Ansprüche an Tierärzte
05. August 2002 18:56

Hallo zusammen,

in den letzten Tagen habe ich mir anlässlich verschiedener Diskussionsbeiträge einige Gedanken zu den Qualitätsansprüchen an Tierärzte und der teilweise in diesem Forum geäußerten Kritik an diesem Berufsstand gemacht.

Ich meine, dass viele eine völlig falsche, bzw. überzogene Erwartungshaltung an Ärzte im allgemeinen haben. Teilweise spiegelt sich darin das überholte Bild des Arztes als "Spitze der gesellschaftlichen Pyramide" wider.

Das kann man meiner Meinung nach getrost vergessen. In der Ärzteschaft gibt es, WIE IN JEDEM ANDEREN BERUFSSTAND, nur sehr wenige wirkliche Koryphäen. Warum soll es da z.B. anders sein, wie bei Ingenieuern, etc. Wenn ich mir so anschaue, welche haarsträubenden Fehler z.B. in meiner Branche passieren, muss ich schlußfolgern, dass ein Studium alleine noch überhaupt gar nichts über die wirkliche Befähigung einen Beruf gut auszuüben aussagt.

Dazu kommt, dass in den meisten Studiengängen (und besonders in der Medizin) das "Auswendiglernen" von großen Stoffansammlungen gefragt ist. Wirkliche "Porblemlösungskompetenz" wird nirgendwo gelehrt!

Außerdem liegt in dem (natürlich zurecht) naturwissenschaftlichen Anspruch der Medizin ein weiteres großes Problem verborgen. Dazu habe ich vor einiger Zeit ein sehr gutes Zitat in einem interessanten Buch gelesen:

"........Denn tatsächlich versuchen die Naturwissenschaften alles, um individuelle Besonderheiten auszuschliessen.............Auf diese Art und Weise gewinnt z.B. eine naturwissenschaftlich vorgehende Medizin zwar immer mehr Kenntnisse, etwa über Herzkrankheiten im allgemeinen, ein entsprechend ausgebildeter Arzt nimmt zugleich aber immer weniger Rücksicht auf die individuellen Eigenschaften des jeweils vor ihm sitzenden Patienten. Das Kunststück besteht darin die Ausbildung durch BILDUNG ZU ERGÄNZEN............"

Das denke ich kann man sehr gut auch auf die Tierärzteschaft übertragen. Die eigentliche Bildung, das was einen guten Tierarzt von der breiten Masse seiner Berufskollegen unterscheidet, beginnt jenseits der Ausbildung. Dazu gehöret halt auch sein grenzüberschreitendes Interesse an (z.B.) Hunden i.A., eine Beschäftigung mit der Ethologie, der Ernährung, etc........ Und ein ständiges Weiterlernen.

Ich unterstreiche ausdrücklich, die hier von einigen geäußerte Meinung, dass "ambitionierte Laien" sich teilweise wesentlich vertieftere Kenntnisse aneignen können, als die sogenannten Spezialisten. Bei solchen Menschen ist nämlich noch die wirksamste Antriebskraft, die Liebe zum Mittelpunkt ihres Interesses vorhanden, die den beruflich damit Beschäftigten (leider) oftmals verloren gegangen ist.

Also seid nicht zu streng mit den "Bildungslücken" der Tierärzte! Diese sind nicht besser, oder schlechter, wie alle anderen Berufsgruppen in unseren Landen! Natürlich erfordert es auch kritische Tierhalter, die sich selbst weiterbilden, um zumindest in die Lage zu kommen, gefühlsmäßig die Spreu vom Weizen zu trennen.

Liebe Grüsse

Alex & Aris (.......dem auch schon mal wegen Blähungen HD diagnostiziert wurde grins*)

PS.: Das Buchzitat ist aus "Die andere Bildung" von Ernst Peter Fischer


05. August 2002 19:01

Hallo,

: Das denke ich kann man sehr gut auch auf die Tierärzteschaft übertragen. Die eigentliche Bildung, das was einen guten Tierarzt von der breiten Masse seiner Berufskollegen unterscheidet, beginnt jenseits der Ausbildung. Dazu gehöret halt auch sein grenzüberschreitendes Interesse an (z.B.) Hunden i.A., eine Beschäftigung mit der Ethologie, der Ernährung, etc........ Und ein ständiges Weiterlernen.

woher kennst du meinen Tierarzt? :-)

Gruß
Andreas

05. August 2002 19:07

Hallo Andreas,

: woher kennst du meinen Tierarzt? :-)

Gratuliere dir dazu smiling smiley))

Hast du den zufällig (gleich) gefunden, oder erst nach anderen Erfahrungen. Und wodurch warst du in der Lage, seine Qualität zu beurteilen?

