Grüß Euch zusammen,
hier einmal ein zurückblickender schrieb, der schon eine weile auf meiner festplatte kreist:
in diversen postings u.a. zu "Nachruf auf einen Todgeweihten" findet man immer wieder statements, in denen leckerle als beinahe unmoralisch abgelehnt werden. Und dann kommt die bemerkung zur bestechung. Ich zitiere einmal aus einer meldung "...bei einem hund, der eh schon probleme hat, ist es das wichtigste, die rangordnung zu klären. Und hierzu bringt es gar nichts, ihn mit leckerchen zu `bestechen´. Dann wird er wahrscheinlich öfters das tun, was er soll, aber nicht, weil du es willst, sondern, weil es ein leckerchen gibt. Du willst aber, daß er auf DICH hört....."
Da solche sätze hier schon oft geäußert wurden, ist es egal, wer sie konkret geschrieben hat.
Warum in aller welt, sollte der hund auf MICH hören. Was ist an mir so wichtig? Wo liegen meine hundequalitäten?
Und wieso kann er auf MICH hören, wann hat er die bedeutung meiner worte gelernt?
Vom standpunkt des tierischen lernens muß man als erstes fragen, woher der hund weiß, was er überhaupt soll ("wenn er genau weiß, was er soll, aber es nicht tut, dann ...[folgt irgendeine form von gewaltanwendung].."
da der hund a priori keine sprache versteht, muß er lernen, was einzelne menschliche lautäußerungen bedeuten. Das lernt er durch assoziation. Daß er überhaupt aus unserem tägliche wust an worten die für ihn bestimmten herausfindet, liegt daran, daß sie meist schärfer gesprochen werden - oft in verbindung mit dem hundenamen - . Gelernt werden dabei mehr schlecht als recht überwiegend unterlassungen oder passivierung des aktiven hundes. Wirksam ist dabei eher die emotionale haltung des menschen als der wortinhalt.
Wenn der hund etwas nicht tut, obwohl ich es ihm sage, hat er es noch nicht, zumindest nicht für die umstände der vorliegenden situation, gelernt. Im klartext, wir haben mit dem hund zu wenig unter wechselnden umständen geübt.
wenn sich eine schwierige situation ergibt und ich vom hund PLATZ verlange und er tut es tatsächlich, dann ist es MIR persönlich völlig egal, ob sein beweggrund die aussicht auf ein leckerle war oder der respekt vor meiner alpha-herrlichkeit, vor allem, wenn das verhalten verläßlich ist, der hund liegt.
Und da kommen wir zur bestechung.
Sie ist eines der größten mißverständnisse in der ausbildung von hunden.
Einen menschen kann man bestechen, weil man ihm verbal mitteilen kann, welches verhalten man von ihm erwartet. Das kann man vom hund nicht. Er kennt unsere worte und zeichen nicht, die wir dabei geben. Einen bestochene menschen hat der aktiv bestechende hinterher ganz gut im griff. bestechung heißt nämlich auch, daß man vom bestochenen etwas außerhalb der akzeptierten regeln verlangt. Daher kann der mit veröffentlichung drohen. Und die kann unangenehme folgen haben. "Ich habe micky eine ganze putenbrust gegeben, damit er PLATZ macht. Er hat sie gefressen und nicht platz gemacht!" wen auf gottes erdboden interessiert das????
NIEMANDEN
einen hund kann man nicht bestechen im menschlichen sinne, weil man ihn nicht erpressen kann.
Einen hund kann man aber ködern. Er kommt herbei, er beginnt sich zu legen. Das hängt von der geschickten manipulation des köders ab.
Und nun kommen wir zum lernvorgang.
Der hund lernt, den manipulationen des futters zu folgen. Er bekommt es ja dann.
Aber wann erblickt er es zum ersten mal?
Immer dann, wenn er etwas in unseren augen ungutes tut. Denn das ist für uns der auslöser, das futter als lockmittel einzusetzen. Und genau hier tritt unerbittlich die operante konditionierung in aktion. Der hund wir darin bestärkt, genau das zu tun, was wir nicht wollen!!!
