...

anstelle von Leihündin soll es natürlich Leithündin heißen, peinlich, und gleich mehrfach das t gedacht, aber nicht getippt...

sorry, echt


Helke

10. Juli 2001 15:10

Hallo Christine,

vorsicht, nochmal ausführliche Antwort...

: wie gesagt, auf die Ferne..., und Pauschalbehandlung gibt es auch nicht, aber das weißt Du ja:-)

Ja, klar, ich suche ja auch eher nach ein paar Wegweisern zum Supermarkt als nach der kompletten Backmischung.

: Also, nach allem, was Du so schreibst, hast Du keinen "Angstbeißer", sondern einen Hund mit einem bereits fest erlernten Schema im Kopf. Du schreibst von Schutzhundmanier, hat er Schutzdienst gelernt, hat er gelernt, Menschen zu attackieren?

Wenn ich das wüßte... Wir machen keinen SchH mit ihm. Da wir ihn angebunden im Wald gefunden haben, ist seine Vorgeschichte komplett im Dunklen, wir können also nur aus seinem Verhalten "rückwärts schließen". Ich gehe nach seinem Anfangsverhalten davon aus, dass er dort länger angebunden war, mindestens auch eine Nacht, und an der Stelle, wo wir ihn fanden, kommen auch Menschen vorbei, die mit Hunden nicht gerade nett umgehen, wenn sie von dem Hund angebellt oder angeknurrt werden und gerade (scheinbar) kein Mensch in Sicht ist, der dem Hund helfen könnte.
Auf die Schutzhundmanier kam ich, weil in der Nähe des Reitstalles, wo früher mein Pony stand, ein Hundeplatz war, und der einzige autofreie Weg zum Ausreitgelände führte an dem Platz vorbei. Vom Pony aus konnte ich die Hunde und die alten "Ausbildungsweisen" gut und mit Grausen beobachten.

: So wie Du schreibst, gehe ich davon aus, daß er nicht aus reiner Angst heraus so reagiert.

Mittlerweile gehe ich auch davon aus, wobei es mich immer noch irritiert, dass Lorbas sehr genau zwischen "Mensch spricht zu Leithund" und "Mensch will was von mir" unterscheidet. Wenn er eine mißlungene SH-Ausbildung hätte, müßte er doch eigentlich auch mich "verteidigen wollen", oder?

: Auf welche Weise auch immer hat Lorbas gelernt, daß sein Verhalten erfolgreich sein wird.

Den "Erfolg" holt er sich ja durch sein Verhalten auch jetzt, weil die Menschen natürlich dann doch auf Abstand gehen, wenn er in den Seilen hängt und droht.
Darum vermeide ich es erstmal, so oft es möglich ist, nur, wie geschrieben, ich kann ja nicht die Nachbarhäuser sprengen lassen, damit wir optimale Trainingsbedingungen haben. Und es kann ja auch mal irgendwo in der Pampa vorkommen, dass es eng wird, so pampamäßig ist Norddeutschland halt nirgends, und Feldwege, wie geschrieben, gibt es kaum.

Gestern hatten wir z.B. folgende Situation: wir kamen vom Sportplatz zurück (ich kenne den Platzwart, solange Lorbas da keine Haufen setzt bzw. ich sie entferne, falls ihm ein Mißgeschick passiert, weil er sich vorher doch nicht ganz entleert hat, dürfen wir außerhalb der Trainingszeiten auf den Platz und dort unter der ersten Ablenkung üben und spielen). Vor uns gingen Nachbarn mit zwei kleinen, laut rufenden Kindern in den Innenhof, Lorbas guckte, blieb aber ruhig, die Kinder kamen ja nicht auf uns zu, sondern wuselten halt herum.
Direkt vor unserer Haustür stand ein Maler in Arbeitskleidung und mit Pinsel und Farbeimer "bewaffnet" und unterhielt sich vor der Tür mit zwei Passanten. Der schmale Weg zum Haus war also "blockiert". Warten, bis alle drei wieder weg waren, konnte ich nicht, denn ich mußte zur Arbeit.
Also habe ich Lorbas kurz absitzen lassen, er guckte schon ganz gebannt auf den "bunten Maler", und er bellte kurz und hoch, während ich freundlich zu den Menschen hinüberrief, ob sie bitte auf eine Seite gehne könnten, denn Lorbas habe Angst, ich würde ihn festhalten und mit ihm schnell reinlaufen. Zum Glück waren die Menschen hilfsbereit, kamen nicht auf uns zu, sondern stellten sich alle drei nebeneinander an der Häuserwand auf, ich konnte Lorbas am Geschirr festhalten und mit ihm in's Haus traben (die Tür war halb lackiert und stand zum Glück offen). Während des Vorbeilaufens kam von Lorbas nochmal ein ziemlich hohes Wuff-wuff, aber die Ohren blieben nach hinten geklappt, keine Bürste, alles ok., es war deutlich zu fühlen, dass ihm die ganze Sache einfach unheimlich war.

