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C.&B. für Dressur- Arbeit oder Mißbrauch

geschrieben von Carola(YCH) 
C.&B. für Dressur- Arbeit oder Mißbrauch
19. November 1999 18:37

Liebe Forumteilnehmer,
bewußt habe ich den Titel provokant gewählt, da mir die Thematik "Wie bringe ich meinem Hund Tricks bei" in den Antworten zu diesem "netten" Nebeneffekt des Clickertrainings aufgefallen ist.
Sicher kann man es als persönliche Einstellung zum Hund, vielleicht auch als Geschmackssache ansehen, ob und wieviel Albernheiten(bitte nicht als persönlichen Angriff auffassen),die eher einer Vermenschlichung hundlichen Verhaltens Vorschub leisten, beibringe und wir uns auf seine Kosten amüsieren- auch wenn er dabei nicht leidet. Aber bedienen derartige Übungen nicht eher die menschliche Eitelkeit als das natürliche Bedürfnis des Hundes an einer reizspezifischen Auslastung.
Dazu muß er doch nicht "Winke Winke" machen oder auf "Schäm Dich" mit der Pfote über die Augen wischen, wofür nun auch noch ein zuätzliches Hilfsmittel in Form eines lästigen Klebebandes benötigt wird.
Bei solchen Aktivitäten fühle ich mich an meine Kindheit erinnert, in der mich schon damals in Zirkusarenen bei Vorführungen großer Wildtiere Unbehagen beschlich. Dabei halte ich es für unwesentlich, ob es sich um eine Strafdressur- die natürlich grundsätzlich abzulehnen ist- oder um straffreies, instrumentelles Lernen handelt, weil es aus meiner Sicht eben ein ethisches Problem ist, wenn ich einem Tier Dinge beibringe, die beim Betrachter menschliches Verhalten suggerieren sollen. Hierzu gehören für mich auch Verfilmungen,
in denen beipielsweise Hunde als Hauptdarsteller agieren. Wieviele Menschen erliegen doch dem Irrglauben, der Wunsch nach so einem "Partner mit der kalten Schnauze" oder einem "Kommissar Rex" erfülle sich mit etwas Glück und Geschick beinahe von selbst.
So füllen sich die Tierheime zunehmend mit beim heimischen Casting durchgefallenen Helden.
Ich hoffe, dass sich von den Forumteilnehmern niemand angesprochen fühlen muß. Mir gefallen in aller Regel die kompetenten Beiträge zu Problemlösungen sehr gut.
C&B ist gewiß ein gut geeignetes Mittel, seinem Hund ein freudiges, artgerechtes Dasein ohne Konflikte mit seinem Besitzer und dessen Umfeld näherzubringen, ihn mit wichtigen Aufgaben im Dienste seiner Menschen betrauen zu können, was dem Idealbild einer wünschenswerten symbiotischen Gemeinschaft sehr nahe kommt.
Aber ich sehe eben auch die Gefahr, dass unsere Hunde allerlei o.g. Fertigkeiten beherrschen, aber in ihrem sozialen Umfeld noch zu häufig in Konflikte geraten.
Aber vielleicht habe ich jetzt doch Eulen nach Athen getragen.



Herzliche Grüße


Carola




19. November 1999 19:31

Hallo Carola !

: Sicher kann man es als persönliche Einstellung zum Hund, vielleicht auch als Geschmackssache ansehen, ob und wieviel Albernheiten(bitte nicht als persönlichen Angriff auffassen),die eher einer Vermenschlichung hundlichen Verhaltens Vorschub leisten, beibringe und wir uns auf seine Kosten amüsieren- auch wenn er dabei nicht leidet.

Wo genau ist der Unterschied zwischen Winken, Rolle machen, Voran, Lautverweisen und Bei Fuß gehen ?
Das hat imo keineswegs mit amüsieren zu Tun (obwohl ich immer Spaß beim Training habe und auch mal grinse, wenn Wuffi nicht drauf kommt, was er soll). Für die meisten Clickerleute ist das schlicht eine Bereicherung des Hundealltags und für den Hund ist es eine schöne Möglichkeit, mit seinem Mensch etwas zu erleben und sich (und das ist am wichtigsten) Anerkennung einzuheimsen.

