: Hallo Reinhold,
: den Dank geb ich mal zurück, ich würde nämlich über manche Dinge
: nicht so genau nachdenken, wenn ich hier im Forum nicht mal über
: das eine oder andere Problem stolpern würde. Das macht die Besuche
: hier auch so lehrreich und geistig erfrischend, finde ich.
Hallo Carola,
mir geht es im Moment genauso, wie Du hier schreibst. Ich denke über
Manches nach, was bisher gar keinen Anlass gab, nachzudenken.
Zum Touchstick:
:: Konzentriert er sich auf die Spitze oder tut er das nicht?
: Ehrlich gesagt, ich bin mir da nicht so ganz sicher, zumindest am Anfang
: wird er das machen, wenn der Stick richtig konditioniert ist.
Ja, zumindest am Anfang. Dann aber wollen wir ja den Zeigestock nicht mehr als Selbstzweck betrachten, sondern als Hilfsmittel, um mit ihm den Hund an eine neue Aufgabe heranzuführen, in eine bestimmte Richtung zu locken, einen bestimmten Weg zu zeigen. Zusätzlich zum "touch" konditionieren wir deshalb auch das "follow".
Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich den Stick konditioniert habe, genau so, wie es überall beschrieben ist. Es war eine der ersten Clickerübungen, die Ayko im Alter von ca. 6 Monaten erlernte. Ich habe das Signal "touch" und später dann auch "follow" eingeführt.
Einige Tage danach wollte ich Ayko beibringen unter einem Tisch durchzugehen. Ayko war in typischer "Clickerlaune", er roch den Hühnchenduft in der Luft und er zeigte aufgrunddessen deutliches Explorationsverhalten, zeigte alles Mögliche, aber er kam nicht auf die Idee, unter dem Tisch durchzulaufen. Er wirkte auf mich etwas hilflos.
Also nahm ich den Stick zu Hilfe, so wie ich das zuvor vielfach gelesen hatte. Damit zeigte ich ihm den Weg, den er gehen sollte. Ich habe ihn dabei aber **nicht** die Stockspitze berühren lassen, sondern ich habe genau in dem Moment geclickt, als er unterm Tisch durchgegangen war, also als *mein* Ziel erreicht war. Dann gab´s die Belohnung.
Den Vorgang habe ich noch einige Male unter Zuhilfenahme des Sticks wiederholt, dann habe ich den Stick weg gelassen und stattdessen mit dem (damals unkonditionierten) Zeigefinger den Weg gezeigt. Auch das habe ich ein paarmal wiederholt. Vielleicht habe ich ihn dann noch einige Male von der anderen Tischseite aus gelockt, ich weiß es nicht mehr so genau.
Jedenfalls hat Ayko begriffen, welche Aktion zum Erfolg führt. Ich denke, *mein* Ziel ist damit auch zu *seinem* Ziel geworden.
Dazu muss ich anmerken, dass Ayko seine Übungen sehr rasch wiederholt, er ist (zumindest im Haus) sehr konzentriert bei der Sache. Eine rasche Wiederholfrequenz und eine gute Konzentration sind in meinen Augen wichtige Voraussetzungen für einen schnellen Lerneffekt. Jedenfalls konnte ich sehr bald den Stick und auch den Finger weglassen. Ayko hatte die neue Aufgabe begriffen und ging auch ohne Stick unterm Tisch durch um sein Hühnchenfleisch zu bekommen.
Ich habe damals über das Ganze eigentlich nicht weiter nachgedacht. Schließlich habe ich den Stick genauso eingesetzt, wie ich das zuvor gelesen hatte und es hat gut funktioniert. Also absolut kein Grund, sich darüber weiter Gedanken zu machen.
:: Hier ist mein Denkansatz zu diesem Thema. Ich glaube nämlich, dass das
:: nicht generell so ist, wie Du hier befürchtest.