Passiert dasselbe in ähnlicher Konstellation, aber es kommt vielleicht einer von den Menschen dann auf uns zu, kann es unterhalb einer "Minimalsicherheitsdistanz" durchaus sein, dass Lorbas nach vorne geht und versucht, sich zu wehren. Ich vermute mal, dass er das während des Angebundenseins "gelernt" hat, denn da konnte er nicht weg, und so nervös, wie er ist, kann ich mir vorstellen, dass er da evtl. auch durch einmaligen Erfolg gelernt hat "wenn ich von submissiv auf Angriff umschalte, habe ich erstmal Ruhe". Dass all das beim Hund unbewußt abläuft, ist mir klar. Ich habe auch schon von Menschen erfahren, dass sie, wenn sie Hunde losbinden wollten, auf diese mit Stöcken in der Hand zugegangen sind, um entweder einen Angriff abwehren zu können, oder um den Angriff des Hundes auf den Stock umzulenken. Das ist ja eine noch immer weit verbreitete Methode, die immer wieder beschrieben wird, um sich vor angreifenden Hunden zu schützen. Ich weiß nicht, wieviele Menschen Lorbas im Wald losbinden wollten und wie sie reagiert haben. Ich weiß auch nicht, was er erlebt hat, bevor er zu uns kam. Gut wird es ihm nicht gegangen sein, klar:-(((
Nicht jeder Hamburger weiß, dass es für solche Situationen den Tiernotrettungsdienst gibt, und nicht alle setzen sich geduldig vor den Hund, warten, bis er sich beruhigt, und versuchen dann, ihn loszubinden. Und wenn der "Köter" nicht dankbar auf die Hilfe reagiert, sondern aus Angst in Richtung der für ihn "drohenden Gefahr" schnappt, kannst Du Dir selbst vorstellen, wie viele Menschen auf sowas reagieren. Und so vermilbt, wie Lorbas war, als wir ihn fanden, sah er durch die kahlen Stellen auch um die Augen zusätzlich zu Farbe und Größe sehr gefährlich aus.

: Jetzt krame ich nochmal meinen Berry hervor. Er hatte Schutzdienst gelernt. Er biß auch "zivil", sprich, er brauchte nicht unbedingt den gepoltsterten Arm, er ließ sich auch losschicken gegen Menschen ohne Schutzkleidung. Das alles habe ich nur einmal probiert, um gewißheit zu haben.

Wenn ich Dich richtig verstehe, hatte Berry also vor der Zeit bei Dir keine Signalkontrolle für Beißen oder nicht Beißen gelernt, sondern die Ausbildung war mitten im Heißmachen abgebrochen worden, oder? Oder hatte sich das Verhalten verselbständigt? Das erlebe ich immer wieder in Hamburg bei "hobbyistisch" ausgebildeten SchH, die aber nie als Dienstgebrauchshunde geführt werden, ihr Können aber natürlich ab und zu mal zeigen "wollen".
Ich will Lorbas einfach den Stress auf einem SchH-Platz noch nicht zumuten, falls er sowas kennt, hat es sicher eine heftige Retraumatisierung zur Folge, wenn nicht, muß ich's ihm aber auch nicht zeigen, denn er lernt sehr schnell durch abgucken.
Obwohl ich auch gerne eine Gewißheit hätte. In Hamburg habe ich aber noch keinen Clickerplatz gefunden, und die Figuranten sind ja nicht "ausleihbar", sonst würde ich Lorbas einfach mal ohne den ganzen Platzstress drumrum irgendwo, wo kein Mensch rumläuft und wo wir sonst nicht hinfahren, mit dem Figuranten konfrontieren.

: Es wurde sicher aus der Defensive heraus mit ihm gearbeitet, er hatte unheimlich Angst vor Peitschenknall (Hunde werden tw. mit Peitsche "heiß" gemacht:-(

Was heißt aus der Defensive? Ich kenne vom Sehen her nur das grausige den Hund mit Stock oder Peitsche in der Hand noch zusätzlich fertigmachen, sowohl von Seiten des HF (da finde ich das Wort ausnahmsweise mal angebracht) als auch von Seiten des Figuranten.
Loslassen darf der Hund dann trotzdem nicht:-(((

: Und irgendwann hat er dann wohl dicht gemacht und ließ niemanden mehr an sich heran. Er ging durch die Welt, ohne sie zu registrieren und nur manchmal, da nahm er die Umwelt war und dann war sie nur bedrohlich und er rastete komplett aus, um es mal so salopp auszudrücken.

Das kann ich Berry gut nachfühlen, bei Menschen gibt es ja durchaus ähnliche psychische und seelische Reaktionen, bei denen dann nur noch die Gefahr registriert und auf diese schematisch reagiert wird. Aber Lorbas nimmt ja durchaus alles mögliche wahr, er reagiert auch darauf, klar dreht er manchmal auch große Runden um uns, aber dann stöbert er nach Hasen oder Mäusen, wenn wir ihn dafür freigegeben haben, und achtet trotzdem darauf, wo sein Rudel gerade ist. Und er freut sich auch über viele Sachen, er ist ja nicht ganz "verschwunden", aber diese "Gefahrenmomente" treiben ihn anscheinend in eine eigene Welt, wo er alleine ist, wo ihm niemand helfen kann, wo er für sich selbst sorgen muß, wo er sich verhält, als sei er wieder im Wald, und weit und breit kein Mensch zum Helfen, nur der "Angreifer", der ihn auf für Lorbas nicht verstehbare Art losbinden will.

: ich kann dir nicht sagen, wie genau ich den Zugang zu Berry geschafft habe, ich merke, daß ich vieles von damals einfach ausgeblendet habe.