:Aber bedienen derartige Übungen nicht eher die menschliche Eitelkeit als das natürliche Bedürfnis des Hundes an einer reizspezifischen Auslastung.

Was reizspezifische Auslastung ist, weiß ich nicht. Ich weiß aber, das ein Hund mehr kann als Sitz, Platz, Fuß ! Ob das jetzt in der natürlichen Umwelt eines Beutegreifers (falls Du das meintest) wichtig ist, das er Rollen kann und Targets verfolgen und Spielzeuge herumtragen...ist imo völlig belanglos.

: Dazu muß er doch nicht "Winke Winke" machen oder auf "Schäm Dich" mit der Pfote über die Augen wischen, wofür nun auch noch ein zuätzliches Hilfsmittel in Form eines lästigen Klebebandes benötigt wird.

Da hast Du was falsch verstanden. Da geht es drum, ihm das mittels eines Klebebandes beizubringen. Du kannst genauso ein angefeuchtetes Blatt dafür nehmen :-)
Später fällt das natürlich weg.
Viele Leute benutzen ein anderes Hilfsmittel - die Leine - um ihrem Hund was beizubringen !

: Bei solchen Aktivitäten fühle ich mich an meine Kindheit erinnert, in der mich schon damals in Zirkusarenen bei Vorführungen großer Wildtiere Unbehagen beschlich.

btw: Ich hasse Tierzirkusse und war das letzte mal als kleines Kind in einem.

grinning smileyabei halte ich es für unwesentlich, ob es sich um eine Strafdressur- die natürlich grundsätzlich abzulehnen ist- oder um straffreies, instrumentelles Lernen handelt, weil es aus meiner Sicht eben ein ethisches Problem ist

Dieser Meinung kann man sein. Nur, wo ziehe ich die Grenze ? Ist "Sitz" ethisch o.k. , "Schaem Dich" aber nicht ? Ich denke, daß ist eine sehr schwierige Frage.

: So füllen sich die Tierheime zunehmend mit beim heimischen Casting durchgefallenen Helden.

Sorry, ich mußte grinsen, weil Du das sehr schön ausgedrückt hast - und ich glaube, dass Du damit im Grunde recht hast. Aber das hat imo wenig mit Tricks beibringen zu tun, sondern ist ein gesellschaftliches Problem.

Machs gut..

Rolf und Barney (der gleich noch Tricks üben will :-) um sich ein R+ zu holen )

19. November 1999 20:56

: Hallo Carola,

: bewußt habe ich den Titel provokant gewählt, da mir die Thematik "Wie bringe ich meinem Hund Tricks bei" in den Antworten zu diesem "netten" Nebeneffekt des Clickertrainings aufgefallen ist.

Ohne Provokation wenig Antworten:-))), aber mal im Ernst: Gestern hab ich meine Clicker bekommen und ich erhoffe mir davon vor allem meinem Hund eine gewisse Abwechslung bieten zu können. Wies heute aussah gefällt ihm das auch sehr gut.

Meine Persönliche Meinung ist, daß es seeehr wichtig ist sich mit dem Hund (Tier überhaupt) zu beschäftigen. Wenn man ihm etwas beibringt mit freudiger Motivation ohne Gewalt ist es sicherlich für das "langweilige" Haushundeleben eine große Bereicherung.

Ob das nun Sitz, Platz und Hier ist oder halt Sachen wie Pfote geben oder Toter Mann. Zum Klebeband beim Schämen kann ich nix sagen, das hör ich hier zum ersten mal.

Mein Hund freut sich wahnsinnig wenn ich etwas von ihm verlange, er es macht und er entsprechend Anerkennung bekommt. Was auch immer man verlangt, ich glaube nicht daß ein Pfote geben aus hundlicher Sicht unnützer ist als das Sitz.

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: So füllen sich die Tierheime zunehmend mit beim heimischen Casting durchgefallenen Helden.

Leider wahr, aber wer seinen Hund aus diesen Gründen abgiebt sollte sich eigentlich besser einen Porzellanhund kaufen.
Wenn der Hund nicht anspricht, gewisse "Kunststücke" zu lernen muß man das genauso akzeptieren wie schwerwiegende Eigenschaften, z.B. Unverträglichkeit mit anderen Hunden oder, oder ....etc.

