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HD-Röngten ein Artikel

geschrieben von Andrea(YCH) 
HD-Röngten ein Artikel
29. Mai 2002 09:48

Die Verunsicherung der Kynologen bezüglich Hüftgelenksdysplasie

(aus: Unser Rassehund 1/90)

Prof. A. Müller, Veterinär-Chirurgische Klinik der Universität Zürich

Hundezüchter und Tierärzte befassen sich nun seit Jahrzehnten mit der Bekämpfung der
Hüftgelenksdysplasie (HD). Unter Vernachlässigung vieler anderer wichtiger Aspekte wird die HD zu
einem komplizierten, kontroversen, beinahe ideologisch getönten Thema emporstilisiert. Das wirkt sich auf
den Erfolg dieses wertvollen Programms ungünstig aus, indem es zu Entmutigung vieler Züchter und
manchmal auch zur Disqualifikation guter Hunde führt. Wir können diese unglückliche Situation nur
überwinden, wenn wir die ganze Problematik auch für die Züchter so transparent machen, daß sie an der
fachlichen Diskussion teilnehmen und sich selbst ein Urteil über die angewandten Kriterien bilden
können. Dies ist das Ziel des vorliegenden Beitrages.

An Ausstellungen begründen die Richter die Klassierung der einzelnen Hunde in einem Richterbericht.
Die Züchter und Besitzer werden orientiert, wie der Richter zu seinem Urteil gekommen ist. Im Gegensatz
dazu geben sich viele Hundebesitzer bezüglich der Beurteilung von HD-Röntgenbildern damit zufrieden,
ein Zeugnis zu bekommen, welches das lakonische Urteil enthält: »Die Beurteilung der Röntgenaufnahmen
auf Hüftgelenksdysplasie des ... hat folgenden Befund ergeben:

HD: rechts I. Grad, links II. Grad«.

Sie erwarten keine Begründung. Mit dem Wort »Grad« verbinden sie die Idee einer Messung, wie z. B. des
sogenannten »Norberg-winkels«, und sind erstaunt, daß diese Messung nicht an jedem Institut gleich
ausfällt.

An einer Hundeausstellung werden nicht primär Maße aufgenommen und ausgewertet. Der Richter
mustert den Hund gründlich, im Stehen, im Gehen. Zwar muß ein Richter über eine Menge von
Detailkenntnissen verfügen. Das Gesamturteil, das er schließlich fällt, ist aber mehr als die Summe der
erhobenen Details oder die Auswertung der erhobenen Maße.

Entgegen der allgemeinen Auffassung ist es viel leichter, einem Hundebesitzer die Röntgenaufnahmen der
Hüftgelenke als die Feinheiten einer Exterieurbeurteilung zu erläutern.

Bei einem normalen Hüftgelenk präsentiert sich im Röntgenbild der Gelenkskopf schön gerundet mit
gleichmäßiger Knochenstruktur. Die Gelenkspfanne, die den Hüftgelenkskopf aufnimmt, beschreibt
ebenfalls eine dem Kopf entsprechend gleichmäßig gerundete Vertiefung. Wenn nun beim jungen Hund
die Hüftgelenke nicht vollkommen funktionstüchtig sind, werden die knöchernen Gelenksanteile im
Wachstum nicht einwandfrei ausmodelliert und aufeinander abgestimmt. Die lockere Gelenkskapsel wird
Zerrungen ausgesetzt. Dort, wo sie am Knochen des Oberschenkelhalses befestigt ist, entstehen infolge
dieser Zerrungen entzündliche Reaktionen in der Form von knöchernen Zubildungen. Bei einer leichten
Hüftgelenksdysplasie präsentieren sich diese als »feine Auflagerungen am Oberschenkelhals:

Lockerheit bewirkt auch ein Abflachen der Gelenkspfanne vom Rande her, weil der schlecht geführte
Gelenkskopf gegen deren Rand schlägt, was bei leichter HD als »leichte Abflachung des vorderen
Pfannenrandes« sichtbar wird (HD 1).