Christine, keine Sorge, ich "erwarte" jetzt hier von Dir auch nicht, dass Du mir alles beschreibst, was Duz mit Berry verknüpfst, Du bist doch keine "allwissende Müllhalde", wie ein Kollege von mir das immer ausdrückt, wenn ihn jemand nervt, weil er eben NICHT alle 2.500 Homöopathika auswendig im Kopf hat.
Du hast mir schon ein großes Stück weiter geholfen, denn ich bin ja weiterhin auf meinem Weg, Lorbas mit Geschirr und langer Leine laufen zu lassen, es weiter zu versuchen und den Zugang auch in solchen Momenten zu finden. Ich weiss selbst, dass es schwierig ist, denn in solchen Momenten habe ich anderes im Kopf, als locker und entspannt danebenzustehen und Lorbas auf seinen Innenpfaden zu folgen oder zu sehen, wo dann noch die winzige Lücke in seiner Panzerung ist. sie ist da, das weiß ih, ich weiß nur nicht, wo. Und da suche ich dann halt Wegweiser, Ideen, Vorschläge, und Du hast mir doch sehr viel davon gegeben. Ehrlich!!!

: Irgendwie war da nur ein Toben oder ein unendliches Schweigen an meiner Leine. Als ich ihn dann einige Monate hatte, so 6 oder 8, ich weiß es nicht mehr, kam seine Explosion, er startete durch gegen einen Menschen im Bundeswehrparka.
Ich hatte es einfach satt, packte ihn und schmiß ihn ins Gebüsch. Berry stand wieder auf, verbellte sein Opfer nochmals und ich schrie Platz. Dann kümmerte ich mich erst mal um den Mann.
: Von diesem Tag an hat Berry nie wieder menschen attackiert, nur knurren von Stock- und Schirmträgern dauerte noch etwas länger. Was genau die Lösung war, kann ich dir nicht sagen.

Ich denke mal, Du hast bei Berry einfach intuitiv richtig gehandelt und eine Art Gegenkonditionierung bewirkt. Deine Reaktion war wirksamer als das, was Berry vorher gelernt hat, er konnte neu verknüpfen und hat eine klare Grenze erlebt. Kurz, heftig, aber in einer Sprache, die er verstehen konnte, denn ein Hunderudelmitglied hätte evtl. ähnlich gehandelt, ein größerer Hund hätte ihn evtl. auch mit der Schnauze "untergefaßt" und erstmal zur Seite geworfen, und ihm bei nochmaligem Näherkommen mit der Stimme und dem Zähnezeigen deutlich gemacht "sooo nicht!"
Und Ihr hattet das große Glück, dass Ihr einem sehr hundeerfahrenen oder zumindest sehr selbstbeherrschten "Opfer" begegnet seid. Auf solche "Opfer" reagierte Lorbas zumindest in der Hundeschule auch locker. Aber sobald jemand "Angst" signalisiert oder sich erschreckt, ist es vorbei. Und da bin ich in Gedanken wieder im Wald, wo er angebunden war, und frage mich, was ihm da alles passiert ist.
Und eben darum sagt mir meine Intuition: für Christine und Berry war das genau der richtige Weg, für Lorbas wäre es eine Katastrophe und würde all die vertrauenbildenden Maßnahmen zunichte machen, es wäre hinterher schlimmer als vorher, er ist insgesamt viel zu unsicher.

: Nur eines habe ich mit Berry erfahren: Einst tief erlerntes Verhalten löschte sich zumindest bei ihm nie wieder völlig aus. Einmal, ich hatte ihn schon Jahre, Jahre souveränen Lebens, als er, wir waren im Auto, zwei blaukittelmenschen entdeckte und ganz einfach durchdrehte. Wir standen an einer Bahnschranke und lange hätten die Scheiben des Autos nicht mehr gehalten. Die Schranke ging auf, ich fuhr los und hinter mir saß ein sehr verzweifelter, irritierter Berry:-(

Oh, mensch Ihr zwei, auch wenn Berry nicht mehr bei Dir ist, wenn ich das lese, fühle ich, dass es sehr, sehr wehtut, und ich kenne es selbst aus anderen Situationen mit früheren Hunden.
Deshalb (ver-)zweifle ich ja auch etwas an der Theorie, JEDES Verhalten lasse sich umlenken. Wenn es Fehlverhalten ist, ok., aber Traumata, die tief sitzen, können auch bei Menschen nicht immer vollständig geheilt werden. Narben bleiben, auch bei aller Kunst, und diese Narben entzünden sich manchmal, oder sie brechen wieder auf, weil sie halt niemals wieder so sein werden wie der unverletzte Zustand vor dem Trauma.

: Es gibt nicht die Antwort und Zeit heilt nicht alle Wunden.

Den Satz habe ich auch schon vor längerer Zeit gestrichen, denn es ist eine Lüge, eine Schönrederei.

: Doch es gibt die Möglichkeit, neue Wege für den Hund zu finden, Wege, die ihm ermöglichen, loslassen zu können, weitgehend, von alten Mustern. Dafür ist es hilfreich, neue/konträre Schemen zu trainieren.

Und genau das will ich ja, genau da suche ich ja, auch nach Wegen über positive Bestärkung, und genau da stoße ich an Grenzen und weiß noch nicht, ob es die Grenzen der Methode oder die Grenzen in meinem Kopf und in der Lebensrealität sind (s. Sollen impliziert können in meiner anderen Antwort).

: Sehr viel geholfen hat Berry damals die RH, bei der Verbellen (am Anfang waren die personen geschützt) nicht mehr dann attackieren zur Folge hatte, sondern Belohnung, in seinem Fall dann Fressen, er spielte nicht. Der "Figurant" war nicht mehr Feind, sondern Freund.