Wir erziehen ihn zum fehlverhalten.
Und damit haben diejenigen recht, die "bestechung" ablehnen. Aber nicht etwa, weil sie unmoralisch wäre, sondern weil das unerwünschte verhalten bestärkt wird. Sie wirkt in die falsche richtung.
Und genau in diesem sinne sind viele "rangordnungsprobleme" erlernte verhaltensweisen, vom menschen unbewußt gefördert. Wenn man sich klar macht, worin bestärkung bestehen kann, dann findet man auch zumeist die gemachten Fehler heraus.
Nun gibt es zwei lerngesetze, die jeder hundehalter wissen sollte, der einen hund aus dem tierheim übernimmt:
- verhalten, das nicht bestärkt wird, wird zunehmend gelöscht.
- gelöschtes (erlerntes) verhalten kann durch wenige bestärkungen wieder in voller intensität auftreten.
Im klartext:
ein hund der ein oder mehrere jahre im tierheim verbringt, kann manche verhaltensauffälligkeiten mangels gelegenheit gar nicht zeigen. Er wird sich anfangs aus sozialen motivationen stärker am verhalten des menschen orientieren. Und dieser ist zumeist recht konzentriert, denn er besucht das tierheim vielleicht ein-, zweimal pro woche.
Dann kommt der hund ins haus und zunehmend treten situationen auf, die der hund irgendwie schon kennt. Er zeigt verschiedenes verhalten und bald auch einmal das früher erfolgreiche. Und es ist wieder erfolgreich!!!
Und schon hat man das gleiche problem.
Dem hundehalter, der sich all die mühe gegeben hat, den hund zu resozialisieren, geht das als schock durch die knochen. Ihm im board vorhaltungen zu machen, er habe schon nach 8 wochen aufgegeben, ist schon sehr selbstgerecht.
Das naheliegendste verhalten ist auch das, das der vorbesitzer wahrscheinlich gezeigt hat. Deswegen ist eine der besten strategien die völlige passivität des menschen in solchen fällen. Noch besser - wenn möglich - ist entzug des sozialkontaktes (ein teil von daniels `clearing´).
Ein wenig traurig-nachdenklich werde ich immer, wenn ich lese, daß man dem hund mit einigen heftigen einwirkungen z.b. niederreißen am halsband zeigen muß, wer der boß ist.
Ein hund, der sich das gefallen läßt, ist kein ernsthafter problemhund, um es einmal deutlich zu sagen. Problemhunde sind von dem kaliber derjenigen, die sich kommentarlos umdrehen und dem leinenhalter den arm durchpunktieren. Oder diejenigen, die es sich von vornherein verbitten, ein halsband umgelegt zu bekommen. Wenn man mit solchen hunden konfrontiert ist, läßt man den ganzen alpha-quatsch weg und konzentriert sich auf das, was der hund wann tut.
Viktor lebt seit 5 jahren im tierheim. Seit 2 ½ jahren befasse ich mich mit ihm. Das ausgangsproblem ist auf dieser seite geschildert. (http://wwwex.physik.uni-ulm.de/piweb/clicker/index.htm)
Aus dem dargestellten kann man etwa erahnen, wie steinig der weg war, erlerntes fehlverhalten zu verändern. Heute gehe ich mit diesem hund viermal die woche aus. Solange es nicht im stadgebiet ist, läuft er 99% der strecke frei. Es gibt keine probleme (mehr) mit wild, mit pferden, schafen, tracktoren, kindern, joggern, radlern. SITZ in 50 m entfernung ist weitgehend gesichert. Der hund läßt sich auf kommando anleinen (kommt, setzt sich, wartet). Bei PLATZ über handzeichen kommt er und legt sich vor die füße.
Nur eines kann viktor nicht - bei fuß gehen - ich habe vergessen, es ihm beizubringen. Es genügt, wenn er an lockerer leine geht. Ich vermisse nichts.
tschüß martin & mirko