Ist dieser vordere Pfannenrand im Alter von einem Jahr schon deutlich abgeflacht und zeigen sich am
Übergang vom Gelenkskopf zum Oberschenkelhals deutliche Auflagerungen, muß man annehmen, daß der
betreffende Hund bereits im mittleren Alter an Hüftgelenksschmerzen leiden wird. Wir bezeichnen diese
Veränderungen als HD zweiten Grades und empfehlen, solche Hunde nicht zur Zucht zu verwenden. Das
Röntgen ist eine ideale Technik zur Darstellung von Veränderungen am knöchernen Gerüst, wie
Auflagerungen am Oberschenkelhals und Abflachung des vorderen Pfannenrandes. Bei einigermaßen
guten Aufnahmen desselben Hundes präsentieren sich solche Veränderungen immer

gleich. Die Form der Gelenksspalte und die Winkelmaße dagegen können je nach Lagerung oder Fixation
der Hunde sehr stark variieren. Der Hund ist kein Werkstück, das man exakt einspannen, röntgen und
ausmessen kann. Trotzdem können wir zuverlässige Aussagen über den Zustand der Hüftgelenke
machen, wenn wir die knöchernen Anteile sorgfältig mustern. Deshalb stütze ich mich ausschließlich auf
das Bild der Konturen und der Feinstruktur von Kopf, Hals und Pfanne ab. Eine Röntgenaufnahme der
Hüftgelenke ist ein Dokument, soweit es die Form und die Struktur dieser knöchernen Anteile betrifft, aber
nur eine Momentaufnahme hinsichtlich der gemessenen Winkel und der Gelenksspalte. Auch beim
gesündesten Hund sitzt der Oberschenkelkopf nicht so fest in der Pfanne, daß er beim Fixieren der
Hinterbeine beim Röntgen nicht mehr oder weniger herausgehebelt werden könnte. Soweit die Beurteilung
auf die heute übliche Meßmethode des »Norbergwinkels« bei gestreckten Hinterbeinen und die mehr oder
weniger divergierende Gelenksspalte abgestützt wird, hantiert die Hilfsperson, ohne sich dessen bewußt
zu sein, zwischen »Normal« und erstem bzw. zweitem Grad, zwischen Zuchttauglichkeit und
Zuchtuntauglichkeit, hin und her. Ein Hüftgelenk eines mindestens einjährigen Hundes, das auf dem
Röntgenbild einen schön gerundeten Kopf und eine ebenso schön gerundete Pfanne sowie einen
Oberschenkelhals ohne jegliche knöcherne Auflagerungen zeigt, ist ein gesundes Gelenk, unbekümmert
darum, ob der gemessene Gelenkswinkel, ein Meßwert, der voller Fehlerquellen steckt, 105 oder 95 Grad
beträgt. Es stimmt, daß ein straff geführtes, normales Gelenk, wie wir es z. B. bei Schlittenhunden meist
antreffen, beim Fixieren auf dem Röntgentisch viel weniger aus der Pfanne gehebelt wird als ein schlaffes
Gelenk: Ein schlaffes Gelenk kann aber, je nachdem wie der Hund gehalten wird, in die Pfanne hinein oder
hinaus, das heißt zwischen Normal und II. Grad, hin und her gehebelt werden. PD Dr. P. Schawalder von
der Universität Bern, der eine sehr eingehende Habilitationsschrift über die Hüftgefenke verfaßt hat,
bezeichnet die durch Lagerung und Fixation bedingte Heraushebelung der Hüftgelenke als »latrogene
Luxation«, d. h. als »durch den Arzt verursachte Verrenkung« oder, passender gesagt, als durch die Art
der Lagerung vorgetäuschte Lockerheit der Hüftgelenke. Dr. Schawalder hat eine weitere, sehr wesentliche
Feststellung gemacht: Im Vergleich des Berner Sennenhundes zum Deutschen Schäferhund hat der erstere
normalerweise einen sterileren und etwas mehr nach vorne gerichteten Oberschenkelhals. Dadurch wird
der Oberschenkelkopf beim Berner Sennenhund (Röntgenaufnahme mit nach hinten gestreckten Beinen)
eher aus der Pfanne gehebelt, und der Gelenksspalt klafft, d. h. divergiert ausgeprägter. Da ja
Oberschenkelkopf und Hüftgelenkspfanne normalerweise aufeinander abgestimmt sind, hat der Berner
Sennenhund eine stärker geneigte und etwas mehr nach rückwärts gerichtete Hüftgelenkspfanne als der
Deutsche Schäferhund. Diese Unterschiede wirken sich auf den sogenannten Norbergwinkel aus, der
gemäss den Vorschriften der FCI für die HD-Beurteilung ohne Berücksichtigung rassebedingter
Unterschiede herangezogen wird. Die Untersuchungen von Dr. Schawalder liefern einen Beweis mehr, daß
der Norbergwinkel und ein mehr oder weniger klaffender Gelenkspalt keine geeigneten Kriterien für die
HD-Diagnostik darstellen. Hoffentlich wird seine Arbeit bewirken, daß die internationalen Gremien ihre
Vorschriften zur Beurteilung der HD neu überdenken. Vielleicht kommen sie dann auch von der Vorschrift
ab, auf den Röntgenbildern mit den nach hinten gestreckten Beinen müsse auch die Kniescheibe sichtbar
sein. Es genügt, wenn bei der Aufnahme die Hinterbeine so gehalten werden, daß die parallel nach hinten
und die Kniescheiben nach oben gerichtet sind. Sei der jetzigen, von der FCI vorgeschriebenen Praxis
braucht es fast handtuchgroße Filme, was eine sinnlose Verschwendung darstellt.