An die RH habe ich auch schon gedacht, aber noch nimmt Lorbas beim Anblick von mehr als einem großen Hund Reißaus, da will ich ihm einfach Zeit lassen, und außerdem bin ich so gar kein Vereinsmensch, ich würde also "dem Hund zuliebe" arg lustlos da hinfahren, und das merkt er bestimmt. Erstmal üben wir mit Freunden weiterhin, plötzlich hinter dem Baum auftauchen, Arme herumwedeln, Urlaute ausstoßen, und solange Lorbas abhauen kann, ist es ok., vielleicht desensibilisiert ihn das mit der Zeit, ich hoffe es sehr.

: Wir übten zusätzlich regelmäßig alle zwei Tage im belebten Park. Anfangs immer die gleiche Stelle, gleiche Uhrzeit, gleiche übungen. Knurren war "Nein", nicht knurren, entspannen etc. "Ja" (also heute wohl C+cool smiley. Das hat mich und ihn Nerven gekostet, aber dann, ich weiß nicht, nach wievielen Wochen, veränderte er sich, er begann, sich auf mich zu konzentrieren, er begann, mir zu vertrauen und ganz allmählich somit den Menschen um uns herum.

Ich denke, bei Lorbas ist manches auch "einfach" noch eine Frage der Zeit, aber bis er wirklich wieder in sich ruht, will und muß ich ja trotzdem die Fremdgefährdung verhindern, mehr als täglich üben, üben, üben kann ich nicht, aber bis es bei ihm "click" macht, soll er niemanden angreifen, und danach natürlich sowieso nicht mehr.
Ich will zumindest so weit kommen, dass ich sicher weiß "das ist eine Situation, da rastet er aus". Dann kann ich Vorsorge treffen, dann kann ich notfalls vorher schon was sagen oder, oder, oder, das wird meine Intuition mir dann sagen.

: Ich weiß nicht, ob Dir das weiterhilft,

Doch, all das hilft mir weiter, denn es ermutigt mich wieder, "dranzubleiben", es hilft mir, weiter geduldig zu bleiben und nicht "aufzugeben", denn Lorbas lernt alles mögliche so schnell und zuverlässig, aber ich sträube mich einfach zutiefst, mit ihm mit dem "Draufgehen" den Weg wie beim Bellen zu gehen. Erst Bellen beibringen, und dann "aus, laut", denn das hieße ja, erst "draufgehen" beibringen, und dann das Ganze unter Signalkontrolle bringen, und das ist mir zu riskant, es rennen genug durchgeknallte Privat-SchH in Hamburg herum. Lorbas muß nicht der nächste werden.

Und so irre ich weiter durch die Clickerforen und suche nach Wegweisern für schwersttraumatisierte Hunde... Das ist nun nicht gegen Dich gerichtet, Christine, du hast mir sehr viel mitgeteilt und offenbart, und mir viele Wegweiser aufgestellt, denn auch das "das paßt sicher für manchen Hund, aber nicht jetzt für Lorbas, vielleicht später, aber zumindest noch nicht" ist ja auch wichtig, denn es verdeutlicht mir, wo der Weg bei uns nicht langgehen kann. Ich hatte manches ja auch schon erwogen, aber es fühlte sich nicht passend an, und ich wußte bisher nicht, warum. Nun weiß ich es, kann es wieder sehen. Also muß ich weiter suchen, ob nicht doch noch irgendwo ein Abzweig von der "Panikautobahn" für Lorbas zu finden ist. Eigene Gedanken mach ich mir ja eh dauernd, klar, drum ist es mir manchmal eine Hilfe, wenn ich von anderen Erfahrungen wissen darf. Und davon hast du mir sehr viel geschenkt! Ehrlich Danke!!!

Seid mal alle ganz herzlich gegrüßt, Du und Deine Vierbeiner/innen

von Helke und einem ja durchaus heilungswilligen Lorbas

11. Juli 2001 15:18

hallo Helke,

soooooo lange Antwort:-) Ich hoff, ich stürz nicht ab (compimäßig)


:
: Mittlerweile gehe ich auch davon aus, wobei es mich immer noch irritiert, dass Lorbas sehr genau zwischen "Mensch spricht zu Leithund" und "Mensch will was von mir" unterscheidet.

Vielleicht kannst Du umleiten, daß letztendlich alle erst mal von "Leithund" was wollen?

Wenn er eine mißlungene SH-Ausbildung hätte, müßte er doch eigentlich auch mich "verteidigen wollen", oder?

SchH/"sportlich" hat nichts mit verteidigen des Besitzers zu tun.
:
:
: Passiert dasselbe in ähnlicher Konstellation, aber es kommt vielleicht einer von den Menschen dann auf uns zu, kann es unterhalb einer "Minimalsicherheitsdistanz" durchaus sein, dass Lorbas nach vorne geht und versucht, sich zu wehren. Ich vermute mal, dass er das während des Angebundenseins "gelernt" hat,

muß nicht unbedingt sein, defensive Aggression ist nicht nur erlernt.


: Wenn ich Dich richtig verstehe, hatte Berry also vor der Zeit bei Dir keine Signalkontrolle für Beißen oder nicht Beißen gelernt, sondern die Ausbildung war mitten im Heißmachen abgebrochen worden, oder?

Keine Ahnung. Ich weiß von Berrys Vergangenheit absolut gar nichts. Alles fügte sich zu einem Bild im Laufe der Jahre.

:Oder hatte sich das Verhalten verselbständigt?

Ja, hatte es wohl.

: Ich will Lorbas einfach den Stress auf einem SchH-Platz noch nicht zumuten,

würde ich auch nicht, wie gesagt, ich habe ca. 8 jahre damit gewartet.

: Was heißt aus der Defensive?

