Hallo Andreas,
: Dann aber bin ich völlig dem Zufall ausgeliefert.
Jein...
Ich sehe es eher so, dass man dem Einfallsreichtum des Hundes
ausgeliefert ist.
Da ist natürlich eine zufällige Komponente drin, aber
der Hund wird mit grosser Wahrscheinlichkeit Strategien
anwenden, mit denen er bereits früher schon Erfolg hatte.
Ausserdem beobachtet der Hund einen ziemlich genau, d.h.
Dein Verhalten fliesst zusätzlich in seine Strategie
mit ein. Hier denke ich liegt ein Grossteil der
"Hundeausbildungskunst" begraben:
für den Hund interpretierbares Verhalten zeigen!
Man kann es natürlich beliebig falsch machen.
Wenn ich z.B. ein Signal zu früh einführe und dann
hinterher "shapen" muss, wird der Hund bei Ausbleiben
des Erfolgs die nächstliegenden Erfolgsstrategien ausprobieren.
Und das sind genau die, die bereits bei der verfrühten Einführung
des Signals zum vermeintlichen Erfolg geführt haben.
Insofern verleite ich praktisch den Hund zum "falschen" Verhalten.
Sowas ist in der Lerntheorie zwar sonnenklar, aber in der Praxis
erfordert es sehr viel Aufmerksamkeit und das kann man nur
üben, üben, üben...
: Wenn ich eine Trainingssituation aufbauen möchte, dann muß ich mir
: aber zuvor Gedanken, was ich üben möchte und wie ich dies tue.
M.E. reicht es völlig, wenn man selbst ein Verhalten zeigt, dass der
Hund eindeutig interpretieren kann: "jetzt üben wir XY".
Am einfachsten ist es z.B. immer einen bestimmten Ort
für eine bestimmte Übung zu nehmen. Oder allgemein ausgedrückt:
für eine hinreichende Anzahl Reize sorgen, die der Hund
unterscheiden und eindeutig der Übung zuordenen kann (deja vue).
: Möchte ich aber vorausgeplant etwas üben, d.h. habe ich mir vorgenommen,
: nun mal fünf Minuten eine bestimmte Sache einzuüben, dann gehe ich ja
: anders an den Aufbau heran.
Ja, aber das ändert nichts am Lernprinzip. Beispiel:
Gestern Abend wollte ich z.B. Ronja beibringen, dass sie statt auf
den Touchstick auf meinen Finger achten soll. Also:
- Lernsituation herstellen, anhand derer sie erkennen kann:
"Aha! Touchstick-Übung!"
- Dann Touchstick langsam immer kürzer machen.
- Dann Touchstick weglassen und durch Finger ersetzen.
- Dann Probe auf's Exempel: Vor dem Tisch Sitz machen lassen und
auf anderer Seite Finger hinhalten. Schwups: Ronja ist unter dem
Couchtisch durchgekrabbelt, hat meinen Finger gestupst und es
gab eine dicke Belohnung.
Das ganze dauerte nur 3 Minuten!
Ronja habe ich nicht geholfen, indem ich sie irgendwie gelockt hätte.
Alles hat sie selbst herausgefunden. Ihr Verhalten war bestimmt
nicht völlig zufällig, sondern Ergebnis der bereits gelernten
Erfolgsstrategien.
Insofern liegt für mich kein Unterschied zwischen zufälligem Verhalten
und vermeintlich geplantem. Wenn ein Hund sich auf dem Boden rollt,
dann kommt einem das doch nur deshalb zufällig vor, weil wir
überrascht sind. Tatsächlich liegt dem mit Sicherheit eine
Erfolgsstrategie zugrunde (wenn's juckt: auf dem Boden rollen tut gut!).
: Na ja, in diesem Falle weiss Hund aber nicht, dass gerade etwas "Besseres"
: gewünscht ist.
Das muss er auch nicht. Was besser oder schlechter ist, unterliegt
ausschliesslich meiner subjektiven Bewertung. Die kann der Hund
sowieso nicht nachvollziehen, weil viel zu abstrakt.
Für den Hund zählt nur, wie schnell er sich der geänderten Situation
anpassen kann, um zum Erfolg zu gelangen.
Vielleicht sehe ich das alles etwas zu theoretisch, aber es hilft
mir halt bei der praktischen Umsetzung :-)))
Viele Grüsse,
Harr.
(muss jetzt wieder was arbeiten ;-)))))