Hallo Dagmar!
Was Du da schilderst, kenne ich ziemlich genau von einer Problemhundberatung, bei der es auch um einen Hovi ging. Die Leute wollten eigentlich einen Golden Retriever, der alle Men-schen liebt. Da der Hund damals aber gerade in Mode kam und sie keinen Modehund wollten, legten sie sich eben einen Hovi zu. Biscas Fraule ist sehr sanft und hat die Erziehung ziemlich schleifen lassen. Nun ist Bisca erwachsen (3J) und ein richtiger Hovi: Sie verbellt Leute, die auf das Grundstück wollen, schaut sich Besucher erstmal an und versucht, die Lage abzuklären. Bei Fraule ist sie unsicher, weil auch das Frauchen unsicher ist, bei ihrer Tochter ist sie abgeklärt, weil die Tochter (15)eine ruhige Ausstrahlung mit natürlicher Autorität hat. Im Urlaub mit Fraule kam nun folgendes vor:
Bauernhof, Labrador-Mix auf dem Hof, viele Kinder. Bisca und Labi spielen zu wild, die Kinder sind durch Umrennen gefährdet, also bleibt Bisca an der Leine in Fraules Nähe. Besucher, die ab dem zweiten Tag den Hof betreten, werden verbellt. Ein entfernter Bekannter („wir kenne ihn so ein bißchen“
kommt auf den Hof, Bisca bellt und zieht sich dann zu Fraule zurück. Der Mann meint, er müsse dem Hund etwas anschaffen, geht auf ihn zu, beugt sich vor und sagt „Platz!“. Bisca knurrt und der Mann sagt am nächsten Tag „Ihr habt eine Bestie!“ Fraule ist das peinlich. Dann liegt Bisca unter einer Bank bei Fraule, sie achtet nicht auf den Hund und ein Kind beugt sich zum Hund runter und krabbelt auf ihn zu – Bisca schnappt. Also alles ähnlich wie in Deinem Fall.
Wir haben der Frau nun geraten: Sie muß sich damit abfinden, daß ein Hovi nicht everybodys darling ist, sondern ein Hund, der aufpaßt, selber aber selten aggressiv wird. Er ist eher der Hund, der seinen Herrn herbeiruft und dann abwartet, wie sein Herr reagiert. Fremde werden dann ins Haus gelassen, wenn Herrle sie auch hineinläßt, aber man behält sie besser im Auge. Fremde Kinder werden angesehen wie alle Fremde, sie sollten den Hund in Ruhe lassen. Es ist kein Spielhund. Ein Kind mit einem Hovi im Garten mit einem geliebten Hundespielzeug allein zu lassen, ist leichtsinnig bis verantwortungslos sowohl vom Hundebesitzer als auch von den Eltern. Man kann ja einem Gartenbesitzer auch keinen Vorwurf machen, daß ein Kind fast ertrunken wäre, nur weil im Garten ein Teich ist. Der Gartenbesitzer sollte vielleicht den Teich einzäunen (den Hovi bei sich behalten und ihn im Auge haben), die Eltern sollten ihr Kind auch nicht aus den Augen lassen. Spielzeug oder Kaukonochen sollten grundsätzlich nicht herumliegen, das führt schnell zu Zoff.
Mein Alskan Husky Wonda kann mit Kindern nichts anfangen und hat am Anfang auch öfter mal geschnappt. Ich habe daraus gelernt: Ich habe sie Kindern gegenüber desensibilisiert. Sie hat gelernt, daß Kinder keine Gefahr sind und daß sie nicht mit ihr spielen werden bzw. sie überhaupt in Ruhe lassen. Kleinkinder findet sie immer noch furchterregend, also bleibt Wonda in meiner unmittelbaren Nähe, wenn so ein Kleinteil kommt. Ich sage den Eltern deutlich, sie sollen so gut auf ihre Kinder aufpassen wie ich auf meinen Hund, dann kann nichts passieren. Unsere größeren Nachbarkinder haben akzeptiert, daß Wonda kein Spiel-hund ist und haben das Interesse an ihr verloren.
Den Hovi nun von allen Aktivitäten, bei denen Menschen dabei sind, auszuschließen, halte ich für einen großen Fehler. Seine Leute müssen nur immer ein Auge auf ihn haben. Mit dem Clicker kann man unterstützen, in dem man den Hund positiv verstärkt, wenn er z.B. beim Anblick von Kindern gelassen neben seinem Herrn liegenbleibt, auf Ruf von einem Kind weggeht und zum Herrn kommt etc.
Den Bewacherinstinkt aus einem Hovi herauszuerziehen, das ist so erfolgreich wie aus einer Weißwurst die Petersilie herauszupolken – es bleibt nur Matsch über. Ein Hovi sollte einer bleiben, man muß nur lernen, damit umzugehen.
Es wäre sicher besser, den Hund auch nachts ins Haus zu holen, damit die Bindung sich verbessert. Schlagen sollten die Leute den Hund nie wieder – einen solchen unbeherrschten Menschen wird kein Hund als zuverlässigen Chef anerkennen. Empfehlenswert für diese Leute wäre Aldingtons Buch „Was tu ich bloß mit diesem Hund?“, das sehr hilfreich ist. Einzig der Nackenschüttler, der immer noch in diesem Buch propagiert wird, sollte man nicht einsetzen, er ist kynologisch gesehen ein einziger Schwachsinn. Wer will seinem Hund schon sagen „Ich bringe dich um!“?
Nicht zuletzt ist wichtig, daß der Hund eine Aufgabe bekommt und körperlich sowie geistig ausgelastet ist (Breitensport, Agility, Apportieren etc.)
So, ich hoffe, ich habe Dir weiterhelfen können. Gib mal Laut, wie die Sache sich weiterentwickelt!
Liebe Grüße von Franziska und Wonda