Daß heißt, daß ein Hund solange in die Enge getrieben wird, bis ihm gar nichts anderes übrigbleibt als Beißen

Ich würde bei Lorbas viele Dinge aussenherum clicken: das ruhige gehen, spielen etc, Rückkehr zu Euch, denn die Gesamtheit muß passen, damit er Dir eines Tages vertrauen kann, daß fremde Passanten "Bäume" in der Landschaft sind.

:Und da bin ich in Gedanken wieder im Wald, wo er angebunden war, und frage mich, was ihm da alles passiert ist.

Lorbas Vergangenheit hat ihn zwar zu dem werden lassen, was er derzeit ist, aber bleib du selbst nicht drin hängen. Die Vergangenheit ist "unwichtig" weil Du sie nicht kennst. Nur vermutest, und das führt manchmal (unbewußt) auf völlig falsche Wege. Klar macht man sich immer wieder Gedanken, was wohl gewesen sein mag, aber eben, Gedanken und es muß nicht Realität sein und deshalb sollte man sie auch nicht als solche behandeln.

: Und eben darum sagt mir meine Intuition: für Christine und Berry war das genau der richtige Weg, für Lorbas wäre es eine Katastrophe

ja, für JW zB auch

: Und genau das will ich ja, genau da suche ich ja, auch nach Wegen über positive Bestärkung, und genau da stoße ich an Grenzen und weiß noch nicht, ob es die Grenzen der Methode oder die Grenzen in meinem Kopf und in der Lebensrealität sind

Als Faustregel: Wenn sich der Hund nicht "verbessert", sondern stetig sich gleich in ähnlichen Situationen verhält, dann ist der Weg falsch. Verbessert er sich, und sei es nur minimal, ist der Weg richtig. Faustregel wie gesagt, kein gültiges Gesetz.
:
: An die RH habe ich auch schon gedacht, aber noch nimmt Lorbas beim Anblick von mehr als einem großen Hund Reißaus,

es ist die routine, das immer sehr ähnlich bleibende, das Arbeiten miteinander. Vielleicht probierst Du es einfach, fern du eine verständnisvolle RH findest.

und außerdem bin ich so gar kein Vereinsmensch, ich würde also "dem Hund zuliebe" arg lustlos da hinfahren, und das merkt er bestimmt.

Ich bin auch kein Vereinsmensch, aber wo sonst kann man so ideal üben?

Erstmal üben wir mit Freunden weiterhin, plötzlich hinter dem Baum auftauchen, Arme herumwedeln, Urlaute ausstoßen, und solange Lorbas abhauen kann, ist es ok., vielleicht desensibilisiert ihn das mit der Zeit, ich hoffe es sehr.

Finde ich ein bißchen deftig:-) Lorbas erschrickt ja vermutlich sehr
?
aber ich sträube mich einfach zutiefst, mit ihm mit dem "Draufgehen" den Weg wie beim Bellen zu gehen. Erst Bellen beibringen, und dann "aus, laut", denn das hieße ja, erst "draufgehen" beibringen, und dann das Ganze unter Signalkontrolle bringen, und das ist mir zu riskant

Tja, Berry hat dadurch ein anderes Bellen gelernt: Nicht mehr "Alarm/Warnung" sondern "Ich habe jemanden gefunden, Rudelmitglieder kommt schnell her" und dann gabs die Belohnung von der gefundenen Person. Er hat das nie verwechselt, sprich, hat nie eine person gebissen und er war dadurch in der Lage, reale Bedrohung zu erkennen und nícht reale.

Also muß ich weiter suchen, ob nicht doch noch irgendwo ein Abzweig von der "Panikautobahn" für Lorbas zu finden ist.

Ich würde doch versuchen, ihn evtl. an den Maulkorb zu gewöhnen, da es Dir die notwendige Ruhe vermitteln kann. Ich bin zwar kein Fan davon, aber manchmal hilft erst daß wissen, daß der Hund nicht gefährlich werden kann, ihm wirklich eine Chance zu geben. Ich kann dir gern meine Clickeridee schreiben zur behutsamsten Gewöhnung an den MK.

Liebe Grüße
Christine + JW + Bambuli


12. Juli 2001 10:52

Hallo Helke,

wie schon angedeutet aus Zeitgründen erst jetzt eine Antwort, ich werde auf deine Antworten an Christine auch noch schreiben, aber fraktioniert, sonst schaffe ich es nicht. Außerdem hoffe ich, dass die Antworten lesbar erscheinen, denn da mein Computer zu Hause bei den langen Sachen immer den Geist aufgibt, habe ich mir jetzt den Text kopiert und schreibe in Word und werde dann versuchen es in das Antwortfeld zu kopieren.

: ganz herzlich Danke für Deine ausführliche Antwort.

Danke ebenfalls für deine ausführlichen Antworten, so kann man sich besser ein Bild von eurer Situation machen

: Nun stehen wir zwar bzgl. Clickertips noch immer fragend in der Gegend rum, aber Du hast mir sehr geholfen, denn mein Gefühl, ich sei der "einzige
Mensch" mit schwerstgestörtem Hund und distanzlosen Begegnungen, ist aufgelöst, und das hilft mir auch weiter.

Ich hoffe dir im Laufe meiner weiteren Antworten auch noch ein paar Clickertipps geben zu können.

: Die Details der Problematik habe ich nun schon Christine geschrieben (wo es hakt mit dem Ausweichen, weil der enge Weg nunmal ab Haustür
besteht und es erst später wirklich Raum zum Ausweichen gibt), damit's nicht alles doppelt erscheint, lasse ich's hier mal weg. Ist ehrlich nicht
persönlich gemeint, ok.?