: Als Ersthundebesitzer war ich anfangs der Meinung, daß es besser ist wenige Kommandos fast 100% zu beherrschen. Das seh ich auch jetzt noch so, aber der Hund ist in der Lage weit mehr als 10 Kommandos mit Begeisterung auszuführen wenn er entsprechende motiviert wird.
Warum soll das schlecht sein? Gehirntraining ist für den Hund sicher besser als unbeachtet vor sich hinzugammeln. Selbst 5 Stunden Auslauf am Tag ersetzen nicht das was der Hund benötigt: abwechslungsreiche Beschäftigung, mit und ohne Clicker!
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: Liebe Grüße
Moni
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19. November 1999 23:03

Hallo Carola!

: Dazu muß er doch nicht "Winke Winke" machen oder auf "Schäm Dich" mit der Pfote über die Augen wischen, wofür nun auch noch ein zuätzliches Hilfsmittel in Form eines lästigen Klebebandes benötigt wird.

Ich weiß nicht, wo bei solchen Tricks das Problem sein soll. So manchem Hundler ist der Wert des Clickers erst über nette, kleine Tricks beizubringen, denn da arbeiten die beiden nicht unter Erfolgsdruck, sondern ein "aus Spaß". Ich sage immer, daß es eigentlich egal ist, was der Hund lernt, Hauptsache seine grauen Zellen werden überhaupt in Bewegung gehalten. Und wenn jemand über einen gelungenen Trick lacht, dann amüsiert man sich doch auch nicht auf Kosten des Tieres! Schließlich hat beim CT das Tier freiwillig mitgemacht, denn mit Zwang geht hier gar nichts. Und wenn meine Tochter einen netten Sketch einstudiert hat, dann lache ich doch auch nicht ÜBER sie, sondern ich amüsiere mich, weil sie sich so etwas Nettes hat einfallen lassen.

: Bei solchen Aktivitäten fühle ich mich an meine Kindheit erinnert, in der mich schon damals in Zirkusarenen bei Vorführungen großer Wildtiere Unbehagen beschlich. Dabei halte ich es für unwesentlich, ob es sich um eine Strafdressur- die natürlich grundsätzlich abzulehnen ist- oder um straffreies, instrumentelles Lernen handelt, weil es aus meiner Sicht eben ein ethisches Problem ist, wenn ich einem Tier Dinge beibringe, die beim Betrachter menschliches Verhalten suggerieren sollen. Hierzu gehören für mich auch Verfilmungen,
: in denen beipielsweise Hunde als Hauptdarsteller agieren. Wieviele Menschen erliegen doch dem Irrglauben, der Wunsch nach so einem "Partner mit der kalten Schnauze" oder einem "Kommissar Rex" erfülle sich mit etwas Glück und Geschick beinahe von selbst.
: So füllen sich die Tierheime zunehmend mit beim heimischen Casting durchgefallenen Helden.

Ja, gegen falsche Erwartungen beim Hundekauf hilft nur Aufklärung. Aber ich denke, Strafdressuren, Zirkus (die nicht immer mit STrafe arbeiten), heimische Tricks etc. in einen Topf zu werfen, ist zu einfach. Wenn ein Hund, der etwas sehr gut kann, falsche Vorstellungen weckt, dann dürfte ich draußen meinen Hund nicht mal Fuß laufen lassen oder auf Pfiff zurückkommen lassen, denn sogar das kann bei naiven Gemütern Vorstellungen auslösen, die nicht stimmen. Ich habe es oft erlebt, daß ich mit Wonda ruhig ohne Leine an einem zerrenden, zappeligen Hund vorbeiging und die Leute dann zu ihrem Hund sagten "Schau hin, Fiffi, so macht man das!" Denen ist nicht zu helfen!

: Aber ich sehe eben auch die Gefahr, dass unsere Hunde allerlei o.g. Fertigkeiten beherrschen, aber in ihrem sozialen Umfeld noch zu häufig in Konflikte geraten.

Niemand hat gesagt, daß das Erlernen von Tricks eine gute Sozialisierung ersetzt. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

: Aber vielleicht habe ich jetzt doch Eulen nach Athen getragen.