:: Angenommen Du versuchst einen vorsichtigen, ängstlichen Hund auf die
:: Wippe zu führen, dann sieht er wohl den Stick (oder ein Leckerchen oder
:: ein anderes MO) als Lockmittel, aber er sieht auch ganz sicher die für ihn
:: gefahrvolle Aufgabe das schmale Brett hochzulaufen, das irgendwann dann
:: auch noch kippen wird.:
: Bei einem ängstlichen Hund würde ich ihn schon mit der Nase nach kurzer
: Zeit den Stick berühren lassen, aber wahrscheinlich ohne Hörzeichen "Touch".
Ich glaube genau da unterscheiden sich unsere Vorgehensweisen! :-))))
: Der Hund ist auf die Aufgabe, den Stick zu berühren konzentriert .........
In meinem Beispiel mit dem Tisch sehe ich das anders. Ich möchte es nochmals verdeutlichen: Ayko war damals in guter Explorationslaune. Er wirkte aber etwas hilflos, weil keine seiner Aktionen Erfolg hatte. Wie sollte er auch wissen, dass ich von ihm erwartete, dass er unterm Tisch durchgeht. Was sollte er noch probieren?
In dieser Hilflosigkeit war der Stick der entscheidende Hinweis, aber nicht die neue Aufgabe. Ich habe ihm zwar den Weg mit dem Stick gezeigt, aber ich habe ihn den Stick nicht berühren lassen.
Zurück zur Wippe:
: und wenn Du in kleinen Schritten arbeitest, wird er seine Angst
: vor dem wackligen Ding "vergessen" bzw überwinden, mit einem
: Ball oder primär einem Leckerchen wird er unter Umständen dieses
: MO lieber sausen lassen, weil mit Sicherheit bald eine andere Aufgabe
: kommt, bei der er dieses ohnehin bekommt. Oder er wird so aufgeregt,
: dass er absteigt. Der Stick bietet gewissermaßen die Aufgabe "in"der
: Aufgabe. Es ist gut vorstellbar, dass der Hund die eigentliche
: Schwierigkeit realisiert, aber sie der Aufgabe , den Stick zu berühren,
: unterordnet.
Wieder der Unterschied in der Betrachtung: Ich sehe den Stick nicht
als Aufgabe, er soll nicht berührt werden, er soll in eine bestimmte
Richtung locken.
: Unter diesem Aspekt muß ich das mal probieren, da mein Hund an
: einer Brücke , die einen komischen Gitterrost besitzt, sehr zögerlich
: geht, mal sehen wie das mit meinem Zeigefinger aussieht(mit Zeichen
: "Touch"
oder mit dem Stick ohne Zeichen.
Ja ! ----- mit dem gut konditionierten Finger oder Stick locken.
Sobald die erste Pfote auf dem Gitterrost steht: C&B
Und dabei ein hundertprozentig exaktes Timing !!!!! Wenn die Pfote
den Gitterrost berührt, muss der Click kommen, ganz präzise!
Der Zeigestock verschwindet und es gibt die Belohnung.
Der "Click" vermittelt zusätzlich Sicherheit an den Hund.
Mehrfach wiederholen! Später dann den zweiten Tritt auf den Gitterrost belohnen. usw. usw.
: Hm, das funktioniert sicher, aber möglicherweise setzt Du bei
: mehrmaligem Vorgehen in dieser Art die Wirkung des Stick
: außer Kraft, ............
Das geht nicht so schnell. Denk an den Hund, der am Tisch bettelt. Von Dir kriegt er niiiiiiie was, bloß von der Schwiegermutter und die kommt nur alle vierzehn Tage. :-))))) Das reicht dicke aus, das Betteln niemals zu vergessen. Lernen am Erfolg, gefestigt mit variabler Belohung, das ist unschlagbar!
Außerdem steht es Dir frei, den Stick jederzeit wieder neu zu konditionieren, wenn seine Wirkung nachläßt. Aber bitte niemals im zeitlichen oder logischen Zusammenhang mit dem Gitterrost, das wäre falsch!!!