Klar, schon ok, habe die anderen Antworten auch gelesen.

:: Aber diese Passanten, die vorbeigehen sind bei mir nicht das Problem - und wenn ich Helke richtig verstanden habe, bei ihr auch nicht mehr.

::Ja, das hast Du genau richtig verstanden, alles, was "nur irgendwie an uns vorbeiwill", ist "ungefährlich", auch auf engen Wegen.

Das ist doch schon mal sehr gut. Solche Situationen nutze ich, um zu clicken, sofern der Hund wirklich ruhig bleibt und sich um seinen Kram kümmert oder mich ansieht. Denn ich will ihm ja vermitteln, dass es genau das ist, was ich möchte "kümmere dich nicht um andere"

:Als ich das las, dachte ich spontan "haben wir Zwillingshunde"? Genau das kenne ich von Lorbas auch.

Na ja, Zwillingshunde wohl nicht J, Zasko ist eher das, was man als typischen, überzüchteten Hochleistungs-DSH mit zusätzlicher falscher Behandlung kennzeichnen kann, aber Verhaltensmäßig scheinen sie sich sehr ähnlich zu sein.

: Lorbas hat auch genug Leinenmeter zum Ausweichen, trotzdem, er kann auch mitten auf der Wiese stehen, wenn jemand ihn direkt anspricht, kann
es passieren, dass er in bester Schutzhundmanier nach vorne geht, ohne vorher groß zu warnen. Diese Schritte "fehlen" bzw. sind wahrscheinlich
systematisch aberzogen worden. Da muß jemand sehr früh angefangen haben, den Hund zu verderben, denn als wir ihn fanden, war er ja gerade 7-8
Monate jung.

Diese Zwischenschritte braucht man nicht systematisch "abzuerziehen". Man muss sie nur ein paarmal nicht beachten (d. h. an der bedrohlichen Situation, weshalb der Hund knurrt,ändert sich nichts), dann läßt er es irgendwann sein, weil es sich nicht mehr lohnt. Da beim Nach-vorne-gehen aber zumindest fast jeder erstmal refexartig zurückweicht, somit dieses Verhalten Erfolg verspricht, spart man sich als Hund die uneffektiven Zwischenschritte.
Ich habe mich bemüht, bei Zasko jede kleinste Andeutung eines vorhergehenden Anzeichens an "Unwohlsein", also auch Ohrenspiel, Nase lecken etc. zu beachten und dann, wann immer es ging, ihn aus der Situation fortzuführen, damit er wieder lernt, solche Gesten einzusetzen (völlig egal um welche Situationen es sich handelt, ob zu Hause, in der Hundeschule, auf dem Spaziergang). Zasko warnt mittlerweile häufig schon wieder, allerdings meist nur sehr kurz.


: Und ich frage mich dann auch, was ich tuen soll, wann ich da noch clicken soll. Strafen will ich ihn nicht, trotzdem kann ich nicht verhindern, dass er
sich selbst einen üblen Leinenruck verpaßt (er geht im Geschirr), wenn ich die Leine schnell sehr kurz fasse, um eine Fremdgefährdung zu
verhindern.

Wenn die Situation schon eskaliert, kannst du nichts mehr clicken und Strafen würde überhaupt nichts bringen. Wenn du in einer solchen Situation auch noch strafst, erreichst du nur, dass du für den Hund unberechenbar und unangenehm wirst und zerstörst eure gerade wachsende Vertrauensbasis. Das er den Leinenruck am Geschirr in dem Moment als Strafe empfindet, glaube ich nicht. Ich habe das Gefühl das die Hunde zum einen recht gut unterscheiden können, ob ich aktiv an der Leine rucke oder sie sich den Ruck selber zufügen, weil sie nach vorne preschen. Zum anderen registriert er mE in einer solchen Situation diesen Ruck gar nicht richtig, dazu ist er viel zu sehr auf sein Angst-/Aggressionsobjekt fixiert. Der Leinenruck führt ja zu keiner Reaktion des Hundes, es nimmt ihm aber wenigstens einen Teil der Selbstbestärkung, weil er nicht ganz hinkommt.
Du kannst erst mal nur in Situationen üben, d. h. clicken, wenn der Abstand noch so groß ist, dass sich der Hund nicht aufregt, als Belohnung würde ich dann Weggehen wählen, denn das, was der Hund will, ist ja Abstand. Im Laufe der Zeit wird dann die Entfernung zwischen dem Hund und dem Fremden immer kürzer werden.
Die anderen Situationen kannst du nicht immer komplett vermeiden, bis das Training beendet ist (zumal dieses bei den Vorschäden wahrscheinlich etwas dauert), du kannst Die anderen Situationen gibt es trotzdem, man kann ihnen nicht immer ausweichen, man kann nur versuchen, einen Weg zu finden, dass diese nicht für den Fremden gefährlich werden, und das heißt für mich, überall wo solche Situationen auftauchen können, muss der Hund an der Leine sein, damit ich ihn sicher festhalten kann. Wer noch weiter auf einen Hund zugeht, der schon bei einem Meter Abstand durch Bellen und Drohschnappen anzeigt, dass er das nicht mag, ist selber Schuld. Und das tun auch wirklich die wenigsten.