Grüsse Alex



05. August 2002 19:28

Hi Alex

DITO - ganz fett unterstrichen ;-). Ich habe auch darüber nachgedacht und vor längerer Zeit hatte ich bei 4 Pfoten 2 Beine zu einem ähnlichen Thema gepostet und ich füge es einfach als Ergänzung anbei:

-- snip --

Andererseits denke ich auch, dass es genauso Hundehalter gibt, die von ihren VetMeds "Wunder" erwarten. Sie kochen auch nur mit Wasser und wenn ein Hundehalter trotz Kenntnis erst dann einen VetMed konsultiert, wenn eine Krankheit schon fortgeschritten ist, dann müssen sie sich schon den Schuh anziehen und nicht den Schwarzen Peter für eine langwierige oder gar mißglückte Behandlung dem VetMed zuschieben. So wie ein Bekannter, der seinen Hund nach einer Beißerei nicht hat untersuchen lassen. Die Wunde hat geeitert und es musste über Rücken/Brust eine Drainage angelegt werden .

Es gibt sicherlich VetMeds, die mit Leidenschaft dabei sind und diejenigen, die ihrem Berufsstand eher schaden. Wie überall. Ich finde es auch nicht gut, dass oftmals allen VetMeds per se unterstellt wird, dass sie unfähig wären. Ein VetMed behandelt nicht nur Hunde - es gibt auch noch andere Tiere und die Wissenschaft entwickelt sich rasend schnell. Ich erwarte also nicht, dass ein VetMed über jede erdenkliche Krankheit, Therapie etc. informiert ist. Es ist auch gängig, dass Selbsthilfegruppen in vielen Fällen sogar besser informiert sind als die VetMeds und Humanmediziner. Auf vielen Fach-HPs wird wiederum auf die HPs von Selbsthilfegruppen vewiesen (Bespiel: Sebadenitis). Das finde ich schon sehr positiv.

Es ist mir aber auch unverständlich, dass teilweise Fragen in einem Forum gestellt werden, wo ich eigentlich erwarte, dass sich der gesunde Menschenverstand einschaltet, diese Menschen ihren Hintern vom Stuhl hochkriegen, ihren Hund schnappen und ab zum VetMed. Nach dem Motto: "Mein Hund ist vom Auto überfahren worden! Was soll ich tun?" "Gib' ihm Rescue Tropfen und falls er sich morgen immer noch nicht bewegt, geh' vorsichtshalber zum VetMed."

Weil es auch gerade zum Thema passt:

Auf der Seite "Geriatrika" auf meiner HP habe ich einen Beitrag über das Recht auf Information geschrieben ("Der unmündige (Hunde)Patient"winking smiley. Die Einleitung bezieht sich auf eine Umfrage, die vor kurzem in der Schweiz durchgeführt worden ist. Befragt wurden Humanmediziner und das Ergebnis war u.a., dass die Mehrheit (88 %) angegeben hat, dass insbesondere die Ansprüche der Patienten in den letzten Jahren gestiegen ist und dass die Informationen mit denen die Ärzte von den Patienten konfrontiert werden zu 40 % im Internet verfügbar wären. Das dürfte sich auch auf VetMeds übertragen lassen. Es wird auch dazu beitragen, dass sie sich auch intensiver mit ihren Kunden und Patienten auseinandersetzen müssen.

-- snip --

Vor einigen Tagen gab's wieder einen Artikel, und zwar wurde erwähnt, dass in einer Umfrage die Mehrheit der befragten Ärzte angeben haben, dass Patienten sie immer mehr als Dienstleister sehen. Ein merkwürdiges Selbstverständnis, wenn sie sich bisher nicht so gesehen haben, oder? Sehr verwunderlich.

Ich stimme auch mit dir überein, dass "ambitionierte Laien" sich tatsächlich teilweise besser informieren können (siehe Beispiel Selbsthilfegruppen) - genauso gibt es aber Hundehalter, die sich maßlos überschätzen. Es gibt wie immer 2 Seiten.

Nacht-Gruß

Porcha & Dino

05. August 2002 19:15

Hi Alex,

super Beitrag. Danke.

Viele Grüße

Franziska

05. August 2002 19:45

Hallo Franziska,

:super Beitrag. Danke.

*rotwerd*

Grüsse Alex