Die Strahlenbelastung für den Hund und den Mitarbeiter wird größer, und die Qualität des Bildes wird
schlechter, vor allem weil der wichtigste Teil, der zur Darstellung kommen sollte, die Hüftgelenke nämlich,
an den oberen Bildrand gerückt wird. Auf die Aufnahme mit seitlich weggehaltenen Beinen können wir
verzichten, sind aber immer dann froh darüber, wenn uns eine solche zugestellt wird, wenn jene mit den
nach hinten gestreckten Beinen bezüglich der Qualität zu wünschen übrig läßt. So kann man für manche
Kriterien diese zweite Aufnahme zu Hilfe ziehen.

Wenn also bezüglich der Beurteilung immer wieder Diskrepanzen auftreten, kommt es daher, weil die einen
nach internationaler Meßvorschrift und vorgegebener Check-Liste funktionieren, andere hingegen es sich
gestatten, kritisch zu bleiben, auch wenn sie dadurch in Opposition geraten. Ich möchte in diesem
Zusammenhang ein Beispiel aus ungezählten anderen anführen. Es betrifft eine fünfjährige
Wolfspitz-Hündin. Deren Besitzerin sandte uns von dieser Hündin zwei HD-Röntgenaufnahmen, die von
verschiedenen Tierärzten angefertigt und von ein und derselben Person an einem angesehenen
ausländischen Universitätsinstitut beurteilt worden waren. In unseren Augen hat die Hündin gesunde
Gelenke. Wenn ein Hund fünf Jahre alt wird, ohne daß sich an seinen Hüftgelenken die geringsten
chronischen Veränderungen zeigen, darf man wohl, unbekümmert um alle Theorien, feststellen, er leide
nicht an HD. So lautet denn unser Urteil in diesem bestimmten Fall: normal. Im Gegensatz dazu ein früherer,
auswärtiger Befund vom Januar 1989: »Abflachung beider Hüftgelenkspfannen. Die Pfannendachkonturen
sind beiderseits im kranialen Bereich tief eingezogen. Die Gelenksspalten sind inkongruent und erweitert.
Subluxationsstellung beider Femurköpfe um etwa ein Drittel. Der kraniolaterale Pfannenrand ist beiderseits
abgeschrägt. Messung nach Norberg-Olsson: rechts 95° links: 90°. Hochgradige Hüftgelenksdysplasie«,
und ein weiterer, vom August 1988, von derselben Hündin, am selben Institut von derselben Person
beurteilt, jedoch anhand einer anderen Röntgenaufnahme: »Inkongruenz beider Hüftgelenksspalten.
Facettenartige Abschrägung der kraniotateralen Pfannenkontur beiderseits, rechts deutlicher als links.
Messung nach Norberg-Olsson: rechts 100 °, links 100 - 105 °. Geringgradige Hüftgelenksdysplasie«.

Bei ein und derselben fünfjährigen Hündin betrugen die gemessenen Norbergwinkel einmal 100 - 105° und
ein anderes Mal, bei einem zeitlichen Abstand von 5 Monaten, 90 - 95°. Die Beurteilungskriterien variieren
somit, in der zeitlichen Folge, von geringgradiger HD über hochgradige HD bis Normal.

Derartige, für die Zucht folgenschwere Diskrepanzen rufen nach einem Gespräch, nicht bloß unter den
Tierärzten, sondern zusammen mit den Züchtern und Besitzern bzw. deren Vertretern in ihrer Eigenschaft
als Körmeister, Zuchtwarte, Richter und Klubpräsidenten.

Man darf sich hier nicht hinter Mehrheitsbeschlüssen, Autoritäten und Rekursinstanzen verstecken,
sondern muß sich bemühen, das ganze Beurteilungswesen auf zuverlässige Kriterien abzustützen.