:In manchen Büchern wird durchaus empfohlen, bei Hunden, denen das Drohen vor dem Zupacken abtrainiert wurde, dann jeden Schritt in Richtung
"Vorwarnung" zu bestärken und den Hund dadurch auf ein "normales Maß" an Abwehr umzutrainieren, ihm also zu vermitteln "drohen ist ok.,
knurren statt beißen ist erwünscht", aber ich frage mich dann auch, wie ich es anstellen soll, dass der Hund dann nicht im Knurren steckenbeleibt.
Ich habe es selber noch nicht ausprobiert, es ist mir zu riskant,

Also in gewisser Weise habe ich das schon gemacht (s. o.), allerdings nicht in den eh schon eskalierenden Momenten sondern noch ein bis zwei Schritte früher. Also nicht, wenn er schon loslegt, sondern wenn die ersten Anzeichen kommen, das er loslegen könnte. Und auch dann nur, sofern ich genügend Platz hatte, als "B" die Situation aufzulösen, indem wir weggehen. Alles andere fällt bei mir unter die Kategorie "noch nicht übbar" und da ignoriere ich jegliche Reaktion meines Hundes. Er wird nur kommentarlos festgehalten. In solchen Reaktionen noch etwas zu bestärken, ist mir auch zu riskant.

:was ich bei Lorbas fördere, ist die spielerische Agression, denn die hatte er auch
nicht mehr zur Verfügung. Aber da reagiert er auch sofort auf ein leises und ruhiges "Aus",z.B. bei heftigen Zerrspielen, das tut er bei
Abwehrangriffen nicht, er kann draufgehen, aber niemand hat ihm das Stop vermittelt, und ich will ihn nicht zum SH ausbilden und das Draufgehen
noch verstärkrn, um auf diesem Umweg ein Stop einzuführen, das ist mir zu gefährlich mit diesem Hund, dafür reagiert er viel zu hysterisch.

Ich würde dir ebenfalls ganz dringend raten, keinen Schutzdienst mit ihm zu machen. Damit überforderst du ihn total.

:: Ansonsten funktioniert die Methode, "ich gehe meinen eigenen Weg" auch bei uns recht gut, zumal Zasko's Halti auf viele abschreckend wirkt.

:Wie hast Du Zasko vermittelt, dass das Teil nicht gefährlich ist? Lorbas bekommt schon beim anblick eines Maulkorbes oder Haltis Panik. Ich hatte
zwischendurch halt mal überlegt, ihm einen pro-forma-Maulkorb umzulegen, den auf Doggengröße zu stellen, einfach, damit wir mehr Ruhe vor
Passanten und Kindern haben, aber Lorbas trotzdem wehrhaft bleibt, aber bei der Panik habe ich's erst gar nicht mit dem Anlegen versucht, da nützt
derzeit auch das tolle Clicker-Maulkorb-Spiel nichts, sobald das Teil irgendwo auch nur in der Ecke liegt, haut Lorbas mit eingeklemmtem Schwanz
ab.

Wenn Lorbas solche Panik schiebt, hat er wahrscheinlich schon mal üble Erfahrung mit einem Maulkorb gemacht. Vielleicht wurde ihm schon mal einer ohne Vorübung angezogen und dann folgte eine schmerzhafte Behandlung beim Tierarzt oder was auch immer. Denn ansonsten stehen die Hunde dem Ding ja erst mal neutral gegenüber, sofern man es ihnen nicht gleich beim ersten Kontakt auf der Nase festschnallt, und das glaube ich bei dir nicht.
Zasko stand den Dingen neutral gegenüber und ich habe ihn in etwa so an beides gewöhnt, wie vom TVT (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz) empfohlen (Link zum Download des Merkblattes s. u.). Beim Halti dann halt statt füttern aus dem Maulkorb das Halti offen gehalten und das Leckerchen dahinter, so das die Nase da durch muss, will man dran vorbei, ist die Hand mit dem Lecker einfach zu. Eingesetzt, d. h. die Leine daran befestigt habe ich es erst, als der Hund es sowohl im Haus als auch draußen problemlos auf der Nase toleriert hat.
Wenn Lorbas nun schon beim Anblick Panik kriegt, musst du viel weiter vorne anfangen. Ich würde das Ding immer vorkramen, wenn du ihn fütterst, zunächst vielleicht 5 m vom Futternapf entfernt (oder noch weiter, also so, dass er registriert du hattest das Ding in der Hand und es ist da, sich aber trotzdem noch an sein Futter traut - wenn vielleicht auch zögerlich. Bis er kapiert hat, wenn das Ding aus dem Schrank kommt, gibt's Futter. Dann erst den Abstand zum Napf verringern bis er letztendlich direkt dran bzw. drin liegt. Sollte bei Trockenfutter ganz gut gehen, bei Nassfutter vielleicht nicht ganz so geeignet ;-). Dann könnte man nach dem TVT Schema weitergehen (wobei ich nicht nur mit Lecker gearbeitet habe, sondern oft halt mit C&cool smiley, aber ich denke, du musst dir mehr Zeit lassen, als dort veranschlagt. Mit dem Halti würde ich es genauso machen.
Ich würde an deiner Stelle versuchen, die Angst vor beiden Dingen abzutrainieren zu versuchen, egal ob du sie später einsetzt oder nicht. Es ist ein weiteres Puzzleteilchen in Lorbas Gehirn, das manche Dinge die ihm gefährlich erscheinen es gar nicht sind.
Und mir hat das Halti enorme Sicherheit gegeben. Auch aus dem Grund, dass es sich zuzieht, wenn er die Leine in einer Gefahrsituation straff nach vorne zieht und so dann kaum noch zubeissen kann. Das gibt einem die nötige Ruhe, das Verhalten des Hundes in Eskalationssituationen wirklich zu ignorieren.