Ich denke schon, aber an den Tierchen hebt man sich ja keinen Bruch ;o))

Geclickte Grüße von Franziska, Wonda und Chili


20. November 1999 16:44

Hallo Carola,

was ist das Problem an „Tricks“? Die „langweiligen“ Fuß-, Sitz- und anderen notwendigen, "richtigen" Übungen haben wir schon lange hinter uns. Die Hunde bestehen den Alltagstest, können frei laufen, sind verträglich, lassen Jogger und so in Ruhe.
Jetzt können die Hunde noch zusätzlich Winken, Männchen machen, tot stellen, Rolle und anderes "unnützes Zeug".
Ich habe den Eindruck, sie tun nichts lieber, als zusammen mit mir auf Clickerart etwas zu trainieren.
Natürlich lache ich und freu mich über endlich Gelungenes. Zuschauer staunen und lachen auch. Sie bekommen Zuwendung, Lecker, Spiel und Spaß. Das ist ein großer Unterschied zur Lächerlichkeit.

Ich denke, den Vergleich mit Wildtieren im Zirkus kann man nicht ziehen. Das mag ich auch nicht.
Meine Hunde leben nun mal mit mir zusammen und genauso wie sie körperliche Auslastung brauchen, brauchen Sie Futter fürs Hirn. Artspezifische Auslastung bedeutete für die beiden u. a. das Jagen und Töten von der Maus bis hin zum Dachs. Brauch ich nicht zu erklären, daß eben dieses nicht geht. (Obwohl manchmal eine Maus dran glauben muß, wenn ich nicht genug aufpasse :-(

Wie bewertest Du denn die ganzen Sachen, die z. B. ein Blindenführhund bewältigen muß? Das wäre dann ok, weil zum Nutzen der Menschheit?

Wer als erwachsener Mensch glaubt, ein Schäferhund hätte in seinem genetischen Programm alle „Kommisar-Rex“-Gewohnheiten, der kann doch irgendwie nicht ganz richtig ticken?

Mir tun eher die Hunde leid, die dreimal am Tag um den Block geführt werden und einfach nichts können, wenig Ansprache haben. Wenn das Hirn nicht gefordert wird, ist das einfach zu schade, es entgeht einem einiges von dem, was das Zusammenleben mit dem Hund bietet.

Tschüssi


Heike & Terrierbande (die sich ganz sicher ist, daß sie beim heimischen Casting auf jeden Fall besteht)


20. November 1999 18:40

Grüß Dich Carola,

bei jeder clickerdiskussionsliste erscheinen beiträge wie der deine nach einer gewissen zeit. Hier hat es sehr lange gedauert. Du hast dir einiges vom herzen geschrieben, was mit dem clicker nichts, aber auch gar nichts zu tun hat. Darum nur eine ganz kleine antwort in diese richtung.
Das lernen von kunststückchen hat den alleinigen sinn, daß mensch die regeln der operanten konditionierung lernt anzuwenden (nicht in der prüfung aufzusagen), die kunst(!) des shapings lernt, bestärkungswechsel lernt, signalverknüpfung lernt. Wenn er das bei unkritischem verhalten geübt und perfektioniert hat, kann er sich an die tagesproblem wie wahlverhalten und entscheidungslernen wagen. Er kann die ethischen probleme im tierheim angehen, z.b. verhaltensgestörte hunde vermittelbar zu machen.
Über die ursachen der verhaltensstörung möchte ich mich hier lieber nicht auslassen.

Das andere an deinem beitrag ist - er ist rein theoretisch. Würdest wirklich hunde im clickertraining sehen, würdest du etwas anders formulieren.
Warum mein Mirko jeden morgen darauf besteht, seinen korb auszuräumen, wobei ich die gegenstände benennen muß und ihn wieder einräumt, um ihn wieder ausräumen zu können? Ich weiß es nicht. Aber es ist eine gemeinsame beschäftigung. Hunde, mit denen man sich beschäftigt, weil sie es möchten, sind nicht mit einem eingeseiften tiger im zirkus (das horrorbild meiner kindheit) zu vergleichen.

Einmal anders herum gefragt: Was soll ein Mensch nach deiner meinung mit einem beutegreifer als kumpan tun? Worin soll das gemeinsame dasein bestehen?

tschüß martin & mirko