Es darf keinem Arzt oder Tierarzt zugemutet werden, daß er entgegen seinem eigenen Wissen und Können
aus lauter Kollegialität eine Diagnose akzeptiert, die er als falsch erachtet, auch wenn sie von einer noch
so angesehenen Universität oder einem internationalen Gremium abgesegnet ist. Aufgrund derselben
Überlegungen muß ein Hundebesitzer, dem z.B. die Beurteilung die an einer Auswertungsstelle
vorgenommen wurde, zu hart erscheint, die Möglichkeit und das Recht haben, die Röntgenaufnahmen
auch an einer anderen Stelle begutachten zu lassen. Mit 100 %iger Sicherheit kann kein Institut die weitere
Entwicklung der Hüftgelenke eines Kandidaten voraussagen. Falls aber ein Hund bezüglich HD zu
optimistisch beurteilt wurde, kommt das in wenigen Jahren auf dramatische Weise an den Tag und gibt zu
entsprechender Kritik Anlaß. Wird aber ein wertvoller Vertreter seiner Rasse zu hart beurteilt,
verschwindet er still von der Bühne, und keiner bemerkt die Lücke, die er hinterläßt. Wenn wir uns mit
diesen Problemen beschäftigen, werden wir uns immer deutlicher der wichtigen Rolle bewußt, welche der
Nachzuchtprüfung zukommt. Auch die Zahlen, die uns über die Verbreitung der Hüftgelenksdysplasie und
den Erfolg der züchterischen HD-Bekämpfung Auskunft geben sollen, müssen vorsichtig interpretiert
werden:

wenn auf dem Röntgenbild Merkmale berücksichtigt werden, die zufälligen Charakter
haben, ist der Prozentsatz von Hunden mit HD in der betreffenden Statistik höher als in
Wirklichkeit.

Bei einer Rasse, bei welcher das Röntgen für die Ankörung vorgeschrieben ist, werden oft
Hunde bzw. deren Röntgenbilder der Auswertung vorenthalten, wenn die Hüftgelenke
offenkundig verändert sind. Das verbessert das statistische Ergebnis.

Hunde von Rassen, bei welchen die Spezialclubs das Röntgen der Hüftgelenke für die
Ankörung nicht vorschreiben, werden meist nur dann im Bereiche des Beckens untersucht
und geröntgt, wenn sie wegen Hinkens der Hinterbeine in die Sprechstunde kommen. Das
führt zu einer massiven Verschlechterung des statistischen Ergebnisses.

Für die Selektion sind die Resultate, die auf der Röntgenkontrolle sämtlicher Hunde eines Wurfes beruhen,
weitaus am zuverlässigsten, wobei selbstverständlich Kriterien angewendet werden sollten, die auf einer
klinischen Betrachtungsweise der Gelenke beruhen.

Wir haben uns bei den meisten Rassen darauf geeinigt, die definitive Beurteilung der Hüftgelenke im Alter
von einem Jahr vorzunehmen. Dazu möchte ich auf Grund meiner Erfahrungen folgendes festhalten:
Bestechend schöne Gelenke bezüglich ihrer knöchernen Strukturen darf man sicher schon im Alter von
einem Jahr als normal einstufen, deutlich veränderte ebenso definitiv als HD II und schlechter. Heikel
dagegen ist besonders bei schweren Rassen die definitive Einstufung im Bereiche des ersten Grades.
Leichte Abflachung des vorderen Pfannenrandes und feine Auflagerungen am Oberschenkelhals sind
immer Anzeichen einer vorhandenen Lockerheit, unbeachtet, ob auf der vorliegenden Röntgenaufnahme
diese Lockerheit als divergierender Gelenksspalt zum Ausdruck kommt oder nicht Die Gefahr einer zu
optimistischen Beurteilung ist in diesen Fällen groß. Es wäre selbstverständlich nicht zu verantworten,
nun »sicherheitshalber« Mit HD II zu werten, besser gesagt abzuwerten. Wir stellen deshalb die
Beurteilung zurück und empfehlen, im Alter von zwei Jahren erneut Aufnahmen zu machen und beurteilen
zu lassen. In Beachtung der Tatsache, daß besonders Hunde schwererer Rassen im Alter von einem Jahr
noch nicht »reif« genug sind, haben die betreffenden Klubs den Stichmonat für die HD-Röntgenkontrolle
auf den 18. oder 24. Monat festgelegt.