: Einzig bei dem "Fünferpack" hatte ich keine Chance, sie haben Lorbas zum Glück nicht gebissen, sondern "nur" festgehalten, aber da sagte mir mein Gefühl, wenn ich da jetzt eingreife, dann beißen sie evtl. doch, und dann sind wir zu zweit gegen 5, das ist aussichtslos. Sowas ist natürlich ätzend, aber nun passe ich halt auch bei weit entfernt laufenden Hunden noch besser auf.

Ja, tue ich auch. Aber offensichtlich bin ich noch nicht so gut im Aufpassen wie du und Christine, denn uns passiert es halt doch immer mal wieder, das einer so kurz um die Ecke kommt, dass er schneller ist als ich. Aber die Rückschläge, die wir dadurch erleiden werden immer weniger heftig und wir erreichen schneller wieder den Punkt, wo wir vorher waren. Da merkt man das vorherige Training schon noch. Aber ich rede hier davon, dass ich schon seit gut 1,5 Jahren genau das (also ruhig sein bei Hundebegegnungen) trainiere. Man muss mE bei den vorgeschädigten Hunden in anderen Zeitdimensionen denken.

Soweit für hier

Herzliche Grüße

Susanne und Zasko


12. Juli 2001 14:45

Hallo Christine,

leider in letzter Zeit viel zu tun, deshalb erst jetzt eine Antwort, sorry.
:
: natürlich findet jeder (zumindest der, der bereit ist, sich auseinanderzusetzen) für sich und seinen Hund einen Weg und "Bauchgefühl" ist dabei, denke ich mal, das wichtigste.

Ja, ich glaube auch, dass uns häufig das Bauchgefühl neue Perspektiven eröffnet, vor allem dann, wenn es zusätzlich aus der Beobachtung des Hundeverhaltens und -empfindens geboren wird.

: Ich schicke auch Hunde weg, wenn es notwendig ist, auch Menschen, je nach Situation.
: Im leben kann man ja nicht alles so machen wie in der Theorie geplant.

Ja, so sehe ich das auch, aber einige Clickerer scheinen da ja anderer Meinung zu sein, dafür haben wir dann ja die Foren, um darüber zu diskutieren *g*

: Was ich aber damit sagen wollte: Manchmal hängt man fest und dann ist es besser, solche Situationen weitgehendst zu vermeiden. Denn dann denkt man zuviel und versperrt sein Bauchgefühl.

Hm, so habe ich das noch gar nicht betrachtet, aber stimmt.

: Und mit dem "nicht eingreifen" meinte ich, daß man dem Hund eben selbst auch Wege offen lassen sollte oder daß es für manches einfach noch zu früh ist.

Okay, das hatte ich dann etwas falsch verstanden, so mache ich es ja auch und versuche dann, aus den Ansätzen, die Zasko mir aufzeigt, neue Wege zu finden. Und natürlich ist es für manche Situationen zum Üben noch zu früh und man muss ein paar Stufen niedriger anfangen. Und wenn man dann trotzdem in solche Situationen gerät, kann man nur versuchen, das beste draus zu machen und durchzukommen, trainieren kann man da nicht.

: Ausweichen lerne ich Hunden, die sonst flüchten würden. Bei Angstattacken würde ich zB rechtzeitig umdrehen, bevor er es zeigt etc.

Ja, das habe ich jetzt vor einiger Zeit auch angefangen. In der Hundeschule hatten sie mir immer gesagt, ich solle zwar wo möglich Abstand halten aber nicht direkt ausweichen, weil der Hund sonst denken würde, dass ich auch Angst hätte und seine Angst berechtigt wäre. Aber ich habe dann irgendwann doch damit angefangen, aus dem von dir genannten Grund, damit der Hund das Flüchten mal wieder lernt. Außerdem ist es mE die beste Möglichkeit, um freilaufenden Hunden aus dem Weg zu gehen, denn 90 % der Freiläufer kommen ja nicht hinterher, wenn man sich umdreht und ihnen somit zeigt, "ich will nichts von dir". Und mittlerweile glaube ich, wirkt es auch. Insbesondere wenn uns (noch weit genug entfernt) eines seiner Feindbilder entgegenkommt, und da ist irgendwo ein Seitenweg, biegt Zasko jetzt teilweise schon von selber ab. Da bin ich irre froh drüber! Vorher hat er schon angefangen loszutoben, wenn er die nur irgendwie erkannt hat, und wenn sie noch knapp 100 m entfernt waren. Nur bei Menschen, die direkt auf ihn zugehen, ist das schwieriger, weil ich das praktisch erst feststelle, wenns zu spät ist, denn die wengisten zeigen diese Absicht ja schon in ein paar Meter Entfernung :-(((

: Ich habe schon mit Berry erwachsene große Hunde zum Üben mit einbezogen, auch die Besitzer gefragt, ob sie bleiben können, bis mein Hund wieder "normal" ist und mit der guten Erinnerung geht. Man muß halt auch schauen, daß der andere Hund nicht in Streß gerät.

Ja, solche Übungen haben wir in der Hundeschule gestellt, denn die Hundebesitzer hier im freien Feld, kannst du für sowas fast alle in der Pfeife rauchen, da sind nur wenige bereit, einem zu helfen. Aber zum Glück gibt's auch ein paar Ausnahmen, so dass Zasko wenigstens schon wieder ein paar "Freundinnen" hat.
:
: Liebe Grüße
: Christine + JW + Bambuli, die grad meinen Rucksack leerräumt und meine Brotzeit frißt:-)

Na dann guten Appetit, machst du dich zur Rache über's Hundefutter her? ;-)

Liebe Grüße
Susanne