Hallo zusammen,
in den letzten Tagen habe ich mir anlässlich verschiedener Diskussionsbeiträge einige Gedanken zu den Qualitätsansprüchen an Tierärzte und der teilweise in diesem Forum geäußerten Kritik an diesem Berufsstand gemacht.
Ich meine, dass viele eine völlig falsche, bzw. überzogene Erwartungshaltung an Ärzte im allgemeinen haben. Teilweise spiegelt sich darin das überholte Bild des Arztes als "Spitze der gesellschaftlichen Pyramide" wider.
Das kann man meiner Meinung nach getrost vergessen. In der Ärzteschaft gibt es, WIE IN JEDEM ANDEREN BERUFSSTAND, nur sehr wenige wirkliche Koryphäen. Warum soll es da z.B. anders sein, wie bei Ingenieuern, etc. Wenn ich mir so anschaue, welche haarsträubenden Fehler z.B. in meiner Branche passieren, muss ich schlußfolgern, dass ein Studium alleine noch überhaupt gar nichts über die wirkliche Befähigung einen Beruf gut auszuüben aussagt.
Dazu kommt, dass in den meisten Studiengängen (und besonders in der Medizin) das "Auswendiglernen" von großen Stoffansammlungen gefragt ist. Wirkliche "Porblemlösungskompetenz" wird nirgendwo gelehrt!
Außerdem liegt in dem (natürlich zurecht) naturwissenschaftlichen Anspruch der Medizin ein weiteres großes Problem verborgen. Dazu habe ich vor einiger Zeit ein sehr gutes Zitat in einem interessanten Buch gelesen:
"........Denn tatsächlich versuchen die Naturwissenschaften alles, um individuelle Besonderheiten auszuschliessen.............Auf diese Art und Weise gewinnt z.B. eine naturwissenschaftlich vorgehende Medizin zwar immer mehr Kenntnisse, etwa über Herzkrankheiten im allgemeinen, ein entsprechend ausgebildeter Arzt nimmt zugleich aber immer weniger Rücksicht auf die individuellen Eigenschaften des jeweils vor ihm sitzenden Patienten. Das Kunststück besteht darin die Ausbildung durch BILDUNG ZU ERGÄNZEN............"
Das denke ich kann man sehr gut auch auf die Tierärzteschaft übertragen. Die eigentliche Bildung, das was einen guten Tierarzt von der breiten Masse seiner Berufskollegen unterscheidet, beginnt jenseits der Ausbildung. Dazu gehöret halt auch sein grenzüberschreitendes Interesse an (z.B.) Hunden i.A., eine Beschäftigung mit der Ethologie, der Ernährung, etc........ Und ein ständiges Weiterlernen.
Ich unterstreiche ausdrücklich, die hier von einigen geäußerte Meinung, dass "ambitionierte Laien" sich teilweise wesentlich vertieftere Kenntnisse aneignen können, als die sogenannten Spezialisten. Bei solchen Menschen ist nämlich noch die wirksamste Antriebskraft, die Liebe zum Mittelpunkt ihres Interesses vorhanden, die den beruflich damit Beschäftigten (leider) oftmals verloren gegangen ist.
Also seid nicht zu streng mit den "Bildungslücken" der Tierärzte! Diese sind nicht besser, oder schlechter, wie alle anderen Berufsgruppen in unseren Landen! Natürlich erfordert es auch kritische Tierhalter, die sich selbst weiterbilden, um zumindest in die Lage zu kommen, gefühlsmäßig die Spreu vom Weizen zu trennen.
Liebe Grüsse
Alex & Aris (.......dem auch schon mal wegen Blähungen HD diagnostiziert wurde grins*)
PS.: Das Buchzitat ist aus "Die andere Bildung" von Ernst Peter Fischer