Hallo Carola,
danke für Deine interessanten Ausführungen. Die geschilderten Probleme habe ich so wie Du sie darstellst, noch nicht wahrgenommen. Insofern habe ich in Zukunft wohl die Augen ein wenig weiter offen und ein paar Gedanken mehr im Kopf. Danke für die Hinweise.
Ich werde die von Dir geschilderten Aspekte bei Ayko und mir genau beobachten und ggf. wieder berichten.
Der Stick ist allerdings mitunter so etwas wie ein
konditionertes Lockmittel-Oder?.
Ja, das ist eine interessante Betrachtung, die man im Auge behalten sollte.
Hund weiß, dass dieses Ding ihn zu seinem Erfolg
führt. Er konzentriert sich also auf dessen Spitze,
weniger auf die Aufgabe.
Das ist zweifelsohne das entscheidende Kriterium.
Konzentriert er sich auf die Spitze oder tut er das nicht?
Hier ist mein Denkansatz zu diesem Thema. Ich glaube nämlich, dass das nicht generell so ist, wie Du hier befürchtest.
Angenommen Du versuchst einen vorsichtigen, ängstlichen Hund auf die Wippe zu führen, dann sieht er wohl den Stick (oder ein Leckerchen oder ein anderes MO) als Lockmittel, aber er sieht auch ganz sicher die für ihn gefahrvolle Aufgabe das schmale Brett hochzulaufen, das irgendwann dann auch noch kippen wird. Er hat dann zwar das Lockmittel gesehen, das ist auch die treibende Kraft für ihn, aber er weiß, dass er nur über das Brett zum Lockmittel kommen kann, also konzentriert er sich zunächst zielgerichtet auf die Aufgabenbewältigung "Brett hochlaufen". Das ist eine Aufgabe, die ihn geistig fordert und "gedanklich" beschäftigt.
Er wendet jetzt sogar den Blick vom Lockmittel ab und schaut auf das Brett, schaut dorthin, wo er demnächst vorsichtig seine Füße hinsetzen wird und schon ist er hochkonzentriert bei seiner eigentlichen Aufgabe gelandet. Wie würdest Du das einordnen, wenn ich in diesem Moment den Clicker betätige und ihn belohne?
Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt: Ich denke hier könnte es gelingen, den Hund über ein Lockmittel an eine Aufgabenbewältigung heranzuführen, die ihn voll beansprucht. Das Lockmittel bricht eine Hemmschwelle, der Hund wagt sich an eine Aufgabe und die hohen Anforderungen der Aufgabe selber drängen dann das Lockmittel in den Hintergrund. Ist der Hund nun aber voll auf die Aufgabe selbst konzentriert und arbeitet sich auf seinem Weg voran, dann ist damit die Türe offen für eine astreine operante Konditionierung.
Auch hier kommt es wieder einmal sehr genau darauf an, wann geclickt wird. (wie oben bereits kurz angedeuted). Der richtige Zeitpunkt ist der, wo klar ersichtlich ist, dass der Hund sich auf seine Aufgabe konzentriert, seine Beine voranbewegt und sein Blick auf das Brett der Wippe geheftet ist, nicht auf das Lockmittel.
Es ist nicht leicht, den Stick wieder "auszuleiten", ............
In diesem Beispiel "Wippe" sorgen die hohen Anforderungen der Aufgabe selber dafür.
Es geht noch weiter: Ich clicke lange bevor der Hund das Lockmittel erreicht hat, ich lasse vorher schon das Lockmittel unbemerkt (!!!) verschwinden, während der Hund sich voll auf seine Aufgabe konzentriert. Nach dem Click ziehe ich dann als Belohnung ein Spielzeug aus meiner Hosentasche, was ihn viel mehr begeistert, als das Lockmittel "Leckerchen", mit dem ich ihn in die Aufgabe hineingelockt habe.
Ist das nicht operante Konditionierung in Reinkultur? (Fragezeichen)
Ich glaube, dass sich viele Denkansätze aus meinem Beispiel verallgemeinern und auf andere Aufgaben übertragen lassen.
Stell Dir einen Hund vor, der das Hochklettern auf einer Leiter lernen soll (Rettungshundeausbildung). Er wird mit einem Lockmittel (Stick, Leckerchen, Spielzeug) auf die Leiter gelockt. Er steht mit drei Pfoten auf den Leitersprossen, er blickt zwar nach dem Lockmittel, aber er tastet auch gleichzeitig vorsichtig und konzentriert mit der vierten Pfote nach der nächsten Sprosse. Ganz exakt in dem Moment, wo die suchende Pfote die nächste Leitersprosse berührt, kommt der "Click", dann die Belohnung.
Was bestätigt man nun mit diesem C&B? Den lange anhaltenden Blick zum Lockmittel oder die Aufgabenbewältigung "Wieder eine Sprosse gefunden"? Ich tendiere zum zweiten, weil in diesem Moment das Berühren einer neuen Sprosse im Kopf des Hundes wohl vordergründig war. Es war eine bewußte Aktion, der Blick zum Lockmittel war in diesem Moment Nebensache.
Drei entscheidende Fragen:
a) Gelingt es mit einem Lockmittel, den Hund an die
Bewältigung einer Aufgabe heranzuführen?
b) Womit ist der Hund gerade gedanklich beschäftigt,
wenn ich auf den Clicker drücke? Mit seiner Aufgabe
oder mit dem Lockmittel? Das ist der Knackpunkt.
Bestätige ich mit C&B die Verfolgung eines Lockmittels
oder die Bewältigung einer Aufgabe?
c) Kann ich mit einem Lockmittel und dem geschilderten
Verfahren und mit viel Geduld die Hemmschwelle so
weit abbauen, dass sich der Hund schließlich auch ohne
Lockmittel an die gestellte Aufgabe heranwagt?
Viele Grüße
aus dem Wilden Südwesten
Reinhold + Ayko