Hunde mit hochgradiger Lockerheit der Hüftgelenke können bereits im Alter von wenigen Monaten
Schwäche oder Hinken bzw. Schmerzen in den Hinterbeinen zeigen, ohne daß im Röntgenbild arthrotische
Veränderungen sichtbar sind. Man darf aber nicht voreilig auf HD schließen, wenn wachsende Hunde
Störungen im Bereich der Hinterbeine zeigen. Der Oberschenkelhals stellt bei Mensch und Tier eine
Knochenpartie dar, welche gewaltigen Belastungen ausgesetzt ist. Bei lebhaften, wohlgenährten und
rasch wachsenden Hunden können im Oberschenkelhals Schmerzen auftreten. Im Röntgenbild lassen sich
in jenem Bereich wolkige Veränderungen sowie ein interessanter Vorgang am oberen Rand des
Oberschenkelhalses erkennen: Sowohl von der gelenksnahen wie der gelenksfernen Seite lassen sich feine
Knochenvorsprünge erkennen, die einander entgegenwachsen und schließlich zu einer Verstärkung des
Oberschenkelhalses führen. Die Frage, ob für die Zucht nur Hunde mit vollkommen gesunden
Hüftgelenken oder auch solche mit einer HD ersten Grades zugelassen werden sollen, möchte ich wie folgt
beantworten: Wenn so viele in jeder Hinsicht qualifizierte Elterntiere mit vollkommen gesunden
Hüftgelenken vorhanden sind, daß eine genügend breite Zuchtbasis sichergestellt bleibt, kann auf Hunde
mit einer HD I. Grades verzichtet werden.

Aber was heißt beim Hund „in jeder Hinsicht qualifizierte?" Beim Rennpferd, bei welchem die Inzucht mit
Erfolg praktiziert wird, ist die Rennleistung ausschlaggebend. Die Rennleistung beinhaltet einen großen
Katalog von Eigenschaften, bezüglich Gebäude, Stoffwechsel, Kreislauf und auch bezüglich
Charaktereigenschaften. Beim Hund sind die Gesundheit und das Wohlbefinden im fortgeschrittenen
Alter ein umfassendes Qualitätsmerkmal, das in Verbindung mit einem guten Wesen bzw. der Eignung für
die Lösung bestimmter Aufgaben als taugliches Selektionskriterium gelten könnte Gefährlich sind eng
umschriebene Kriterien, sobald man ihnen nahezu Exklusivität einräumt, die Farbmerkmale, Riesenwuchs,
Zwergwuchs, extreme Abweichungen von einem normalen Gebäude. Auch die HD kann in diese Rolle
geschoben werden, sobald man darob für die übrigen Kriterien blind wird.

Zusammenfassend möchte ich festhalten: Anhand einer einigermaßen guten Röntgenaufnahme der
Hüftgelenke (die Oberschenkel sind parallel nach hinten gestreckt; die nach oben gerichteten
Kniescheiben müssen nicht auf der Aufnahme erscheinen) läßt sich bei ein- bis zweijährigen Hunden
feststellen, ob die Hüftgelenke gesund, leicht oder stark verändert sind. Bei der Beurteilung sollte man
sich auf die klinischen Veränderungen an den knöchernen Anteilen stützen und nicht auf die
Gegebenheiten, die durch die Lagerung und Fixation beeinflußt werden können. Diese Art der Beurteilung
ist zuverlässig und auch für die Nichttierärzte verständlich. Sie kann sich als nützlich erweisen, weit
auseinanderliegende Beurtellungsergebnisse mit all ihren negativen Folgen zu vermeiden.

In der Mehrheit der Fälle werden die HD-Röntgenbilder an verschiedenen Institutionen gleich beurteilt. In
jenen Fällen, wo unterschiedliche Gutachten vorliegen und die Körmeister nicht im vornherein bereit sind,
das bessere anzuerkennen, sollten diese mit den betreffenden Gutachtern Verbindung aufnehmen und sich
den Befund erläutern lassen. Mein Beitrag soll begreiflich machen, warum es gelegentlich zu
verschiedenen Urteilen kommt und die Voraussetzungen für ein Gespräch mit den Beteiligten schaffen.

Im Verlaufe des nächsten Jahres wird aus unserer Klinik eine Doktorarbeit erscheinen, welche die hier
dargestellten Zusammenhänge belegt und illustriert


30. Mai 2002 17:59

Hallo,
der Artikel ist zwar alt (und mir bekannt) hat aber leider noch nichts weiter an seiner Gültigkeit verloren ....
Vielleicht weisst Du ja, dass ich zur Zeit eine Online-Umfrage zum Thema
"Degenerative Skeletterkrankungen beim Hund"
durchführe, wobei es eher um subjektive Einschätzungen / Betrachtungen geht .....
Vielleicht interessieren Dich auch diese Ergebnisse, die spätestens Ende diesen Jahres auch im Netz zu finden sein werden ....

Bis dann
Michaela

30. Mai 2002 18:35

Hallo Michaela,

ja ich weiss, dass der Artikel nicht brandneu ist, aber wirklich absolut nichts an Bedeutung verloren hat, leider.

Werde mir gleich mal Deinen Link angucken.

Danke und schönen Abend noch....

Andrea