Hallo Yvonne,
ich habe deine Meldung mit Erschrecken gelesen. Ich möchte dich keinesfalls persönlich angreifen, sondern dir eher Mut machen, mal andere Wege zu gehen, und irgendwie tut mir deine Hündin sehr leid. Du hast zwar recht in deinem Bemühen, Schaden von deiner Umwelt abzuwenden, aber ich denke, hierzu führen andere Wege nach Rom. Als erstes würde ich diese Hundeschule blitzartig verlassen. Offensichtlich können die dein Problem nicht lösen, sondern dir nur Meidestrategien anbieten. Für Meideverhalten von Konfliktsituationen braucht man aber keine Hundeschule.
Ich selbst habe einen 6jährigen Ridgebackrüden und eine 4jährige kastrierte Ridgebackhündin. Beide haben eine extrem große Jagdpassion, die Hündin noch stärker als der Rüde. Die Hündin hat auch einmal ein Reh gerissen, getötetet und angenagt. (Nicht meiner Fahrlässigkeit zu verdanken, sondern dem Umstand, daß sich ein Rudel Rehe trotz 1,5 m Umzäunung eines Nachts in unseren Garten verirrt hatte und die Hündin diese sozusagen „tafelfertig“ beim Morgenpipi vorfand.)
Die Hündin begann mit 5 Monaten, selbstständig zu jagen. Du siehst, ich war vor Jahren mit meinen beiden in einer noch viel schrecklicheren Situation, als du heute mit einem Hund bist.
Nach Jahren der Irrungen und Wirrungen diverser sogenannter Hundeschulen, dem Ausprobieren diverser Methoden, viel Arbeit, Zweifeln und Überlegungen kann ich heute sagen, daß ich es geschafft habe, und ich bin stolz darauf. Es war harte Arbeit und ohne meinen krankhaften Ehrgeiz hätte ich wohl schon längst resigniert, doch es wollte mir nicht in den Kopf, daß praktisch nicht funktionieren sollte, was theoretisch funktionieren müßte!
Ich kann dir an dieser Stelle nur Andeutungen machen, wie es funktioniert, vieles ist in der Diskussion vom Dezember in diesem Forum schon gesagt worden, nur soviel vorneweg:
1. So, wie du es augenblicklich machst, funktioniert es NICHT und es ist auch eine Quälerei für deine Hündin schon aus dem Grund, da sie ständig gegängelt wird, ständig Fehlinformationen geliefert bekommt, die sie verwirren und verunsichern und zu Fehlverhalten veranlassen - Fazit, der arme Hund weiß eigentlich gar nicht, was er machen soll.
2. Die Anwendung von Methoden, die hauptsächlich auf der Anwendung aversiver Reize (E-Gerät, Klapperbüchse, Wurfkette, Discs o.ä.)beruht, bringt beim ausgeprägten Jagdverhalten REIN GARNICHTS.
3. Hilfsmittel wie lange Leine u.ä., mit denen du sog. negative Bestärkungen unwillkürlich setzen wirst, sind kontraproduktiv, da sie in der Regel die Situation verschlimmern (sog. „Anhetzen“ auf Wild bewirken)
Ich kann dir nur andeutungsweise sagen, wie ich es gemacht habe.
Ich habe meine Hunde täglich ins Auto gepackt und habe einen geeignetes Übungsgelände aufgesucht. Das Gelände war durch Zäune und ein Flußufer begrenzt. Dort bin ich etwa ein halbes Jahr (ohne Leinen) gegangen und habe auf diesem Parcours trainiert. Ich habe meinen Hunden durch meine Körpersprache suggeriert, daß wir jagen gehen, und zwar in der Form, daß ICH die Jagd anführe. Ich habe mir gerade ein begrenztes Areal und an immer denselben topografischen Punkten immer dieselben Handlungsketten eingeübt. Es hat nicht einmal lange gedauert, bis sie an bestimmten Stellen Anweisungen von mir sozusagen erwartet haben. Die Sequenzen, die ich einzeln geübt habe, waren:
- Voranschicken
-Stehen auf Signal „Stop“
-Richtungszeichen (Handzeichen)
- Rückzug („zurück“) für Herankommen
-bei mir bleiben und auf das nächste Signal warten
Ich habe die Reizlage und Ablenkung dabei Schritt für Schritt gesteigert, zunächst in ganz kleinen Einheiten, dann habe ich variiert und Schwierigkeitsstufen eingebaut. Als das wirklich saß, habe ich komplexere Handlungen eingeführt, z. B. Stöbern, Anschleichen, Anzeigen von Wild usw...
Als das ganze ‚Repertoire‘ zuverlässig und auf Abruf nach einem halben Jahr saß, habe ich das Gelände vergrößert, dann woanders hinverlegt usf.........
Am Anfang mußte ich natürlich mit diesen jagderfahrenen Hunden die armen Kaninchen als MOs mißbrauchen, später gings dann mit „ausgedachten“ Kaninchen weiter.
Selbstredend habe ich (außer ganz kurz Fährtengeschirr u. Leine) keinerlei Hilfsmittel verwendet, und es gab auch bei der ganzen Arbeit kein FUTTER.
Den Hunden hat es sehr gefallen, da sie tun durften, was sie ohnehin tun wollten, und sie haben gelernt, daß die Welt für uns alle in Ordnung ist, wenn sie sich dabei an meine Signale halten. Außerdem habe ich als Nebeneffekt sozusagen unsere Kommunikation untereinander so sehr verfeinert, daß die beiden eben im Alltag auch sehr auf meine Signale achten.
Jedenfalls kann ich heute mit meinen beiden Problemhunden stressfrei und fast überall ohne Leine
meiner Wege gehn und kann beide vom Reh abrufen (Reh habe ich inzwischen per Training aus dem Beuteschema der beiden gestrichen), ich kann ihnen aber auch in gefährlichen, da wildreichen Gebieten, wenn ich mal z.B. in der Dämmerung gehen muß, das Jagen gänzlich verbieten.
Jedenfalls bin ich froh, die Sache durchgestanden zu haben und lebe heute viel stärker im Einvernehmen mit meinen Hunden als ich es früher für möglich gehalten hätte.
Du kannst mich bei Interesse ja mal anmailen,
MFG
Almut Maier