: ...... weil der Hund lernt, ich muß mich ja darauf (auf den Stick)
: nicht konzentrieren und Du kannst den Stick bald wieder
: weglegen und er funktioniert dann nicht beim Vorausschicken oder
: Ablaufen eines Areals mit mehreren Sticks.
Also wie gesagt bzw. geschrieben, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Wirkung eines gut konditionierten Sticks so schnell verloren geht.
".... Ablaufen eines Areals mit mehreren Sticks", was für eine interessante Anregung!
Danke! (Wie sieht die Aufgabe genau aus? Und wie die Lösung?)
: Je länger ich darüber nachdenke, um so mehr neige ich dazu, die Bestätigung
: immer auf die Berührung des Stick folgen zu lassen, .............
Genau da ist der Knackpunkt, Du siehst den Stick als Aufgabe, ich sehe ihn hier in dieser Anwendung als Hilfsmittel und *nicht* als Aufgabe.
Vielleicht brauchst Du verschiedene Sticks,
a) die einen als Aufgabe, als Zielpunkt,
der berührt werden soll
b) die anderen als Lockmittel,
um zu zeigen, wohin die Reise gehen soll.
Vielleicht kann die Berührungsaufgabe der Touchstick übernehmen,
die Lockfunktion bzw. den Richtungsweiser Dein Zeigefinger?
.
Oder Du benutzt bei der Berührungsaufgabe das Signal "Touch"
und beim Locken das Signal "Follow",
Ich habe, wie erwähnt, beide Signale "touch" und "follow" konditioniert, brauche sie aber nicht, denn Ayko differenziert selbst:
a) Bei "touch" ruht die Stabspitze,
C&B kommt bei Berührung.
b) bei "follow" bewegt sich die Stabspitze weg,
C&B kommt beim Erreichen des ersten,
bescheidenen Etappenziels
und *nicht" beim Berühren der Stabspitze.
"Der Weg ist das Ziel" !!! C&B bestärkt den Weg.
:: Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt: Ich denke
:: hier könnte es gelingen, den Hund über ein Lockmittel
:: an eine Aufgabenbewältigung heranzuführen, die ihn
:: voll beansprucht...................damit ist die Türe offen
:: für eine astreine operante Konditionierung.
: Möglicherweise klappt das, aber ich habe da rein
: theoretisch meine Bedenken. Das Lockmittel Stick
: würde ich immer so einsetzen, wie ich es beim Hund
: konditioniert habe.
Differenzieren: Vgl. oben a) und b)
Ich habe zweimal konditoniert, "touch" und "follow"
So wie ich das damals gelesen habe.
: Ach ja, hier kommt Deine Antwort:
:: Es geht noch weiter: Ich clicke lange bevor der Hund das
:: Lockmittel erreicht hat, ich lasse vorher schon das
:: Lockmittel unbemerkt (!!!) verschwinden, während der
:: Hund sich voll auf seine Aufgabe konzentriert. Nach dem
:: Click ziehe ich dann als Belohnung ein Spielzeug aus meiner
:: Hosentasche, was ihn viel mehr begeistert, als das
:: Lockmittel "Leckerchen", mit dem ich ihn in die Aufgabe
:: hineingelockt habe. :
: Das würde bedeuten, dass Du hier den Jackpot ins Spiel
: bringst, denn nichts anderes wäre das geliebte Spielzeug
: im Vergleich zum vorangegangenen MO, das könnte sich
: wie gesagt schnell abnutzen.
: Wenn Du z.B. einen sehr fixen Hund hast, der vor lauter
: Begeisterung wegen des Stick oder eines sonstigen MO,
: die eventuellen "Gefahren " übersieht , aber das Objekt
: nie aus den Augen läßt, da kannst Du nicht heimlich mal
: was verschwinden lassen, ...............
:-)))))) Da stimme ich Dir voll zu. Nicht jede Anleitung ist für jeden Hund gut. Man muss seine Pappenheimer kennen. :-))))))
: ............ der Hund bricht die Übung sofort auf der Suche
: nach dem Auslöser seiner Aktivität ab.
: Ich nehme mal wieder den Slalom: Die Technik hatte
: mein Hund schon lange begriffen, ich wollte die
: Geschwindigkeit erhöhen, ...........................
: .................... Mir ist jetzt aufgegangen, dass durch die
: erneute Verwendung des Stick mit anderem Tempo ,
: der Hund sogar seine Technik geändert hat, nämlich
: statt beidfüßigem Durchspringen nun Durchweben.
Müßtest Du dann nicht genau in dem Moment "clicken", wo er deutlich erkennbar seine Technik ändert? Andere Technik, höhere Geschwindigkeit ...... Das war doch Dein Ziel? Spontan wie ich bin, hätte ich da sofort geclickt und belohnt um den Hund zur Wiederholung zu veranlassen.
: Auch die selbständigen Korrekturen hat er nach der erneuten
: Verwendung des Stabes- natürlich dann ohne diesen- durchgeführt.
Das ist eine interessante Beobachtung!!! Er hat etwas dazugelernt, obwohl Du ihn dafür nicht belohnt hast. C&B gab es nämlich erst nach dem Slalom, beim Berühren des Sticks. Belohnt hast Du dann nicht die geänderte Technik, nicht die höhere Geschwindigkeit, sondern nach wie vor immer nur das Berühren des Sticks. Und es hat trotzdem geklappt.
: Ich gebe zu, ich kratze mich noch oft genug am Kopf, weil mich
: das Verhalten der Hunde oft in Erstaunen versetzt, ihre
: unterschiedliche Fähigkeit zu lernen und zu verknüpfen.
Kennst Du den Passgang beim Menschen?
Es gibt Menschen die gehen völlig normal. Die Pendelbewegung der Arme zeigen eine stetige Koordination zur Pendelbewegung der Beine. Es gibt Menschen, bei denen sich diese Koordination um einen halben Zyklus verschiebt, wenn sie sich dessen bewußt werden und die Bewegungskoordination der eigenen Gliedmaßen bewußt beobachten. Vielleicht war es bei Deinem Hund gerade umgekehrt? Erst als er nicht mehr auf die Slalomstangen achtete, sondern nur noch auf den Stick, hat sich in seiner Gangart etwas verändert.
:: Kann ich mit einem Lockmittel und dem geschilderten
:: Verfahren und mit viel Geduld die Hemmschwelle so
:: weit abbauen, dass sich der Hund schließlich auch ohne
:: Lockmittel an die gestellte Aufgabe heranwagt?
: Es geht glaube ich nicht so sehr darum, dass der Hund
: etwas wagt, sondern dass er eine Aufgabe begreift, dessen
: selbständige Lösung ihn auf seinem Weg und natürlich am
: Ende belohnt, zunächst extern verstärkt, später sogar
: selbstbelohnend.
: Ich denke mit einem Lockmittel baut man nichts ab oder auf,
: sondern immer nur durch den Erfolg, zunächst nach einem
: klitzekleinen Schritt, später am Ende des Weges. Ein
: Lockmittel kann vielleicht ein Initiator, oder vielleicht
: Katalysator sein, aber mehr wohl nicht.
Ein Wegweiser? Ein Richtungspfeil?
Ein Beschleuniger für die Geschwindigkeit?
: Zumal es rasch an Bedeutung verlieren wird, da es
: ohnehin ohne je erreicht zu werden verschwindet-
: Oder ? (auch Fragezeichen)
Vergiss das Betteln am Tisch nicht!!! ;-)
Operante Konditionierung mit variabler Bestärkung.
: Die Fragen werden uns wohl die Hunde beantworten.
Da wir sie nicht fragen können und sie auch nichts erzählen, müssen wir lernen zu beobachten, dann müssen wir unsere Methoden entsprechend ändern, wieder beobachten ........ usw. usw.
Na --- jedenfalls habe ich dafür wieder einige Anregungen mitgenommen!!!
Danke!!!
Herzliche Grüße
aus dem vereisten Wilden Südwesten
Reinhold + Ayko